Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2 Wiener Philharmoniker Yannick Nézet-Séguin Samstag 11. Juni 2016 20:00 Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen. Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen. Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird. Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2 Wiener Philharmoniker Yannick Nézet-Séguin Dirigent Samstag 11. Juni 2016 20:00 Keine Pause Ende gegen 21:15 KölnMusik gemeinsam mit der Westdeutschen Konzertdirektion Köln PROGRAMM Anton Webern 1883 – 1945 Passacaglia op. 1 (1908) für Orchester Anton Bruckner 1824 – 1896 Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109 (1887 – 96) Feierlich. Misterioso. Moderato Scherzo. Bewegt lebhaft – Trio. Schnell Adagio. Langsam, feierlich 2 ZU DEN WERKEN Am Schnittpunkt der Moderne Als das neunzehnte Jahrhundert sich neigte und das zwanzigste sich erhob, fielen in Europa Zeiten- und Kunstwende in eins. Die »Moderne« bildete sich heraus und das »Fin de Siècle« geriet in Metropolen wie Paris, Berlin oder Wien zur eigenen Epoche. Die Komponisten der Avantgarde erschlossen die Bereiche einer erweiterten, ein verbindliches tonales Zentrum hinter sich lassenden Harmonik. Das Tor zu diesen Räumen, durch Komponisten wie Hector Berlioz oder Franz Liszt bereits geöffnet, hatte Richard Wagner in seiner Oper Tristan und Isolde weit, vehement und endgültig aufgestoßen. Einige seiner musikalischen Erben – die gleichzeitig auch die Erben seines Antipoden Brahms waren! – fanden in der so genannten »Zweiten Wiener Schule« rund um Arnold Schönberg zusammen. »Wien um 1900« wurde zu einer Chiffre für die malende, literarische und klingende Moderne. Hier bündelten sich viele ihrer Fäden, liefen zusammen und wieder auseinander. Ein kräftiger Faden, der sich in dieses Zukunftsgewebe hinein flocht, war das Werk von Anton Bruckner (1824 – 1896), von dem Nikolaus Harnoncourt einst so trefflich sagte, er wäre »unerwartet und erschreckend in das Musikleben« gefallen. Als Bruckner über der weit gediehenen Abschlussarbeit des vierten Satzes seiner neunten, kühne harmonische Visionen aufreißenden Sinfonie in d-Moll starb, waren es nur noch knappe vier Jahre bis zur Jahrhundertwende. Vier Jahre nach ihr begann Anton Webern (1883 – 1945) sein Studium bei Arnold Schönberg. In dessen letztem Jahr komponierte er 1908 mit der Passacaglia jenes Werk, dem er das Sigel seines offiziellen Opus 1 verlieh. Das Webernsche Paradox Insgesamt nahm Anton Webern nur einunddreißig seiner konzisen Kompositionen in den von ihm mit Opuszahlen versehenen Werkkanon auf. An einem möglichen Opus 32 arbeitete er wohl noch, bevor er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im salzburgischen Ort Mittersill am 15. September 1945 von einem amerikanischen Soldaten versehentlich erschossen wurde. Der nicht zuletzt wegen seines – ab dem Ende der 1920er Jahre 3 konsequent zwölftönigen – Schaffens von den Nationalsozialisten verfemte Komponist als tragisches Opfer der Alliierten? Kurz vor der Kapitulation Hitlerdeutschlands hatte der seit Langem in einer prekären wirtschaftlichen Situation sich befindende Webern die Flucht vom Wiener Stadtrand in das inneralpine und noch unversehrte Mittersill angetreten. Dorthin hatten sich auch seine Tochter Christine und ihr Mann Benno Mattel zurückgezogen – ein veritabler Nazi, der nun auf dem Schwarzmarkt gute Geschäfte zu machen wusste. Als man diesen seines illegalen Handels überführte, war Webern gerade zum Abendessen geladen. Er trat, um zu rauchen, im Dunklen aus einem Nebeneingang des Hauses, überraschte damit offenbar einen seinen straffälligen Schwiegersohn abpassenden GI und provozierte so die tödlichen Schüsse. Leider verbanden Anton Webern, dessen Werke im »Deutschen Reich« als »kulturbolschewistisch« gebrandmarkt nicht aufgeführt werden durften, mit dem Nationalsozialismus am Ende mehr als nur familiäre Strukturen. Er selbst – dessen Kunstverständnis so diametral jenem des Regimes gegenüberstand, der Arbeiter-Sinfonie-Konzerte und einen Arbeiter-Singverein geleitet hatte, der alles andere als ein Antisemit war – traf sich absurderweise in einem entschieden elitären, deutschnationalen Selbstverständnis zunehmend mit den Absichten des Regimes, äußerte sich bewundernd über Hitler und zeigte sich von der Sache des Krieges durchaus überzeugt. »Verschiedenes«, so konstatiert Stefan Amzoll, »fällt bei Webern paradox auseinander.« Sein nachdrücklich wieder zum jüdischen Glauben zurückgekehrter Lehrer Arnold Schönberg äußerte sich im amerikanischen Exil besorgt über die ihm zugetragene Gesinnung seines Adepten und Freundes. Von Schönberg hatte Webern Mitte der 1920er Jahre dessen »Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen« übernommen, mit der man die mittlerweile selbst als zu frei empfundene Tonalität wieder einzuhegen bestrebt war. Schönberg war von Webern über lange Jahre eine fast schon religiöse Verehrung entgegengebracht worden: »Ich glaube die Jünger Christi können nicht mehr mit ihrem Herrn gefühlt haben, wie wir mit Ihnen«, heißt es in einem Brief vom 11. August 1911. 4 Und am 9. Juni 1912 finden sich die Worte: »Dieses unser Verhältnis zu Dir, als unsern Führer, Leiter hat etwas tief beseligendes für mich.