PDF - Kölner Philharmonie

Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2
Wiener Philharmoniker
Yannick Nézet-Séguin
Samstag
11. Juni 2016
20:00
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Köln-Zyklus der Wiener Philharmoniker 2
Wiener Philharmoniker
Yannick Nézet-Séguin Dirigent
Samstag
11. Juni 2016
20:00
Keine Pause
Ende gegen 21:15
KölnMusik gemeinsam mit der
Westdeutschen Konzertdirektion Köln
PROGRAMM
Anton Webern 1883 – 1945
Passacaglia op. 1 (1908)
für Orchester
Anton Bruckner 1824 – 1896
Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109 (1887 – 96)
Feierlich. Misterioso. Moderato
Scherzo. Bewegt lebhaft – Trio. Schnell
Adagio. Langsam, feierlich
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ZU DEN WERKEN
Am Schnittpunkt der Moderne
Als das neunzehnte Jahrhundert sich neigte und das zwanzigste
sich erhob, fielen in Europa Zeiten- und Kunstwende in eins. Die
»Moderne« bildete sich heraus und das »Fin de Siècle« geriet
in Metropolen wie Paris, Berlin oder Wien zur eigenen Epoche.
Die Komponisten der Avantgarde erschlossen die Bereiche einer
erweiterten, ein verbindliches tonales Zentrum hinter sich lassenden Harmonik. Das Tor zu diesen Räumen, durch Komponisten wie Hector Berlioz oder Franz Liszt bereits geöffnet, hatte
Richard Wagner in seiner Oper Tristan und Isolde weit, vehement
und endgültig aufgestoßen. Einige seiner musikalischen Erben
– die gleichzeitig auch die Erben seines Antipoden Brahms
waren! – fanden in der so genannten »Zweiten Wiener Schule«
rund um Arnold Schönberg zusammen. »Wien um 1900« wurde
zu einer Chiffre für die malende, literarische und klingende
Moderne. Hier bündelten sich viele ihrer Fäden, liefen zusammen
und wieder auseinander. Ein kräftiger Faden, der sich in dieses
Zukunftsgewebe hinein flocht, war das Werk von Anton Bruckner (1824 – 1896), von dem Nikolaus Harnoncourt einst so trefflich
sagte, er wäre »unerwartet und erschreckend in das Musikleben«
gefallen. Als Bruckner über der weit gediehenen Abschlussarbeit
des vierten Satzes seiner neunten, kühne harmonische Visionen
aufreißenden Sinfonie in d-Moll starb, waren es nur noch knappe
vier Jahre bis zur Jahrhundertwende. Vier Jahre nach ihr begann
Anton Webern (1883 – 1945) sein Studium bei Arnold Schönberg.
In dessen letztem Jahr komponierte er 1908 mit der Passacaglia
jenes Werk, dem er das Sigel seines offiziellen Opus 1 verlieh.
Das Webernsche Paradox
Insgesamt nahm Anton Webern nur einunddreißig seiner konzisen Kompositionen in den von ihm mit Opuszahlen versehenen Werkkanon auf. An einem möglichen Opus 32 arbeitete er
wohl noch, bevor er nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs im
salzburgischen Ort Mittersill am 15. September 1945 von einem
amerikanischen Soldaten versehentlich erschossen wurde. Der
nicht zuletzt wegen seines – ab dem Ende der 1920er Jahre
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konsequent zwölftönigen – Schaffens von den Nationalsozialisten verfemte Komponist als tragisches Opfer der Alliierten?
Kurz vor der Kapitulation Hitlerdeutschlands hatte der seit Langem in einer prekären wirtschaftlichen Situation sich befindende
Webern die Flucht vom Wiener Stadtrand in das inneralpine und
noch unversehrte Mittersill angetreten. Dorthin hatten sich auch
seine Tochter Christine und ihr Mann Benno Mattel zurückgezogen – ein veritabler Nazi, der nun auf dem Schwarzmarkt gute
Geschäfte zu machen wusste. Als man diesen seines illegalen
Handels überführte, war Webern gerade zum Abendessen geladen. Er trat, um zu rauchen, im Dunklen aus einem Nebeneingang des Hauses, überraschte damit offenbar einen seinen straffälligen Schwiegersohn abpassenden GI und provozierte so die
tödlichen Schüsse.
