18. Jahrestagung der DGPSF, Ulm im Juni 2016 Multimodale Schmerztherapie Michael Pfingsten Schmerztagesklinik und –Ambulanz Klinik für Anästhesiologie Universitätsmedizin Göttingen [email protected] Das Schmerz-Erleben ist ein multifaktorieller Prozess ... ... dabei KÖNNEN monomodale Ansätze nicht wirksam sein! Interdisziplinäre Multimodale Therapie 1 Therapie-Prinzipien für chron. RS n. Alf Nachemson (1931-2006) EDUCATION ENCOURAGEMENT EXERCISE FUNCTIONAL RESTORATION Tom Mayer & Robert Gatchel (JAMA 1986) Therapeutische Konsequenz ...... Bei Chronifizierung kommt es ... zuIntensive somatisch-funktionellen körperliche Aktivierung Defiziten ... Einschränkung Verhaltenstherapeutische der Leistungsfähigkeit Methoden ... psycho-sozialen Beeinträchtigungen Ergo-/physiotherapeutische Maßnahmen Ziel: Schnelle Reintegration in den Dekonditionierungs-Syndrom Arbeitsprozeß (in die Normalität) 2 Functional Restoration (FR) Kernaussagen • • • • • Hurt is not equivalent to harm. The primary goal is restoring high levels of function, rather than elimination of pain (or structural damage). The staff does not focus on pain. Increasing activity often goes along with increased pain, what is a sign of progress. In addition to physical rehabilitation, FR addresses psychologic, financial, legal, and work-related complications. The success of this approach lies in the coordinated efforts of the interdisciplinary team. They share a unique philosophy and reinforce the importance of each other department. Merkmale: Interdisziplinär fachlich gemeinsam getragen Inhaltl. Konzept-orientiert: ► kogn.-verhaltenstherap.O. Multimodale Schmerztherapie Medizin Schmerz 2014; 28: 459-472 ► Functional Restoration ► Fear Avoidance ► Graded Activity Strukturmerkmale: ► enge zeitliche, räumliche u. inhaltliche Vernetzung ► geschlossene Grpn (8) ► geschlossenes Team ► hohe Intensität (>100h) ► fortlaufende Abstimmung während der Behandlung 3 Inhalte multimodaler Schmerzbehandlung 1. Ärztliche Behandlung Verantwortung, Edukation, Medikamenten-Kontrolle, Prüfung Belastbarkeit, ggf. diagn. Untersuchungen 2. Hoher körperlicher Behandlungs-Anteil Sport, Geräte-Training, Training von Alltags- u. Gebrauchsbewegungen, Physiotherapie (auch einzeln) 3. Hoher psychotherapeutischer Beh.-Anteil - SchmerzPsychoTherapie als Grp.-Behandlung, kogn.-verhaltenstherap. orientiert, standardisiert - Schmerz-Psycholog. Einzeltherapie (z.B. Ko-Morb.) Verhaltenstherapeut. Prinzipien VT-Prinzipien moderner Therapie von RS Dolce et al. (1986), Harding et al. (1998), Pfingsten (2004) • Fokus Funktions- statt Schmerzorientierung • Information umfangreiche Wissensvermittlung • Training Graded Activity / FAB-Modell • Therapeutenverhalten kompetent, zugewandt, transparent, sicher, „Verstärkungs“-orientiert • Transfer versch. Strategien: u.a. „Rückfall“- (Nachhaltigkeit) prophylaxe, Realitäts- / Alltagsnähe des Trainings, Integration in Alltag 4 Functional Restoration Umkehrung der Abläufe SCHMERZ FUNKTION FUNKTION SCHMERZ Arbeitsfähigkeit Sport, Spiel, Bewegung Training d. Muskelfkt. „Work-Hardening“ Angstabbau und Verlernen der motorischen Hemmung durch spezielles Training („Graded Activity“) 5 Graded activity Voraussetzungen • W. Fordyce: Schmerz im Verhaltens-Kontext • S.-Verhalten hat ggf. wenig mit Nozizeption zu tun. • Schmerzverhalten ist durch Lernen beeinflussbar. • Behandlung sollte Lern-Prinzipien berücksichtigen. operantes Konditionierungsmodell (Ostelo 2005): Verhalten mit pos. Konsequenzen häufiger Verhalten mit neg. Konsequenzen seltener Zielverhalten: Aktivität Graded Activity Programm: Ausführliche Messung der körperl. Fkt.-Fähigkeit im Vorfeld (ADLs = Alltags-Aktivitäten) Training wird durchgeführt: - nicht: „exercise-to-tolerance“: Erholung nach Schmerz - sondern „exercise-to-quota“: Erholung/Pause nach Quote Für jede Übung werden individuelle Quoten gesetzt (orientiert an Funktions-Messung, dann systematische Steigerung, ständige Kontrolle durch Team) 6 Die Übungen werden nicht wg. des Auftretens von Schmerz oder zu großer Anstrengung beendet, sondern bei Erreichung einer Quote. Fordyce´ Model exercise to quota, not to pain (1973) Auf Übungen, die per Quote geregelt sind, folgt direkt etwas Positives (Erholung) und nicht etwas Negatives (Schmerz). Quoten werden gesetzt für: Häufigkeiten, Bew.-Ausschläge, Runden, Gewichte, Wiederholungen, Ausdauerzeit, etc. bei jeder Übung Tut´s schon weh? Sagen Sie Bescheid, wenn der Schmerz kommt! Training bei (chronischen) Schmerzen: Don´t focus on pain ! Don´t let pain guide ! Löschung der Verhaltens-steuernden Funktion des Schmerzes 7 VT-Prinzipien moderner Therapie von RS Dolce et al. (1986), Harding et al. (1998), Pfingsten (2004) Transfer Voraussetzung für den Transfer (Übertragung in den Alltag) und Verhaltensänderung ist die Realitätsnähe der Übung ! ADLs (Activities of Daily Living) Work-Hardening & Work-Conditioning 8 Multimodale Therapie: Studien aus D Lokale/regionale Studien: - Neubauer, Schiltenwolf et al. 2006, Heidelberg 231 LWS- und 97 HWS-Pat - Marnitz et al. 2008, Berlin; 59 LWS-Pat. (2015: 580 Pat.) - Hildebrandt, Pfingsten et al. 2009, Göttingen mehrere Studien, ~ 490 LWS-Pat. (2016: 66 chron. S-Pat.) - Nagel & Korb 2009, Mainz; 351 Pat. mit nicht-spez. RS - Pöhlmann, Arnold et al. 2009, Dachau 91 LWS-Pat., 98 andere Schmerzsyndrome - Schütze, Sabatowski et al. 2009, Dresden 189 chron. Schmerz-Patienten. Hohe Pat.-Zufriedenheit Effekte (SI, Beeinträchtigung,LZ, Depression, etc.) Um 60% „Back-to-Work Übergeordnetes Ziel: Es geht um die Hinführung, Akzeptanz, Verinnerlichung und zukünftige Umsetzung des Konzeptes: Eigenverantwortliches Handeln für sich, seinen Körper und seine Schmerzen Verhaltensänderung!!! Diese „Behandlung“ ist NIE beendet !! 9 Eine FALSCHE Botschaft 10
© Copyright 2024 ExpyDoc