« Unter Schönbergs Anleitung hatte der Anfangs- und Mittzwanziger Webern seine entscheidenden kompositorischen Impulse erhalten. Zu dieser Zeit war die angehende »Wiener Schule« mitunter noch erfüllt vom spätromantischen Duktus und Duft eines überfeinerten Ästhetizismus. Dergestalt ist Weberns zum Ende seiner offiziellen Studienzeit bei Schönberg entstandenes Opus 1 stilistisch noch stark im luxurierend ausklingenden 19. Jahrhundert verwurzelt. Mit den Versuchen, in dieser Passacaglia eine Vorwegnahme der Reihentechnik nachzuweisen, wollte man im Gesamtwerk des späteren Schirmherrn des Serialismus ein bruchloses Ganzes konstruieren. Das verführerische Trugbild einer solchen Präfiguration gründet in der einer Passacaglia aber naturgemäß zugrunde liegenden Bass-Ostinato-Reihe. Im Hinblick auf Weberns Werk macht das vor allem deutlich, wie sehr Tradition und Fortschritt stets ineinander verzahnt sind. Altes, dem Neues entwächst Der schreitende Charakter einer solchen signifikanten Basslinie verweist auf den Ursprung des Wortes, der im Spanischen »pasar una calle« (durch die Straße gehen) liegt. Im 17. Jahrhundert war diese Bezeichnung zunächst auf Spielarten des Gitarrenlieds, dann auf eine Ritornell-Funktion in Tänzen und Liedern gemünzt. Schließlich meinte sie jene musikalische Form, in der über einer stets sich wiederholenden (ostinaten) Bassmelodie Reihen von Variationen gebildet werden. Mit der Klassik geriet die Passacaglia aus der Mode und erlangte erst – beispielsweise in der vierten Sinfonie von Johannes Brahms – in der Spätromantik wieder Bedeutung. Dass sich die Komponisten der »Zweiten Wiener Schule« dieser »altehrwürdigen« Anlagen annahmen, mag wohl auch deren Bedürfnis nach festen Formen in dem von ihnen vorangetriebenen Prozess des Auseinanderdriftens widerspiegeln. Anton Webern war mit den zahlreichen historischen Konzepten aufs Innigste vertraut. Er hatte als Dissertation den zweiten Band der Choralis Constantinus des niederländischen Polyfonisten Heinrich Isaac herausgegeben und würdigte im Vorwort den 5 Renaissancekünstler: »Dem Ideale, die einzelnen Stimmen als selbstständige, höchst individuelle Wesen hinzustellen, weiht Heinrich Isaac alle Künste des Kontrapunkts, und aus diesem Ideale ergeben sich die Kühnheiten seiner Satzweise.« Die Kunst der Alten Meister sollte zeitlebens Weberns musikalisches Fundament bilden. Seine frühe Passacaglia ließ er, Bachs Vorbild folgend, mit der alleinigen Vorstellung der Bassreihe beginnen. Die acht Töne sind allerdings entgegen der Konvention im Zweier- statt im Dreiertakt notiert und durch Pausen voneinander abgetrennt. Sie werden von den Streichern pizzicato und piano pianissimo präsentiert. Dann setzt, als erste von insgesamt dreiundzwanzig achttaktigen Variationen, eine von der Flöte zart geführte Gegenstimme ein. Mit dem Hauptthema und dem Gegenthema sind, wie Webern selbst schrieb, »die beiden Grundgestalten des Stückes gegeben. Alles was folgt ist von diesen abgeleitet.« Die verschiedenen Gestalten, die sich aus dem Gegenthema ableiten, setzen auch entferntere Variationsabschnitte zueinander in Verbindung. In ihren Ableitungen tritt das Gegenthema in den Vordergrund, während die OstinatoReihe zunehmend im Hintergrund ihre Wirkung entfaltet. Eine durchführungsartige Coda beschließt das trotz seiner übersteigerten Chromatik noch im Tonalen verwurzelte, immer wieder in expressiven Steigerungswellen sich ereignende Stück. Nach seiner Uraufführung am 4. November 1908 im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins urteilte die Musikhistorikerin Elsa Bienenfeld: »Die Komposition, durch Merkwürdigkeiten der Zusammenklänge und deren Fortführung überraschend, überzeugt aber dennoch durch die Tiefe der Stimmungen. Es erscheint nichts zufällig, nichts aus Originalitätssucht herbeigezerrt, am allerwenigsten etwas konventionell nachgeahmt. Die Stimmungen sind empfunden, die Klänge gehört.« 6 Der Mythos vom Ende Nachdem der neunzehnjährige Anton Webern am 11. Februar 1903 der postumen, von Ferdinand Löwe dirigierten Wiener Uraufführung von Anton Bruckners neunter Sinfonie beigewohnt hatte, schrieb er an seinen Cousin Ernst Diez: »Das Werk ist dem ›lieben Gott‹ gewidmet. Mit dem Adagio nahm Bruckner Abschied von der Welt – und wirklich wenn Du so recht schön zuhörst, bildest Du Dir ein, am Schluss des Adagios, der wunderbar mild und verklärt ist, zu sehen, wie der liebe Mann, immer weiter und höher in den Himmel hinaufsteigt, bis sich ihm mit dem letzten, leisesten, lang, lang ausgehaltenen E dur Accord der Tuben […] und Hörner der Himmel erschließt – – – – – Es kann kaum was schöneres geben als dieses Adagio.« Dass der junge Webern mit keinem Wort die harmonischen Kühnheiten des Werks erwähnte, mochte daran liegen, dass Löwe für diesen Anlass etliche von Bruckners Schroffheiten und Dissonanzen in der Partitur geglättet hatte. Erst 1932 sollte in München eine Aufführung des originalen, »unerhörten« Materials erfolgen. In Weberns verklärenden Worten spiegelt sich auch eine lange gepflegte Legende wider. Die Widmung »an den lieben Gott«, die durch seinen behandelnden Arzt überliefert ist (von eigener Hand liegt dafür kein Zeugnis vor), scheint angesichts Bruckners streng katholisch geprägter Frömmigkeit durchaus authentisch zu sein. Aber den dritten Satz (Adagio) der Neunten hatte Bruckner bereits gut zwei Jahre vor seinem Tod vollendet. Zwar verschlechterte sich während dieser Zeit sein Gesundheitszustand und Bruckner fasste sein Testament ab. Doch seine letzten beiden Lebensjahre war er mit der weit gedeihenden Komposition des ausladenden vierten Satzes beschäftigt. Dessen endgültige Fertigstellung war Bruckner nicht mehr gegönnt. Doch das nach seinem Tod fragmentierte und verstreute, heute jedoch wieder weitgehend zusammengetragene umfangreiche Material des Autografs zeigt deutlich, dass Bruckner diesen Finalsatz und nicht das gerne mystifizierte Adagio als Abschluss seines Opus summum gedacht hatte. 