Leider verbanden Anton Webern, dessen Werke im »Deutschen
Reich« als »kulturbolschewistisch« gebrandmarkt nicht aufgeführt werden durften, mit dem Nationalsozialismus am Ende
mehr als nur familiäre Strukturen. Er selbst – dessen Kunstverständnis so diametral jenem des Regimes gegenüberstand,
der Arbeiter-Sinfonie-Konzerte und einen Arbeiter-Singverein
geleitet hatte, der alles andere als ein Antisemit war – traf sich
absurderweise in einem entschieden elitären, deutschnationalen Selbstverständnis zunehmend mit den Absichten des Regimes, äußerte sich bewundernd über Hitler und zeigte sich von
der Sache des Krieges durchaus überzeugt. »Verschiedenes«, so
konstatiert Stefan Amzoll, »fällt bei Webern paradox auseinander.« Sein nachdrücklich wieder zum jüdischen Glauben zurückgekehrter Lehrer Arnold Schönberg äußerte sich im amerikanischen Exil besorgt über die ihm zugetragene Gesinnung seines
Adepten und Freundes. Von Schönberg hatte Webern Mitte der
1920er Jahre dessen »Methode der Komposition mit zwölf nur
aufeinander bezogenen Tönen« übernommen, mit der man die
mittlerweile selbst als zu frei empfundene Tonalität wieder einzuhegen bestrebt war.
Schönberg war von Webern über lange Jahre eine fast schon
religiöse Verehrung entgegengebracht worden: »Ich glaube die
Jünger Christi können nicht mehr mit ihrem Herrn gefühlt haben,
wie wir mit Ihnen«, heißt es in einem Brief vom 11. August 1911.
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Und am 9. Juni 1912 finden sich die Worte: »Dieses unser Verhältnis zu Dir, als unsern Führer, Leiter hat etwas tief beseligendes
für mich.« Unter Schönbergs Anleitung hatte der Anfangs- und
Mittzwanziger Webern seine entscheidenden kompositorischen
Impulse erhalten. Zu dieser Zeit war die angehende »Wiener
Schule« mitunter noch erfüllt vom spätromantischen Duktus und
Duft eines überfeinerten Ästhetizismus. Dergestalt ist Weberns
zum Ende seiner offiziellen Studienzeit bei Schönberg entstandenes Opus 1 stilistisch noch stark im luxurierend ausklingenden
19. Jahrhundert verwurzelt. Mit den Versuchen, in dieser Passacaglia eine Vorwegnahme der Reihentechnik nachzuweisen, wollte
man im Gesamtwerk des späteren Schirmherrn des Serialismus
ein bruchloses Ganzes konstruieren. Das verführerische Trugbild
einer solchen Präfiguration gründet in der einer Passacaglia aber
naturgemäß zugrunde liegenden Bass-Ostinato-Reihe. Im Hinblick auf Weberns Werk macht das vor allem deutlich, wie sehr
Tradition und Fortschritt stets ineinander verzahnt sind.
Altes, dem Neues entwächst
Der schreitende Charakter einer solchen signifikanten Basslinie
verweist auf den Ursprung des Wortes, der im Spanischen »pasar
una calle« (durch die Straße gehen) liegt. Im 17. Jahrhundert war
diese Bezeichnung zunächst auf Spielarten des Gitarrenlieds,
dann auf eine Ritornell-Funktion in Tänzen und Liedern gemünzt.
Schließlich meinte sie jene musikalische Form, in der über einer
stets sich wiederholenden (ostinaten) Bassmelodie Reihen von
Variationen gebildet werden. Mit der Klassik geriet die Passacaglia aus der Mode und erlangte erst – beispielsweise in der vierten Sinfonie von Johannes Brahms – in der Spätromantik wieder Bedeutung. Dass sich die Komponisten der »Zweiten Wiener
Schule« dieser »altehrwürdigen« Anlagen annahmen, mag wohl
auch deren Bedürfnis nach festen Formen in dem von ihnen vorangetriebenen Prozess des Auseinanderdriftens widerspiegeln.
