Diagnostik und Therapie in einem schritt

14 Diagnose & Therapie
Epiduroskopie bei chronischen Rückenschmerzen
Diagnostik und Therapie
in einem Schritt
Vorfall der Bandscheibe oder knöchern bedingte
Nervenwurzeleinengungen zugrunde. Aber auch
Verklebungen oder Vernarbungen infolge einer
Bandscheibenoperation können Nervenwurzeln
massiv in Mitleidenschaft ziehen. Eine derart bedrängte Nervenwurzel verursacht oft ausstrahlende
Schmerzen ins Bein oder – wenn die Bandscheibe
im Bereich der Halswirbelsäule betroffen ist – in
den Arm.
Was sind die Vorteile der Methode?
tersystem erlaubt nun, Diagnostik und
Dr. Söller: Zum einen gehört das Verfahren zu
den minimal-invasiven Methoden, d. h. für die
Einbringung des Katheters ist nur ein kleiner
Hautschnitt notwendig. Zum anderen erlaubt sie
eine punktgenaue Behandlung, die nötig ist, um
die Schmerzspirale zu durchbrechen, die entsteht,
wenn sich Schmerzursache und Schmerzreaktion
gegenseitig verstärken. Dies ist beim radikulären
Schmerz fast immer der Fall. Denn ist die Nervenwurzel erst einmal entzündet, werden bestimmte
körpereigene Substanzen freigesetzt, die neue
Schmerzen hervorrufen. Dies wiederum hat zur
Folge, dass der Nerv immer mehr anschwillt und
der Druck des umgebenen Gewebes sich weiter
erhöht. Mithilfe des Katheters können wir z. B.
spezielle Medikamente in unmittelbare Nähe des
betroffenen Nervs einbringen, die dem Schmerzund Entzündungsgeschehen effektiv entgegenwirken und die zudem einen abschwellenden Effekt
haben. Die neue Kathetergeneration zeichnet sich
aber noch durch einen weiteren Vorteil aus: Wir
können nun die Methode auch zu diagnostischen
Zwecken einsetzen.
Therapie in einem Schritt durchzuführen.
Was genau hat sich geändert?
dere wenn sie durch chronisch gereizte
Nervenwurzeln verursacht werden, sind
nicht nur schwer zu therapieren, sondern
auch schwer zu diagnostizieren. Ein modernes endoskopisch gestütztes Kathe-
Wie das Verfahren genau funktioniert,
erklärt der Münchner Facharzt für Orthopädie Dr. med. Felix Söller vom MVZ im
Helios im Gespräch mit TOPFIT.
Von Dr. Nicole Schaenzler
Dr. Söller: Das neue Kathetersystem vereint die
Vorzüge eines Katheters mit denen eines Endoskops – also eines Arbeits- mit denen eines Sicht­
instruments. Diese Kombination sorgt für noch
mehr Präzision und zusätzliche optische Sicherheit.
Der schlauchartige Katheter ist ein sehr flexibler,
Wann ist es notwendig, das Verfahren zu
Untersuchungszwecken einzusetzen?
Dr. Söller: Nicht immer lässt sich auf Anhieb die
Ursache für Schmerz- bzw. Wurzelreizsyndrome
an der Wirbelsäule finden. Besonders schwierig
gestaltet sich die Suche, wenn sogar mit bildgebenden Verfahren keine ausreichende Klarheit gewonnen werden kann. Ob eine Therapie erfolgreich
ist, hängt jedoch nicht zuletzt von einer exakten
Diagnose ab. In diesem Fall bietet es sich an, mit
dem endoskopisch gestützten Kathetersystem eine
Epiduroskopie, also eine endoskopische Untersuchung des Epiduralraums, durchzuführen. Dadurch
können wir den Ort wie auch die Ursache des
Schmerzgeschehens direkt begutachten und dann
gleich die angemessene Therapie einleiten.
Wie läuft die Behandlung ab,
wenn der Schmerzort im
Lendenwirbelsäulenbereich liegt?
Dr. Söller: Unter örtlicher Betäubung im Steißbeinbereich wird der Epiduralkatheter durch eine
kleine Öffnung in den Epiduralraum bis an den
Zielort vorgeschoben; dieser Vorgang findet unter
Röntgenkontrolle statt. Es folgt die endoskopische
Begutachtung zur Diagnosesicherung. Steht die Ursache fest, leiten wir die Therapie ein. Der Katheter
verbleibt dann für ca. 48 Stunden unter einem sterilen Verband, bis die Behandlung abgeschlossen
ist. Da es sich um einen minimal-invasiven Eingriff
handelt, ist ein längerer stationärer Aufenthalt nicht
notwendig; in der Regel kann der Patient die Klinik
nach zwei Tagen wieder verlassen.
