Nr. 56 | 23. Februar 2016 Termine Stadtmuseum Stadtmuseum Neumarkt im Ersten Weltkrieg 1916: Der hölzerne Torschmied – ein alter Held im Dienst für Witwen und Waisen 3. 3. bis 22. 5. 2016 Museen in Neumarkt Fehlt nur noch ein Elektroauto Stadtmuseum Neumarkt zeigt Geschichte der Express-Werke mit privaten Leihgaben Vortrag: Der Torschmied von Neumarkt Die Entstehung eines Mythos Ludwig Härteis, StR 2. 3. 2016, 19 Uhr Führungen durch die Sonderausstellung 6. 3. 2016, 13.30 Uhr 22. 5. 2016, 15 Uhr Museum Lothar Fischer Filmabend „Paul Cassirer - Ein Fest der Künste“ Abend mit den Regisseurinnen Rahel E. Feilchenfeldt und Jacqueline Kaess-Farquet Do 3. 3. 2016, 19 Uhr Vortrag: Lehmbruck zwischen Pariser Moderne und Deutschem Expressionismus Dr. Ursel Berger, ehem. Direktorin Georg Kolbe Museum, Berlin Do 7. 4. 2016, 19 Uhr Workshop: Strich und Faden Textile Wandobjekte mit der Künstlerin Judith Siedersberger gestalten Anmeldung Museum Lothar Fischer Sa 9. 4. 2016, 14 – 17 Uhr Führung: Lehmbruck im Dialog mit Lothar Fischer Dr. Harald Tesan, Universität Regensburg So 15. 5. 2016, 15 Uhr Finissageführung Julia Isenberg So 22. 5. 2016, 15 Uhr Sonderveranstaltung 41. Nordgautag in Neumarkt i. d. OPf. Neumarkt – Pfalzgrafenstadt mit Tradition und Zukunft Oberpfälzer Kulturbund e.V. in Zusammen arbeit mit der Stadt Neumarkt i. d. OPf. 23. 6 bis 26. 6. 2016 Festzug So 26. 6. 2016, 14 Uhr 13 Was wäre ein Museum ohne die Leihgaben von Enthusiasten? Auch das Stadtmuseum Neumarkt kann auf solche Gönner zählen – zum Beispiel bei der Erforschung und Darstellung der Geschichte der Express-Werke. „Als Bürger Neumarkts möchte ich gerne etwas für meine Stadt tun“, sagt Marc-Claude Giovo, früher langjähriger Kontrabassist der Nürnberger Symphoniker. Diesem Grundsatz folgend engagiert sich der gebürtige Schweizer im Ruhestand nicht nur in der Förderung des musikalischen Nachwuchses, sondern widmet sich auch dem Erhalt des kulturellen Erbes seiner Wahlheimat. Seit neuestem steht seine „K 100“ mit Baujahr 1936 – den Insidern als das Vorkriegsmotorrad der Neumarkter Express-Werke bekannt – in der Schausammlung des Stadtmuseums. Toprestauriert von Giovos Freund, einem Mitarbeiter des Schweizer Formel-1-Rennstalls Sauber Motorsport AG, ist das neue Museumsschmuckstück soweit instand gesetzt, dass es die Zulassung für die Teilnahme am ganz normalen Straßenverkehr besitzt. Wie ernst es den Bürgern mit dem musealen Grundsatz des Bewahrens ist, zeigt der Blick auf die Neumarkter Museumslandschaft: Brauereimuseum, Weißwurstmuseum und das Museum für historische Maybach-Fahrzeuge sind in privater Hand, das Museum Lothar Fischer wird von einer Stiftung getragen. Aber auch das einzige Haus in kommunaler Trägerschaft, das Neumarkter Stadtmuseum, ist ohne bürgerschaftliches Engagement undenkbar. Allein die 2008 eröffnete Zweigstelle im Museum für historische Maybach-Fahrzeuge präsentiert nahezu ausschließlich Leihgaben aus Privatbesitz. In den ehemaligen Fabrikhallen der Neumarkter Express-Werke werden schwerpunktmäßig Motorräder aus den 1950er Jahren gezeigt. Die am 12. Januar 1884 ins Handelsregister eingetragene Velocipedfabrik Goldschmidt & Pirzer hatte als eines der ersten Unternehmen in Deutschland zunächst sehr erfolgreich Hochräder, dann Niederräder hergestellt. Die Nürnberger Nieder lassung leitete übrigens Carl Marschütz, der Gründer der späteren Hercules-Werke. 