Anton Webern war mit den zahlreichen historischen Konzepten aufs Innigste vertraut. Er hatte als Dissertation den zweiten
Band der Choralis Constantinus des niederländischen Polyfonisten Heinrich Isaac herausgegeben und würdigte im Vorwort den
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Renaissancekünstler: »Dem Ideale, die einzelnen Stimmen als
selbstständige, höchst individuelle Wesen hinzustellen, weiht
Heinrich Isaac alle Künste des Kontrapunkts, und aus diesem
Ideale ergeben sich die Kühnheiten seiner Satzweise.«
Die Kunst der Alten Meister sollte zeitlebens Weberns musikalisches Fundament bilden. Seine frühe Passacaglia ließ er, Bachs
Vorbild folgend, mit der alleinigen Vorstellung der Bassreihe
beginnen. Die acht Töne sind allerdings entgegen der Konvention im Zweier- statt im Dreiertakt notiert und durch Pausen voneinander abgetrennt. Sie werden von den Streichern pizzicato
und piano pianissimo präsentiert. Dann setzt, als erste von insgesamt dreiundzwanzig achttaktigen Variationen, eine von der
Flöte zart geführte Gegenstimme ein. Mit dem Hauptthema und
dem Gegenthema sind, wie Webern selbst schrieb, »die beiden
Grundgestalten des Stückes gegeben. Alles was folgt ist von
diesen abgeleitet.« Die verschiedenen Gestalten, die sich aus
dem Gegenthema ableiten, setzen auch entferntere Variationsabschnitte zueinander in Verbindung. In ihren Ableitungen tritt
das Gegenthema in den Vordergrund, während die OstinatoReihe zunehmend im Hintergrund ihre Wirkung entfaltet. Eine
durchführungsartige Coda beschließt das trotz seiner übersteigerten Chromatik noch im Tonalen verwurzelte, immer wieder
in expressiven Steigerungswellen sich ereignende Stück. Nach
seiner Uraufführung am 4. November 1908 im Goldenen Saal des
Wiener Musikvereins urteilte die Musikhistorikerin Elsa Bienenfeld: »Die Komposition, durch Merkwürdigkeiten der Zusammenklänge und deren Fortführung überraschend, überzeugt aber
dennoch durch die Tiefe der Stimmungen. Es erscheint nichts
zufällig, nichts aus Originalitätssucht herbeigezerrt, am allerwenigsten etwas konventionell nachgeahmt. Die Stimmungen sind
empfunden, die Klänge gehört.«
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Der Mythos vom Ende
Nachdem der neunzehnjährige Anton Webern am 11. Februar 1903
der postumen, von Ferdinand Löwe dirigierten Wiener Uraufführung von Anton Bruckners neunter Sinfonie beigewohnt hatte,
schrieb er an seinen Cousin Ernst Diez: »Das Werk ist dem ›lieben Gott‹ gewidmet. Mit dem Adagio nahm Bruckner Abschied
von der Welt – und wirklich wenn Du so recht schön zuhörst,
bildest Du Dir ein, am Schluss des Adagios, der wunderbar mild
und verklärt ist, zu sehen, wie der liebe Mann, immer weiter und
höher in den Himmel hinaufsteigt, bis sich ihm mit dem letzten,
leisesten, lang, lang ausgehaltenen E dur Accord der Tuben […]
und Hörner der Himmel erschließt – – – – – Es kann kaum was
schöneres geben als dieses Adagio.« Dass der junge Webern mit
keinem Wort die harmonischen Kühnheiten des Werks erwähnte,
mochte daran liegen, dass Löwe für diesen Anlass etliche von
Bruckners Schroffheiten und Dissonanzen in der Partitur geglättet hatte. Erst 1932 sollte in München eine Aufführung des originalen, »unerhörten« Materials erfolgen.
In Weberns verklärenden Worten spiegelt sich auch eine lange
gepflegte Legende wider. Die Widmung »an den lieben Gott«,
die durch seinen behandelnden Arzt überliefert ist (von eigener
Hand liegt dafür kein Zeugnis vor), scheint angesichts Bruckners
streng katholisch geprägter Frömmigkeit durchaus authentisch
zu sein. Aber den dritten Satz (Adagio) der Neunten hatte Bruckner bereits gut zwei Jahre vor seinem Tod vollendet. Zwar verschlechterte sich während dieser Zeit sein Gesundheitszustand
und Bruckner fasste sein Testament ab. Doch seine letzten beiden Lebensjahre war er mit der weit gedeihenden Komposition
des ausladenden vierten Satzes beschäftigt. Dessen endgültige
Fertigstellung war Bruckner nicht mehr gegönnt. Doch das nach
seinem Tod fragmentierte und verstreute, heute jedoch wieder
weitgehend zusammengetragene umfangreiche Material des
Autografs zeigt deutlich, dass Bruckner diesen Finalsatz und
nicht das gerne mystifizierte Adagio als Abschluss seines Opus
summum gedacht hatte.
