MPG-official form - Max Planck Institute for Chemical Ecology

23. Juni 2016
Nr. 8/2016 (163)
Faszination für Pflanzenabwehrstoffe
Sandra Irmisch als herausragende Nachwuchswissenschaftlerin mit der OttoHahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet
Pflanzen wehren sich mit Duft, wenn sie von pflanzenfressenden Tieren angegriffen
werden. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena
sprechen dabei oft von einem „chemischen Hilferuf“ der Pflanzen. Die Biochemikerin
Sandra Irmisch hat den Hilferuf von Pappeln erforscht. Für ihre Doktorarbeit
untersuchte sie die molekularen Grundlagen der flüchtigen chemischen
Verbindungen, die die Bäume als Reaktion auf Schädlingsbefall abgeben. Ende
2014 erhielt sie dafür von der Friedrich-Schiller-Universität Jena den Doktortitel mit
der Auszeichnung „summa cum laude“. Die Max-Planck-Gesellschaft hat diese
Arbeit jetzt als besondere wissenschaftliche Leistung mit der Otto-Hahn-Medaille
prämiert.
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Sandra Irmisch mit ihren Untersuchungsobjekten im Gewächshaus: Die junge
Wissenschaftlerin untersuchte am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, wie sich
Pappeln mit flüchtigen chemischen Verbindungen gegen Schädlinge verteidigen.
Foto: Tobias Köllner, Max-Planck-Institut für chemische Ökologie.
Pflanzen produzieren eine Vielzahl chemischer Substanzen, sogenannte sekundäre
Pflanzenstoffe. „Sekundär“ werden sie deshalb genannt, weil sie für den
Stoffwechsel einer Pflanze nicht unmittelbar lebensnotwendig sind. Allerdings haben
sie wichtige ökologische Funktionen beim Schutz der Pflanzen vor UV-Strahlung
oder Verdunstung, beim Anlocken von Blütenbestäubern sowie bei der Abwehr von
Krankheitserregern und Schädlingen. Viele dieser „Phytochemikalien“ sind
pharmakologisch interessant, weil sie in der Medizin als Wirkstoffe gegen
Krankheiten eingesetzt werden können, wie zum Beispiel Polyphenole zur
Blutdrucksenkung oder entzündungshemmende Flavonoide.
In der Abteilung Biochemie am Max-Planck-Institut für chemische Ökologie
interessieren sich die Forscher besonders für chemische Substanzen, die Pflanzen
zum Schutz vor Fraßfeinden bilden. Die Preisträgerin Sandra Irmisch untersuchte,
wie Pappeln solche Abwehrstoffe bilden und welche dieser Substanzen bei der
Verteidigung gegen verschiedene Fraßfeinde eine Rolle spielen. Schon immer war
die in Jena geborene Wissenschaftlerin davon fasziniert, wie das Leben funktioniert,
zum Beispiel welche biochemischen Prozesse in Lebewesen ablaufen. Deshalb
entschied sie sich für ein Studium der Biochemie an der Universität in Halle an der
Saale. Im Oktober 2010 kam sie als Doktorandin an das Jenaer Max-Planck-Institut,
wo sie in der Arbeitsgruppe „Biosynthese und Funktion flüchtiger Stoffe in
Gehölzpflanzen und Gräsern“ unter der Supervision von Tobias Köllner und
Jonathan Gershenzon an Pappeln forschte. Dass Pflanzen, wie die Pappel, eine
derartige Vielfalt und Vielfältigkeit chemischer Verbindungen herstellen, die auch für
die Gesundheit des Menschen förderlich sein können, hat sie bei ihrer Arbeit immer
wieder inspiriert. Ihre Begeisterung für die wissenschaftliche Untersuchung dieser
natürlichen Prozesse hat sicherlich dazu beigetragen, dass aus ihrem
Promotionsprojekt am Max-Planck-Institut in vier Jahren 12 Publikationen in
international angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften, darunter sieben mit
Erstautorenschaft, hervorgegangen sind. Es gelang ihr, die wichtigsten Abwehrstoffe
von Pappeln zu bestimmen und neue Enzyme für die Biosynthese von
Pappelduftstoffen zu charakterisieren. Die jetzige Auszeichnung durch die MaxPlanck-Gesellschaft sieht die junge Wissenschaftlerin als weiteren Ansporn: „Die
Otto-Hahn-Medaille ist eine große Ehre und zeigt mir, dass meine Forschung
Anklang findet und von Bedeutung ist. Sie motiviert mich, mit dieser Forschung
weiter zu machen.“
Derzeit forscht Sandra Irmisch an der University of British Columbia in Vancouver,
Kanada. Für diesen Forschungsaufenthalt hat sie sich erfolgreich für ein FeodorLynen-Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung beworben. Wissenschaftlich
ist sie auch in Kanada der Biosynthese von sekundären Pflanzenstoffen treu
geblieben und untersucht dort neue pflanzliche Wirkstoffe gegen Diabetes. (AO]
Originalveröffentlichungen:
Irmisch, S., Müller, A. T., Schmidt, L., Günther, J., Gershenzon, J., Köllner, T. G.
(2015). One amino acid makes the difference: the formation of ent-kaurene and 16ahydroxy-ent-kaurane by diterpene synthases in poplar. BMC Plant Biology, 15: 262.
doi:10.1186/s12870-015-0647-6.
Irmisch, S., Zeltner, P., Handrick, V., Gershenzon, J., Köllner, T. G. (2015). The maize
cytochrome P450 CYP79A61 produces phenylacetaldoxime and indole-3acetaldoxime in heterologous systems and might contribute to plant defense and
auxin formation. BMC Plant Biology, 15: 128. doi:10.1186/s12870-015-0526-1.
Irmisch, S., Clavijo McCormick, A. L., Günther, J., Schmidt, A., Boeckler, G. A.,
Gershenzon, J., Unsicker, S., Köllner, T. (2014). Herbivore-induced poplar cytochrome
P450 enzymes of the CYP71 family convert aldoximes to nitriles which repel a
generalist caterpillar. The Plant Journal, 80(6), 1095-1107. doi:10.1111/tpj.12711.
Irmisch, S., Jiang, Y., Chen, F., Gershenzon, J., Köllner, T. (2014). Terpene synthases
and their contribution to herbivore-induced volatile emission in western balsam poplar
(Populus trichocarpa). BMC Plant Biology, 14: 270. doi:10.1186/s12870-014-0270-y.
Kontakt und Bildanfragen:
Angela Overmeyer M.A., Max-Planck-Institut für chemische Ökologie, Hans-Knöll-Str.
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