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Informationen zum Austritt des Vereinigten
Königreichs aus der Europäischen Union
Häufig gestellte Fragen
Das Austrittsverfahren
1. Wie läuft das Austrittsverfahren ab?
Die Austrittsregeln finden sich in Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV): Wenn ein Mitgliedstaat
aus der Europäischen Union austreten will, muss er den Europäischen Rat darüber informieren. Daraufhin nimmt die
EU, vertreten durch die EU-Kommission, die Verhandlungen über ein Austrittsabkommen auf, das die Einzelheiten
regelt.
Der Europäische Rat erlässt dafür konkrete Leitlinien. Das Abkommen muss vom EU-Parlament und mit qualifizierter
Mehrheit vom Außenministerrat (Rat für allgemeine Angelegenheiten) – unter Ausschluss des Vereinigten Königreichs –
beschlossen werden.
Während der Verhandlungen bleibt das Vereinigte Königreich rechtlich grundsätzlich vollwertiges Mitglied der EU.
Seine Rechte und Pflichten als EU-Mitglied gelten fort und es nimmt mit Stimmrecht an den Beratungen im Europäischen Parlament und im Rat teil – allerdings mit Ausnahme der Beratungen über den Austritt.
Mit Inkrafttreten eines Austrittsabkommens finden die Europäischen Verträge auf das Vereinigte Königreich keine
Anwendung mehr. Welche Regelungen dann gelten, hängt vom Verhandlungsergebnis ab.
Für die Verhandlungen sieht Art. 50 des EUV eine Übergangsphase von bis zu zwei Jahren vor. Wird innerhalb der
zwei Jahre kein Austrittsabkommen geschlossen, finden die Europäischen Verträge auf das Vereinigte Königreich
keine Anwendung mehr. Diese Zweijahresfrist kann der Europäische Rat einstimmig im Einvernehmen mit dem
Vereinigten Königreich verlängern.
2. Ist das Vereinigte Königreich an das Referendum gebunden?
Das Ergebnis des Referendums ist für die britische Regierung und das britische Parlament nicht rechtlich bindend.
Der britische Premierminister David Cameron hat aber bereits angekündigt, dass das Vereinigte Königreich im Fall
eines Austrittsvotums das Verfahren gemäß Art. 50 EUV einleiten werde.
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3. Muss sich das Vereinigte Königreich während der Austrittsverhandlungen weiter an EU-Recht halten
(Rosinenpicken)?
Während der Austrittsverhandlungen bleibt das Vereinigte Königreich reguläres Mitglied der EU. Das Vereinigte
Königreich ist im Rat weiterhin stimmberechtigt. Einzige Ausnahme sind die fehlenden Stimmrechte in Bezug auf
das Austrittsabkommen. Das Vereinigte Königreich muss sich auch weiter an EU-Recht halten und darf es nicht
einseitig außer Kraft setzen. Wegen des Vorrangs des EU-Rechts darf das Vereinigte Königreich auch keine vom
EU- Recht abweichenden Regelungen erlassen.
4. Muss das Vereinigte Königreich noch Beiträge zahlen?
Das Vereinigte Königreich muss bis zum Austritt weiterhin seine finanziellen Beiträge an den EU-Haushalt leisten.
Erst nach Abschluss eines Austrittsabkommens oder innerhalb von zwei Jahren nach Mitteilung der Austrittsabsicht
an den Europäischen Rat endet die EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs. Diese Zweijahresfrist kann der
Europäische Rat einstimmig im Einvernehmen mit dem Vereinigten Königreich verlängern.
Auswirkungen auf Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger während der
Verhandlungsphase
1. Hat das Brexit-Votum/der Austrittsantrag unmittelbare Auswirkungen auf Bürger?
In der Verhandlungsphase sind zunächst keine unmittelbaren Auswirkungen auf deutsche Bürgerinnen und Bürger
zu erwarten. Bis das Vereinigte Königreich offiziell ausscheidet, bleibt es vollwertiges EU-Mitglied (Ausnahme: Beratungen über den Austritt) und Teil des Europäischen Binnenmarktes.