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Der lange Anmarsch
Als Anton Bruckner über der Vollendung seiner neunten Sinfonie starb, war er eine hochgeehrte, angesehene, mitunter auch
bestaunte Persönlichkeit. Trotz seiner immer wieder zur Schau
gestellten Unsicherheit hatte er sich beharrlich einen ersten
Platz im Wiener Musikleben erobert. Als Sohn eines Dorfschullehrers (und damit auch Kirchenmusikers) im oberösterreichischen Ansfelden geboren, wurde er schon früh von seinem Vater
in musikalischen Fertigkeiten unterwiesen und versuchte sich
schon mit gut zehn Jahren an ersten Kompositionen. Bruckner
wurde Schüler im Chorherrenstift St. Florian bei Linz, dem kulturellen Mittelpunkt der Region. Er war stolz auf seine Leistungen.
Ihre verbrieften Nachweise sollten ihm zeitlebens wichtig sein,
auch als Legitimationsmittel für seine künstlerische Existenz.
Zunächst trat er in die Fußstapfen des Vaters und ließ sich zum
Lehrer ausbilden. Darüber hinaus etablierte er sich als Orgelvirtuose ersten Ranges. Die Klangsymptomatik dieses Instruments übertrug er später auf die eigene Kompositionskunst. Im
Jahr 1855 begann er sein Studium beim Harmonielehre-»Papst«
Simon Sechter in Wien. 1868, mit 44 Jahren, zog er ganz in die
Habsburgermetropole.
Bruckner sammelte regelrecht Positionen, Titel und Ehrungen
– fast um sich seiner selbst zu versichern. Künstlerische Vervollkommnung und sozialer Aufstieg galten ihm als eins. Das
Zentrum seines Schaffens bildet neben einigen gewichtigen
geistlichen Werken vor allem der Kosmos seiner neun Sinfonien,
deren erste (zur Zählung von ihm zugelassene) in den Jahren
1865/66 entstand, als Bruckner bereits das vierzigste Lebensjahr überschritten hatte. Verstanden wurden seine sinfonischen
Monumente zunächst kaum. Waren in der Regel bisher zwei Themen zur Durchführung gelangt, vollführte Bruckner nun mit drei
Themen eine vielschichtige, beständig fortschreitende Metamorphose. Im Gegensatz aber zu dem von ihm bewunderten Werk
Richard Wagners ist den Kompositionen Bruckners das Unmerkliche in der »Kunst des Übergangs« fremd. Der Wechsel von Themen erfolgt ähnlich unvermittelt wie jener der Klangfarben. Wie
als Organist zog Bruckner auch als Komponist die »Register« im
Orchester.
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Von der Mischung aus ehrfürchtiger Verbeugung vor der Tradition und gleichzeitig absoluter Radikalität im musikalischen
Denken waren die Zeitgenossen oft überfordert.
»Mein Lebensberuf«
Anton Bruckner bezeichnete sich im fortgeschrittenen Alter von
67 Jahren selbst ausdrücklich als »Symphoniker«, »weil darin
stets mein Lebensberuf bestand«. Dafür, so schrieb er auch,
»habe ich mein Leben eingesetzt, u auch meine Auszeichnungen
erhalten.« Er hatte es sich wahrlich nicht leicht gemacht, um dieses Ziel zu erreichen. Mehr als sein halbes Dasein befand er sich
im Anmarsch auf diese musikalische Großform. Als er ihr Terrain endlich gewonnen hatte, war die Arbeit daran weiterhin von
unentwegten Skrupeln begleitet. Eine nach der ersten Sinfonie
vollständig fertig komponierte zweite Sinfonie in d-Moll annullierte Bruckner später mit dem Vermerk »Diese Sinfonie ist ganz
ungiltig. (Nur ein Versuch)«. Von den neun »gültigen« Sinfonien
existieren, nach unterschiedlich bedingten Umarbeitungen, zum
Teil verschiedene Fassungen. Wenn Bruckner danach trachtete
oder sich von Freunden und Kollegen dazu drängen ließ, einzelne
Werke weiterzuentwickeln und »fasslicher« zu gestalten, wurden
davon die jeweils vorangegangenen Versionen nicht unbedingt
zurückgenommen. Revisionen der achten, dritten und ersten
beschäftigten ihn noch ausführlich, nachdem er am 21. September 1887 mit der Arbeit an der neunten Sinfonie begonnen hatte.
