Drucken - wanted.de

Pikes Peak International Hill Climb - der Berg ruft
22.06.2016, 13:19 Uhr | Marcel Sommer; press-inform
Dieses Event sollten sich Motorsportfans nicht entgehen lassen. Am Wochenende findet
mit der Pikes Peak International Hill Climb das größte und wohl auch härteste Bergrennen
der Welt statt.
Die Amerikaner vergessen Daytona, Le Mans oder den Nürburgring – es ist Hill-Climb-Zeit. Eine
der ältesten und verrücktesten Motorsportveranstaltung der USA feiert am 26. Juni ihren 100.
Geburtstag. Weltkriege und Waldbrände verhinderten, dass das Rennen in jedem Jahr
ausgetragen werden konnte. Und so findet es in diesem Jahr erst zum 94. Mal statt. Einmal mehr
werden Rennfahrer an ihre Belastungsgrenzen getrieben. Denn 1440 Meter Höhenunterschied in
knapp zehn Minuten gehen auch an top durchtrainierten Sportlern und ihren mitunter über 1000
PS starken Einzelstücken nicht spurlos vorbei. Der Berge ist übrigens nach dem
Forschungsreisenden Zebulon Pike benannt. Anders als die zahlreichen Besucher nach ihm, hat
er den 4302 Meter hohen Berg niemals selbst bestiegen.
Höchste Zahnradbahn der Welt
Seit dem Jahr 1891 ist dies zu Fuß aber zum Glück auch gar nicht mehr notwendig, fährt seitdem
die Manitou and Pikes Peak Railway, die höchste Zahnradbahn der Welt, bis zum sogenannten
Summit, dem Gipfel. Seit jeher führt aber auch eine schmale, auf mal 25, mal 30 Meilen, sprich 40
und 48 Kilometer pro Stunde tempobeschränkte Straße dort hoch. Aufgrund der durchschnittlich
sieben Prozent Steigung dürfen für die Fahrt gut 45 Minuten veranschlagt werden können.
Doch Tempolimits scheren die tollkühlen Piloten des Pikes Peak International Hill Climb wenig.
Am letzten Sonntag im Juni heulen nahe des auf 2862 Meter hoch gelegenen Milemarker Sieben
Motoren mit teilweise über 1000 PS auf. Denn wo eine Straße einen Berg hochführt, müssen ja
irgendwann zwangsläufig ein paar positiv Verrückte mit der Jagd auf eine Bestzeit beginnen.
156 Kurven
Genauer gesagt pilotieren sie Rennmaschinen in Form von Motorrädern, Autos, Lkw und Quads
auf einer Strecke von 19.988 Metern mit bis zu 250 Kilometern pro Stunde durch 156 Kurven.
18,78 Kilometer davon geht es bis zu maximal 10,5 Prozent bergauf, 1,2 Kilometer weisen ein
Gefälle von maximal zehn Prozent auf. Während des Rennens verlieren die Motoren auf Grund
der immer dünner werdenden Luft bis zu 30 Prozent an Leistung. Und auch die Rennfahrer selbst
haben zu kämpfen. Reflexe, Muskelkraft und Psyche werden von Meter zu Meter schwächer. An
diesen Daten hat sich in den vergangenen 100 Jahren, seit der von Spencer Penrose gegründete
Pikes Peak International Hill Climb gegründet wurde, kaum etwas geändert.
Strecke wird seit 2001 gepflastert
Dass die Differenz zwischen der ersten und der aktuellen Bestzeit knapp 12 Minuten und 42
Sekunden beträgt, liegt in erster Linie nicht allein an den technischen Fortschritten innerhalb der
letzten 100 Jahre oder gar der Qualität der Fahrer. Das liegt vor allem auch an der Beschaffenheit
der Straße. Da die Stadt Colorado Springs es nicht leugnen konnte, dass der Kies der Straße in
die Bäche, Feuchtgebiete und Stauseen durch natürliche und auch unnatürliche Weise, kurz
Wetter und Autos, gelangt und somit wesentlich beeinflusst, musste eine Lösung her – und die
hieß: Pflastern. Im Jahr 2001 wurde mit den Arbeiten begonnen, im Jahr 2010 waren bereits 57
Prozent fertiggestellt und ein paar Wochen nach dem 89. PPIHC-Rennen 2011 waren die Arbeiten
abgeschlossen. "Klar hat das Rennen etwas von seinem Reiz verloren", sagt Tim Bleeker, der aus
Irvine bei Los Angeles, seit Jahren zu dem Bergrennen kommt. "Als die Strecke noch komplett
unbefestigt war, fühlte sich das alles wilder an. Viel wilder."
