KULTUR M o n t a g , 3 0. M a i 2 0 1 6 K U LT U R NAC H R I C H T E N Junges Theater GR: Verleihung in Genf THEATERPREIS In Anwesenheit von Bundesrat Alain Berset hat das Junge Theater Graubünden im Rahmen des Schweizer Theatertreffens in Genf den mit 50 000 Franken dotierten Förderpreis erhalten. Die Macher des Jungen Theaters waren in Grossformation aus Graubünden angereist. Mit von der Partie waren Simon Ambühl, Valentina Minnig, Barbara Schneider, Maria Dunst, Chris Hunter, Sara Hermann, Brigitte Balzer, Roman Weishaupt, Annina Sedlacek und Martina Mutzner. «Die Feier am Donnerstagabend war wirklich glamourös», sagte Roman Weishaupt auf Anfrage. «Die Laudationes waren kurz und knackig, der Abend unterhaltsam, viele Menschen anwesend.» Die Bündner Delegation sei in Genf auf grosse Sympathie gestossen. «Betont wurde die Wichtigkeit der professionellen Jugendtheaterarbeit, vor allem auch in den peripheren Regionen», so Weishaupt weiter. «Immer wieder hörten wir, Graubünden dürfe sich glücklich schätzen über diese Initiative.» Die Auszeichnung hatte das Junge Theater vom Bundesamt für Kultur als wichtiger Impulsgeber für die Theaternachwuchsarbeit erhalten. JuryMitglied Mathias Balzer, der von seiner Arbeit als Kulturredaktor der «Südostschweiz» die Gruppe sehr gut kennt, lobte in seiner Laudatio das Junge Theater als «herausragende kleine Institution in Graubünden». Die Macher hätten sich «in den Kopf gesetzt, die Jugend dieser Region mit zeitgenössischem Theater zu infizieren», das sich «den Freuden, Ängsten und Hoffnungen der Jugendlichen» zuwende, erklärte er. «Ein Theater, das Richard III., Odysseus oder Parzival als Zustand der Seelen zelebriert. Es tut dies immer mit Wucht, Leidenschaft und Klugheit.» Das Junge Theater Graubünden sorge dafür, «dass Kunst und Fantasie in Graubünden nicht aussterben», so Jury-Mitglied Balzer abschliessend. Ebenfalls am Schweizer Theatertreffen vertreten war die freie Churer Theatergruppe Ressort k. Sie und ihr Regisseur Manfred Ferrari waren mit ihrem Stück «Der Extremist» eingeladen worden, das im Rahmen der prominenten Plattform des Theatertreffens in Genf gezeigt wurde. Es spielten Jürg Kienberger, Vera Kappeler, Samuel Streiff und Peter Conradin Zumthor. CARSTEN MICHELS Ausgezeichnet: Das Junge Theater Graubünden im Theater Carouge in Genf. (FOTO ADRIAN MOSER/BAK) Die Tänzer von Frysis haben ihr Können gezeigt TANZPERFORMANCE Im Rahmen der Schau «Mode Tanz Musik» hat die Gruppe Frysis am Samstag mit ihrer Performance in der Churer Bahnhofstrasse geglänzt. Veranstaltet wurde der Anlass zum dritten Mal von der Churer Tanzschule Stellwerk und dem Café «Maron». Frysis, die Förderklasse der von Regina Vedana geleiteten Tanzschule, zog das Publikum mit den jeweils halbstündigen Auftritten in ihren Bann. Performt wurde von den fortgeschrittenen Tänzerinnen und Tänzern bis zu den Jüngsten, die erst seit einem Jahr in dieser Leistungsgruppe trainieren. Zu erleben waren überdies eine Modenschau von Bündner Labels, die Arbeiten eines Lehrateliers sowie Auftritte von Hans Beatbox und des Bündner A-cappella-Chors Invivas. (BT) Auf offener Strasse: Die Gruppe Frysis – hier die Jüngeren – unterhält das Churer Publikum. (ZVG) B ü n d n e r Ta g b l a tt 11 Niveauvolle Männerchorliteratur prägnant umgesetzt Der Chor viril Ligia Grischa hat in Chur und Ilanz konzertiert. Das BT hat das Konzert in der Churer Martinskirche besucht und ein abwechslungsreiches Programm erlebt – mit sehr berührenden Momenten. I ▸ CHRISTIAN ALBRECHT In der Person von Christoph Cajöri als Leiter des rund 