7 Der lange Anmarsch Als Anton Bruckner über der Vollendung seiner neunten Sinfonie starb, war er eine hochgeehrte, angesehene, mitunter auch bestaunte Persönlichkeit. Trotz seiner immer wieder zur Schau gestellten Unsicherheit hatte er sich beharrlich einen ersten Platz im Wiener Musikleben erobert. Als Sohn eines Dorfschullehrers (und damit auch Kirchenmusikers) im oberösterreichischen Ansfelden geboren, wurde er schon früh von seinem Vater in musikalischen Fertigkeiten unterwiesen und versuchte sich schon mit gut zehn Jahren an ersten Kompositionen. Bruckner wurde Schüler im Chorherrenstift St. Florian bei Linz, dem kulturellen Mittelpunkt der Region. Er war stolz auf seine Leistungen. Ihre verbrieften Nachweise sollten ihm zeitlebens wichtig sein, auch als Legitimationsmittel für seine künstlerische Existenz. Zunächst trat er in die Fußstapfen des Vaters und ließ sich zum Lehrer ausbilden. Darüber hinaus etablierte er sich als Orgelvirtuose ersten Ranges. Die Klangsymptomatik dieses Instruments übertrug er später auf die eigene Kompositionskunst. Im Jahr 1855 begann er sein Studium beim Harmonielehre-»Papst« Simon Sechter in Wien. 1868, mit 44 Jahren, zog er ganz in die Habsburgermetropole. Bruckner sammelte regelrecht Positionen, Titel und Ehrungen – fast um sich seiner selbst zu versichern. Künstlerische Vervollkommnung und sozialer Aufstieg galten ihm als eins. Das Zentrum seines Schaffens bildet neben einigen gewichtigen geistlichen Werken vor allem der Kosmos seiner neun Sinfonien, deren erste (zur Zählung von ihm zugelassene) in den Jahren 1865/66 entstand, als Bruckner bereits das vierzigste Lebensjahr überschritten hatte. Verstanden wurden seine sinfonischen Monumente zunächst kaum. Waren in der Regel bisher zwei Themen zur Durchführung gelangt, vollführte Bruckner nun mit drei Themen eine vielschichtige, beständig fortschreitende Metamorphose. Im Gegensatz aber zu dem von ihm bewunderten Werk Richard Wagners ist den Kompositionen Bruckners das Unmerkliche in der »Kunst des Übergangs« fremd. Der Wechsel von Themen erfolgt ähnlich unvermittelt wie jener der Klangfarben. Wie als Organist zog Bruckner auch als Komponist die »Register« im Orchester. 8 Von der Mischung aus ehrfürchtiger Verbeugung vor der Tradition und gleichzeitig absoluter Radikalität im musikalischen Denken waren die Zeitgenossen oft überfordert. »Mein Lebensberuf« Anton Bruckner bezeichnete sich im fortgeschrittenen Alter von 67 Jahren selbst ausdrücklich als »Symphoniker«, »weil darin stets mein Lebensberuf bestand«. Dafür, so schrieb er auch, »habe ich mein Leben eingesetzt, u auch meine Auszeichnungen erhalten.« Er hatte es sich wahrlich nicht leicht gemacht, um dieses Ziel zu erreichen. Mehr als sein halbes Dasein befand er sich im Anmarsch auf diese musikalische Großform. Als er ihr Terrain endlich gewonnen hatte, war die Arbeit daran weiterhin von unentwegten Skrupeln begleitet. Eine nach der ersten Sinfonie vollständig fertig komponierte zweite Sinfonie in d-Moll annullierte Bruckner später mit dem Vermerk »Diese Sinfonie ist ganz ungiltig. (Nur ein Versuch)«. Von den neun »gültigen« Sinfonien existieren, nach unterschiedlich bedingten Umarbeitungen, zum Teil verschiedene Fassungen. Wenn Bruckner danach trachtete oder sich von Freunden und Kollegen dazu drängen ließ, einzelne Werke weiterzuentwickeln und »fasslicher« zu gestalten, wurden davon die jeweils vorangegangenen Versionen nicht unbedingt zurückgenommen. Revisionen der achten, dritten und ersten beschäftigten ihn noch ausführlich, nachdem er am 21. September 1887 mit der Arbeit an der neunten Sinfonie begonnen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war Anton Bruckner 63 Jahre alt und der Tod stand ihm noch lange nicht vor Augen, sondern sollte ihm erst am 11. Oktober 1896 die Feder aus der Hand nehmen. Neun Jahre also arbeitete Anton Bruckner an seiner viersätzigen neunten Sinfonie. Von Anfang an wohnt man gleichsam ihrem Entstehen bei: Der erste Satz (Feierlich. Misterioso) hebt gleichsam aus dem Nichts an. Auch in der Folge wird die Grundtonart d-Moll nirgendwo endgültig manifest. Nur Stück für Stück erweitert sich der Tonraum und das musikalische Material. Die musikalische Gestalt wird immer mächtiger und nimmt mitunter fast apokalyptische Züge an. Und doch erstaunt bei aller 9 raumgreifenden Klangfülle immer wieder ein filigraner, luzider Aufbau. Der zweite Satz weist Bruckner als einen der radikalsten Sinfoniker seines Jahrhunderts aus. Gespenstisch irrlichternd eilt dieses Scherzo heran und bricht durch seine stampfenden Rhythmen und Sekund-Dissonanzen erschreckend mit der tänzerischen Heiterkeit dieser Satztradition. Dem 20. Jahrhundert sind die Türen geöffnet, die den Blick freigeben auf die zukünftigen Werke beispielsweise Gustav Mahlers oder Igor Strawinskys. Der letzte vollendete, dritte Satz (Adagio) ist in seiner Gesamtheit harmonisch weit davon entfernt, einem Klischee von Verklärung zu entsprechen. Zwar bildet er immer wieder Keimzellen der Verklärung aus, wird sich ihr aber erst am Ende zuneigen. Bis zu dieser Schlusswendung leuchten vor allem der Schmerz und die Melancholie, der sich machtvoll behauptende Triumph und abermals der apokalyptische Schrecken, der Klang wird in einer durchdringenden Dissonanz ohne Auflösung. Dass man diesen Satz durchaus als eine Art Glaubenszeugnis – vielleicht