Gottesdienstentwurf - Diakonie Württemberg

Gottesdienstentwurf
Gottesdienstentwurf
Tag der Diakonie,19. Juni 2016
Predigttext: Römer 14, 10-13
Wenn es möglich ist, sollten Menschen, die nach
Deutschland geflüchtet sind, diesen Gottesdienst
mitgestalten. Sei es durch eine Lesung, durch musikalische oder andere kreative Beiträge, durch ein Interview …. Am Anfang des Gottesdienstes ist es gut, sie
ausdrücklich zu begrüßen. Möglich sind auch Interviews mit Mitarbeitenden in der Flüchtlingshilfe oder
Musik zum Eingang
Begrüßung
Mögliche Elemente
Wochenspruch aus Galater 6,2:
Einer trage des anderen Last,
so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen. Begrüßung besonderer Gäste
Zusammenhang zur Woche der Diakonie herstellen
Lied
EG 450, 1-5 Morgenglanz der Ewigkeit
EG 168, 1-3 Du hast uns, Herr, gerufen
Eingangswort/Votum
Psalmgebet
Psalm 113
Ehr sei dem Vater
Eingangsgebet
Himmlischer Vater,
du Schöpfer dieser Welt, du Herr über Zeit und Ewigkeit.
die Vorstellung einer Initiative oder eines Projektes.
Auch bei der Abkündigung des Gottesdienstopfers
kann darauf Bezug genommen werden.
Der Predigt tut es gut, wenn aktuelle Bezüge zur
Flüchtlingsthematik hergestellt werden. Zur weiteren
Bearbeitung steht der gesamte Gottesdienstentwurf
als Word-Datei zur Verfügung.
Lass uns heute Morgen eintauchen in deinen himmlischen Glanz. Lass uns dich schauen und
deine Welt. Und lass uns dabei entdecken, dass du
nicht über allem schwebst, sondern, dass du, großer
Gott, dich uns zuwendest. Uns mit unseren großen
und kleinen Sorgen. Dass du dich zuwendest einer
Welt und ihren Menschen, die sich von dir abwendet
und dabei sich selbst zerstört. Hilf uns, auf dich zu
hören. Hilf uns diese Welt und ihre Menschen mit deinen Augen zu sehen. Lass uns spüren, dass du da
bist, dass du uns hörst, wenn wir in der Stille zu dir
kommen mit allem, was uns auf der Seele liegt.
Stilles Gebet
Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst
meiner Seele große Kraft.
Schriftlesung
Matthäus 7, 1-5
Wochenlied
EG 428, 1-5 Komm in unsre stolze Welt
Predigt
(Römer 14, 10-13)
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Gottesdienstentwurf
Liebe Gemeinde,
Sonntagmorgen und immer dieselben Fragen: Brötchen holen beim Bäcker? Gesundes Obst oder
Kuchen? Die noch schlafenden Familienmitglieder aufwecken oder schlafen lassen? Ach ja und überhaupt:
Gehen wir heute in den Gottesdienst? Und wer ist
wir? Schon am Sonntagmorgen jede Menge Fragen.
Und noch viel mehr Antworten und Meinungen dazu.
Es ist jedes Mal ein kleines Wunder, wenn daraus ein
fröhliches und harmonisches Frühstück wird. Wir alle
haben gelernt, vernünftig und pragmatisch mit der
Vielfalt von Meinungen und Bedürfnissen umzugehen.
Entweder so, dass wir großzügig und tolerant die
Meinung des anderen gelten lassen. Oder so, dass
wir lebensdienliche Kompromisse aushandeln. Nach
dem Motto: Ich hol die Brötchen und du machst den
Kaffee.
Anspruchsvoller wird es allerdings, wenn die Meinungen und Erwartungen auf ein bestimmtes Verhalten
anderer Menschen zielen. Also, wenn Mutter oder Vater, die oder der liebevoll den Frühstückstisch gedeckt
hat, erwartet, dass alle am Tisch sitzen. Oder wenn
der Sohn darauf besteht am Sonntag nicht vor 12 Uhr
geweckt zu werden. Oder wenn es darum geht, wann
die Tochter abends von der Party zuhause sein soll
und wie sie dann nach Hause kommt. Solche Erwartungen sind – das wissen wir aus eigener Erfahrung
– konfliktträchtig.