Das heißt zum Beispiel: Die Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes (Freizügigkeit, Niederlassungs-,
Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit) gelten während der Austrittsverhandlungen fort. Das Vereinigte
Königreich muss sich insgesamt an EU-Recht (z. B. die EU-Verträge sowie Richtlinien und Verordnungen) und
die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs halten. Es darf in dieser Zeit auch keine Regelungen erlassen,
die EU-Recht widersprechen.
a)Was bedeutet ein Brexit-Votum für deutsche Arbeitnehmer im Vereinigten Königreich/britische Arbeitnehmer in Deutschland?
Deutsche Bürgerinnen und Bürger können während der Austrittsverhandlungen weiterhin von der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit Gebrauch machen und im Vereinigten Königreich leben und arbeiten. Wie bisher finden
die jeweiligen EU-Regelungen Anwendung. Dasselbe gilt für britische Bürger in Deutschland.
b)Was passiert mit Einlagen auf britischen Konten?
Deutsche Bürgerinnen und Bürger können ihre Ersparnisse weiterhin auf britische Konten übertragen und von
dort zurücktransferieren. Auch die EU-Vorgaben für ein nationales Einlagensicherungssystem werden durch das
Brexit-Votum rechtlich zunächst nicht berührt.
c)Welche Folgen hat das Brexit-Votum für deutsche Touristen im Vereinigten Königreich?
Die Freizügigkeit der EU-Bürgerinnen und -Bürger gilt im Vereinigten Königreich während der Austrittsverhandlungen weiter. Deutsche Bürger können wie bisher in das Vereinigte Königreich reisen und dort ihren
Urlaub verbringen (und umgekehrt). Die Einreise ist ohne Visa oder ähnliches möglich.
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2. Worauf müssen sich Unternehmen während der Verhandlungsphase einstellen?
a)Ist zum Beispiel mit neuen Kennzeichnungspflichten, Zöllen oder längeren Lieferzeiten zu rechnen?
Da das Vereinigte Königreich weiterhin vollwertiges EU-Mitglied bleibt (mit Ausnahme der Beratungen über
den Austritt), gelten die bisherigen rechtlichen Regelungen fort. Das heißt: Das Vereinigte Königreich bleibt Teil
des Europäischen Binnenmarktes. Die Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes, wie die Niederlassungs-,
Dienstleistungs- und Kapitalverkehrsfreiheit, und die konkreten sekundärrechtlichen Regelungen gelten im
Vereinigten Königreich während der Austrittsverhandlungen fort.
Das Vereinigte Königreich darf in dieser Zeit auch keine Regelungen erlassen, die EU-Recht widersprechen.
Einschränkungen wie Zölle oder neue Kennzeichnungspflichten darf es danach nicht geben.
Für Grenzkontrollen gilt: Das Vereinigte Königreich ist kein Mitglied der Schengener Abkommen über die
Abschaffung der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen. Es hat daher Grenzkontrollen nie
abgeschafft.
b)Hat der Brexit Auswirkungen auf den Handel mit dem Vereinigten Königreich? Welche Folgen hat es für
Unternehmen, die Produkte dorthin liefern müssen?
Auch für wirtschaftliche Tätigkeiten deutscher Unternehmen gelten während der Verhandlungsphase die
EU-Regelungen fort. Deutsche Unternehmen können wie bisher ihre Waren in das Vereinigte Königreich
exportieren oder von dort Waren beziehen.
c)Was ändert sich für Unternehmen mit Sitz/Niederlassung im Vereinigten Königreich?
Deutsche Niederlassungen im Vereinigten Königreich können dort nach denselben Regelungen wie bisher tätig
sein.
d)Können sich britische Investoren noch auf die Kapitalverkehrsfreiheit berufen?
Die Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs gilt in der Austrittsphase fort, es können also weiterhin Zahlungen
in das Vereinigte Königreich getätigt und von dort empfangen werden (z. B. SEPA-Überweisungen). Der dafür
erforderliche Wechsel von Euro und Pfund ist nicht neu, da das Vereinigte Königreich der Eurozone nicht bei­
getreten ist.