nicht angesichts, aber doch im Bewusstsein des Todes – begreifen kann, legt das musikalische Material nahe: Bruckner stimmt in diesem Satz eine Art Choral an, er zitiert das Miserere-(Erbarmedich)-Motiv aus seiner d-Moll-Messe und paraphrasiert das so genannte »Dresdner Amen«, das auch der von ihm so verehrte Richard Wagner in seinem Bühnenweihfestspiel Parsifal verwendet hatte. Die verklärende Coda dieses Adagios schließt diese Sinfonie nicht ab. Der vierte Satz (Finale) war von Bruckner als großer Lobpreis Gottes gedacht, und als solcher auch nahezu fertiggestellt. Die bis zum heutigen Tag wieder zusammengetragenen Teile des Autografs umfassen ganze, voll instrumentierte Partiturseiten, deutliche Satzverlaufsskizzen und weite Teile des Particells. Nur für sehr wenige Takte ist tatsächlich gar keine Musik Bruckners mehr erhalten. Selbst in fragmenthafter Wiedergabe offenbarte sich in diesem Finalsatz ein ausgereifter, mit seinem Choral vielleicht als Gebet gedachter Abschluss eines sinfonischen Werkes, eines Lebenswerkes, eines Lebens. Die erhaltenen Skizzen der Coda bezeugen, dass Bruckner hier alle wichtigen Themen der fünften, siebten und achten Sinfonie, sowie der ersten drei Sätze der neunten Sinfonie noch einmal zusammenführen wollte. 10 Die immer noch vorhandenen Lücken im überlieferten Material machen es nicht einfach, diesen Satz ohne Vervollständigungsversuche nahtlos zur Aufführung zu bringen, weshalb auch am heutigen Abend das Werk gleichsam »offen« mit dem Adagio ausklingt. Wer sich einen Eindruck des eigentlichen Finales und damit des möglichen vollständigen Werks verschaffen möchte, dem sei entweder die Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle (2012, mit dem in jahrelanger Gemeinschaftsarbeit von Nicola Samale, John A. Phillips, Benjamin-Gunnar Cohrs und Giuseppe Mazzuca vervollständigten Satz) oder jene mit den Wiener Philharmonikern unter Nikolaus Harnoncourt (2002, ausschließlich mit der aus Bruckners Hand überlieferten Musik) empfohlen. Oliver Binder 11 BIOGRAPHIEN Wiener Philharmoniker Kaum ein anderer Klangkörper wird enger mit der Geschichte und Tradition der europäischen Musik in Verbindung gebracht als die Wiener Philharmoniker. Im Laufe ihres 174-jährigen Bestehens prägten die Mitglieder dieses in der »Hauptstadt der Musik« beheimateten Ensembles die europäische Musikgeschichte maßgeblich. Herausragende musikalische Persönlichkeiten waren bzw. sind dem Orchester verbunden. So beschrieb Richard Wagner das Orchester als eines der allervorzüglichsten der Welt und Anton Bruckner nannte es »den höchsten Kunstverein in der Musik«. Johannes Brahms bezeichnete sich als »Freund und Verehrer« des Orchesters, Gustav Mahler fühlte sich »durch das Band der Kunst« mit ihm verbunden, und Richard Strauss fasste zusammen: »Die Philharmoniker preisen heißt Geigen nach Wien tragen«. Der Beginn Bis zum ersten Philharmonischen Konzert am 28. März 1842 besaß die Stadt der nach ihr benannten »Wiener Klassiker« – Haydn, Mozart und Beethoven – kein aus Berufsmusikern bestehendes 12 Konzertorchester. Für Aufführungen sinfonischer Werke wurden jeweils nach Bedarf eigene Ensembles zusammengestellt. Nur an den Theatern gab es Orchester, die ausschließlich aus Berufsmusikern bestanden. Der naheliegende Gedanke, mit einem dieser Klangkörper zu konzertieren, wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts realisiert: Wolfgang Amadeus Mozart verpflichtete 1785 das Orchester des Wiener Hofburg-Theaters für einen Zyklus von sechs Konzerten, und auch Ludwig van Beethoven engagierte dieses Ensemble für seine Akademie vom 2. April 1800, in deren Rahmen er seine erste Sinfonie zur Uraufführung brachte. Bei der Uraufführung seiner Neunten am 24. Mai 1824 spielte hingegen das vom Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde und der Hofmusikkapelle verstärkte Hofopernorchester. Ehe dieses Ensemble, das größte und beste Wiens, selbst als Veranstalter klassischer Sinfoniekonzerte auftrat, bedurfte es aber noch eines aus heutiger Sicht bemerkenswerten »Umweges«: Der bayerische Komponist und Dirigent Franz Lachner, seit 1830 als Kapellmeister am Hofoperntheater tätig, brachte in den Zwischenakten der Ballettvorstellungen Sinfonien Beethovens zur Aufführung. Von diesen Experimenten bis zur unternehmerischen Initiative des Opernorchesters war es nur ein kleiner Schritt, welcher erstmals im Januar 1833 unter Lachners Leitung vollzogen wurde; der von ihm gegründete »Künstler-Verein« löste sich jedoch aufgrund struktureller Mängel nach vier Veranstaltungen wieder auf. Die Geburtsstunde: Otto Nicolai 1841 wurde Otto Nicolai (1810 – 1849) als Kapellmeister an das Kärntertortheater berufen. Er griff die Idee Lachners auf und dirigierte am 28. März 1842 im Großen Redoutensaal ein »Großes Concert«, das vom »Sämmtlichen Orchester-Personal des k.k. Hof-Operntheaters« veranstaltet wurde. Diese »Philharmonische Academie«, so der ursprüngliche Titel, gilt mit Recht als die Geburtsstunde des Orchesters, weil erstmals alle Prinzipien der bis heute gültigen »Philharmonischen Idee« verwirklicht wurden: nur ein im Orchester der Wiener Staatsoper (früher: Hofoper) engagierter Musiker kann Mitglied der Wiener Philharmoniker 13 werden; es besteht künstlerische, organisatorische und finanzielle Eigenverantwortlichkeit; alle Entscheidungen werden von der Hauptversammlung der aktiven Mitglieder auf demokratische Weise getroffen; die eigentliche Verwaltungsarbeit wird von einem demokratisch gewählten Ausschuss, dem zwölfköpfigen