WETTBEWERB O 150.indd - Hochschule RheinMain

AUSLOBUNG DES WETTBEWERBS
O 150
VERANSTALTER:
Studienbereich Innenarchitektur der HSRM
in Zusammenarbeit mit DORMA
TEILNAHMEBERECHTIGUNG:
Im Sommersemester 2016 immatrikulierte Studierende
des Studienbereichs Innenarchitektur der Hochschule RheinMain.
ABGABE:
29. 6. 2016
9.00
R 128
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PREISGELD:
3.000 €
Beabsichtigt ist die Verleihung von drei bis fünf Preisen sowie evt. einer angemessenen Anzahl von Ankäufen. Die Jury behält sich Anzahl der Preise und Ankäufe sowie die Verteilung des Preisgeldes
vor.
WEITERE AUSZEICHNUNGEN:
Die Firma DORMA beabsichtigt, die Entwürfe von einem oder mehreren Preisträgern über die Anfertigung von Prototypen bis zur Erstellung der Serienreife in Zusammenarbeit mit den
Preisträgern weiter zu entwickeln. Die Ergebnisse des Wettbewerbs sollen auf der bautec im Januar 2017 in München
der Öffentlichkeit präsentiert werden. Die Preisträger werden auf Einladung von DORMA in München ihre Entwürfe
vorstellen. Die Firma DORMA verpflichtet sich, die geistige Urheberschaft des Studierenden anzuerkennen und den
Urheber bei einer Vermarktung des Türdrückers auf branchenübliche Weise am wirtschaftlichen Erfolg zu beteiligen.
JURY:
Stimmberechtigte Mitglieder:
Sylvia Leydecker, Innenarchitektin und Autorin, Köln, www.100interior.de
Steffen Bucher, Architekt, Stuttgart, www.zwoelfdreiundvierzig.de
Stephan Vohwinkel, Produkt Marketing Manager Beschlagtechnik, DORMA, Ennepetal
Ralf Kunze, Architekt, Professor, HSRM, Wiesbaden
Holger Kleine, Architekt, Professor, HSRM, Wiesbaden
Stellvertretendes Mitglied:
Bernhard Heitz, Industriedesigner, DORMA, Ennepetal
Die Sitzung der Jury ist fachbereichsöffentlich. Die Entscheidungen der Jury sind juristisch nicht anfechtbar. Nur die
Veranstalter haben das Recht, während der Jury-Sitzung zu fotografieren und zu filmen, und die Dokumentationen für
die Publikation des Wettbewerbs und seiner Ergebnisse zu verwenden.
Der Wettbewerb ist nicht anonym. Die Wettbewerbsteilnehmer dürfen und sollten bei der Jury-Stzung anwesend sein.
Die Jury behält sich das Recht vor, während, nach und vor der Sitzung von den Teilnehmern Auskünfte ein zu holen. Die
Jury behält sich das Recht vor, phasenweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu beratschlagen.
Die Wettbewerbsteilnehmer haben während der Wettbewerbsphase die Möglichkeit zu, aber nicht das Anrecht auf
Entwurfskorrekturen mit dem Projektkoordinator der HSRM. Diese wahr zu nehmen wird ausdrücklich empfohlen. Die
Urheberschaft des Studierenden wird von den Korrekturen nicht beeinträchtigt.
Rückfragen zu dem Wettbewerb seitens der Teilnehmer können per Mail bis zum 30. 5. an
[email protected] gerichtet werden.
PROJEKTKOORDINATION:
Holger Kleine für die HSRM
Stephan Vohwinkel für DORMA
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ANLASS:
OGRO JUBILÄUMSKLINKE____Eine Kooperation von DORMA und der HSRM
Im Jahr 2016 feiert OGRO, der über Jahrzehnte in Deutschland führende Hersteller von Türbeschlägen sein 150-jähriges Firmenjubiläum. Viele klassisch gewordene Türdrücker wurden von OGRO in Zusammenarbeit mit namhaften
Architekten und Designern wie z. B. Hans Poelzig oder Wilhelm Wagenfeld entwickelt. Nach der Integration von OGRO
in den DORMA-Konzern im Jahre 1989 wurde wieder verstärkt an diese große Tradition durch die Zusammenarbeit
mit Architekten und Designern wie Jan Kleihues, Hadi Teherani oder Umberto Botti angeknüpft. Die Ergebnisse dieser
Zusammenarbeit finden sich in der Produktserie „OGRO by architects“.
