Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und

Verkehrswissen
Verkehrswisse
nschaft
Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau
und –betrieb, Universität Hannover
Das Eisenbahnwesen wird in Hannover bereits seit 1831 an der „Höheren Gewerbeschule“ gelehrt, die im Jahre
1847 als „Polytechnische Schule“ bezeichnet wurde. 1880 entwickelte sich hieraus die „Königliche Technische
Hochschule Hannover“. 1978 erfolgte dann die Umbenennung zur „Universität Hannover“. In den Fachbereichen
„Bauingenieur- und Vermessungswesen“ und „Maschinenbau“ bestand die Möglichkeit, sich mit dem Verkehrswesen und der Rad-Schiene-Technik vertieft zu beschäftigen. Im Rahmen einer Umstrukturierung des Fachbereiches
Maschinenbau wurden Ende der 90er Jahre die eigenständigen Institute für Schienenfahrzeuge und Kraftfahrwesen
aufgelöst. Seit diesem Zeitpunkt ist die gesamte Ausbildung im Bereich Rad-Schiene-Technik am Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und –betrieb (IVE) konzentriert. Um die Belange des Maschinenbaus weiterhin zu berücksichtigen und im Rahmen von Forschung und Lehre zu integrieren, wurde die Arbeitsgemeinschaft „BahnTechnik-Verkehr“ gegründet. Neben dem Institut für Maschinenelemente, Konstruktionstechnik und Tribologie ist
auch das Institut für Mechanik Partner dieser Arbeitsgemeinschaft. Die Zusammenarbeit spiegelt sich in gemeinsamen Vorlesungen und Forschungsprojekten wider.
Lehre
Die Lehre im Fachbereich Bauingenieur- und Vermessungswesen der Universität Hannover bietet die Möglichkeit
eines Diplomabschlusses, seit 1999 wird darüber hinaus die Möglichkeit geboten, das Studium mit dem Bachelor
oder auch Master of Science abzuschließen. Das IVE ist wie andere anwendungsnahe Fächer bereits im ersten
Semester des dreisemestrigen Grundstudiums mit einer projektbezogenen Vorlesung vertreten. Die weiteren Vorlesungen werden dann im Fachstudium (4.-6. Semester) angeboten. Hierbei wird das Fach „Eisenbahn- und Verkehrswesen“ als vierstündige Einführungsveranstaltung für das gesamte Verkehrswesen verstanden. Die Fächer
„Fahrdynamischer Entwurf von Verkehrswegen“ und „Verkehrswegebau“ werden gemeinsam mit dem Institut für
Straßenbau angeboten. Durch die gemeinsame Vorlesung wird den Studierenden die Möglichkeit gegeben, bereits
im Studium die beiden Verkehrsträger Schiene und Straße gemeinsam kennen zu lernen. Hierbei wird auch berücksichtigt, dass heutzutage kaum ein Studierender vorhersagen kann, in welchem Bereich des Verkehrswesens
er später tätig sein wird. Nach dem Fachstudium kann dann mit einer Bachelorarbeit das Studium nach sieben Semestern abgeschlossen werden.
Studierende des Diplomstudiums vertiefen dann in drei weiteren Semestern die von ihnen gewählte Fachrichtung.
Studierende des Masterstudiums belegen während der drei Semester des Masterstudiums die entsprechenden
Kurse. Als Kurse des IVE werden angeboten:
• Technologie der Schienenbahnen
• Betriebswissenschaft und Verkehrsinformatik
• Einsatzfelder des Schienenverkehrs
Zusammen mit den Straßenbauern wird der Kurs „CAD-gestützter Linienentwurf von Verkehrswegen“ gelesen. In
Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Bahn-Technik-Verkehr wird die Vorlesung „Schienenfahrzeuge“
durchgeführt, die auch für Studierende des Maschinenbaus integraler Bestandteil des Studiums ist. Das Studium
endet mit einer Diplom- bzw. Masterarbeit im 11. Semester.