Komitee, durchgeführt. Noch vor den politischen Ereignissen des Jahres 1848 wurde mit Hilfe eines revolutionär neuen Modells – demokratische Selbstbestimmung und unternehmerische Initiative einer Orchestergemeinschaft – die Basis für den Fortbestand des Orchesters und die künstlerische Bedeutung des Orchesters geschaffen. Freilich war dies erst ein Anfang. Es bedurfte schwerer Rückschläge und leidvoller Erfahrungen, ehe die Musikervereinigung zu tatsächlicher Stabilität gelangte. Die Philharmonischen Abonnementkonzerte Als Nicolai 1847 Wien für immer verließ, brach das junge Unternehmen beinahe zusammen, fehlte ihm doch nun nicht nur der künstlerische, sondern auch der administrative Leiter. Nach zwölf Jahren der Stagnation brachte schließlich eine grundlegende Neueinführung die ersehnte Wende: Am 15. Januar 1860 fand im Kärntnertortheater das erste von vier Abonnementkonzerten unter der Leitung des damaligen Operndirektors Carl Eckert (1820 – 1879) statt. Seither bestehen die »Philharmonischen Konzerte« ohne Unterbrechung. Otto Dessoff (Abonnementdirigent 1862 – 1875) Unter der Führung Otto Dessoffs (1835 – 1892) wurde das Repertoire konsequent ausgebaut, wichtige organisatorische Grundlagen (Notenarchiv, Geschäftsordnung) geschaffen und ein drittes Mal das Konzertlokal gewechselt: Mit Beginn der Saison 1870/71 übersiedelte man in den Goldenen Saal des Musikvereinsgebäudes in Wien, der seither die ideale Wirkungsstätte der Wiener Philharmoniker ist und durch seine akustischen Qualitäten Klangstil und Spielweise des Ensembles beeinflusste. 14 Die »Goldene Ära«: Hans Richter (Abonnementdirigent 1875 – 1898) Es gibt in der Geschichte der Wiener Philharmoniker keinen Dirigenten, der das Orchester so nachhaltig prägte wie Hans Richter (1843 – 1916), der legendäre Dirigent der Bayreuther Uraufführung von Richard Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Richter leitete die Philharmoniker in mindestens 243 Konzerten und stand dem Unternehmen – mit einjähriger Unterbrechung – von 1875 bis 1898 vor. Mit Hans Richter gelang die endgültige Etablierung als Orchester von Weltruf und unvergleichlicher Tradition. Dazu trugen auch Begegnungen u. a. mit Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Anton Bruckner, Johannes Brahms und Franz Liszt bei, die als Dirigenten bzw. Solisten mit den Wiener Philharmonikern konzertierten. In der »Goldenen Ära« Richters wurden die zweite und dritte Sinfonie von Johannes Brahms, die vierte und achte Sinfonie von Anton Bruckner sowie das Violinkonzert von Peter Iljitsch Tschaikowsky uraufgeführt. Der Anfang des 20. Jahrhunderts Von 1898 bis 1901 war Gustav Mahler (1860 – 1911) Abonnement dirigent der Wiener Philharmoniker, in deren Zyklus er die Uraufführungen von Anton Bruckners sechster Sinfonie und Antonín Dvořáks sinfonischer Dichtung Heldenlied dirigierte. Unter seiner Leitung trat das Ensemble im Jahr 1900 anlässlich der Pariser Weltausstellung erstmals im Ausland auf. Das Verhältnis zwischen Mahler und dem Orchester war von künstlerischen Höhepunkten ebenso geprägt wie von schweren Auseinandersetzungen, klang aber in Versöhnung aus. 1901 übernahm Joseph Hellmesberger jun. (1855 – 1907) für zwei Jahre die Leitung der Abonnementkonzerte. Nach dem Rücktritt des begabten Komponisten (der bis dahin elf Mal im Programm eines Neujahrskonzerts vertreten war) erprobten die Philharmoniker, die sich 1908 als behördlich genehmigter Verein konstituierten, das heute praktizierte Gastdirigentensystem, wählten aber ab der Saison 1908/09 Felix von Weingartner (1863 – 1942) zum Abonnementdirigenten. In seiner 19 Jahre dauernden Ära setzte 15 die eigentliche Reisetätigkeit des Orchesters ein, das 1922 erstmals Europa verließ und in Südamerika gastierte. Zwischen 1906 und 1944 spielten die Wiener Philharmoniker 85 Konzerte sowie zahlreiche Opernvorstellungen in Wien und Salzburg unter der Leitung von Richard Strauss (1864 – 1949). Diese Beziehung stellt einen Höhepunkt in der Geschichte des Ensembles dar und wurde von Strauss 1942 anlässlich der 100-JahrFeier der Wiener Philharmoniker folgendermaßen beschrieben: Ich möchte mein Lob heute nur in zwei kurze Sätze fassen: ›Nur wer die Wiener Philharmoniker dirigiert hat, weiß, was sie – sind!‹ Doch das bleibt unser eigenstes Geheimniß! Ihr versteht mich schon: hier – wie am Pult!« Einen weiteren Höhepunkt bildete die Zusammenarbeit mit Arturo Toscanini (1867 – 1957), der in den Jahren 1933 bis 1937 unverrückbare Maßstäbe setzte, sowie mit Wilhelm Furtwängler (1886 – 1954), der von 1927 bis 1930 Dirigent der Abonnementkonzerte war. Ihm folgte in dieser Position von 1930 bis 1933 Clemens Krauss als letzter Dirigent im Abonnementdirigentensystem (seither laden die Wiener Philharmoniker Gastdirigenten ein). Zwischen 1933 und 1945 wiederum war Wilhelm Furtwängler prägender Dirigent des Orchesters. Die Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit (1938 bis 1945) 1938 griff auf brutalste Weise die Politik ins philharmonische Geschehen ein: Die Nationalsozialisten entließen fristlos alle jüdischen Künstler aus dem Dienst der Staatsoper und lösten den Verein Wiener Philharmoniker auf. Lediglich die Intervention Wilhelm Furtwänglers und anderer Personen bewirkte die Annullierung des Auflösungsbescheides und rettete bis auf zwei die als »Halbjuden« und »Versippte« Stigmatisierten vor Entlassung aus dem Staatsopernorchester. Fünf Orchester-Kollegen verstarben trotz Intervention des neuen NS-Vorstandes, der sie vor der Deportation retten wollte, an den Folgen der KZ-Haft oder wurden ermordet. Weitere zwei Musiker kamen in Wien als direkte Folge von versuchter Deportation oder Verfolgung ums Leben. Insgesamt neun Kollegen wurden ins Exil vertrieben. Die 16 elf verbliebenen Orchestermitglieder, die mit Jüdinnen verheiratet waren oder als »Halbjuden« stigmatisiert wurden, lebten unter der ständigen Bedrohung des Widerrufs dieser »Sondergenehmigung«. Doch auch im Orchester selbst gab es bereits eine im Rahmen der Nationalsozialistischen Betriebsorganisation Staatsoper (NSBO) sehr aktive »illegale« Zelle, sodass bereits vor 1938 während des Verbots der NSDAP der Anteil der NSDAP-Mitglieder rund 20% betrug. 