Nicht weniger konfliktträchtig sind solche Erwartungen
an das Verhalten anderer Menschen innerhalb einer
Gesellschaft. Wenn die einen laut fordern, dass sich
Flüchtlinge an die deutsche Mehrheitsgesellschaft
anpassen müssen. Und wenn die anderen sagen: Wir
als Gesellschaft müssen uns öffnen und die Vielfalt
unterschiedlicher Lebensstile und Lebenskonzepte als
Bereicherung sehen. Es ist nicht zu übersehen, dass
solche Diskussionen in den letzten Jahren zugenommen haben. Und dass die verschiedenen Gruppen ihren Standpunkt mit zunehmender Vehemenz vertreten.
Auch als Kirche mischen wir uns in die aktuelle Debatte ein und beziehen Position.
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„Kommt gut an.
Flüchtlinge bei uns.“
Dieses Motto der diesjährigen Woche der Diakonie
formuliert eine solche Position. Eine Position, die von
vielen in unserem Land abgelehnt oder gar bekämpft
wird. Zumindest von denen, die zu den Flüchtlingen
sagen: Geht wieder heim, so schnell wie möglich.
Viele Medien, vor allem das Internet, veröffentlichen
beim Thema Flüchtlinge keine Kommentare mehr. Zu
viele dieser Kommentare sind beleidigend und voller
Hass. Auf dieser Ebene kann man nicht mehr vernünftig diskutieren. Genau das aber brauchen wir.
Unser heutiger Predigttext spricht in eine Situation
hinein, die ebenfalls durch eine nicht immer einfache
Vielfalt von Kulturen und Religionen geprägt ist. In die
Situation der damaligen Weltstadt Rom. Diese Vielfalt
findet sich auch in der dortigen Gemeinde und führt
zwangsläufig zu Diskussionen und Streit. Kein Wunder
also, wenn der Apostel Paulus in seinem Brief an die
römische Gemeinde auf solche Konflikte eingeht.
Gottesdienstentwurf
Predigttext:
Römer 14,
10-13
„Du aber, was richtest du deinen Bruder? Oder du,
was verachtest du deinen Bruder? Wir werden alle
vor den Richterstuhl Gottes gestellt werden. Denn
es steht geschrieben: So wahr ich lebe, spricht der
Herr, mir sollen sich alle Knie beugen, und alle Zungen sollen Gott bekennen. So wird nun jeder von
uns für sich selbst Gott Rechenschaft geben. Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn,
dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder
Ärgernis bereite.“
Im Hintergrund dieses Textes, liebe Gemeinde, steht
ein heftiger Streit innerhalb der Gemeinde. Dabei ging
es um die Frage, ob ein Christ das Fleisch von Opfertieren essen darf oder nicht. Für uns ist das kein Thema mehr. Aber nicht ohne Grund diskutieren wir heute
über unseren Fleischkonsum. Der ist ja bekanntlich
nicht ohne Folgen für den Klimawandel und die Ernährungssituation in armen Ländern. Denn immer mehr
Soja wird als Futtermittel von dort zu uns exportiert.
Der Anbau von Futtermittel für den Export verdrängt
aber den dringend notwendigen Anbau von Lebensmitteln für die eigene Bevölkerung. Und er führt immer
öfter zu Zwangsenteignungen von Kleinbauern. Das
könnte ja bei Ihnen nachher beim Sonntagsbraten
eine spannende Diskussion sein. Wie viel Fleisch und
welches Fleisch wollen wir zukünftig essen?
Für eine solche Diskussion lohnt es sich genauer hinzuschauen, wie Paulus sich in die Diskussion um den
Fleischverzehr einmischt.
Er urteilt notgedrungen mit einigem Abstand von
außen. Er ist ja der römischen Gemeinde nicht persönlich bekannt. Aber er weiß um die Sprengkraft dieses
Streites, dass solche Streitfragen eine Gemeinde
regelrecht spalten können. Als Apostel sieht er sich
deshalb in der Pflicht, sich zu Wort zu melden.
Zunächst einmal schreibt er, wie er die Sache ganz
persönlich bewertet. Seiner Meinung nach kann der
Mensch alles, wofür er Gott dankt, auch essen. Aber,
Paulus macht seine persönliche Einschätzung nicht
zum Maßstab für alle in der Gemeinde. Vielmehr weist
er auf das Gewissen jedes einzelnen Christen hin. Das
heißt aber, jeder und jede hat die Pflicht, sich selbst zu
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Gottesdienstentwurf
prüfen und nicht vorschnell zu urteilen.
