Aktuelles zur Mehrwertsteuer der Schweiz und EU Ausgabe 1-2016 vom 28. Juni 2016 Die Europäische Kommission verklagt Deutschland wegen der unterbliebenen Anpassung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros. Von Bernd Burgmaier Dr. Gerhard Schafroth Teilrevision des Schweizer Mehrwertsteuergesetzes per 1.1.2018 Nachdem der Ständerat in diesen Tagen dazu letzte wichtige Entscheide gefällt hat, darf davon ausgegangen werden, dass das teilrevidierte MWSTG per 1.1.2018 in Kraft tritt und folgende wesentliche Inhalte aufweist: 1. Die Nichtbesteuerung der hoheitlichen Tätigkeit wird ausgedehnt auf „eingesetzte Personen“. 2. Verdeckte geldwerte Leistungen werden neu bis 20% Aktienbesitz von der MWST nicht erfasst. 3. Leistungen von und an Stiftungen und Vereine bei „ besonders enger wirtschaftlicher, vertraglicher oder personeller Beziehung“ (was auch immer das heissen mag) werden neu zu Drittpreisen besteuert. 4. Mit dem eigens für die Rega geschaffenen neuen „Gönner“Steuerprivileg entsteht eine weitere Steuerlücke. 5. Ein Teil bisher steuerfreier Leistungen (Gas, Strom, Wärme, nicht aber Entsorgung) an ausländische Besitzer von Schweizer Ferienhäusern werden nun besteuert. 6. Der Vorsteueranspruch von Institutionen mit hohem Anteil an Spenden und Subventionen, wie Museen, wird wesentlich erweitert. 7. Neu zählt für die Steuerpflicht in der Die Europäische Kommission hatte Deutschland zunächst formell aufgefordert, seine Mehrwertsteuervorschriften über die Anwendung einer Sonderregelung für Reisebüros zu ändern (Memo vom 24.09.2015, Ziff. 7). Nach der Sonderregelung für Reiseleistungen in der EU gilt als Besteuerungsgrundlage die Marge des Reisebüros (die Differenz zwischen dem vom Reisenden zu zahlenden Gesamtbetrag ohne Mehrwertsteuer und den tatsächlichen Kosten, die dem Reisebüro entstehen). Laut dem deutschen Umsatzsteuergesetz kann diese Margenbesteuerung am Sitz des leistenden Unternehmers aber nur auf Reisedienstleistungen an private Endabnehmer angewandt werden (B2C). Bereits im Herbst 2013 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) aber entschieden, dass die Sonderregelung für Reisebüros nicht nur im Verhältnis B2C, sondern auch im Verhältnis B2B gilt (Urteil des EuGH vom 26. September 2013, C189/11). Da Deutschland bisher sein Gesetz noch nicht an die Rechtsprechung des EuGH angepasst hat, hat die Europäische Kommission nunmehr beschlossen, Deutschland wegen der unterbliebenen Anpassung der Mehrwertsteuervorschriften für Reisebüros zu verklagen (siehe Pressemitteilung vom 28.04.2016). Diese Regelung ist auch für Schweizer Reiseunternehmer von Interesse. Beispiel: Reiseunternehmer A mit Sitz in Zürich kauft eine Beförderungsleistung (nach Nürnberg) und eine Übernachtungsleistung (Hotel in Nürnberg) 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. Schweiz der weltweite Umsatz, wodurch etwa 30.000 ausländische Unternehmen neu MWST-pflichtig werden. Die Limite steuerbarer Leistungen an Nichtgemeinwesen für die obligatorische Steuerpflicht bei Dienststellen von Gemeinwesen wird von CHF 25.000 auf CHF 100.000 pro Jahr erhöht. Die Steuerausnahme von Leistungen zwischen Gemeinwesen wird erheblich ausgedehnt. Bei entsprechender Rechtsgestaltung unterliegen Leistungen zwischen Gemeinwesen