1942 waren 60 von 123 aktiven Musikern Mitglieder der NSDAP geworden. In den letzten Jahren wurde das Thema ›Wiener Philharmoniker im Nationalsozialismus‹ verstärkt aufgearbeitet. Seit April 2011 hat Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb neues Material zu den NS-Opfern und Exilanten der Wiener Philharmoniker zusammengetragen. Auf Initiative des damaligen Vorstands der Wiener Philharmoniker, Prof. Dr. Clemens Hellsberg, wurde eine unabhängige Historikergruppe beauftragt, die ihre Forschungsergebnisse auch für die Website der Wiener Philharmoniker aufbereitet hat (www.wienerphilharmoniker.at). Die Moderne Ära Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte das Orchester seine 1933 begonnene Linie fort und band alle bedeutenden Dirigenten an sich. Einen besonderen Stellenwert in der Orchester geschichte nach 1945 nimmt die erneute Zusammenarbeit mit Wilhelm Furtwängler ein, der die Wiener Philharmoniker zwischen 1947 und 1954 besonders prägte. Große Bedeutung haben auch die beiden Ehrendirigenten Karl Böhm und Herbert von Karajan sowie Ehrenmitglied Leonard Bernstein. Zu den weiteren Dirigenten, die das Orchester in jüngerer Zeit leiteten, gehören so namhafte Künstler wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim, Pierre Boulez, Christoph Eschenbach, Sir John Eliot Gardiner, Daniele Gatti, Carlo Maria Giulini, Daniel Harding, Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons, Carlos Kleiber, Lorin Maazel, Zubin Mehta, Ingo Metzmacher, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Georges Prêtre, Sir Simon Rattle, Sir Georg Solti, Christian Thielemann und Franz Welser-Möst. 17 Die Wiener Philharmoniker haben zahlreiche Schallplatten-, CDund DVD-Aufnahmen vorgelegt, darunter u. a. sämtliche Beethoven-Sinfonien mit Christian Thielemann, die Sinfonien von Schubert und Schumann mit Riccardo Muti, Bruckners Sinfonie Nr. 8 sowie Mahlers Sinfonien Nr. 2, 3 und 6 mit Pierre Boulez und Bruckners Sinfonie Nr. 9 mit Nikolaus Harnoncourt, die Klavierkonzerte von Chopin mit Lang Lang und Zubin Mehta, alle Beethoven-Klavierkonzerte mit Rudolf Buchbinder, die Violinkonzerte von Brahms und Berg mit Renaud Capuçon sowie von Brahms und Korngold mit Nikolai Znaider, Musorgskijs Bilder einer Ausstellung mit Valery Gergiev und Strauss’ Eine Alpensinfonie und die Rosenkavalier-Suite mit Christian Thielemann, ferner Mozarts Da-Ponte-Opern, Strauss’ Arabella, Die Frau ohne Schatten, Elektra, Salome und Ariadne auf Naxos, Wagners Ring des Nibelungen (mit Sir Georg Solti) und Alban Bergs Lulu (Salzburger Festspiele 2011). Die zahlreichen Schallplatten- und Filmaufnahmen, Konzertreisen in alle Welt und Gastspiele bei den bedeutendsten Festivals weisen die Wiener Philharmoniker als einen international bedeutenden, im modernen Musik-»Betrieb« agierenden Klangkörper aus. Dabei setzt das Orchester aber auch individuelle Akzente, etwa mit dem Neujahrskonzert, mit seiner dominierenden Rolle bei den Salzburger Festspielen oder mit den WienerPhilharmoniker-Zyklen in New York, Japan und Köln bzw. mit dem Euro-Zyklus (je zwei bis drei Abonnementkonzerte in London und Paris). Eine lange Tradition und ein bis heute hochrangiges gesellschaftliches Ereignis im Musikleben der Stadt Wien ist der seit 1924 (mit Unterbrechungen) jährlich stattfindende Ball der Wiener Philharmoniker im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Große Bedeutung haben für die Wiener Philharmoniker nicht zuletzt die Bereiche Musikvermittlung und Nachwuchsförderung. Unter dem Titel »passwort:klassik« bieten die Philharmoniker Workshops, Probenbesuche und Konzerte für Schüler sowie Lehrerworkshops an. Mit der Angelika Prokopp Sommerakademie, der Patronanz beim Internationalen Orchesterinstitut Attergau (in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wiener Klangstil der Universität für Musik Wien), internationalen Meisterkursen und ihrer 18 Patenschaft für das Musikgymnasium Wien übernehmen die Wiener Philharmoniker wichtige Aufgaben in der Förderung des musikalischen Nachwuchses. Die Wiener Philharmoniker wurden 2005 zu Goodwill Botschaftern der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ernannt. Für ihre künstlerischen Leistungen erhielten sie zahlreiche Preise, Schallplatten in Gold und Platin, nationale Auszeichnungen sowie die Ehrenmitgliedschaft vieler kultureller Institutionen. In der Kölner Philharmonie sind die Wiener Philharmoniker mit ihrem »Köln-Zyklus« seit vielen Jahren regelmäßig zu Gast. Zuletzt spielten sie bei uns im Oktober 2015 unter der Leitung von Herbert Blomstedt. In der kommenden Spielzeit werden die Wiener Philharmoniker am 21. Dezember 2016 ein weiteres Mal bei uns zu Gast sein, dann unter der Leitung von Daniel Barenboim. 