Wir haben das im vergangenen Jahr sehr eindrücklich erlebt, wie intensiv im Bundestag die Frage nach
der Beihilfe zur Selbsttötung diskutiert wurde. Und
nicht nur dort, sondern bei vielen Tagungen, Diskussionsveranstaltungen, in den Medien und auch in den
Familien. Eine wichtige Erfahrung dabei war, dass die
ernsthafte Diskussion, das Prüfen der verschiedenen
Argumente und Gesichtspunkte etwas verändert hat.
Zum einen wurde deutlich, was alle verbindet: Der
Wunsch, dass der Tod nicht zur Ware wird und der
Wille, mehr für die Begleitung Sterbender zu tun. Die
Diskussion hat aber auch zu einem differenzierteren Urteil geführt. Und letztlich zu einer gesetzlichen
Regelung, die die Gewissensentscheidung der betroffenen Personen respektiert und gerade nicht kriminalisiert. Die eigene Gewissensprüfung sorgt also dafür,
dass wir aus einem einfachen Schwarz-weiß-Denken
herauskommen, das nur gut und böse oder richtig
und falsch kennt. Und genau deshalb hilft die eigene
Gewissensprüfung auch dazu, dass wir die Gewissensentscheidung eines anderen anerkennen und
respektieren. Genau dies fordert Paulus ein: die Gewissensentscheidung von Christen, die kein Götzenopferfleisch essen wollen, zu respektieren. Umgekehrt
gilt das selbstverständlich auch.
Also, so die Botschaft des Apostels auch an uns
heute:
„Im Blick auf das, was ihr selbst
macht und verantworten könnt,
prüft euch. Dazu habt ihr euer Gewissen. Schließlich müsst ihr das,
was ihr tut, auch vor Gott verantworten. Denn er ist der Richter
über alle.“
Die Kehrseite dieser Selbstprüfung ist die maximale
Zurückhaltung im Urteil anderen gegenüber. Hier folgt
Paulus der Bergpredigt Jesu, wenn er betont: „Lasst
uns nicht mehr einer den anderen richten. Hört auf damit, einander vorzuschreiben, was gut und richtig, was
fromm und christlich ist. Hört auf damit, das Verhalten
anderer zu beurteilen. Hört auf mit aller Rechthaberei
und Besserwisserei. Wir brauchen in der christlichen
Gemeinde keine Tugendwächter oder Sittenpolizei.“
Diese klare Botschaft bedeutet freilich nicht, dass
menschliches Verhalten gleichgültig ist oder gar nicht
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mehr bewertet werden darf. Paulus redet nicht der Beliebigkeit das Wort. Aber er verändert die Perspektive.
Die Leitfrage ist jetzt nicht mehr: Wer hat recht? Oder
wer hat die richtige Moral?
Die entscheidende Frage lautet vielmehr: Wie verhalte ich mich anderen gegenüber, so dass ich sie nicht
irritiere oder provoziere? Oder positiv formuliert: Wie
verhalte ich mich anderen gegenüber konstruktiv? So,
dass sie das als hilfreich erleben. An anderer Stelle
spricht Paulus von dem, was den anderen erbaut.
Also, nicht den anderen klein machen, indem ich mich
moralisch über ihn erhebe. Sondern ihn aufbauen,
stärken und respektieren. Das aber kann ich nur, wenn
ich mich auf den anderen auch einlasse, wenn ich ihm
begegne, wenn ich ihm zuhöre.
Diese Haltung, liebe Gemeinde, hilft uns im aktuellen Streit um die Integration von zu uns geflüchteten
Menschen. Zunächst einmal im Blick auf die Diskussion innerhalb unserer Gemeinden. Dass wir da sorgfältig unsere Gewissen prüfen und auf Basis unseres
christlichen Glaubens und in Verantwortung vor Gott
nach dem fragen, was den Menschen und ihrem Miteinander dient. Und dass wir dabei respektieren, wenn
nicht alle dieselben Schlussfolgerungen ziehen. Zum
Beispiel im Blick darauf, welche Anpassungsleistungen von den Flüchtlingen zu erwarten sind oder wie
wir uns öffnen sollen für Menschen anderer Kultur und
Religion.