Und nun haben Sie, die Wettbewebsteilnehmer, die Chance, Teil dieser Tradition und Serie zu werden, denn die Firma
DORMA schreibt in Kooperation mit unserem Studiengang einen Studentenwettbewerb aus, um ein unverwechselbares Erscheinungsbild für einen neuen Türdrücker als Basis und Zentrum einer Drückergarnitur zu finden. Dieser
„OGRO Jubiläumsklinke“ geben wir das vorläufige Produktkürzel O 150.
AUFGABE:
Entwurf eines Türbeschlags bestehend aus einer in Aluminium ausführbaren Klinke und
Rosette für eine Vollblatttür. Die Rosette muss eine Tiefe von 9 mm aufweisen. Sie kann entweder ausschließlich für
die Klinke oder als Schild inkl. Schlüsselloch konzipiert werden.
ABGABELEISTUNG
MODELLTAFEL UND DAS A2 BLATT SIND AUF DER RÜCKSEITE MIT NAMEN UND MATRIKELNUMMER
ZU KENNZEICHNEN. MIT DIESER KENNZEICHNUNG VERSICHERT DER TEILNEHMER, DASS ER DER
GEISTIGE URHEBER DES ENTWURFS IST.
ZEICHNUNGEN, FOTOGRAFIEN, TITEL; ERLÄUTERUNGEN:
1 Blatt A2 Liegendes Format
Draufsicht und Ansicht des Türdrückers im Maßstab 1:1.
Dem jeweiligen Entwurf angemessene Folge von Querschnitten in regelmäßigen Abständen durch Hals und Handhabe
im Mßastab 1:1
Ideenskizzen und Modellfotografien, soweit für das Verständnis des Entwurfs hilfreich.
Titel, Erläuterungstext max. 5 Sätze, grafisch integriert auf dem Blatt.
MODELL:
Präzises, formbeständiges Modell der Klinke inkl. der Rosette im Maßstab 1:1. Die Klinke
und die Rosette sind auf eine rot durchgefärbte 19 mm MDF Platte mit den Maßen 250 mm x 350 mm (Höhe x Breite)
aufzubringen. (Die Platte kann in der Holzwerkstatt erworben und zugeschnitten werden.) Die Klinke sollte (z. B. mit
einem Bohrloch) auf der Platte präzise fixierbar und abnehmbar sein, sodass es in die Hand genommen und befühlt
werden kann. Die Materialität des Modells ist frei wählbar, muss dem Original aber maßlich exakt entsprechen und
in der Oberflächentextur dem Original täuschend ähnlich sein. Denkbar ist selbstverständlich auch, einen Metallguss
her zu stellen. Alternativ, wie im Architekturmodellbau, kann das maßgenaue Modell aber auch eine eigene Wertigkeit
durch die Verwendung eines hochwertigen Modellbaumaterials mit entsprechender Oberflächenqualität besitzen, die
das Modell in einen reiz- und sinnvollen Kontrast zum „gedachten“ Aluminium der eines Tages evt. wirklich werdenden
Klinke setzt.
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HINWEISE
WAS IST BEI DEM ENTWURF EINER KLINKE ZU BEACHTEN?
1
HAPTIK
Eine Klinke muss gut in der Hand liegen. In den „Vier Geboten des Greifens“ von Otl Aicher
finden Sie den meist unbewusst ablaufenden Vorgang des Greifens und seine gestaltgebenden Impulse einprägsam
dargestellt:
Die 4 GEBOTE DES GREIFENS nach Otl Aicher (zit. nach „Begreifbare Baukunst“):
1
Daumenbremse
2
Zeigefingerkuhle
3
Ballenstütze
4
Greifvolumen
1
Daumenbremse
Der Daumen sucht stets eine Richtung. Bereits auf den ersten Faustkeilen lassene sich seine Spuren nachweisen. Viele Gegenstände
des Greifens haben eine ausgesprochene Daumenorientierung.
