Eidgenössisches Finanzdepartement EFD Eidgenössische Alkoholverwaltung EAV Rohstoff Datum 20.06.2016 Alkoholtestkäufe: die Ergebnisse 2015 im Detail Der Alkoholverkauf untersteht Einschränkungen, die sich aus dem Jugendschutz ableiten. Der Verkauf von Bier und Wein an unter 16-Jährige sowie von Spirituosen an unter 18-Jährige ist verboten. In der Praxis wird dieses Verbot häufig umgangen. Testkäufe sind ein wirksames und kostengünstiges Instrument, um die Realität vor Ort zu testen , die involvierten Akteure zu sensibilisieren und die Einhaltung der gesetzlichen Einschränkungen langfristig zu verbessern. Die Testkäufe dienen zum aktuellen Zeitpunkt vor allem der Sensibilisierung. Das Aufdecken von Verkäufen an Minderjährige ist Anlass für einen Dialog und eine bessere Schulung des Verkaufspersonals. Viele öffentliche und private Institutionen, von den Verteilern über die Präventions- und Jugendschutzstellen bis zur Arbeitsinspektion, nutzen Testkäufe. Seit 2000 gibt die Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) jedes Jahr eine gesamtschweizerische Statistik der dezentral erfolgten Testkäufe heraus. Seither wurden 45 300 Alkoholtestkäufe in der Schweiz durchgeführt. Definition und Verfahren Testkäufe sind Käufe, bei denen Jugendliche im Auftrag von Privaten oder Behörden versuchen, alkoholische Getränke zu erwerben, die ihnen aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenzen gar nicht verkauft werden dürfen. Bei einem Testkauf begeben sich eine/r oder mehrere Jugendliche, die das gesetzliche Mindestalter noch nicht erreicht haben, in Begleitung einer erwachsenen Person zu einer Alkoholverkaufsstelle. Die rekrutierten unter 16- oder 18-Jährigen Testpersonen sollen ihr Alter nicht durch Kleidung oder Make-up vertuschen. Sie sollen bei Fragen nach ihrem Alter wahrheitsgetreu antworten und auf Wunsch den Ausweis zeigen. Werden ihnen keine alkoholischen Getränke verkauft, müssen sie die Verkaufsstelle verlassen und nicht beim Ladenpersonal insistieren. Ist ihr Kaufversuch aber erfolgreich, müssen sie die erworbenen Alkoholika sofort der Begleitperson aushändigen. Der Auftraggeber des Testkaufs informiert danach (persönlich unmittelbar nach dem Testkauf oder per Post) die Verkaufsstelle über das Testergebnis und fordert sie auf, das Personal für den Jugendschutz zu sensibilisieren und ihm die gesetzlichen Vorschriften in Erinnerung zu rufen. Information EAV Länggasstrasse 35, 3000 Bern 9 Tel. +41 31 309 12 11 Fax +41 31 309 15 00 www.eav.admin.ch Rohstoff Da eine entsprechende Rechtsgrundlage fehlt, dürfen Testkaufergebnisse im Rahmen von Strafverfahren nicht als Beweismittel verwertet werden und haben somit keine Bussen zur Folge. Verwaltungsmassnahmen (wie ein Patententzug) sind jedoch möglich. Bemerkungen zur Auswertung der Ergebnisse Mit der Auswertung der Ergebnisse der Alkoholtestkäufe werden zwei Ziele verfolgt. Das erste Ziel ist eine Beschreibung und Abbildung der in der Schweiz praktizierten Durchführung von Alkoholtestkäufen (Grafik 1 bis 4 und 6). Als zweites Ziel sollen unter gleichzeitigem Einbezug mehrerer Variablen (Grafik 5) die Risikofaktoren ermittelt werden. Aus dieser multivariaten Analyse lassen sich differenzierte Verkaufsraten herleiten. Diese Raten sind interpretierbar als die Wahrscheinlichkeit des Alkoholverkaufs, wobei diese Wahrscheinlichkeit durch die spezifische Wirkung einer bestimmten Determinanten beeinflusst wird (bspw. ob es sich um ein destilliertes oder gegorenes alkoholisches Getränk handelt). Grafik 1: Anzahl Alkoholtestkäufe seit 2000 9000 8114 8000 7000 6000 5518 5689 5000 4584 4920 2009 2010 6004 5503 5022 4000 3000 2000 1000 0 2000-2008 2011 2012 2013 2014 2015 2015 wurden 8114 Testkäufe durchgeführt, das sind 3092 (+61 %) mehr als im Vorjahr. Dieser starke Zuwachs ist vorab methodisch bedingt (Berücksichtigung neuer Daten) und widerspiegelt keine entsprechende Zunahme der Anzahl Testkäufe in diesem Ausmass. 