der MWST damit nicht mehr. Die Option für die freiwillige Versteuerung ausgenommener Leistungen braucht neu in der Rechnung nicht mehr ausgewiesen zu werden. Am 31.12.2017 endet die Möglichkeit der fiktiven Vorsteuer auf Sammlerstücken, Antiquitäten sowie Kunstwerken und wird durch die Margenbesteuerung ersetzt. Elektronische Zeitungen und Bücher unterliegen neu dem reduzierten Steuersatz. Das gilt auch für die Bezugsteuer. Die fiktive Vorsteuer beim Bezug von Gegenständen von Nichtsteuerpflichtigen wird erheblich erweitert. Die absolute Verjährung bleibt bei 10 Jahren. Ob per 1.1.2018 die Steuersätze der MWST wegen der Befristung der IVZusatzfinanzierung durch die MWST bis 31.12.2017 sinken oder ob bis dann eine andere Verwendung dieses Anteils der Steuer erfolgt oder ob die MWST dann sogar erhöht wird, ist derzeit nicht absehbar. Kommentar: Der Bundesrat ist mehrfach mit dem Anspruch an die Öffentlichkeit getreten, die MWST radikal zu vereinfachen und KMUfreundlicher auszugestalten. In der Realität findet das pure Gegenteil statt: So werden eine ganze Reihe neuer systemwidriger Steuerlücken, Steuerausnahmen und Steuerprivilegien mit entsprechend neuer Rechtsunsicherheit geschaffen. Neue fantasievolle Begriffe bringen weitere neue für den Weihnachtsmarkt in Nürnberg ein und verkauft dieses „Paket“ an den Reisunternehmer B mit Sitz in Zug. B wiederum verkauft das Paket an verschiedene Privatpersonen. Folge: Die Leistungen von A an B würden bisher in Deutschland nicht als Reiseleistung angesehen werden, da die Leistungen an ein Unternehmen erfolgen (B2B). Dies würde aus bisheriger Sicht des deutschen Umsatzsteuergesetzes zur Besteuerung der Leistungen von A an B in Deutschland führen. Folgt man allerdings der EuGH – Rechtsprechung, liegt in den Leistungen von A an B eine Reiseleistung (B2B) vor, die nicht in der EU der Besteuerung unterliegt. Abgrenzungsschwierigkeiten, Nebensächlichkeiten werden aufgebauscht, dafür zentrale Schwächen des aktuellen Gesetzes nicht angepackt. Auf die Steuerpflichtigen – und die MWSTVerwaltung – wartet nun viel Arbeit, der man sich kaum entziehen kann. Insgesamt führt diese Gesetzesrevision bei weitem nicht zur Steigerung der Qualität und der Effizienz der Erhebung der MWST. Um Sie so gut, frühzeitig und effizient wie möglich bei den notwendigen Anpassungen zu unterstützen, gehen wir in unserenBranchen-MWST-Workshops ab sofort gründlich und systematisch auf die für Sie relevanten Neuerungen ein und diskutieren mit Ihnen im Detail die möglichen Konsequenzen für Sie. Bei Bedarf besteht auch die Möglichkeit der individuellen Abklärung und Unterstützung. Freundliche Grüsse Dr. Gerhard Schafroth Anwalt, Dipl. Steuerexperte Diese Ausgabe des MWST Bulletin weiterleiten Copyright © , All rights reserved. SwissVAT AG Stampfenbachstrasse 38 8006 Zürich Tel. +41 44 219 66 66 Fax +41 44 219 66 67 E-Mai [email protected] Web www.swissvat.ch Möchten Sie das MWST Bulletin der SwissVAT nicht mehr erhalten, können Sie ihn jederzeitabbestellen. Damit möglichst viele Interessierte Informationen zur aktuellen Entwicklung der MWST erhalten, sind wir Ihnen dankbar, wenn Sie diesen Newsletter weiterleiten. Angesprochene können sich direkt bei uns anmelden.
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