70-köpfigen Bündner Männerchors Ligia Grischa stand ein Musiker am Dirigentenpult, der ab 1989 während zehn Jahren die Geschicke des damaligen Bündner Kammerorchesters lenkte. Inzwischen ist daraus die Kammerphilharmonie Graubünden geworden. Und am Samstag und Sonntag dirigierte Cajöri nicht nur den Chor viril Ligia Grischa, sondern auch mit dem begleitenden Bläserensemble eine Abordnung seines früheren Orchesters. Cajöri wirkte und wirkt mit beachtlichen musikalischen Erfolgen als Leiter von leistungsstarken Chören in Basel, Bern und Zürich. Schön, dass er auch wieder ein Standbein in Graubünden hat – mit dem Chor viril Ligia Grischa, der im 164. Jahr seines Bestehens unter Cajöris Leitung mit seinem Konzert «Rheinberger plus …» an die Öffentlichkeit trat. Der Einladung zum Konzert «Rheinberger plus …», das der Chor viril Ligia Grischa im 164. Jahr seines Bestehens unter Cajöris Leitung gab, folgten am Samstag in Chur – trotz besten Voraussetzungen für einen Grillabend – vergleichsweise viele Freunde des Männerchorgesangs. Unliebsame Überraschungen So diszipliniert wie der Einzug der Choristen in die Churer Martinskirche erfolgte, so aufmerksam und engagiert zeigte sich der Chor während des ganzen Abends. Mit Hans Lavaters Abendlied «Ei tucca da notg» läuteten die Sänger nicht nur den Abend und dieses Konzert ein, sondern setzten auch musikalisch Massstäbe. Mass nehmen konnte man danach bezüglich Intonation des Chores im «Pie Jesu» aus dem Requiem in d-Moll von Luigi Cherubini, indem den Bläsern bloss wenige Takte vorbehalten sind, während Gelungene Darbietung: Der Chor viril Ligia Grischa und Musiker unter Christoph Cajöri in Chur. (FOTO THEO GSTÖHL) der Chor über weite Strecken a cappella singt: Ein Sinken oder Steigen des Tones führt in solchen Fällen zu unliebsamen Überraschungen. Nach Lavaters best bekanntem Titel erklang hier ein Satz aus einer heute wenig bekannten Totenmesse, die übrigens der sich bereits im hohen Alter befindliche Cherubini nur darum und speziell für Männerchor komponierte, weil der damalige Erzbischof von Paris namens Hyacinthe-Louis de Quélen des Tonsetzers erstes Requiem harsch kritisierte und dessen Aufführung verbot, da dieses auch Frauenstimmen mit einbezog ... Mit Sicherheit keine Hintergründe dieser Art vorzuweisen haben die drei Lieder aus der Feder von Gion Balzer Casanova, die der Chor anschliessend interpretierte. «Sogn Rumetg» erinnert an den Kirchenpatron der alten Kirche in Falera; «Ei vegn il temps» stellt Zeit und Zeitliches in den Vordergrund; und der «Choral» atmet kirchenmusikalische Atmosphäre, ohne diese auf billige Art und Weise zu imitieren. Der Männerchor gestaltete diese Quasi-Lieder-Trilogie in jeder Beziehung überzeugend, und seine Iden- tifikation mit den Kompositionen erschien sehr hoch. In der nachfolgenden Komposition von Gioacchino Rossini fehlte diese dann weitgehend: Da stand die Bewältigung der hohen stimmtechnischen und interpretatorischen Anforderungen noch zu sehr im Vordergrund, als dass in gelöster Atmosphäre hätte musiziert werden können. Die Partitur von «Preghiera» enthält tatsächlich in mancherlei Beziehung ausgesprochen hohe Anforderungen an den Chor wie auch an die einzelnen Stimmen, deren Agilität, Strahlkraft und – insbesondere im Tenorregister – deren leichte Höhen und Verzierungskünste gefragt sind. Funkelnde Sterne am Firmament Apropos Höhen: Einen klingenden Beweis seines Könnens lieferte der Männerchor in Flavio Bundis «In tschiel plein steilas». Die Sterne – bei Rossini noch etwas matt – setzte der Chor hier kunstvoll funkelnd ins