19 Die Mitglieder der Wiener Philharmoniker Konzertmeister Rainer Küchl Rainer Honeck Volkhard Steude Albena Danailova Viola Heinrich Koll Tobias Lea Christian Frohn Wolf-Dieter Rath Robert Bauerstatter Gerhard Marschner Mario Karwan Martin Lemberg Elmar Landerer Innokenti Grabko Michael Strasser Ursula Ruppe Thilo Fechner Thomas Hajek Daniela Ivanova Sebastian Führlinger Tilman Kühn * Violine I Hubert Kroisamer Josef Hell Jun Keller Daniel Froschauer Maxim Brilinsky Eckhard Seifert Erich Schagerl Martin Kubik Milan Šetena Martin Zalodek Kirill Kobantschenko Wilfried Hedenborg Johannes Tomböck Pavel Kuzmichev Isabelle Ballot Andreas Großbauer Olesya Kurylyak Thomas Küblböck Alina Pinchas Alexandr Sorokow * Violoncello Tamás Varga Robert Nagy Péter Somodari * Raphael Flieder Csaba Bornemisza Gerhard Iberer Wolfgang Härtel Eckart Schwarz-Schulz Stefan Gartmayer Ursula Wex Sebastian Bru Edison Pashko Bernhard Hedenborg David Pennetzdorfer * Violine II Raimund Lissy Tibor Kovác Christoph Koncz Gerald Schubert Helmut Zehetner Patricia Koll George Fritthum René Staar Alexander Steinberger Harald Krumpöck Michal Kostka Benedict Lea Marian Lesko Johannes Kostner Martin Klimek Jewgenij Andrusenko Shkëlzen Doli Dominik Hellsberg Holger Groh Adela Frasineanu * Benjamin Morrison * Kontrabass Herbert Mayr Christoph Wimmer Ödön Rácz Jerzy (Jurek) Dybal Iztok Hrastnik Alexander Matschinegg Michael Bladerer Bartosz Sikorski Jan-Georg Leser Jędrzej Górski Filip Waldmann Elias Mai 20 Trompete Martin Mühlfellner Stefan Haimel Jürgen Pöchhacker Hans Peter Schuh Reinhold Ambros Gotthard Eder Harfe Charlotte Balzereit Anneleen Lenaerts Flöte Dieter Flury Walter Auer Karl-Heinz Schütz Günter Federsel Wolfgang Breinschmid Karin Bonelli Posaune Dietmar Küblböck Wolfgang Strasser * Mark Gaal Johann Ströcker Oboe Martin Gabriel Clemens Horak Harald Hörth Alexander Öhlberger Wolfgang Plank Herbert Maderthaner Tuba Paul Halwax Christoph Gigler Schlagzeug Anton Mittermayr Erwin Falk Klaus Zauner Oliver Madas Benjamin Schmidinger Thomas Lechner Klarinette Ernst Ottensamer Matthias Schorn Daniel Ottensamer Norbert Täubl Johann Hindler Andreas Wieser Fagott Štěpán Turnovský Harald Müller Michael Werba Wolfgang Koblitz Benedikt Dinkhauser Die mit * Sternchen gekennzeichneten Musiker sind bestätigte Mitglieder des Orchesters der Wiener Staatsoper, die noch nicht dem Verein der Wiener Philharmoniker angehören. Horn Ronald Janezic Manuel Huber Josef Reif Sebastian Mayr Wolfgang Lintner Jan Janković Wolfgang Vladár Thomas Jöbstl Wolfgang Tomböck Lars Michael Stransky 21 Friedrich Pfeiffer Josef Pomberger Kurt Prihoda Helmuth Puffler Reinhard Repp Werner Resel Franz Söllner Milan Sagat Herbert Schmid Rudolf Schmidinger Peter Schmidl Wolfgang Schuster Günter Seifert Reinhold Siegl Walter Singer Helmut Skalar Anton Straka Gerhard Turetschek Martin Unger Peter Wächter Hans Wolfgang Weihs Helmut Weis Alfred Welt Ewald Winkler Dietmar Zeman Im Ruhestand Volker Altmann Roland Baar Franz Bartolomey Walter Barylli Georg Bedry Roland Berger Bernhard Biberauer Walter Blovsky Gottfried Boisits Wolfgang Brand Reinhard Dürrer Rudolf Degen Alfons Egger Fritz Faltl Johann Fischer Jörgen Fog Gerhard Formanek Herbert Frühauf Wolfram Görner Peter Götzel Dietfried Gürtler Wolfgang Gürtler Heinz Hanke Bruno Hartl Richard Heintzinger Josef Hell Clemens Hellsberg Wolfgang Herzer Werner Hink Günter Högner Roland Horvath Josef Hummel Willibald Janezic Karl Jeitler Rudolf Josel Erich Kaufmann Gerhard Kaufmann Harald Kautzky Ferdinand Kosak Burkhard Kräutler Edward Kudlak Manfred Kuhn Walter Lehmayer Anna Lelkes Gerhard Libensky Erhard Litschauer Günter Lorenz Gabriel Madas Herbert Manhart William McElheney Horst Münster Rudolf J. Nekvasil Meinhart Niedermayr Hans Novak Hans P. Ochsenhofer Reinhard Öhlberger Ortwin Ottmaier Peter Pecha 22 Yannick Nézet-Séguin Yannick Nézet-Séguin, in Montreal geboren, studierte Klavier, Dirigieren, Komposition und Kammermusik am Konservatorium in Montreal sowie Chorleitung am Westminster Choir College in Princeton, New Jersey. Anschließend setzte er seine Ausbildung bei einigen namhaften Dirigenten fort, vor allem bei Carlo Maria Giulini. Yannick Nézet-Séguin ist Music Director des Philadelphia Orchestra und des Rotterdams Philharmonisch Orkest. Seit dem Jahr 2000 Chefdirigent des Orchestre Métropolitain in Montreal, hat er in seiner Heimat Kanada daneben alle großen Ensembles dirigiert. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn weiterhin auch mit dem London Philharmonic Orchestra, bei dem er von 2008 bis 2014 Erster Gastdirigent war. Darüber hinaus arbeitete er in Europa mit Klangkörpern wie der Sächsischen Staatskapelle Dresden, den Berliner Philharmonikern, der Staatskapelle Berlin, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, den Wiener Philharmonikern, dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia, dem Royal Stockholm Philharmonic und dem Chamber Orchestra of Europe. Nach seinem Debüt bei den BBC Proms mit dem Scottish Chamber Orchestra im Jahr 2009 dirigierte er dort im darauffolgenden Jahr und zuletzt 2013 das Rotterdams Philharmonisch Orkest. Zudem folgte er Einladungen zu den Festivals in Edinburgh, San Sebastián, Santander und Grafenegg sowie zum Lanaudiere Festival, zum Bravo! Vail Music Festival, zum Saratoga Festival und zum Festival Mostly Mozart. Als Operndirigent gab Yannick Nézet-Séguin 2008 mit einer Neuproduktion von Roméo et Juliette sein Debüt bei den Salzburger Festspielen, bei denen er 2010 und 2011 den Don Giovanni dirigierte. Engagements führten ihn auch regelmäßig an die Metropolitan Opera, wo er u. a. Rusalka, La Traviata, Faust und Don Carlo dirigierte. Darüber hinaus leitete er Roméo et Juliette am Teatro alla Scala, Rusalka am Royal Opera House Covent Garden sowie Die Sache Makropulos, Turandot und Don Carlo an De Nationale 23 Opera in Amsterdam. 