Briefe erzählen Geschichte(n) – XIV: Beförderungsmonopol!

Briefgeschichten
Briefe erzählen Geschichte(n) – XIV:
Beförderungsmonopol!
Peter Zollner
Mit der Absenderstempelmaschine
des Philatelisten-Clubs Straubing, von der
schon in der vorhergehenden Folge die
Rede war, gab es im Laufe von nunmehr
26 Jahren gar manche Aufregung. Bereits
der erste Einsatz im Dezember 1989 stand
unter keinem glücklichen Stern, denn
schon bei der Betrachtung des ersten
Probeabschlags hätte den Autor, damals
1. Vorsitzender des Clubs und „Operateur“ der Stempelmaschine, beinahe der
Schlag getroffen. Die Tagesstempelkrone
enthielt nämlich zwei Fehler, von denen
der eine noch tolerabel, der andere aber
gravierend war. Zum einen fehlte bei der
Ortsangabe die Nummer des Postamts.
Hier stand also statt „STRAUBING 1“
nur „STRAUBING“ zu lesen. Zum anderen enthielt der Tagesstempel die falsche
Abb.: Einer der 17 Jahre lang vermissten, anscheinend irgendwie dem Reißwolf entPostleitzahl „8400“ der Nachbarstadt
gangenen Belege
Regensburg anstatt „8440“ für Straubing. Da war nun guter Rat teuer, denn
auf das damals noch bestehende Beförderungsmonopol der
die Einladungen zu der am 19. Januar 1990 stattfindenden
Post bei Briefen wurden mir die Briefe nun zwecks sofortiger
Hauptversammlung mussten satzungsgemäß drei Wochen
Vernichtung abgenommen. Das verklebte Porto wurde erstatvorher versandt werden und sollten auf jeden Fall als Massendrucksache versandt und mit dem neuen Gerät abgetet. Die Hauptversammlung wurde in den März verlegt, die
stempelt werden. Da blieb nichts anderes übrig, als die SenEinladungen dazu mit der nach Wochen gelieferten korrigierdungen mit dem falschen Stempel zu bedrucken.
ten Stempelkrone abgefertigt.
Flatternden Herzens und voller Zweifel, ob die Mängel aufHier könnte die Geschichte nun zu Ende sein, hätte sie
fallen würden, machte ich mich schließlich vier Tage vor Heinicht nach vielen Jahren ein sehr bemerkenswertes Nachligabend auf dem Weg, hoffend auf vorweihnachtlich regen
spiel gehabt. Bei einer der Münchner Briefmarkenbörsen
Schalterbetrieb, denn wir befanden uns ja damals noch im
hätte den Autor fast der Schlag getroffen, als er in einer
vordigitalen Zeitalter, als Weihnachtsgrüße noch mit der Post
Wühlschachtel (norddeutsch: Krabbelkiste) eine geringe
verschickt wurden. Doch die Hoffnung wurde nach wenigen
Anzahl der 1989 konfiszierten Briefe entdeckte. Dass diese
Sekunden zerstört. Die falsche Postleitzahl war zu auffällig und
zum Preis von je einem Euro wieder heimgeholt wurden,
meine Sendung wurde nicht angenommen und ich in ein
braucht wohl nicht eigens erwähnt zu werden.
Büro zu einem der Postoberen zitiert. Dort konnte ich winseln
Der damalige Besuch der Briefmarkentage wird auch
und jammern und meine Terminnöte solange darlegen wie ich
noch aus einem anderen Grund den Beteiligten ewig in Erinwollte, ich biss nur auf Granit. Als mir dann ein vermeintlich
nerung bleiben, fiel er doch in ein Jahr – es war wohl 2006
glorreicher Gedanke kam, wurde es sogar ganz ernst und mir
– mit spätem Wintereinbruch und sehr viel Schnee auf den
mit weitreichenden Konsequenzen gedroht. Ich hatte vorgeStraßen. Dieser Umstand schien den Fahrer unseres Busses
schlagen, die Sendungen wieder mitzunehmen und selbst
jedoch in keiner Weise zu tangieren. Sein gewohntes Tempo
auszutragen. Das wäre zwar bei damals etwa 90 Mitgliedern
drosselte er zumindest nicht im geringsten. Auf jeden Fall
alles andere als einfach gewesen, aber in Anbetracht der Notwaren alle froh, dass sie diesen Trip durch die weiße Hölle
lage erschien mir das die einzig mögliche Lösung. Aber da
wohl überstanden und so dem BDPh der drohende Verlust
hatte ich die Rechnung ohne die Post gemacht. Unter Hinweis
von etwa 30 Mitgliedern auf einen Schlag erspart blieb.