2
Zeigefingerkuhle
Auch der Zeigefinger ist immer auf Richtungssuche. Der Lotse der Hand tastet sich suchend vor, lässt die übrigen Finger nachkommen. Bei einigen Gegenständen entdeckten wir „Zeigefingerkuhlen“.
3
Ballenstütze
Die Hand als Einheit verlangt „eine Stütze“. Daumen und Zeigefinger sondieren den Raum. Dann fasst die Hand als Ganzes zu. Der
Handballen will dabei gestützt werden. Nur so kann die Kraft aufgebracht werden.
4
Greifvolumen
Den Griff ins Leere schätzt die Hand nicht. Sie will ballig geführt werden. Greifvolumen ist notwendig. Beim sinnfreien Spielen mit
Handschmeichlern, meist bunten Steinen mit Eiform, verrät der Mensch unbewusst dieses Grundbedürfnis.
Diese vier Gebote (neben weiteren Kriterien, die Sie selbst entwickeln) erlauben Ihnen, die Angemessenheit Ihrer Entwurfslösung an Ihren 1:1 Modellen zu überprüfen.
2
SITUATION UND SIGNAL
Türen sind Schwellen zwischen zwei verschiedenartigen Raumsituationen. Neben dem Türblatt und seinen vielfältigen Eigenschaften vermitteln die Beschläge aufgrund ihrer Größe, ihres
Materials, ihrer Positionierung und ihrer Betätigungsleichtigkeit die „Höhe und Intensität“ der Schwelle. Bei einem
Kirchenportal, einem Burgtor, einem Rats- oder Gerichtssaal u. v. a. m. erwarten wir „achtunggebietende“ Beschläge,
die unsere Bewegung entschleunigen und den Übertritt von einer Welt in die Andere zu einem bewussten Akt machen. In den Beschlägen symbolisiert sich die Eigen- und Fremdwahrnehmung des Bauherrn. Sie sind Signale, die uns
helfen oder auch zwingen, die Situation zu verstehen und unsere Gedanken zu fokussieren. Im Extremfall (z. B. einem
illegitimen Grenzübertritt) mahnen Sie uns, dass es nach dem Drücken der Klinke und dem Öffnen der Tür keinen Weg
mehr zurück in das frühere Leben gibt. Diese Situation wird in zahlreichen, wenn nicht allen Spiel- und Kriminalfilmen
pulsschlagtreibend in Szene gesetzt.
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Im Alltag sind die Schwellen meist nicht so hoch und dramatisch. Die Klinke zum Gäste-WC in unserer Doppelhaushälfte sollte optisch nicht auffallen, möglichst wenige Krankheitskeime übertragen, fest schließen und dem Gast keinen
Anlass bieten, um Hilfe zu bitten oder sich zu beschweren. Letzteres hätte z. B. der Fall sein können, wenn er mit seiner
(zugegebenermaßen groben) Pranke zwischen Griff und Türblatt stecken geblieben wäre oder sich seinen (unverantwortlich kostspieligen) Armani-Ärmel an unserem spitz auslaufenden oder auch weit ausschwingenden Drücker
aufgerissen hätte.
So unauffällig eine alltagstaugliche Klinke auf den ersten Blick auch sein mag und evt. auch sein sollte, so schön
anzusehen sollte sie zumindest auf den zweiten Blick dennoch sein. Denn in ihr fließen der Anspruch der Architektur,
ein schlüssig gestaltetes und alle bloße Zweckhaftigkeit transzendierendes Kunstwerk zu sein, und der Anspruch des
Nutzers, die Architektur als reibungslos funktionierendes Instrument nutzen zu können, zusammen. Auch und gerade
in der Klinke manifestiert sich die Gestaltungsphilosophie des Designers bzw. das Konzept der Raumgestaltung auf
handgreifliche Weise.
