Dieses Ruder - extra

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extra
blick
Nummer 9, 24. Juni 2016
Dieses Ruder
Adalbert Ritter von Lanna ist
vor hundertfünfzig Jahren einer der mächtigsten Männer
in Mitteleuropa. Industrieller,
Kunstsammler, Mäzen. In
Grünau im Almtal feiern
jetzt drei Vereine gemeinsam
ihre Jubiläen. Alle drei hat
der böhmische Adelige mit
oberösterreichischen Wurzeln
unterstützt.
Adalbert Ritter von
Lanna war einer der
mächtigsten Männer
zwischen Prag und
Wien (oben). Franziska Trauttenberg,
Tochter von Adalbert Lanna (rechts),
zog wieder zurück
an den Traunsee.
Von hier waren ihre
Vorfahren hundertfünfzig Jahre zuvor
aufgebrochen nach
Böhmen.
Adalbert Ritter von Lanna mit seinen Enkeln in Gmunden.
Es ist ein märchenhaftes Motiv:
Aus dem Stiel eines hölzernen
Ruders wachsen zwei Flügel. Das
Familienwappen der Familie Lanna. Wer es einmal entdeckt hat in
den Häusern der Familie Lanna,
findet es überall – auf den Intarsien von Truhen, von Schränken,
am Glasfenster im Treppenhaus.
Das geflügelte Ruder ist ein einfaches und deutliches Zeichen: Die
Familie hat ihr Glück und ihr
Geld gemacht mit dem Ausbau
von Moldau und Elbe.
Vom Holzhändler
zum Millionär
Hubertus Trauttenberg, ein Urenkel von Adalbert II Lanna, hat
für uns im Familienarchiv geblättert: Die Familie Lahner, vor
dreihundert Jahren aus Ebensee
gebürtig, kommt mit dem Salzhandel nach Budweis. Adalbert
(der Erste) Lanna ist kaiserlicher
Schiffmeister. Er macht Moldau
und Elbe flößbar. So kommen
aus dem Böhmerwald nicht mehr
nur Brennholz-Scheiter in die
Städte, sondern ganze Stämme –
wertvolles Bauholz.
Lanna steigt in den Eisenbahnbau ein, errichtet in der Nähe von
Prag ein Eisenwerk. Als er 1866
stirbt, ist aus dem Holzhändler
ein Millionär geworden. Sein
Sohn Adalbert (der Zweite) übernimmt die Firma. Was damals an
Bahnlinien in Böhmen gebaut
wird – Lanna machts: WienPrag, Prag Dresden. 1869 erwirbt
er in Gmunden einen alten Bauernhof, den Hof Michel am Lehen. Nach ersten Umbauten holt
er sich einen der berühmtesten
Anno
dazumal
Franz X. Wimmer
Wiener Ringstraßenarchitekten –
Christoph Gugitz. Der baut ihm
eine Villa im Stil der Neo-Rennaissance. Ein Haus, das zeigt,
wie und was der Hausherr ist –
sein Beruf, seine hohe gesellschaftliche Stellung, seine
Kunstleidenschaft. Nur ein Detail: Die Stiege zur Villa stammt
von der Wiener Weltausstellung
des Jahres 1873 – sie führte hinauf zum Kaiserpavillon.
Keiner sammelt
mehr an Kunst
In Grünau im Almtal kauft Lanna inzwischen einen Jagdbesitz.
Viertausend Hektar meist abgeholzter Bauernwälder, mit dem
Hubertihaus am Auerbach als
Wohnsitz. Wo Lanna hinkommt,
tritt er als Mäzen auf – unterstützt
Notleidende und Bittsteller, hilft
den Vereinen, sorgt für Infrastruktur. Selbst in Pettenbach, wo er eigentlich nur durch fährt, unterstützt er die Kirchenrenovierung.
Doch noch vor dem Ersten Weltkrieg kommt die Krise: Seine
Hausbank gerät in Schwierigkeiten, stellt Kredite fällig. Einen
Großteil seiner Kunstsammlungen
muss er verkaufen. Zu den Versteigerungen kommen Bieter aus der
ganzen Welt. Auch den Jagdbesitz
muss er verkaufen. Seine Frau,
Das Wappen der Familie
Lanna: aus einem Ruder
wachsen zwei Flügel.