70 Jahre BZ: Rede von den Verlegern Wolfgang Poppen und Christian Hodeige Wolfgang Poppen: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann Frau Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter Frau Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer Herr Oberbürgermeister Dr. Dieter Salomon Damen und Herren Landräte Abgeordnete (des Bundestages und Landtages) Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Gäste aus der Verwaltung der Wirtschaft von Banken der Verbände und unsere Kolleginnen und Kollegen von den Medien sowie die Familien Poppen und Hodeige und unseren Geschäftsführer Hans Otto Holz und den Chefredakteur Thomas Hauser Ich darf Sie sehr herzlich heute zum Geburtstagsfest unserer Badischen Zeitung begrüßen. Es ist uns eine große Freude und hohe Ehre zugleich, wie viele Gäste den Weg zu uns gefunden haben. Bitte entschuldigen Sie, dass wir nicht alle einzeln begrüßen können. Sie sind uns alle, mit Freuden, herzlich willkommen. Christian Hodeige: Der Bundesfinanzminister hat vor kurzem die Rente mit 70 ins Gespräch gebracht. Da wir heute den 70. Geburtstag der Badischen Zeitung mit Ihnen feiern, kann man sich natürlich auch selbst fragen: Ist es Zeit für uns, für die Badische Zeitung, in Rente zu gehen? Feiern wir hier also unseren bevorstehenden Ruhestand? Wir sagen klar und deutlich: NEIN! Das wird Sie jetzt nicht ganz so überraschen, aber wir wollen in kurzen Stichworten aufzeigen, warum wir dieser Ansicht sind. Wir wollen die wichtige Rolle der regionalen Tageszeitung immer wieder, und mit vielen Beispielen verdeutlichen. Wir sind kein eh-da-Produkt, sondern ein wesentlicher Bestandteil einer funktionierenden Gesellschaft, eines bürgerschaftlichen Gemeinwesens, einer freiheitlichen Demokratie und ein Beförderer der offenen Zivilgesellschaft. Daneben zeigen wir jeden Tag, warum das Leben in Baden, etwas Besonderes ist. Wolfgang Poppen: Ja, gibt’s euch denn bald überhaupt noch? Strukturwandel ist im Graphischen Gewerbe und im Umfeld der Tageszeitungen ja nun wirklich nichts Neues. Man denke an die Umstellung von Blei- auf Filmsatz, von Lochkarten der Großrechner auf dezentrale PC Systeme, vom Hochdruck mit Bleiplatten auf den wasserlosen Offsetdruck, von Anzeigenannahmestellen zu geschulten Medienberatern oder von handgeschriebenen Manuskriptseiten, die mit der Bahn nach Freiburg gekarrt wurden, zu fix und fertigen Artikeln und Bildern, die uns via Internet quasi zeitgleich zugestellt werden. Das alles haben wir, hat die Badische Zeitung schon gemeistert. Und dennoch ist die digitale Revolution, ist die Umstellung von einem Redaktionsschlusstermin auf ein 24-stündiges Arbeiten in einem Medienhaus, sind die neuen elektronischen Vertriebswege, ist ein sich sehr stark verändertes Leserverhalten, besonders bei den jüngeren Generationen und ist die ständig wachsende Medienvielfalt eine große, eine existentielle Herausforderung für familiengeführte, mittelständische ZeitungsVerlage. Christian Hodeige: Handwerklich guten Journalismus, der sich an strengen Qualitätsmerkmalen orientiert wird es immer geben, weil er notwendig ist. Gerade in der heutigen Zeit, über die politische Lage sprechen wir gleich noch, mit dieser völligen Reizüberflutung im Internet, bei der man nicht mehr unterscheiden kann, ob es sich um persönliche Meinungsäußerung, meist emotional sehr aufgeladener privater Kommentatoren, oder um eine fundierte Kommentierung eines gelernten Journalisten handelt. Das Internet befördert banale Oberflächlichkeit, wie hochspezialisiertes Fachwissen. Zerstreuung, wie Vertiefung. Doch was stimmt? Wem kann ich vertrauen? Genau da schlägt – immer noch – unsere Stunde. Noch immer ist die Tageszeitung das vertrauenswürdigste Medium von allen. Ausführliche Recherche, belastbare Quellen, alle Seiten hören, präzise Analyse und Aufbereitung der Fakten, eine nachvollziehbare Argumentation in der Kommentierung und immer die Frage nach der Relevanz für den Leser, das ist gute Pressearbeit – ein hoher Anspruch, an dem wir uns täglich messen lassen. Wolfgang Poppen: Auch wenn es manche immer noch nicht glauben wollen, wir sind keine Anstalt des öffentlichen Rechts, wir sind keine Stiftung, bekommen keine Zuwendungen, wir gehören zu keinem Großkonzern und folgen keinen Befehlen der hohen Politik. Wir sind