Gerade in Zeiten, in denen wir nach einer mehr als nur optisch ansprechenden, sondern auch haptisch und atmosphärisch stimmigen Architektur streben, ist die Türklinke eine reizvolle Aufgabe. Die Türklinke ist der Nabel des Hauses.
Die zu entwerfende Klinke sollte haptisch und optisch ansprechend sein, eine tragende, verständliche, vielleicht sogar
„begreifbare“ Gestaltungsidee haben, und leicht und sicher zu bedienen sein.
3
MATERIAL
Die Klinke sollte aus 100% Aluminium bestehen. Warum? Im Vergleich zum Edelstahl aus
Gründen der Haptik: Aluminium leitet die Wärme weniger als Edelstahl, sodass Aluminium-Klinken weniger kalt als
Edelstahlklinken sind, also angenehmer anzufassen sind. Zum Anderen aus fertigungstechnischen Gründen: anders
als Kompositklinken mit Kunststoff- oder Porzellankomponenten können Aluminiumklinken in Gänze von dem OGRO
Stammwerk in Velbert produziert werden. Zum Anderen sind Kompositprodukte weniger einfach zu entsorgen als
monolithische Produkte.
4
GEOMETRIE
Folgende Maße sind beim Entwurf der Klinke zu berücksichtigen:
Durchgängige Bauhöhe der OGRO Türschilder und Rosetten: 9 mm
Minimaler Abstand Türblatt / Griff: 40 mm (d. h. minimale Griffhalslänge 31 mm). Dieser Abstand reicht, um zum Einen
den Drücker zu ergreifen, ohne das Türblatt zu berühren. Zum Anderen ist der Hals auf einer Länge von 15 mm orthogonal zu führen, um den Mindesteinstand des Stifts und das Halten desselben durch die M6 Madenschraube zu ermöglichen. Dies berücksichtigend, können ca. 2 Mio. Betätigungen verschleiß-, kipp- und lockerungsfrei ausgeführt werden.
Durchmesser Griffhals an der Berührung Hals / Rosette: 20 mm oder 23,5 mm. Dies ist derzeit bei allen OGRO Klinken
der Fall; es ist aber keineswegs bindend. Auch ist es keineswegs zwingend, dass der Griffhals an dem Berührungspunkt
oder auf ganzer Länge einen kreisrunden Querschnitt aufweist!
Durchschnittliche Längen der Drücker: meist zwischen 130 und 175 mm. In den 50er Jahren entwarf Wagenfeld eine
nur 120 mm lange Klinke, um Material und Kosten zu sparen. Für die Länge gilt: testen Sie, welche haptisch, optisch
und konzeptuell für Ihre Gestaltungsabsichten angemessen ist!
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ELEMENTE UND VOKABULAR
Welche Elemente machen eine Klinke aus? Welche Stichworte
können meine Fantasie lenken und anregen - und welche ignoriere ich zunächst einmal, um neue Wege beschreiten zu
können?
Ein paar An- und Abturner:
Daumenbremse, Zeigefingerkuhle, Ballenstütze, Greifvolumen
Vollblatttür, Profiltür
Konsolengriffe, Türgriffe, Knöpfe, Knäufe, Türdrücker
Schutzbeschläge, Panikbeschläge, Ganzglas-Türbeschläge, Zutrittskontrollen
Drückergarnitur, Wechselgarnitur, Positiv-Beschlag und Negativ-Beschlag bei Profiltüren
Drückerhals, Handhabe, Führungssatz
Klemmfreiheit
Bogenradius, Kantenradius
Verstiftung, Intarsie, Fügetechnik
Oberfläche: Schleifrichtung, Oxidschicht, PVD-Beschichtung, Satinierung,
Kratzfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit, Reinigungsfähigkeit,
Rosette, Oberteil, Drückerrosette, Schlüsselrosette, Stützrosette, Türschild
Drückerstift, Wechselstift, Doppelstift, Reduzierhülse (von 9mm auf 8 mm), Likoschrauben
Hochhaltefedern, Schlossnuss, Stütznocken, lockerungsgeschützte Schrauben
Norm: EN 1906:2012