Deutsche Unternehmen können wie bisher in das Vereinigte Königreich investieren und umgekehrt. Bereits
getätigte Investitionen werden durch das Brexit-Votum rechtlich nicht berührt.
3. Wie könnte sich ein Austritt Großbritanniens auf einzelne Wirtschaftsbranchen auswirken?
Die Betroffenheit einzelner Sektoren hängt davon ab, auf welches künftige Kooperationsmodell man sich mit dem
Vereinigten Königreich verständigt. Klar ist jedoch: Während der Verhandlungen ändert sich für die Unternehmen
erst einmal nichts; denn Großbritannien bleibt ein vollwertiges Mitglied und Teil des europäischen Binnenmarktes.
4. Welche wirtschaftlichen Auswirkungen können für Deutschland erwartet werden?
Die deutsche Wirtschaft hat sich in den letzten Jahren robust gegenüber außenwirtschaftlichen Einflüssen gezeigt. Sie
ist gut ins neue Jahr gestartet, ihr Wachstum wird von einer starken Binnenwirtschaft getragen. Etwaige Auswirkungen
eines Austritts werden daher insgesamt als verkraftbar eingeschätzt.
Welche langfristigen Auswirkungen ein Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU für die deutsche Wirtschaft
im Einzelnen haben wird, hängt stark davon ab, wie die Beziehungen des Vereinigten Köngreichs zur EU in Zukunft
ausgestaltet sein werden. Dies wird sich im Laufe der Verhandlungen der EU mit der britischen Regierung zeigen.
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5. Welche Auswirkungen gibt es auf die laufenden Verhandlungen über CETA und TTIP?
Die Austrittsregeln finden sich in Artikel 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV): Wenn ein Mitgliedsstaat
aus der Europäischen Union austreten will, muss er den Europäischen Rat darüber informieren. Daraufhin nimmt die
EU, vertreten durch die EU-Kommission, die Verhandlungen über ein Austrittsabkommen auf, das die Einzelheiten
regelt.
Der Europäische Rat erlässt dafür konkrete Leitlinien. Das Abkommen muss vom EU- Parlament und mit qualifizierter Mehrheit vom Außenministerrat (Rat für allgemeine Angelegenheiten) – unter Ausschluss des Vereinigten Königreichs – beschlossen werden.
Während der Verhandlungen bleibt das Vereinigte Königreich rechtlich grundsätzlich vollwertiges Mitglied der EU.
Seine Rechte und Pflichten als EU-Mitglied gelten fort und es nimmt mit Stimmrecht an den Beratungen im Europäischen Parlament und im Rat teil – allerdings mit Ausnahme der Beratungen über den Austritt.
Damit ist das Vereinigte Königreich während der Verhandlung i. S. d. Art. 50 EUV im Rat auch weiterhin an den Verhandlungen über TTIP und den Beschlussverfahren zu CETA beteiligt.
Weitere langfristige Zusammenarbeit nach erfolgtem Brexit
Was sind langfristige Auswirkungen für deutsche Unternehmen? Verliert das Vereinigte Königreich den Zugang zum
EU-Binnenmarkt?
Die Auswirkungen für deutsche Unternehmen nach vollzogenem Austritt des Vereinigten Königreichs hängen stark
davon ab, wie in Zukunft die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EU ausgestaltet sind. Dies hängt vom
Verlauf der Verhandlungen und den Zielen der britischen Regierung und der EU ab. Diesen kann nicht vorgegriffen
werden.
Allerdings ist auch klar: Deutschland und das Vereinigte Königreich sind seit Jahrzehnten enge Handelspartner.
Bereits vor dem EU-Beitritt des Vereinigten Königreichs gab es gute Handelsbeziehungen, die sich in den letzten gut
40 Jahren in der EU erheblich vertieft haben. Es ist daher davon auszugehen, dass das Vereinigte Königreich auch
nach einem Austritt aus der EU ein wichtiger Handelspartner Deutschlands bleiben wird.
Stand: 28. Juni 2016
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