hohe Firmament. Und auch in der nachfolgenden Messe in B-Dur op. 172 des Liechtensteiners Josef Gabriel Rheinberger verstand er es, dessen niveauvolle Chormusik prägnant umzusetzen: Expressiv in der Melodik, ausdrucksstark im harmonischen Zusammenklang und insgesamt gerade so romantisch süss, dass noch kein Gedanke an musikalischen Zuckerguss-Stil aufkam. Die Ordinariumssätze sind unproblematische liturgische Gebrauchsmusik, und das vom Komponisten selbst eingeschobene, a cappella gesungene «Ave Maria» ist eine Trouvaille, die das Herz erwärmte – vielleicht gar im passenden Moment auch mal eine Träne provozierte. Dazu trugen auch die Bläserinnen und Bläser der Kammerphilharmonie Graubünden, Kontrabassist Daniel Sailer und Paukist Fritz Eckart bei. Sie folgten dem klaren Dirigat von Christoph Cajöri punktgenau und verbanden sich sowohl im Forte als auch im Piano sehr gut mit dem Chorklang. Mit Recht wurde die Leistung des Chor viril Ligia Grischa durch das Publikum in der Martinskirche mit einem äusserst freundlichen Beifall bedacht, was zu einer Zugabe führte: Funkelnde Sterne hat auch Gion Antoni Derungs musikalisch umschrieben. Ohne Zuckerguss. Aber schlicht, bewegend und berührend. Incantanti in New York: Der grosse Auftritt Am Samstag hat das Vokalensemble Incantanti in der Carnegie Hall gesungen – und war selber beeindruckt. Auf Einladung des Tessiner Komponisten Ivo Antognini wirkten die 30 jungen Sängerinnen und Sänger des Bündner Vokalensembles Incantanti bei einem Konzert in der weltberühmten New Yorker Carnegie Hall mit. Anlass dafür war die Welturaufführung von Antogninis Werk «A Prayer For Mother Earth». Beteiligt waren neben den Bündnern drei Formationen aus dem Raum New York und eine aus Texas. Antogninis Werk für gemischten Chor, Kinderchor, Sopran, Klavier und Orchester wurde vom New England Symphonic Ensemble und dem Komponisten persönlich am Piano begleitet. Solo-Sopranistin war Jessica Sandidge, die Leitung hatte US-Dirigent Andrew Crane. Das Projekt war für uns Incantantis ein grandioses Abenteuer. Durch die Beteiligung verschiedener Generationen – vom Kinderchor der Highschool bis zum Chor mit Mitgliedern im gesetzten Alter – fand ein kurzer, aber doch intensiver Kulturaustausch statt. Interessant für uns war, die zum Teil vibratogeprägte Gesangskultur der Amerikaner zu entdecken. Dirigent Crane gelang aber, aus einer hetero- genen Zusammensetzung unterschiedlicher Akteure eine Einheit zu formen. Gegenüber der Probe vom Freitag hat der Chor noch einmal stark an Klanglichkeit und Präzision zulegen können, was neben der Be- Das offizielle Konzertfoto: Im Stern-Auditorium der legendären New Yorker Carnegie Hall ist der Bündner Chor Incantanti unter den Mitwirkenden. (ZVG) gleitung des Orchesters sicherlich auf die grossartige Akustik des Konzertsaals zurückzuführen ist. Stehende Ovationen Schon das Betreten der Bühne im 2700 Personen fassenden Konzertsaal war ein Höhepunkt für sich. Obwohl einige Familienangehörige der Incantantis mit nach New York reisten, war es für das Bündner Vokalensemble ein Auftritt in der Fremde. Der gewohnte Kontakt zum Publikum und dessen Resonanz blieb aus. So erlebten wir diesen einmaligen Moment mit einer gewissen professionellen Distanz, die durch den straff geführten Zeitplan noch weiter verstärkt wurde. Am Schluss des Konzerts wurden der Schweizer Komponist und wir Mitwirkenden mit Standing Ovations verabschiedet. CLAUDIO ROHRBACH Incantanti-Sänger Claudio Rohrbach berichtet für das BT von der Chorreise.
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