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Pro & Contra: Ölaktien: Sprudelnde Gewinne oder versiegende Renditequellen?
Ölaktien sind im Aufwind, getrieben vom steigenden Ölpreis. Während einige Fondsmanager für die
Branche dementsprechend optimistisch bleiben, gehen andere davon aus, dass es auch künftig alles
andere als geschmiert läuft.
Des einen Freud, des anderen Leid, diese Gleichung gilt auch beim Öl. Denn das Schwarze Gold
wird wieder teurer - seit Februar ist der Preis bereits um gut ein Drittel gestiegen. Zuvor allerdings hatte
der Preis für die Nordsee-Sorte Brent seit Mitte 2014 um fast 75 Prozent nachgegeben. Selbst während
der Finanzkrise 2008 war Öl nicht so billig wie Anfang 2016. Dennoch: Autofahren kostet nun wieder
mehr Geld. Und auch wer nach dem Winter seinen Heizöltank auffüllt, muss derzeit tiefer in die Tasche
greifen als noch vor einem Jahr.
Ein sich verteuernder Ölpreis zehrt immer an der Kaufkraft des Verbrauchers, der private Konsum
verliert damit eine wichtige Stütze. Die Währungshüter der Europäischen Zentralbank indes könnte
diese Entwicklung durchaus freuen. Denn der steigende Ölpreis sorgt für zumindest minimal höhere
Preise in der Eurozone. Schließlich soll die Inflationsrate, die seit Jahresbeginn um den Nullpunkt
dahin dümpelt, wieder in Richtung der anvisierten 2 Prozent gelenkt werden. Dies ist nach
Meinung der EZB für die Konjunktur im Euroraum der ideale Wert.
Auch viele Ökonomen und Finanzmarkt-Akteure sind der Meinung, dass ein steigender Ölpreis der
Wirtschaft neue Impulse geben würde. Besonders den in den vergangenen Jahren deutlich unter
die Räder gekommenen Schwellenländern würde ein höherer Ölpreis guttun.
Sicher greifen steigende Notierungen insbesondere den Unternehmen der Öl exportierenden Staaten
unter die Arme. So liegt der die Entwicklung der 30 größten Öl- und Gasunternehmen der
Schwellenländer abbildende DJ Emerging Markets Oil & Gas Titans Index im 3-Monats-Zeitraum mit gut
7 Prozent im Plus. Der Blick auf die mittelfristige Entwicklung offenbart aber nach wie vor die
Malaise des jahreslang gesunkenen Ölpreises: Im Ein- bis Fünf-Jahres-Zeitraum liegen die
Ergebnisse zwischen minus 17 und minus 45 Prozent deutlich unter der Oberfläche.
Besser schneidet der international breiter aufgestellte DJ Oil & Gas Titans 30 ab, der nach 3 und 5
Jahren zumindest eine leicht positive Bilanz aufweist. Zwar haben auch die großen Ölunternehmen der
Industrieländer mit dem Preisverfall zu kämpfen. Allerdings zahlt sich bei ihnen der seit einigen Jahren
gefahrene harte Sparkurs positiv aus.
Neben der schwächelnden Nachfrage in den Schwellenländern sind es innerhalb der Opec vor allem
die Saudis, die den Ölpreis tendenziell niedrig halten. Erst im April hat sich die Ölförder-Vereinigung
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dagegen ausgesprochen, die Produktion zu begrenzen. Wichtigstes Ziel im Preiskrieg ist es, die
bereits angeschlagene, lästige Fracking-Konkurrenz aus den USA abzuschütteln. Bislang ist die
Rechnung aufgegangen. Teilen der kostenintensiven Schieferöl-Branche ist der Hahn bereits
abgedreht. Über 60 US-Öl- und Gasunternehmen haben die weggebrochenen Einnahmen schon in die
Pleite geführt.
Nicht nur diese Faktoren machen nach Ansicht von Anko Beldsnjider Ölaktien zu einem überaus
spekulativen Investment. Auch von der Nachfrageseite erwartet der Manager des Fidecum
Avant-Garde Stock Fund keine entscheidenden Impulse für einen nachhaltig höheren Ölpreis. Für
ihn begannen die Probleme der Ölbranche schon zu Zeiten, als der Ölpreis noch hoch war. Aussichten
auf Besserung sieht er keine.
Ganz anders Christoph Bruns. Der Manager des Loys Global hält insbesondere die Aktien von
großen Ölgesellschaften für interessant, da sie den Ölpreisverfall der vergangenen Jahre gut
weggesteckt hätten. Seiner Ansicht nach sollten aber auch die Gewinne von mittelbar an der
Ölförderung beteiligten Unternehmen wieder steigen.