Forschung
Integration, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Systems Bahn zu steigern, bestimmt die Arbeit des IVE in den
Bereichen Forschung und Consulting. Ca. 15 wissenschaftliche Mitarbeiter, die überwiegend aus sog. Drittmitteln
beschäftigt werden, entwickeln für öffentliche und private Auftraggeber System- und spezielle Detaillösungen. Die
internationale Ausrichtung des Instituts erlaubt die Synthese nationaler und internationaler Erfahrungen zu Gunsten
der Kunden und der Studierenden. Nationale und internationale Kooperationen ermöglichen die Bearbeitung einer
großen Bandbreite von Themen aus dem Verkehrs- und Eisenbahnwesen. Die Ergebnisse und Forschung und
Consulting kommen unmittelbar in der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses zur Anwendung.
Die bis heute von ungebrochenem Wachstum getragene Entwicklung des Verkehrs stößt in allen Bereichen zunehmend an die Grenzen der ökologischen Verträglichkeit, der Kapazität des Verkehrsnetzes, der Finanzierbarkeit
und der Akzeptanz in der Bevölkerung. In Zukunft müssen deshalb die Vermeidung von Verkehr oder dessen Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsmittel höchste Priorität erhalten. Hierzu müssen im Eisenbahnverkehr die
Betriebsabläufe und die Technologien für Fahrweg, Fahrzeuge und Betriebsabwicklung ständig weiter verbessert
werden. In diesem Sinne werden am IVE Forschungs- und Entwicklungsarbeiten durchgeführt, die sich mit infrastrukturellen, betrieblichen, technischen und verkehrsstrategischen Fragen auseinandersetzen. Dabei werden integ-
rierte Lösungsansätze für Beförderungs- und Transportketten mit begleitenden Informations- und Serviceleistungen
entwickelt.
Zunehmende gesellschaftliche Anforderungen bezüglich der Verlagerung von Verkehrsströmen auf die Schiene und
mit hohen Kosten behaftete Infrastruktur zwingen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit des Eisenbahnnetzes und zu
einem effizienteren Einsatz der Betriebsmittel. Dabei sind Sicherheit und Verkehrsqualität zu gewährleisten. Zur
Lösung dieser komplexen Problemstellungen werden am IVE rechnergestützte Modelle entwickelt und eingesetzt.
Am IVE werden seit vielen Jahren Forschungsarbeiten geleistet, deren Ziel es ist, den Eisenbahnbetrieb mittels der
synchronen Eisenbahnbetriebssimulation detailgenau nachzubilden. Das hierbei entwickelte Programmsystem
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„RailSys “ bietet die Möglichkeit zur Analyse, Planung und Optimierung von Betriebsanlagen, Sicherungssystemen
und Betriebsabläufen unter dem Aspekt der Investitions- und Betriebskosten. Durch das Zusammenspiel von moderner Soft- und Hardware ist es heute möglich, Eisenbahnnetze von der Größe der Bundesrepublik im Rechner
weichen- und signalscharf abzubilden. Die hierbei vorhandene Konflikterkennung ermöglicht sperrzeitentreppengenau die Analyse von geplanten Betriebsabläufen. Durch die Überlagerung mit typischen Störungen kann die Fahrplanstabilität vor der eigentlichen Betriebsdurchführung evaluiert werden. Mit dem System können die Auswirkungen neuer Leit- und Sicherungstechniken ebenso abgeschätzt werden wie veränderte Methoden zur Betriebsabwicklung. Durch den Einsatz in verschiedenen Ländern konnten z. B. unterschiedlichste Sicherungssysteme in dem
Modell integriert werden.