Zu diesem Zeitpunkt war Anton Bruckner 63 Jahre alt und der
Tod stand ihm noch lange nicht vor Augen, sondern sollte ihm
erst am 11. Oktober 1896 die Feder aus der Hand nehmen.
Neun Jahre also arbeitete Anton Bruckner an seiner viersätzigen
neunten Sinfonie. Von Anfang an wohnt man gleichsam ihrem
Entstehen bei: Der erste Satz (Feierlich. Misterioso) hebt gleichsam aus dem Nichts an. Auch in der Folge wird die Grundtonart d-Moll nirgendwo endgültig manifest. Nur Stück für Stück
erweitert sich der Tonraum und das musikalische Material. Die
musikalische Gestalt wird immer mächtiger und nimmt mitunter fast apokalyptische Züge an. Und doch erstaunt bei aller
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raumgreifenden Klangfülle immer wieder ein filigraner, luzider
Aufbau. Der zweite Satz weist Bruckner als einen der radikalsten
Sinfoniker seines Jahrhunderts aus. Gespenstisch irrlichternd
eilt dieses Scherzo heran und bricht durch seine stampfenden
Rhythmen und Sekund-Dissonanzen erschreckend mit der tänzerischen Heiterkeit dieser Satztradition. Dem 20. Jahrhundert
sind die Türen geöffnet, die den Blick freigeben auf die zukünftigen Werke beispielsweise Gustav Mahlers oder Igor Strawinskys.
Der letzte vollendete, dritte Satz (Adagio) ist in seiner Gesamtheit harmonisch weit davon entfernt, einem Klischee von Verklärung zu entsprechen. Zwar bildet er immer wieder Keimzellen
der Verklärung aus, wird sich ihr aber erst am Ende zuneigen. Bis
zu dieser Schlusswendung leuchten vor allem der Schmerz und
die Melancholie, der sich machtvoll behauptende Triumph und
abermals der apokalyptische Schrecken, der Klang wird in einer
durchdringenden Dissonanz ohne Auflösung. Dass man diesen
Satz durchaus als eine Art Glaubenszeugnis – vielleicht nicht
angesichts, aber doch im Bewusstsein des Todes – begreifen
kann, legt das musikalische Material nahe: Bruckner stimmt in
diesem Satz eine Art Choral an, er zitiert das Miserere-(Erbarmedich)-Motiv aus seiner d-Moll-Messe und paraphrasiert das so
genannte »Dresdner Amen«, das auch der von ihm so verehrte
Richard Wagner in seinem Bühnenweihfestspiel Parsifal verwendet hatte. Die verklärende Coda dieses Adagios schließt diese
Sinfonie nicht ab.
Der vierte Satz (Finale) war von Bruckner als großer Lobpreis
Gottes gedacht, und als solcher auch nahezu fertiggestellt. Die
bis zum heutigen Tag wieder zusammengetragenen Teile des
Autografs umfassen ganze, voll instrumentierte Partiturseiten,
deutliche Satzverlaufsskizzen und weite Teile des Particells. Nur
für sehr wenige Takte ist tatsächlich gar keine Musik Bruckners
mehr erhalten. Selbst in fragmenthafter Wiedergabe offenbarte
sich in diesem Finalsatz ein ausgereifter, mit seinem Choral vielleicht als Gebet gedachter Abschluss eines sinfonischen Werkes,
eines Lebenswerkes, eines Lebens. Die erhaltenen Skizzen der
Coda bezeugen, dass Bruckner hier alle wichtigen Themen der
fünften, siebten und achten Sinfonie, sowie der ersten drei Sätze
der neunten Sinfonie noch einmal zusammenführen wollte.