Quelle: Bloomberg
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Christoph Bruns, Manager des Loys Global
In den vergangenen Jahren wurden die Rohstoffmärkte von einer ausgeprägten Baisse erfasst. Nahezu
sämtliche Rohstoffgruppen hat die Abwärtsentwicklung in Mitleidenschaft gezogen. Zu den
spätzyklischen Opfern des Rohstoffzyklus zählte das Rohöl, das sich zunächst - als andere
Rohstoffe längst dem Preisverfall ausgesetzt waren - einigermaßen robust zeigte. Schließlich
musste sich der Ölpreis seit Juni 2014 jedoch ebenfalls einer Angebots- und Nachfragedynamik
beugen, die für die meisten Rohstoffkategorien kennzeichnend war und zu einer raschen Drittelung des
Preises führte.
Genau betrachtet hat sich für die zyklische Dynamik bei Rohstoffen der Ausdruck "Schweinezyklus" als
geeignet erwiesen. Dieser bezeichnet den zeitlichen Ablauf von Preissteigerungen,
Produktionsausweitungen, Überproduktion, Preisverfall und Produktionskürzungen, der dann
erfahrungsgemäß in einen neuen Zyklus unbestimmter Dauer mündet. Im Ölsektor ist nun ein solcher
klassischer Schweinezyklus aufgetreten.
Die seit der Jahrtausendwende stark gestiegenen Ölpreise in Bereiche oberhalb von 100 Dollar pro
Fass sorgten dafür, dass Ölproduzenten erhebliche Investitionen in Technik unternahmen, um neues Öl
zu finden und zu fördern. Allgemein bekannt geworden ist in diesem Zusammenhang die
Fracking-Methode, die es erlaubt, in Gesteinsformationen unterhalb der Erdoberfläche eingeschlossene
Öl- und Erdgaslagerstätten zu erschließen.
In der Folge dieses Investitionsbooms kam es zu einem Überangebot an Öl und Erdgas, in
dessen Folge sich die Preise dieser Energierohstoffe knapp zwei Jahre lang deutlich
verringerten. Zugleich blieb die weltweite Nachfrage robust, sodass allein die Angebotsseite
verantwortlich für den Preisverfall war. Die Preisentwicklung beim Öl führt aber nunmehr bei den privat
betriebenen Förderunternehmen dazu, dass sie ihre Investitions-Budgets kürzen und geplante
Förderprojekte zurückstellen.
Der Rückzug von Royal Dutch Shell aus Alaska und vom Fracking in Nordamerika ist charakteristisch
für das Verhalten der gesamten Ölindustrie. Viel weniger elastisch reagierten übrigens die staatlich
gelenkten Ölländer auf die Preismisere. Obwohl die hohe Ölförderung in Saudi-Arabien, Venezuela
und Russland ökonomisch einer enormen Vergeudung von Volksvermögen gleichkommt, drosselten
diese Anbieter ihre Förderung nicht.
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Der Anpassungsprozess, der Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringen kann, muss also von
den ökonomisch ausgerichteten Anbietern getragen werden. Es sei denn, die großen Ölförderländer
gelangen zu der Einsicht, dass ihr bisheriges Förderverhalten unklug ist. Wie sehr das schmerzt,
ließ sich an der Kursentwicklung vieler Unternehmen aus dem Energiesektor nachvollziehen.
Besonders reine Explorations-Gesellschaften wie Noble Energy, Occidental und Conoco litten erheblich
unter der Baisse.
Auch Ölservice-Gesellschaften, darunter Fugro oder Schlumberger, wurden beträchtlich in
Mitleidenschaft gezogen. Deutlich besser erging es den großen integrierten Ölgesellschaften, wie
Exxon, Statoil oder OMV. Bei diesen Unternehmen glichen die Vorteile aus dem Raffinerie- und
Chemiegeschäft die Nachteile des Rohstoffverfalls zum Teil aus.
Nachdem nun aber die Ölpreise gedreht haben, hellt sich das Bild deutlich auf. Gewinnrevisionen
nach oben werden immer wahrscheinlicher. Konservative Investoren werden sich eher bei den
integrierten Gesellschaften engagieren, während spekulativere Anleger wohl auf reinrassige Ölförderer
und Servicegesellschaften setzen.
Anko Beldsnijder, Manager des Fidecum Avant-Garde Stock Fund
Die Aktienkurse der Öl-Förderer hängen maßgeblich vom Ölpreis ab. Dieser hat sich seit dem Tief im
Februar kräftig erholt. Die Gewaltwelle in Nigeria, die Waldbrände in Kanada und der
Quasi-Zusammenbruch Venezuelas haben zu spürbaren Angebotskürzungen geführt und die
Preis-Fantasie neu entfacht. Ausschlaggebend war jedoch die Produktionsdrosselung in den USA.
Aufgrund des niedrigen Ölpreises wurden hier rund 1.500 Bohrtürme abgebaut. Die Produktion ging von
9,6 auf 8,8 Millionen Barrel pro Tag zurück.
Auf dem derzeitigen Preisniveau scheint das weitere Aufwärtspotenzial jedoch weitgehend erschöpft.
