Das Geld ist da - WL-Bank

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Titelthema: Finanzierung & Förderung
Das Geld ist da
In welche Immobilienstrategien steigen Banken ein?
Als Folge der Finanzmarktkrise von 2007
und den damit verbundenen ökonomischen Verwerfungen verbleiben die Leitzinsen bis heute auf einem niedrigen
Niveau. Während die Rendite von
Staatsanleihen sinkt, suchen Investoren
nach ertragreichen und sicheren Alternativen. Vor allem das prosperierende
Deutschland gilt dabei als sicherer
Hafen, da das Land die Krise vergleichsweise gut überstanden hat. Im Rahmen
steigender Marktliquidität rücken hiesige Immobilien daher zunehmend in den
Fokus von institutionellen Anlegern. Angesichts bestehender Risiko- und Rendite-Profile gilt die Immobilie dabei als
favorisierte Assetklasse, weshalb sich
ihr Portfolioanteil erhöht. Gleichwohl ist
eine Verknappung von Bauland und rentierlichen Immobilienangeboten zu beobachten, was den Finanzierungssektor vor
neue Herausforderungen stellt. In welche
nationale Immobilienstrategie sollte
eine Bank vor diesem Hintergrund einsteigen?
Immobilien weisen im Gegensatz zu anderen
Vermögensgütern ein besonderes Charakteristikum auf: Sie sind an einen bestimmten
Standort gebunden. Der Wert dieser Standorte wiederrum hängt von vielen ökonomischen, demografischen und institutionellen
Faktoren ab. Aktuell sind vor allem in Großstädten mit nationaler und zum Teil internationaler Bedeutung (A-Städte) erhebliche
Preisdynamiken zu beobachten. Städte mit
nationaler und regionaler Bedeutung (B- und
C-Städte) schließen sich dieser Entwicklung
zunehmend an. Kleine bzw. regional fokussierte Standorte mit zentraler Funktion für
ihr direktes Umland (D-Städte) weisen hingegen noch vergleichsweise moderate Preisund Risikovolatilitäten auf.
Interessanterweise sind die genannten A- bis
D-Städte Gegenstand zahlreicher Analysen,
obwohl dort lediglich 40 Prozent aller Haushalte leben. Zweifellos ist dies der beobachteten Preisdynamik geschuldet, welche durch
Lohnsteigerungen, insbesondere bei Hochqualifizierten, entstehen. Universitätsstädte
und Metropolen mit vielen Annehmlichkeiten
wie z. B. Grünanlagen oder einer guten Infrastruktur üben eine besonders hohe Anziehungskraſt auf diese Gruppe aus. Infolge der
erhöhten Zuwanderung von einkommensstarken Hochqualifizierten und der damit verbundenen steigenden Nachfrage nach Wohnraum kann das Angebot nur begrenzt auf
diese Entwicklung reagieren. Dies hat mehrere Gründe: Erstens ist Bauland in Ballungsgebieten äußerst knapp und damit teuer.
Zweitens erhöht der durch den Niedrigzins
ausgelöste Bauboom den Auslastungsgrad
der Bauwirtschaſt und damit die Baukosten.
Drittens wird durch regulatorische Eingriffe
(Mietpreisbremse, Mietrechtsreform) die
langfristige Kalkulationssicherheit gesenkt
und die Investitionstätigkeit gedämpſt, was
den politischen Bestrebungen zur Schaffung
von mehr Wohnraum zuwiderläuſt. Insgesamt
münden die hohe Nachfrage und das starre
Angebot in starke Preisausschläge, vor allem
in attraktiv eingeschätzten Ballungsgebieten.
Aus gesamtstrategischen Gesichtspunkten
wäre es jedoch zu kurz gegriffen, lediglich die
Entwicklungen in den A- bis D-Städten zu beobachten, zumal in den übrigen Immobilienmärkten 60 Prozent aller Haushalte leben.
Banken sollten daher einen ganzheitlichen
Ansatz verfolgen. Das Ziel besteht darin, den
gesamten deutschen Immobilienmarkt flächendeckend von der Makro- bis zur Mikroperspektive zu durchdringen. Hierbei werden
auf allen regionalen Ebenen, vom Bundesland
bis hin zum Straßenzug, mögliche Preisdeterminanten der Immobilie identifiziert und z. B.
in einem Data Warehouse gesammelt.
Zudem finden geld- und wohnungspolitische
sowie regulatorische Rahmenbedingungen
Berücksichtigung. Der Ansatz erfordert daher
nicht nur qualitativ hochwertige Daten und
analytische Researchexpertise, sondern auch
langjährige Erfahrung, welche z. B. die WL
BANK in über 130 Jahren gesammelt hat. In
ihrem Immobilienkreditportfolio von knapp
20 Milliarden Euro verbirgt sich nicht nur
bare Münze, sondern auch ein enormer Erfahrungsschatz, welcher im Rahmen von Wissensmanagementsystemen für zukünſtige
Geschäſte verwendet wird.