2011 begann er eine größere MozartOpern-Serie am Festspielhaus Baden-Baden, wo er zuletzt Die Entführung aus dem Serail dirigierte. Mit der Spielzeit 2013/2014 begann seine Zeit als Artist-in-Residence am Konzerthaus Dortmund, wo er in der darauffolgenden Saison mit dem Philadelphia Orchestra, dem London Philharmonic und dem Chamber Orchestra of Europe zu erleben war. In der vergangenen Saison unternahm Yannick Nézet-Séguin eine Nordamerika-Tournee mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest und eine Europatournee mit dem Philadelphia Orchestra. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks leitete er in zwei separaten Projekten. Die aktuelle Spielzeit begann Yannick Nézet-Séguin an der Metropolitan Opera mit einer OtelloProduktion. Zu den weiteren Höhepunkten dieser Saison gehören Elektra an der Opéra de Montréal sowie Konzerte mit dem London Symphony Orchestra in der Royal Festival Hall, mit dem Philadelphia Orchestra, dem Rotterdams Philharmonisch Orkest, den Wiener Philharmonikern, den Berliner Philharmonikern, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und – bei den Salzburger Festspielen – mit dem Chamber Orchestra of Europe. Yannick Nézet-Séguin hat zahlreiche Aufnahmen eingespielt. Zuletzt erweiterte er seine umfangreiche Diskographie um Einspielungen aller Schumann-Sinfonien und Così fan tutte mit dem Chamber Orchestra of Europe, Le Sacre du printemps und Variationen von Rachmaninow mit Daniil Trifonov und dem Philadelphia Orchestra sowie um eine CD mit Werken von Tschaikowsky mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest und Lisa Batiashvili. Yannick Nézet-Séguin wurde mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. 2012 wurde er zum Companion of the Order of Canada ernannt, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen des Landes. Weitere Ehrungen sind der Royal Philharmonic Society Award, der kanadische National Arts Centre Award, der von der Regierung Quebecs verliehene Prix Denise-Pelletier, die höchste an Künstler vergebene Auszeichnung, wie auch die Ehrendoktorwürden der Université du Québec à Montréal, des Curtis Institute of Music in Philadelphia und des Westminster Choir College der 24 Rider University. 2016 wurde er von Musical America zum Artist of the Year gewählt. In der Kölner Philharmonie war Yannick Nézet-Séguin zuletzt im Juni 2015 mit dem Chamber Orchestra of Europe zu Gast und er wird bereits im Oktober erneut bei uns zu erleben sein, dann mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest. 25 KölnMusik-Vorschau Ihr nächstes Abonnement-Konzert Juni Mi 21 Dezember 20:00 MI 15 Wiener Philharmoniker Daniel Barenboim Dirigent 20:00 Bedřich Smetana Má Vlast (Mein Vaterland) (1875 – 80) Zyklus sinfonischer Dichtungen für Orchester Håkan Hardenberger Trompete Mahler Chamber Orchestra Daniel Harding Dirigent Ludwig van Beethoven Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur zu op. 72 Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 KölnMusik gemeinsam mit der Westdeutschen Konzertdirektion Köln Mark-Anthony Turnage Håkan für Trompete und Orchester Deutsche Erstaufführung Edgard Varèse Intégrales für kleines Orchester und Schlagzeug Zu den namhaften Komponisten, die Håkan Hardenbergers Können auf eine neue Stufe katapultiert haben, gehört der Engländer Mark-Anthony Turnage. Nach dem Trompetenkonzert »From the Wreckage«, bei dem Hardenberger 2005 auch mit Jazz flirten durfte, kommt nun Turnages zweites konzertantes Trompeten-Opus zur deutschen Erstaufführung – dirigiert vom Turnage-Fan Daniel Harding. Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V. 19:00 Einführung in das Konzert durch Oliver Binder Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI. Klassiker! 6 Porträt Håkan Hardenberger 3 26 Foto: Rolf Franke Montag 20. Juni 2016 20:00 Hannah Morrison Sopran Joseph Middleton Klavier Lieder von Robert Schumann, Richard Strauss, Camille Saint-Saëns, Ernest Chausson, Roger Quilter, Francis Poulenc u. a. Die viersprachig aufgewachsene Britin Hannah Morrison wurde von Sir John Eliot Gardiner entdeckt und trat 2013 zum ersten Mal, mit Gardiner am Pult, in der Kölner Philharmonie auf. Zum 400. Todestag William Shakespeares stellt Morrison in ihrem Liederabend mit Joseph Middleton am Klavier Vertonungen Shakespear’scher Werke unterschiedlichster Komponisten und in verschiedenen Sprachen vor. Philharmonie-Hotline 0221 280 280 koelner-philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie! Kulturpartner der Kölner Philharmonie Herausgeber: KölnMusik GmbH Louwrens Langevoort Intendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH Postfach 102163, 50461 Köln koelner-philharmonie.de Redaktion: Sebastian Loelgen Corporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbH Textnachweis: Der Text von Monika Lichtenfeld ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Fotonachweise: Marco Borggreve S. 23; Terry Linke S. 12 Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH Foto: Klaus Rudolph Gustav Mahler Sinfonie Nr. 3 d-Moll Bernard Haitink Dirigent Kölner Domchor Chor des Bayerischen Rundfunks Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Gerhild Romberger Alt Gefördert durch koelner-philharmonie.de 0221 280 280 Sonntag 19.06.2016 20:00
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