1897 war die Fabrik, die etwa 175 Arbeiter beschäftigte, in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden, die Express-Fahrradwerke AG. Doch bereits ein Jahr später zeichnete sich die erste tiefe Krise in der deutschen Zweiradindustrie ab. Grund dafür waren Billigimporte aus England und den Vereinigten Staaten, der damit einhergehende Preisverfall hatte katastrophale Auswirkungen auf die deut– sche Fahrradindustrie und führte zu zahlreichen Firmenschließungen. Um diesem Schicksal zu entgehen, beschloss man in Neumarkt, auf ein anderes Pferd zu setzen. 1899 begannen die Express-Fahrradwerke mit der Entwicklung von motorisierten Fahrzeugen, deren goldene Zukunft in einem Katalog des Jahres 1900 so prognostiziert wurde: „Wenn wir auch weit davon entfernt sind, an eine vollständige Verdrängung des Pferdes als Mittel zur Fortbewegung zu denken, hegen wir doch keinen Zweifel, dass das Motorfahrzeug in nicht allzu langer Zeit dem Straßenverkehr aller Kulturvölker einen ganz eigenartigen Stempel aufdrücken und einen tiefgreifenden Einfluss im Gewerbs- und Verkehrsleben ausüben wird.“ Das innovative Unternehmen brachte verschiedene Typen auf den Markt: Fahrzeuge mit zwei, drei oder vier Rädern – zum Lasten- oder Personentransport. Sogar ein eigener Benzinmotor wurde entwickelt, und mit dem Erwerb der Berliner „Vulkan-Automobilgesellschaft“ stieg man sogar ins Geschäft mit batteriebetriebenen Elektroautos ein. Davon ist leider bis heute keines für das Stadt museum Neumarkt aufgetaucht. Petra Henseler Bürgerschaftliches Engagement im Museum: Marc-Claude Giovo auf seiner Express K 100. Foto: Stadtmuseum Wilhelm Lehmbruck – Wegbereiter der Moderne Wilhelm Lehmbruck gilt heute als der bedeutendste Bildhauer der Klassischen Moderne. Seine Werke befinden sich in den besten Sammlungen weltweit, und Musikliebhaber werden im Foyer der Metropolitan Opera in New York von Lehmbrucks Kniender begrüßt. Sie ist – wie etliche Zeichnungen, die erstmals öffentlich ausgestellt werden – vom 7. Februar bis zum 22. Mai 2016 auch im Museum Lothar Fischer in Neumarkt zu sehen. Diese Ausstellung, die in Kooperation mit der Stiftung Wilhelm Lehmbruck Museum in Duisburg entstanden ist, bietet mit 25 Plastiken, Gemälden und Zeichnungen einen hervorragenden Einblick in Lehmbrucks Schaffen. Im Zentrum stehen hier neben der Knienden vor allem seine Porträtdarstellungen, denen bislang kaum Aufmerksamkeit zuteil geworden ist. Völlig zu Unrecht, wie die Neumarkter Ausstellung zeigt: Diese Bildnisse belegen nämlich nicht nur, wie sensibel und individuell Lehmbruck dieses intime Sujet in allen künstlerischen Gattungen umzusetzen wusste, sondern auch, dass er mit prominenten Kollegen aus anderen Kunstsparten, wie beispielsweise den expressionistischen Literaten Theodor Däubler, Leonhard Frank, und Hans Bethge sowie mit der jungen Schauspielerin Elisabeth Bergner in engem Kontakt stand. Wilhelm Lehmbruck wurde 1881 geboren. Nach dem Studium der Bildhauerei, das er von 1901 bis 1906 an der Kunstakademie in Düsseldorf absolvierte, zog er 1910 in die avantgardistische Kunstmetropole Paris. Dort entwickelte er seinen charakteristi- schen Stil mit langgestreckten, aber ausgewogenen Proportionen, die eine Vergeistigung der Figur ausdrücken und das neue Menschenbild des Expressionismus propagieren. Auch die Kniende ist 1911 dort entstanden und verhalf ihm zum internationalen Durchbruch. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs musste Lehmbruck Paris fluchtartig verlassen. 1914 zog er zunächst nach Berlin, drei Jahre später schließlich nach Zürich. Im Frühjahr 1919 wählte der erst 38-jährige Bildhauer den Freitod. Trotz seiner kurzen Schaffenszeit hat Lehmbruck ein künstlerisches Œuvre von beachtlichem Umfang und von großer Ausdrucksstärke hinterlassen. Wer sich einen Überblick über sein Gesamtwerk verschaffen will, muss nach Duisburg kommen. Oder, für einen Einblick in sein künstlerisches Schaffen, aktuell nach Neumarkt. Einfluss von Rodin Neben frühen plastischen Werken, wie dem marmornen Mädchenkopf von 1903/4, in dem sich der junge Lehmbruck noch während seines Studiums im Schlagen des Marmors übte, sind auch die Büsten seiner Hauptwerke ausgestellt. Seinen charakteristischen Stil zeigen neben der Knienden die Große Stehende von 1910 und der Emporsteigende Jüngling von 1914. Modellierend hingegen hat der Künstler das Altersbildnis der Mme. Germain entwickelt. Mit seiner belebten Oberfläche spiegelt es den Einfluss von Auguste Rodin wider. So veranschaulichen diese Arbeiten, wie Lehmbruck das jeweilige Alter der Dargestellten angemessen auszudrücken versucht hat und welchen Einfluss die Wahl der bildhauerischen Technik auf den Ausdruck der Figuren ausübt. Dabei gilt als Besonderheit von Lehmbrucks plastischen Arbeiten, dass sie oft ein anderes Material vortäuschen als dasjenige, aus dem sie tatsächlich gefertigt sind. Nicht alle dunklen, sanft schimmernden Büsten sind aus Bronze; und nicht alle orangeroten, aus kleinen Kügelchen geformten Gesichter und Köpfe sind aus Terracotta hergestellt. Weshalb aber hat Lehmbruck beispielsweise Terracotten dunkel glasiert und damit Bronze nachgeahmt, oder auch Steingüsse bemalt und so das Terracotta imitiert? Der Bezugspreis der Materialien spielte wahrscheinlich eine Rolle, aber auch der künstlerische Wunsch nach einer Belebung der Büsten durch aufregendere Farben. Es bleibt spannend, sich die Frage nach der Materialität von Angesicht zu Angesicht mit den Büsten zu stellen. Einige der in Neumarkt präsentierten Zeichnungen werden zum ersten Mal überhaupt der Öffentlichkeit vorgestellt. Dazu zählt, neben Darstellungen von Lehmbrucks Frau Anita und von seinen Söhnen im Kindesalter, auch das Porträt einer auffallend eleganten Dame mit einem extravaganten Hut. Wer war diese Frau? Das ist bis heute ungeklärt. Marion Bornscheuer Wilhelm Lehmbruck – Porträts und anderes . . . 7. 2. 2016 – 22. 5. 2016 Mi bis Fr 14–17 Uhr Sa und So 11–17 Uhr April – September bis 18 Uhr geöffnet Führungen sonntags 15 Uhr. Am 1. Sonntag im Monat nur 11. 15 Uhr, parallel Kinderführung (ab 6 Jahren). Wilhelm Lehmbruck Kniende, 1911 Foto: Tomas Riehle
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