Mare Rezepte: Aus Captain Cooks Kombüse von Hans-Helge Ott Aphrodisiakisch kochen Seit es Menschen gibt, die Essen zubereiten, stellen sie sich die verzweifelte Frage: Gibt es aphrodisiakisches Essen? Und die Lösungen, auf die sie kamen, zeugen sowohl von der unerschütterlichen Zuversicht unserer Ahnen, als auch von ihrer Einfalt. Stellen Sie sich bitte mal einen Spargel bildlich vor. Fertig? So, und jetzt eine Auster. Alles klar? Sollen beide Aphrodisiaka sein. Unheimlich phantasievoll, die Oldies, was? Ist natürlich alles kompletter Humbug. Dabei ist die Wahrheit viel schlichter: Jedes Essen ist ein Aphrodisiakum! Es muss nur sorgfältig und liebevoll zubereitet werden. Gut, nehmen wir mal ein kapitales Eisbein aus, denn das führt auch lecker zubereitet fast zur Vollnarkose. Kann ja mal ganz nett sein, aber für unseren Zweck gilt schon mal die Regel eins: Nicht zu viel essen! Es geht um‘s Schmecken, nicht um‘s Sattwerden. Schmecken ist Fühlen. Und wenn Sie sich darauf schon mal einstellen, kann es nicht ganz verkehrt sein. Zweitens: Würzen Sie interessant! Machen Sie ein Geheimnis aus dem Essen! Mischen Sie ein paar feingehackte Kapern oder etwas Minze unter die Petersilie! Rühren Sie einen Löffel Honig in die gedünsteten Karotten! Tun Sie eine Prise Zimt an das Schmorfleisch! Da muss es immer etwas zu entdecken geben für die Zunge! Merken Sie langsam, worauf es ankommt? Drittens: Kochen Sie das Essen nicht mittags und halten es warm, bis Ihr Opfer am Tisch sitzt, sondern kochen Sie es frisch und „à point“, d.h. bis es eben gar ist, aber noch den frischen Rohzustand, die Jugend sozusagen, spüren lässt! Hier geht es nicht um Vertrauen und Zuverlässigkeit zwischen abgeklärten Veteranen, hier geht es um Erotik! Viertens: Nehmen Sie nur frischeste Zutaten. Sonst können Sie der Liebsten gleich sagen: Schatz, ich hab dir ein paar Blumen mitgebracht, sehen nicht mehr so doll aus, waren aber ein Sonderangebot. Na also, das würde eine unvergessliche Nacht, das können Sie mir glauben. Jetzt nochmal: Frisch gekauft, frisch gekocht, gut gewürzt und nicht mehr als genug. Und das ist eigentlich schon alles. Was, sagen Sie, was hat das denn mit einem Aphrodisiakum zu tun? So soll man doch eigentlich immer kochen! Ja, da sehen Sie mal. So einfach ist das. Gut kochen ist einfach erotisch!
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