Herr Dr. Söller, eine bekannte Form
der Schmerztherapie ist die epidurale
Katheterbehandlung. Bei welchen
Rückenbeschwerden hat sich das Verfahren
besonders bewährt?
Zur Person
Dr. Söller: Die Methode dient in erster Linie der
lokalen Behandlung von Schmerzen, die von einer
chronischen Nervenwurzelreizung im Bereich
der Wirbelsäule ausgehen. Häufig liegen einer
solchen Nervenreizung eine Vorwölbung bzw. ein
Zu seinen Behandlungsschwerpunkten gehören neben minimal-invasiven
Topfit 2 / 2016
Dr. med. Felix Söller ist Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie, Sportmedizin und
Akupunktur und praktiziert zusammen mit seinen Kollegen Dr. med. Heribert
Konvalin, Dr. med. Werner Zirngibl und Dr. med. Steffen Zenta im MVZ im Helios.
Wirbelsäulen­interventionen auch die operative Behandlung von Schulter-, Handund Ellbogen-Erkrankungen sowie von Knie- und Vorfuß-Erkran­kungen.
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de
Foto: Radimed GmbH, Bochum
Anhaltende Rückenschmerzen, insbeson-
hauchdünner Miniaturschlauch; das Endoskop, das
über den Katheter in den Epiduralraum des Wirbelkanals vorgeschoben wird, ist an seiner Spitze mit
einer winzigen Linse ausgestattet. Diese Linse liefert
uns während des gesamten Vorgangs auf dem
Monitor detaillierte Aufnahmen aus dem Epiduralraum, sodass selbst feinste Strukturen eins zu eins
zu erkennen sind, durch die der Katheter nun sicher
hindurch gesteuert werden kann. Aber auch für die
Zielgenauigkeit der Therapie ist die Visualisierung
von Vorteil, denn das Entzündungsgeschehen spielt
sich auf winzigstem Raum ab. Dementsprechend
klein ist auch das Areal, in das der Katheter exakt
platziert werden muss. Umso wichtiger ist eine optimale Sicht, die uns ermöglicht, die Verabreichung
der Substanzen millimetergenau zu bestimmen.
Diagnose & Therapie 25
Sport im Sommer
Verletzt – was tun?
Sommer und Sport — das passt. Leider hat
das Vergnügen auch eine Kehrseite: Es
besteht die Gefahr, dass man sich dabei
eine Verletzung zuzieht. Fakt ist: Pro
Jahr verletzt sich jeder fünfte Deutsche
beim Sport so schwer, dass er ärztlich
behandelt werden muss. Welche Sportverletzungen besonders oft vorkommen
und wie sie behandelt werden, darüber
sprach TOPFIT mit dem Münchner Ortho­
päden und Sportmediziner Dr. med.
Werner Zirngibl vom MVZ im Helios.
Herr Dr. Zirngibl, gibt es Sportarten,
die verletzungsintensiver sind als
andere Sportarten?
Dr. Zirngibl: Ja, laut Statistik passieren die
meisten Verletzungen bei Ballsportarten wie
Fußball, Volleyball und Basketball, bei denen es
zu Körperkontakten mit dem Gegner kommt.
Aber natürlich kann es auch beim Joggen oder
Wandern passieren, dass man z. B. mit dem
Fuß umknickt und sich dann eine Verletzung
am Sprunggelenk zuzieht. So gesehen, kann
fast jedes Sportvergnügen eine Verletzung zur
Folge haben. Oft handelt es sich um leichtere
Blessuren, die nach wenigen Tagen von selbst
abklingen. Es gibt jedoch auch eine Reihe von
behandlungsbedürftigen Sportverletzungen.
Und bei diesen gilt: Je früher die Therapie einsetzt, desto besser sind die Aussichten auf einen
raschen, unkomplizierten Heilungsverlauf — und
umso schneller kann auch wieder mit dem Sport
begonnen werden.
Foto: Fotolia (bravissimos)
Laut Deutschem Fußball Bund sind im
Profifußball die Kniegelenke besonders
häufig von einer Verletzung betroffen.
Gilt das auch für Hobbyfußballer?
Dr. Zirngibl: Ja. Anlass können äußere Einwirkungen wie Stürze oder Zusammenstöße
sein. Aber auch durch eine unphysiologische
Gelenkbeanspruchung, z. B. eine Verdrehung
des Knies bei gleichzeitig feststehendem Un-
terschenkel, oder abrupte Bewegungswechsel,
etwa vom Sprint zum Stopp, kann eine Verletzung verursachen. Dabei reicht das Spektrum
von Verstauchungen und Zerrungen bis hin zu
schweren Meniskusverletzungen, Kreuzbandrissen, ausgeprägten Schäden am Gelenkknorpel
oder Frakturen der Kniescheibe.
Woran erkennt man, dass eine
Knieverletzung in ärztliche
Behandlung gehört?