Kurzfristig sprechen die weltweit enormen Lagerbestände gegen einen deutlich höheren Ölpreis. Allein
die Opec-Staaten bunkern eine Reserve von mehr als 3 Milliarden Fass. Damit könnten sie die
ganze Welt einen Monat lang ausreichend mit dem Energie-Rohstoff versorgen. Aus strukturellen
Gründen ist auch mittelfristig ein weiterer Anstieg des Ölpreises eher unwahrscheinlich.
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Die US-amerikanische Fracking-Industrie kann kurzfristig außer Betrieb genommene Bohrtürme
vergleichsweise schnell wieder hochfahren. Das rechnet sich in etwa ab einem Ölpreis von 50 Dollar je
Fass. Zusätzlich gibt es rund 4.000 Ölbohrlöcher, die aufgrund des gesunkenen Preises nicht
fertiggestellt wurden und die Produktion schnell aufnehmen könnten. Hinzu kommt, dass durch
verbesserte Technologien der Output pro Bohrloch in den USA spürbar gestiegen ist.
Beim Ölpreis ist wahrscheinlich nicht nur ein Deckel drauf, es bestehen sogar signifikante
Abwärtsrisiken, denn das Angebot wird auch künftig die Nachfrage wahrscheinlich übersteigen. So sind
die Förderrückgänge vor allem in Kanada zeitlich begrenzt. Nigeria und Venezuela sind dringend
auf die Einnahmen aus den Ölverkäufen angewiesen, weshalb auch hier die Produktion irgendwann
wieder hochgefahren werden sollte.
Vor allem aber erhöht der Iran schrittweise seine Förderung: Nach dem Ende der jahrelangen
Sanktionen ist das erdölreiche Land dringend auf Petro-Dollar angewiesen, um die marode Wirtschaft
zu modernisieren. In den kommenden zwei bis drei Jahren sollten wieder frühere Output-Niveaus
erreicht werden. Da innerhalb der Opec - und hier vor allem zwischen Saudi-Arabien und dem Iran ein Streit schwelt, ist gleichzeitig kaum damit zu rechnen, dass sich das Öl-Kartell auf
Produktionsbeschränkungen einigen kann. Die Welt wird also weiter im Öl schwimmen.
Dazu kommt, dass die Nachfrage aus den entwickelten Industriestaaten in den kommenden Jahren
zurückgehen dürfte. Denn in der Produktion nimmt die Effizienz permanent zu. Außerdem sind Windund Sonnenenergie zunehmend dabei, fossile Brennstoffe zu verdrängen. Eine steigende
Ölnachfrage ist eigentlich nur noch in den Schwellenländern zu erwarten. Doch vor allem China,
das die Erdölnachfrage in den vergangenen Jahren maßgeblich nach oben getrieben hat, steht vor
enormen Herausforderungen.
Gravierende Umweltprobleme kosten die Volksrepublik selbst nach eigenen Aussagen spürbar
Wirtschaftswachstum. Da ist ein weiterer Ausbau der Energiegewinnung durch fossile Brennstoffe
kaum vorstellbar. Gleichzeitig bereitet der Umbau von der Industrie- zur Dienstleistungswirtschaft
große Probleme.
Die Unternehmen sind zum Teil extrem hoch verschuldet und auf dem Immobilienmarkt haben
sich gefährliche Blasen gebildet. Es ist durchaus denkbar, dass die chinesische Volkswirtschaft in
den kommenden Jahren nicht nur langsamer als früher wächst, sondern sogar schrumpft. Sollte die
Nachfrage des größten Rohstoffverbrauchers der Welt rückläufig sein, sind sinkende Ölpreise wohl
unvermeidlich.
Was bedeutet das alles für die Ölaktien? Die großen Ölfirmen fahren schon seit Jahren ihre
Investitionen herunter, da diese schon seit 2009 nicht die entsprechenden Kapitalkosten decken. Diese
Entwicklung begann also bereits, als der Ölpreis noch wesentlich höher notierte. Gewinne gibt es
eigentlich nur aus den Verkäufen von Anlagegütern. Wachstum sieht anders aus. Und seitdem
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die großen Ölförder-Gesellschaften weniger investieren, ist auch den Service- und Ausrüsterfirmen das
Geschäft weggebrochen. Das verleiht Investments in den Ölsektor unter dem Strich einen stark
spekulativen Charakter.
Aktuelle Hintergrundartikel zum Thema:
Schwarzes Gold: Bei Ölaktien locken Gewinne (Wirtschaftswoche Online vom 7. Juni 2016)
Egal, was die Opec tut: Der Ölpreis kann nicht steigen (N-TV.de vom 2. Juni 2016)
Vision 2030: Saudi-Arabien beschließt Öl-Ausstiegsplan (Spiegel Online vom 25. April 2016)
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Autor: Carsten Krüger
Dieser Artikel erschien am 23.06.2016 unter folgendem Link:
http://www.dasinvestment.com/der-fonds/news/datum/2016/06/23/oelaktien-sprudelnde-gewinne-oder-versiegende-renditequellen/
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