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Philatelie und Postgeschichte 390 · philatelie 469 · Juli 2016
Sammelgebiet Europa
Das Lustschloss der Habsburger –
zu frivol für den Minister
Prof. Dr. Michael Bockisch
Die ersten Auflagen der Bildpostkarten
mit Wertstempel Doppeladler (Abb1) entsprachen im Design denen der vorherigen
Serien mit dem Wertstempel Stilisierter
Adler. Ihre Herausgabe verlief ohne Aufsehen. Nachdem als erstes die 35g-Auslandsbildpostkarten geändert wurden, um
rechtzeitig zum 38. Esperanto-Kongresses
Abb. 1
an den Postschaltern zu sein, sollten etwa
ein halbes Jahr später auch die 12g- und
25g-Karten umgestellt werden (Abb. 2).
Während die Umstellung der Karten der Portostufe für
die ehemaligen Kronländer wegen der Forderungen nach
Beschriftung in deren Sprachen kontrovers verlief, ging es
bei den Inlandsbildpostkarten zu 12g reibungslos vonstatten. Es gab aber offensichtlich einige interne Querelen. Wie
schon vorher, sollten auch hier nach gewisser Zeit Bildänderungen vorgenommen werden; man wollte Bad Gleichenberg und Gurk mit eigenen Bildpostkarten bedenken, dafür
andere Orte „hinauswerfen“. In diesem Zuge sollte es eine
weitere Änderung geben.
Das Bild 3 trug die Bildbeschreibung „SCHÖNBRUNN,
ehemaliges Lustschloss der Habsburger“. Dieser Text
wurde beanstandet, da die Bezeichnung Lustschloß (Abb 3)
offensichtlich zu frivol war. Minister Stockinger ordnete am
17. November 1937 persönlich an, den Text durch WIEN,
SCHLOSS SCHÖNBRUNN ohne jeden weiteren Zusatz zu
ersetzen (Abb 4). Dies sollte eigentlich gleichzeitig mit dem
Austausch des Bildes Seckau gegen ein Bild von Gleichenberg erfolgen. Für diese Änderung stand allerdings noch der
Kommentar – oder besser das Placet – der Landeshauptmannschaft der Steiermark aus. Offensichtlich erschien dem
Minister das Lustschloß aber so dringlich anstößig, dass man
die wenigen Tage auf die Antwort aus Klagenfurt nicht warten
wollte und den Schönbrunner Text vorab änderte.
Abb. 3
Abb. 4
So wurde die Abbildung Gleichenbergs verschoben und
damit durch die politischen Ereignisse, die im Laufe des Jahres 1938 folgten, hinfällig. Im Zuge dieser Änderung wurde
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Abb. 2
auch die erläuternde Beschreibung des Bildes 43 Pörtschach
geändert, von Beliebter Badeort zu Eleganter Badeort.
Dass man bei dem Bild Gleichenbergs noch auf das Placet der Steiermärkischen Regierung warten wollte, erstaunt,
da schon im November 1937 mit Verordnung 45758/37
angewiesen worden war, das Bild Seckau durch ein Bild
von Bad Gleichenberg zu ersetzen. Sogar über die Bildbeschreibung heilt Katarrhe, Asthma, Emphysem, Herzleiden war schon entschieden. Eine noch frühere Verordnung
43165/37 hatte bestimmt, das Bild Seebachtal bei Mallnitz
durch ein Bild des Krypta des Domes zu Gurk abzulösen.
Die Beschriftung sollte laut Anweisung vom 13. Dezember 1937 lauten: Dom, die 100säulige Krypta, vollendet
1174. Wegen des 800. Geburtstages der Heiligen Hemma,
der Gründerin von Gurk, wurde am 24. Dezember von dort
darum gebeten, dieses Jubiläum mit in den Text aufzunehmen. Am 13. Jänner 1938 entschied die Postverwaltung
dies nicht zu tun, jedoch die Bildbeschreibung in Dom,
die 100säulige heilige Hemma-Krypta, vollendet 1174, zu
erweitern. Wegen der politischen Ereignisse des Jahres
1938 kam auch diese Karte nicht mehr zur Ausgabe. Schon
kurz nach der Ankündigung der beiden Karten erschienen
Bestimmungen für den Übergang des österreichischen
Postwesens an das Deutsche Reich.
Die mit Hakenkreuz überdruckten Karten, die als Provisorien für die Verwendung nach dem Anschluss vorgesehen
waren, aber nicht ausgegeben wurden, zeigen jeweils die
zuletzt ausgegebenen Bilder mit den oben beschriebenen
Änderungen gegenüber dem Original.
Literatur
Handbuch und Katalog: Die Bildpostkarten
Österreichs, Jesteburg 2010
www.bpk-kataloge-de
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