Walter Röhrl bei den Siegern dabei
Der in Deutschland berühmteste Sieger zu Schotter-Zeiten war 1987 der Rallye-Weltmeister
Walter Röhrl. In seinem Fünfzylinder-Audi Quattro S1 schoss er mit bis zu 190 Kilometern pro
Stunde in 10:47.850 Minuten den Berg hinauf. Der 13-fache PPIHC-Gewinner Bobby Unser
wusste schon vor seinem Start, "dass Walter sich sehr schnell an die Bedingungen anpassen
kann, die hier herrschen." Gleichzeitig gab er schon damals zu bedenken, "dass sich die
amerikanischen Hersteller schämen sollten, da die Europäer hier so gut sind und uns in Grund
und Boden fahren." Bobby ist aber nicht nur der Rekordgewinner, sondern zugleich Mitglied der
Royal Family des Pikes Peak, der Unser-Familie. Neben ihm fuhren schon Louis jr., Al, Robby und
Jerry siegreich durchs Ziel. Und auch die Schwester von Bobby jr. und Robby, Jeri Unser fuhr
2003 im Rahmen der rein elektrisch angetriebenen Fahrzeuge den Klassensieg nach Hause. Die
einzige Frau, die dafür aber gleich zweimal in ihrem Audi Sport Quattro den Sieg über alle Klassen
einfahren konnte, ist bis heute die Französin Michele Mouton.
Große Erfolge für Asiaten
Doch nicht nur die Europäer, sondern auch die Asiaten nehmen jedes Jahr Kurs auf die Bestzeit.
An erster Stelle ist hier Nobuhiro Tajima, Spitzname Monster, zu nennen. Im Walter Röhrl-Jahr
1987 zum ersten Mal dabei, ist er ständiger Teilnehmer der Veranstaltung - mit mittlerweile neun
Gesamtsiegen. "2016 ist der 100. Geburtstag, ich muss dran teilnehmen und will gewinnen", freut
sich der 66 Jahre alte Japaner. Vielen playstationbegeisterten Mittdreißigern wird zudem beim
Namen des von ihm im Jahr 1996 gefahrenen Suzuki Escudo Pikes Peak ein Licht aufgehen.
Denn der bis zu 336 Kilometer pro Stunde schnelle und nur 800 Kilogramm leichte Allradler, der
aus seinem 2,5 Liter großen V6 ganze 988 PS holt, sorgt seit der zweiten Ausgabe des Spiels
Gran Turismo für leuchtende Augen und fallende Bestzeiten.
Franzose hält Streckenrekord
Im realen Leben hat ein Franzose im Jahr 2013 die absolute Bestzeit ins Bergmassiv des Pikes
Peak gebrannt. Unter den Augen von vielen Tausend Zuschauern, die sich seit drei Uhr morgens
mit ihren 60-Euro-Tickets den besten Blick auf die ungesicherte Strecke machen, brauchte
Sebastien Loeb nur 8:13 Minuten. An Bord seines 875 PS starken Peugeot 208 T16 PP 2013
unterbot er die bis dato gültige Rekordzeit des Neuseeländers Rhys Millen um eine Minute, 32
Sekunden und 286 Tausendstel. "Klar war ich nervös, aber man darf sich nicht verrückt machen",
erklärt Sebastian Loeb später im Ziel, "wir waren top vorbereitet und das Training lief gut. Was
sollte also schiefgehen?“
Sechs Fahrer tödlich verunglückt
Dass aber etwas schief gehen kann, zeigen nicht nur zahllose Videos im Internet, sondern weiß
auch Organisator Tom Osborne: "In den bisherigen Rennen sind sechs Fahrer tödlich
verunglückt.“ Wenn es dabeibleiben sollte, würde einem rauschenden Fest am kommenden
Sonntag nichts im Wege stehen.
zum Artikel