ein mittelständisches Familienunternehmen, die Gesellschafter sind zwei Familienstämme RombachHodeige und Poppen & Ortmann, wir sind seit drei, beziehungsweise seit sechs Generationen Zeitungsverleger. Wir leben von den Abonnenten in unserem Verbreitungsgebiet, von den Anzeigenkunden, also von der regionalen Wirtschaft. Als Familienunternehmen denken wir langfristiger als Großkonzerne, die Rendite bei uns ist nicht immer „Alles“. Wir setzen auf Qualitätsjournalismus in unserer Regionalzeitung. Auch in Zeiten, da haben andere Verlage Sparwelle nach Sparwelle durch ihre Häuser gejagt. Natürlich ging das meist nicht spurlos am journalistischen Niveau vorbei, im Gegenteil! Wir achten auf die redaktionelle Unabhängigkeit unserer Zeitung und werden die Pressefreiheit mit allem Nachdruck verteidigen. Christian Hodeige: Meinungsfreiheit, Rechtsstaat, Grundgesetz, freie Wahlen, Menschenrechte, Gewaltentrennung und die Pressefreiheit, das sind die wesentlichen Pfeiler unserer Demokratie, unseres Staatsverständnisses. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, also die Ideale der französischen Revolution, die Phase der Aufklärung, das alles zeichnet eine europäische Idee der Gesellschaft aus. „Die Stunde der Populisten“ – „Wir sind das Volk“ – „Lügenpresse“ – so hallt es durch unser Land. Unsere zivilisatorischen Errungenschaften sind in Gefahr. „Populismus ist einfach. Demokratie ist komplex. Das ist am Ende vielleicht das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden Formen des Bezugs aufs Volk!“ so unser verehrter Berater und Freund Lord Dahrendorf in einem Essay aus 2003, der die heutigen Entwicklungen vorausgesehen hat. „Fußball spielen für Deutschland, das darf er, aber unser Nachbar sollte er besser nicht sein!“. Meine Damen und Herren, solche Entwicklungen dürfen wir nicht zu lassen. Hier sind wir alle, die Bürger, die Bürgergesellschaft, die überzeugten Demokraten und guten Nachbarn gefordert. Wolfgang Poppen: Diese gesellschaftlichen Prozesse zu begleiten, anzustoßen, zu kommentieren und zu hinterfragen, auch das ist eine Aufgabe der regionalen Presse. Das machen wir als Medienhaus über unsere gedruckte Tageszeitung, über Onlineportale, über Apps und unser E-Paper. Zu jeder Tages- und Nachtzeit. Lassen sie mich bitte kurz einen Werbeblog für die gedruckte Tageszeitung einschieben. Nehmen sie nur unser Packaging – wie man heute auf Denglisch zu Haptik und Verpackung sagt. Die Tageszeitung hat einen Anfang, ein Ende. Hat eine vertraute Struktur, trotzdem werde ich an der einen oder anderen Stelle überrascht, ich kann browsen, also herumblättern. Ich kann das lesen was mich interessiert und irgendwann ist dann auch Schluss. Im Netz dagegen, ist nie Schluss. Bis zu 150 Seiten Text schreiben wir jeden Tag in der Tageszeitung, sechsmal die Woche, vom Kirchturm bis in die große weite Welt und zurück, für nicht mal 1 Euro 50 pro Tag. Das ist doch ein großartiges Stück Lebensmittel und geistige Nahrung. Das versuchen wir unseren Leserinnen und Lesern und, noch wichtiger, unseren Nicht-Leserinnen und Nicht-Lesern immer wieder zu verdeutlichen und zu erklären. Besonders stolz sind wir auf unsere Schulprojekte „Zeitung in der Schule – kurz ZISCH geannt“. Christian Hodeige: Wir sind die Badische Zeitung, wir sind die Stimme Südbadens hier in der Region. Die Regionalzeitung als Schauplatz eines guten Heimatbegriffs. Eine Antwort auf die Frage: Wo bin ich Zuhause. Die Regionalzeitung als Sprachrohr und Beförderer eines Lebensraumes, in dem man sich Zuhause fühlt. Ganz ohne Tümelei und Aus- oder Abgrenzung. Weltoffen und Heimatverbunden, das war schon mal das Motto der Badischen Zeitung. Die BZ als Teilhaber im öffentlichen Leben, als Motor und Unterstützer kultureller, umweltpolitischer, sportlicher und sozialer Projekte. Das haben wir erstmals in einer Kultur- un Sozialbilanz dokumentiert. Dazu kommen natürlich auch Themen in der BZ als Alltagsbegleiter, als Ratgeber, als Planungshilfe, als Führer durch die großartige Welt badischer Genüsse, als Unterstützer der örtlichen Erzeuger, Produzenten und Händler. Auch das alles, sind Bestandteile einer inhaltlichen Konzeption für die Zukunft. Herr Ministerpräsident, wir freuen uns auf Ihre Ansprache. Herzlichen Dank!
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