Besonders schwierig ist ja die Frage nach dem
Stellenwert unseres Einsatzes für die Integration von
Geflüchteten. Kommen andere Themen und Aufgaben zu kurz, weil das Flüchtlingsthema so viel Raum
einnimmt? Etwa die Frage, wie wir als Gemeinde die
wachsende Zahl hochaltriger und Hilfe bedürftiger
Menschen begleiten sollen? Oder wie wir uns dafür
einsetzen, dass Menschen am Rande der Gesellschaft nicht weiter ausgegrenzt werden. Denken wir
an die psychisch Erkrankten oder an die Menschen,
die schon lange ohne Arbeit sind. Auch hier ist die
Empfehlung des Paulus ganz klar: Diskutiert solche
Fragen, macht es euch nicht zu einfach nach dem
Motto „Man kann nicht allen helfen“, um dann keinem
zu helfen.
Die Haltung des Paulus ist aber auch wichtig für das,
was wir eine Kultur des Willkommens nennen. Für
das, wofür wir uns als Christen und Kirche einsetzen
in unserer Gesellschaft. Etwa, dass wir selbstkritisch
Gottesdienstentwurf
sind gegenüber Vorurteilen, die manchmal sehr tief in
uns sitzen. Oder dass wir Flüchtlingen, die vielfältig
belastet sind, nicht noch zusätzlich Hindernisse in den
Weg legen. Dass wir sie vielmehr dabei unterstützen,
einen Weg in der noch sehr fremden, neuen Heimat
Deutschland zu finden. Und deshalb müssen wir
Geflüchteten dabei helfen, Deutschland zu verstehen.
Damit sie selbst prüfen können, wie sie hier bei uns
leben können. Denn sie wollen sich ja integrieren, sie
wollen ja nicht provozieren und anecken. Sie wollen
ihren Platz bei uns finden, ohne anderen ihren Platz
streitig zu machen. Integration ist niemals eine Einbahnstraße. Sondern ein gemeinsamer Weg zu einer
gemeinsamen Zukunft. „Kommt gut an“, das ist deshalb eine Aufforderung an uns alle. Sie lebt vom Geist
Christi, der nach dem fragt und darum ringt, was allen
Menschen dient. Den Einzelnen und ihrem Miteinander. Amen.d
Lied
EG 658, 1-4 Lass uns den Weg der Gerechtig
keit gehen (nur Württemberg)
EG 659, 1-4 Die Erde ist des Herrn
Gebet mit Vaterunser
Gütiger Gott,
du hast uns diese eine Welt geschenkt und dieses
eine Leben. Du hast uns dafür geschaffen, dieses
Leben mit anderen zu teilen. Verantwortung zu übernehmen, damit alle in Frieden leben können. Es macht
uns traurig, wie wir Menschen einander das Leben
streitig machen. Wie Menschen verzweifelt sind, weil
andere sie bedrohen und ihnen ihre Lebensgrundlage
zerstören. Wir hoffen auf dich, dass du hilfst, dass du
eingreifst und Frieden schaffst.
Jesus Christus,
du hast dich denen zugewandt, die mühselig und beladen sind. Du hast ihnen neue Hoffnung geschenkt.
Und du hast dich auf die eingelassen, die anderen das
Leben schwer gemacht haben. Durch ihre moralische
Überheblichkeit oder durch ihre Gier. So hilf auch uns,
dass wir nicht gleichgültig sind, uns nicht in unser
frommes Schneckenhaus zurückziehen. Lass uns darum ringen und dafür kämpfen, dass Menschen,
die zu uns geflüchtet sind, ihre Angst verlieren und
Teil unserer Gesellschaft werden können.
Heiliger Geist,
du Geist der Liebe und des Friedens. Schenke uns
Leidenschaft und Phantasie für mehr Gerechtigkeit
auf dieser Welt und für ein lebendiges Miteinander in
unserer Gesellschaft.
Hilf uns, dass wir uns füreinander öffnen in all unsrer
Verschiedenheit. Lass uns dabei erfahren, was uns
verbindet und was unser Miteinander stärkt.
Gib allen Verantwortlichen in der Politik,
in der Verwaltung, in der sozialen Arbeit,
in der Kirche und ihren Gemeinden,
die nötige Klugheit und Weitsicht, das nötige
Vertrauen und die nötige Geduld.
Im Vertrauen auf dich beten wir gemeinsam:
Vater unser ….
Lied
EG 432, 1-3 Gott gab uns Atem,
damit wir leben
NL 86, 1-5
Wenn das Brot, das wir teilen
Abkündigungen
Segenslied
EG 421 Verleih uns Frieden gnädiglich
Segen
Musik zum Ausgang
Den Entwurf finden Sie auch unter
www.diakonie-wuerttemberg.de/woche-diakonie
Pfarrer
Dr. Joachim Rückle
Leiter Theologie
und Bildung
Diakonisches Werk
Württemberg
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