Der Forschungsschwerpunkt Fahrwegtechnologie am IVE befasst sich mit den vielschichtigen Problemfeldern des
Fahrwegs spurgeführter Verkehrssysteme sowohl in technologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Seit vie®
len Jahren entwickelt das IVE das Programm „SOG – Sperrpausenoptimierung im Gleisbau“. Diese Software wird
zur Unterstützung der Planer von Gleisbaustellen zur Bauablaufplanung eingesetzt. Durch eine Parametervariation
kann der Bearbeiter sehr schnell die Auswirkung unterschiedlicher Baustrategien erkennen. Hierdurch wird eine
wirtschaftliche Baudurchführung ermöglicht. Mit dem Ziel einer Minimierung der Lebenszykluskosten des Fahrwegs
wird das Verschleißverhalten des Oberbaus durch die Betriebsbelastung untersucht. Dazu werden für die verschiedenen oberbautechnischen und betrieblichen Randbedingungen Verschleißfunktionen entwickelt, das Programm
„SimOBau“ wird eingesetzt, um Eisenbahnverkehrsunternehmen bei Fragen zur zukünftigen Instandhaltung Antworten geben zu können.
Zur Minimierung der Instandhaltungskosten werden netzweite Instandhaltungsstrategien entwickelt. Die Umsetzung
durch die Infrastrukturbetreiber wird vom IVE wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Durch Instandhaltungsarbeiten wie auch durch eine unterlassene Instandhaltung entstehen den Verkehrsunternehmen Betriebserschwerniskosten durch Behinderung des Zugverkehrs. Mit dem Ziel einer gesamtwirtschaftlichen Steuerung und Bewertung von Baumaßnahmen werden am IVE Modelle zur Bewertung von Betriebserschwernissen erarbeitet. In enger
Zusammenarbeit mit einem Infrastrukturunternehmen begleitet das IVE Messungen am Oberbau als Basis für die
Dimensionierung und Beanspruchung des Fahrwegs.
Angebotsstrategien und Transportplanung für den Personenverkehr sind integrierter Bestandteil von Forschung und
Beratung des IVE. Der multidisziplinäre Ansatz des Instituts sowie die Kooperation mit einer Vielzahl von Instituten
und Büros erlauben integrierte Problemlösungen wie auch die Behandlung von Spezialproblemen. Beispielhaft sei
hier die Fahrzeugeinsatzplanung „Dispo“ genannt, die mit Hilfe von am IVE entwickelten Algorithmen inzwischen bei
verschiedenen Bahnen vor dem Hintergrund einer Optimierung zwischen Leerkilometer und Einsatz vorhandener
Fahrzeuge erfolgt.
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Für die detailgenaue fahrdynamische Untersuchung wurde das interaktive Programmsystem „Dynamis “ entwickelt.
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Dabei simuliert Dynamis den Fahrtverlauf beliebiger Zugkonfigurationen auf einer Strecke. Die Ergebnisse liefern
Basisdaten für weiterführende Planungsdaten wie z. B. Fahrplankonstruktion, Bemessung von Signalanlagen, Berechnung von Energieverbrauch oder Konzeption neuer Zugtechnologien. Als Besonderheit muss herausgestellt
werden, dass es sich bei dem Modell um ein sog. inhomogenes Massebandmodell handelt, bei dem die tatsächliche Verteilung der Zuggewichte über die Zuglänge berücksichtigt wird.
Im Güterverkehr wird der Schwerpunkt auf den Kombinierten Verkehr sowie zukunftsträchtige Produktionsverfahren
gelegt. Beispielhaft sei hier das Verfahren des Train-Coupling-and-Sharing genannt, mit dem die Güterverkehre im
Bereich der Hauptstrecken gebündelt werden kann.
Die Dissertationen und Habilitationen werden in der Schriftenreihe des Instituts „Wissenschaftliche Arbeiten“ veröffentlicht (bisher 61 Publikationen). Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten werden den Auftraggebern präsentiert
bzw. die wichtigsten Erkenntnisse in den einschlägigen Fachzeitschriften veröffentlicht. Hierdurch leistet das IVE
einen wichtigen Beitrag zum Technologietransfer.
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Thomas Siefer
Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und –betrieb
Universität Hannover
Appelstraße 9 A
30167 Hannover
Tel. (0511) 762 – 2241
Fax (0511) 762 – 3001
E-Mail: [email protected]
Quelle: "Verkehrsmanager BFBahnen"