Dr. Zirngibl: Schmerzt das Knie bei Belastung,
schwillt es an, erscheint es instabil oder kann
man nicht mehr auftreten, sollte man möglichst
bald einen Orthopäden zurate ziehen.
Wie wird z. B. ein Bänderriss
am Knie behandelt?
Dr. Zirngibl: Dies hängt davon ab, welche Bänder betroffen sind und ob Begleitverletzungen
vorliegen. Einen Innenbandriss am Knie behandeln wir im Allgemeinen konservativ: Der Pa­
tient trägt vier bis sechs Wochen eine Schiene,
wodurch das Knie bei Beugung und Streckung
stabilisiert wird. Im nächsten Schritt erfolgen
dann eine Physiotherapie sowie ein gezieltes
Muskelaufbauprogramm. Anders verhält es sich
bei einem Kreuzbandriss: Hier greift eine Therapie oft zu kurz, um eine dauerhafte Stabilität des
Knies zu gewährleisten. Deshalb befürworten
wir vor allem bei jüngeren, sportlich aktiven
Patienten meist die operative Versorgung des
Kreuzbandrisses.
schonenden minimal-invasiven Technik erfolgt,
muss mit einer längeren Erholungszeit gerechnet werden, die bis zu sechs Monaten dauern
kann. Auch andere Tätigkeiten, mit denen eine
erhöhte Belastung für das Knie verbunden
ist, sollten in dieser Zeit vermieden werden.
Dies liegt vor allem daran, dass ein gerissenes
Kreuzband in den meisten Fällen nicht einfach
genäht werden kann, sondern vollständig durch
ein Transplantat ersetzt werden muss. Dieses
Transplantat braucht eine Weile, um fest in den
Knochen einzuwachsen. Wichtig ist eine konsequente physiotherapeutische und rehabilitative
Nachbehandlung; dabei werden Umfang und
Intensität der Übungen immer wieder dem
aktuellen Zustand des Knies angepasst.
Bei Ballsportarten wird auch das
Sprunggelenk stark belastet. Wie
wird z. B. ein Außenbandriss am
Sprunggelenk behandelt?
Dr. Zirngibl: In der Regel genügt es,
das betroffene Sprunggelenk für
etwa sechs Wochen, z. B. mithilfe
eines Tapeverbands oder einer Orthese, zu stabilisieren.
Ebenso tragen z. B. Elek­
tro- oder Ultraschalltherapie und eine kontrollierte
Frühmobilisation durch
den Physiotherapeuten
zur rascheren Genesung
bei. Wichtig ist, dass die
Bandverletzung vollständig ausheilt.
Kann man nach einer Kreuzband­
operation wieder Sport treiben?
Dr. Zirngibl: Eine Kreuzbandoperation zielt darauf ab, die Bandstabilität so wiederherzustellen,
dass das Knie nach Abschluss des Heilungsprozesses normal belastet werden kann und regelmäßige sportliche Aktivität wieder möglich ist.
So gesehen, stehen die Chancen im Allgemeinen gut, über kurz oder lang wieder uneingeschränkt trainieren zu können. Bis es soweit ist,
ist allerdings Geduld gefragt. Denn auch wenn
der Eingriff selbst in der Regel mit der gelenk-
Zur Person
Dr. med. Werner Zirngibl ist als Facharzt für Orthopädie, Chirotherapie und Sportmedizin im
Münchner MVZ im Helios niedergelassen. Als ehemaliger Profi-Tennisspieler war er 14-mal
Deutscher Tennismeister, er spielte beim Daviscup und anderen international renommierten
Turnieren. Heute gehören zu Dr. Zirngibls Leistungsspektrum u. a. die konventionelle und operative Therapie von Knie- und Sprunggelenksverletzungen. Außerdem nimmt er minimal-invasive
Wirbelsäulen­eingriffe vor und arbeitet mit innovativen schmerztherapeutischen Verfahren.
Nähere Infos: www.mvz-im-helios.de
Wie kann man einer Sprunggelenks­
verletzung vorbeugen?
Dr. Zirngibl: Vor allem bei den Risikosportarten
ist es wichtig, richtiges Schuhwerk zu tragen.
Hier empfehlen sich Schuhe mit Profil, die
über den Knöchel hinausreichen und so das
Sprunggelenk z. B. vor einer Umknickverletzung schützen; einen ähnlichen Effekt haben
prophylaktisch angelegte Stützverbände. Letztlich ist aber eine äußere Stabilisierung durch
Spezialschuhe oder Stützverbände niemals so
wirkungsvoll wie eine gut trainierte Muskulatur.
Deshalb ist z. B. ein gezieltes Bewegungstraining vor allem der Wadenmuskulatur meist die
beste Prophylaxe.
Topfit 2 / 2016