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Die immer noch vorhandenen Lücken im überlieferten Material
machen es nicht einfach, diesen Satz ohne Vervollständigungsversuche nahtlos zur Aufführung zu bringen, weshalb auch am
heutigen Abend das Werk gleichsam »offen« mit dem Adagio ausklingt. Wer sich einen Eindruck des eigentlichen Finales und damit des möglichen vollständigen Werks verschaffen
möchte, dem sei entweder die Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle (2012, mit dem in jahrelanger
Gemeinschaftsarbeit von Nicola Samale, John A. Phillips, Benjamin-Gunnar Cohrs und Giuseppe Mazzuca vervollständigten
Satz) oder jene mit den Wiener Philharmonikern unter Nikolaus
Harnoncourt (2002, ausschließlich mit der aus Bruckners Hand
überlieferten Musik) empfohlen.
Oliver Binder
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BIOGRAPHIEN
Wiener Philharmoniker
Kaum ein anderer Klangkörper wird enger mit der Geschichte
und Tradition der europäischen Musik in Verbindung gebracht
als die Wiener Philharmoniker. Im Laufe ihres 174-jährigen Bestehens prägten die Mitglieder dieses in der »Hauptstadt der Musik«
beheimateten Ensembles die europäische Musikgeschichte maßgeblich. Herausragende musikalische Persönlichkeiten waren
bzw. sind dem Orchester verbunden. So beschrieb Richard Wagner das Orchester als eines der allervorzüglichsten der Welt und
Anton Bruckner nannte es »den höchsten Kunstverein in der
Musik«. Johannes Brahms bezeichnete sich als »Freund und
Verehrer« des Orchesters, Gustav Mahler fühlte sich »durch das
Band der Kunst« mit ihm verbunden, und Richard Strauss fasste
zusammen: »Die Philharmoniker preisen heißt Geigen nach Wien
tragen«.
Der Beginn
Bis zum ersten Philharmonischen Konzert am 28. März 1842 besaß
die Stadt der nach ihr benannten »Wiener Klassiker« – Haydn,
Mozart und Beethoven – kein aus Berufsmusikern bestehendes
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Konzertorchester. Für Aufführungen sinfonischer Werke wurden
jeweils nach Bedarf eigene Ensembles zusammengestellt. Nur an
den Theatern gab es Orchester, die ausschließlich aus Berufsmusikern bestanden. Der naheliegende Gedanke, mit einem dieser
Klangkörper zu konzertieren, wurde bereits Ende des 18. Jahrhunderts realisiert: Wolfgang Amadeus Mozart verpflichtete 1785
das Orchester des Wiener Hofburg-Theaters für einen Zyklus von
sechs Konzerten, und auch Ludwig van Beethoven engagierte
dieses Ensemble für seine Akademie vom 2. April 1800, in deren
Rahmen er seine erste Sinfonie zur Uraufführung brachte. Bei der
Uraufführung seiner Neunten am 24. Mai 1824 spielte hingegen
das vom Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde und der
Hofmusikkapelle verstärkte Hofopernorchester.
Ehe dieses Ensemble, das größte und beste Wiens, selbst als Veranstalter klassischer Sinfoniekonzerte auftrat, bedurfte es aber
noch eines aus heutiger Sicht bemerkenswerten »Umweges«:
Der bayerische Komponist und Dirigent Franz Lachner, seit 1830
als Kapellmeister am Hofoperntheater tätig, brachte in den Zwischenakten der Ballettvorstellungen Sinfonien Beethovens zur
Aufführung. Von diesen Experimenten bis zur unternehmerischen
Initiative des Opernorchesters war es nur ein kleiner Schritt, welcher erstmals im Januar 1833 unter Lachners Leitung vollzogen
wurde; der von ihm gegründete »Künstler-Verein« löste sich
jedoch aufgrund struktureller Mängel nach vier Veranstaltungen
wieder auf.