2/5 Rohstoff Grafik 2: Gesamtschweizerischer Durchschnitt der Alkoholverkäufe an Minderjährige (in %) 40% 36.5% 35% 32.6% 33.7% 30.4% 30% 29.0% 28.8% 26.8% 25.8% 25% 20% 15% 10% 5% 0% 2000-2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Im gesamtschweizerischen Durchschnitt ist die Alkoholverkaufsrate an Minderjährige von 2014 (33,7%) bis 2015 (29,0%) um 14 Prozent gesunken. Dieser positive Trend ist namentlich auf den hohen Anteil an Testverkäufen in den Tankstellenshops im Jahr 2015 (ein Drittel der erfassten Alkoholtestkäufe) sowie die tiefen Verkaufsraten in den Tankstellenshops zurückzuführen. Zusätzlich verstärkt wird dieser Trend durch die besseren Ergebnisse in den Cafés und Restaurants sowie in den Take aways (siehe Grafik 3). Grafik 3: Alkoholverkaufsrate an Minderjährige nach Verkaufsort (in %) 60% 52.1% 50% 45.4% 35.0% 40% 30% 20% 27.0% 27.2% 35.9% 34.3% 27.2% 18.8% 10% 0% Die höchsten Verkaufsraten an Minderjährige verzeichnen die Verkaufsorte Bar (52,1%) und Events / Feste (45,4%) gegenüber 2014: 54,3 bzw. 41,6 Prozent. Die tiefste Verkaufsrate liegt wiederum bei den Tankstellenshops (2015: 18,8% und 2014: 17,3%). Auffällig ist ferner die starke Abnahme der Alkoholverkaufsrate an Minderjährige in den Cafés / Restaurants (27% gegenüber 44,6% im 2014) und den Take aways (27,2% gegenüber 41,3% im 2014). 3/5 Rohstoff Grafik 4: Alkoholverkaufsrate an Minderjährige nach Gemeindetyp (in %) 60% 50% 40% 30% 34.7% 31.0% 28.7% 24.9% 20% 10% 0% Der unerlaubte Alkoholverkauf an Minderjährige schwankt je nach Gemeindetyp (Gemeindetypologie des Bundesamts für Statistik). Am höchsten ist diese Verkaufsrate in den mehrfach orientierten Gemeinden (34,7%). Ländliche Gemeinden verzeichnen leicht überdurchschnittliche Verkaufsraten an Minderjährige (31,0%); in den Kerngemeinden (28,7%) und den Agglomerationsgürtelgemeinden (24,9%) liegen sie hingegen tiefer. Grafik 5: Alkoholverkaufsrate nach Produkteart und Tageszeit (in %) 60% 51.9% 50% 41.8% 40% 30% 25.1% 32.2% 35.6% 29.1% 25.1% 26.5% 20% 10% 0% Gegorene Getränke Destillierte Getränke Nicht adjustierte Verkaufsquote Vor 19 Uhr Nach 19 Uhr Adjustierte Verkaufsquote Auf den ersten Blick verkaufen sich destillierte alkoholische Getränke viel häufiger als die gegorenen (41,8% gegenüber 25,1%). Zudem ist das Risiko unerlaubter Verkäufe an Minderjährige nach 19 Uhr deutlich höher (51,9%) als tagsüber (25,1%). Berücksichtigt man diese beiden Faktoren gleichzeitig (adjustierte Verkaufsraten), stellt sich heraus, dass die unerlaubte Verkaufsrate an Minderjährige in Wirklichkeit bei den gegorenen alkoholischen Getränken höher liegt (32,2% gegenüber 29,1% bei den destillierten Getränken). Nach Bereinigung der Ergebnisse ist die Differenz zwar geringer, doch die Verkaufsrate nach 19 Uhr liegt noch immer höher (35,6% gegenüber 26,5%). 4/5 Rohstoff Grafik 6: Alkoholverkaufsrate mit / ohne Vorankündigung bzw. Wiederholung der Testverkäufe (in %) 60% 50% 39.9% 40% 30% 26.9% 28.0% 25.6% 20% 10% 0% Mit Vorankündigung Ohne Vorankündigung Mit Wiederholung Ohne Wiederholung Die überwiegende Mehrheit der Testverkäufe (74,8%) wurde ohne Vorankündigung durchgeführt. Die Auswertung 2015 bestätigt nun erstmals, dass dieser Faktor nur einen sehr geringen Einfluss auf die Alkohlverkaufsrate hat (28% ohne Vorankündigung gegenüber 26,9% mit Vorankündigung). An Verkaufsorten, die im Vorjahr nicht kontrolliert wurden, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass unerlaubterweise Alkohol an Minderjährige verkauft wird, 39,9 Prozent. Umgekehrt sinkt die Wahrscheinlichkeit des Verkaufs an Minderjährige auf 25,6%, wenn die Verkaufsstelle im Vorjahr einem solchen Testkauf unterzogen wurde. Die meisten (rund 80%) im Jahr 2015 getesteten Verkaufsorte waren bereits 2014 einer Kontrolle unterzogen worden. Die beweist die Notwendigkeit regelmässiger Alkoholtestkäufe sowie die Wirksamkeit der daraus resultierenden Sensibilisierung. Für Rückfragen: Nicolas Rion, Leiter Kommunikation Eidgenössische Alkoholverwaltung 031 309 12 64, [email protected] 5/5
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