FWW · Ausgabe 3 I 2016
Titelthema: Finanzierung & Förderung
Welche Informationen fließen demnach in eine konkrete Kreditanfrageprüfung bei der WL BANK ein?
Ausgangspunkt sind zunächst die regionalen
und lokalen Gegebenheiten der Immobilie.
Dazu zählen z. B. demografische und ökonomische Entwicklungen, Leerstände oder die
Quantität und Qualität der Infrastruktur.
Zudem kann bei wohnwirtschaſtlichen Finanzierungsanfragen straßengenau die Wohnlage beurteilt werden. Auf Basis der ermittelten Lageparameter wird dann das Objekt anhand der Art, des Alters, der Ausstattung, der
Vermietungs- und Konkurrenzsituation, der
Drittverwendungs- und Vermarktungsfähigkeit sowie der Ertragsfähigkeit und Nachhaltigkeit geprüſt. Selbstverständlich wird
neben der Objektseite die Bonität des Kunden entsprechend der Regulatorik und der
Gesetzgebung geprüſt. Die gesammelten Ergebnisse ergeben dann ein kunden- und
standortgerechtes Bild der Kreditanfrage.
Die deutschlandweit tätige WL BANK profitiert neben den aus dem Research gewonnenen Erkenntnissen insbesondere von der
Einbindung in die genossenschaſtliche FinanzGruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken. Warum ist dieser Punkt so bedeutsam? Durch die subsidiäre Unterstützung der
Finanzierungsaktivitäten der FinanzGruppe
erlangt die WL BANK im Rahmen ihrer Netzwerkaktivitäten umfangreiche Immobilienmarktexpertise vor Ort. Das genossenschaſt-
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liche Filialnetz erstreckt sich nicht nur über
die A- bis D-Städte, sondern flächendeckend
über alle Regionen Deutschlands. Das individuelle Gespür für gute Lagen und Produkte
speist sich letztlich aus der unmittelbaren
Nähe zum Kunden, was durch die aktive Zusammenarbeit mit den regionalen Partnerbanken als ein wesentlicher Treiber des
Geschäſtsmodells im Sinne einer Kundenbank
zu verstehen ist.
Wie sollte eine Immobilienbank im Interesse ihrer Kunden heute agieren?
Kern des Unternehmens ist das Geschäſtsmodell. Als Pfandbriefbank ist die WL BANK
nachhaltig und langfristig orientiert. Sie diversifiziert ihr Portfolio aktiv, um Klumpenrisiken bei Produkt- und Kundengruppen zu
vermeiden. Dies ist besonders im Immobilienkreditgeschäſt mit standortgebundenen
Vermögensgütern geboten. Ferner werden
Chancen- und Risiken der Finanzierung frühzeitig und klar im Dialog mit dem Kunden
kommuniziert und die damit verbundenen
Prozesse transparent dargelegt, die im Ergebnis eine zuverlässige Abwicklung garantieren. Sowohl im Direktkundengeschäſt als
auch in der Zusammenarbeit mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken ergeben sich
somit auf Langfristigkeit ausgerichtete Kundenbeziehungen, die ein starkes Fundament
auch in Zeiten der aktuell hohen Marktvolatilitäten bieten.
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Durch die Besonderheiten des Immobilienmarktes ist die Antizipation zukünſtiger langfristiger Entwicklungen äußerst wichtig.
Hierbei spielen nicht nur ökonomische und
demografische, sondern auch regulatorische
Veränderungen eine große Rolle. Eine erfolgreiche Immobilienstrategie berücksichtigt
daher den stetigen Wandel des Marktes, insbesondere auch auf regionaler Ebene. Ein
laufender Dialog mit den Kunden zählt daher
zu den wesentlichen Bestandteilen der Unternehmensphilosophie. Im Ergebnis mündet
dies in bedürfnisorientierten Produkt- und
Dienstleistungsangeboten und stärkt die
aktive Zusammenarbeit zwischen den Kunden und der WL BANK.
DIE AUTOREN
Dr. NorBert HILLer
ist promovierter Volkswirt und bei der
WL BANK AG in Münster im Bereich
Immobilien-Research beschäftigt. Als Analyst befasst er sich
mit der Entwicklung volkswirtschaſtlicher Rahmenbedingungen auf dem deutschen
Immobilienmarkt.
DIpL.-BaNKBetrIeBsWIrt (Ba)
aLexaNDer LetHeN
ist Regionaldirektor und in der WL
BANK-Repräsentanz Hamburg für die
Akquisition und Betreuung privater und
institutioneller Immobilieninvestoren
sowie Immobilienfonds zuständig. Sein
Marktgebiet umfasst die Bundesländer
Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen
und Niedersachsen.