Die Geburtsstunde: Otto Nicolai
1841 wurde Otto Nicolai (1810 – 1849) als Kapellmeister an das
Kärntertortheater berufen. Er griff die Idee Lachners auf und
dirigierte am 28. März 1842 im Großen Redoutensaal ein »Großes Concert«, das vom »Sämmtlichen Orchester-Personal des
k.k. Hof-Operntheaters« veranstaltet wurde. Diese »Philharmonische Academie«, so der ursprüngliche Titel, gilt mit Recht als die
Geburtsstunde des Orchesters, weil erstmals alle Prinzipien der
bis heute gültigen »Philharmonischen Idee« verwirklicht wurden:
nur ein im Orchester der Wiener Staatsoper (früher: Hofoper)
engagierter Musiker kann Mitglied der Wiener Philharmoniker
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werden; es besteht künstlerische, organisatorische und finanzielle Eigenverantwortlichkeit; alle Entscheidungen werden von
der Hauptversammlung der aktiven Mitglieder auf demokratische Weise getroffen; die eigentliche Verwaltungsarbeit wird von
einem demokratisch gewählten Ausschuss, dem zwölfköpfigen
Komitee, durchgeführt.
Noch vor den politischen Ereignissen des Jahres 1848 wurde mit
Hilfe eines revolutionär neuen Modells – demokratische Selbstbestimmung und unternehmerische Initiative einer Orchestergemeinschaft – die Basis für den Fortbestand des Orchesters und
die künstlerische Bedeutung des Orchesters geschaffen. Freilich
war dies erst ein Anfang. Es bedurfte schwerer Rückschläge und
leidvoller Erfahrungen, ehe die Musikervereinigung zu tatsächlicher Stabilität gelangte.
Die Philharmonischen Abonnementkonzerte
Als Nicolai 1847 Wien für immer verließ, brach das junge Unternehmen beinahe zusammen, fehlte ihm doch nun nicht nur der
künstlerische, sondern auch der administrative Leiter. Nach zwölf
Jahren der Stagnation brachte schließlich eine grundlegende
Neueinführung die ersehnte Wende: Am 15. Januar 1860 fand
im Kärntnertortheater das erste von vier Abonnementkonzerten unter der Leitung des damaligen Operndirektors Carl Eckert
(1820 – 1879) statt. Seither bestehen die »Philharmonischen Konzerte« ohne Unterbrechung.
Otto Dessoff (Abonnementdirigent 1862 – 1875)
Unter der Führung Otto Dessoffs (1835 – 1892) wurde das Repertoire konsequent ausgebaut, wichtige organisatorische Grundlagen (Notenarchiv, Geschäftsordnung) geschaffen und ein drittes
Mal das Konzertlokal gewechselt: Mit Beginn der Saison 1870/71
übersiedelte man in den Goldenen Saal des Musikvereinsgebäudes in Wien, der seither die ideale Wirkungsstätte der Wiener Philharmoniker ist und durch seine akustischen Qualitäten
Klangstil und Spielweise des Ensembles beeinflusste.
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Die »Goldene Ära«: Hans Richter (Abonnementdirigent 1875 – 1898)
Es gibt in der Geschichte der Wiener Philharmoniker keinen
Dirigenten, der das Orchester so nachhaltig prägte wie Hans
Richter (1843 – 1916), der legendäre Dirigent der Bayreuther
Uraufführung von Richard Wagners Tetralogie Der Ring des
Nibelungen. Richter leitete die Philharmoniker in mindestens
243 Konzerten und stand dem Unternehmen – mit einjähriger
Unterbrechung – von 1875 bis 1898 vor. Mit Hans Richter gelang
die endgültige Etablierung als Orchester von Weltruf und unvergleichlicher Tradition. Dazu trugen auch Begegnungen u. a. mit
Richard Wagner, Giuseppe Verdi, Anton Bruckner, Johannes
Brahms und Franz Liszt bei, die als Dirigenten bzw. Solisten mit
den Wiener Philharmonikern konzertierten. In der »Goldenen
Ära« Richters wurden die zweite und dritte Sinfonie von Johannes Brahms, die vierte und achte Sinfonie von Anton Bruckner sowie das Violinkonzert von Peter Iljitsch Tschaikowsky
uraufgeführt.
Der Anfang des 20. Jahrhunderts
Von 1898 bis 1901 war Gustav Mahler (1860 – 1911) Abonnement­
dirigent der Wiener Philharmoniker, in deren Zyklus er die Uraufführungen von Anton Bruckners sechster Sinfonie und Antonín
Dvořáks sinfonischer Dichtung Heldenlied dirigierte. Unter seiner
Leitung trat das Ensemble im Jahr 1900 anlässlich der Pariser
Weltausstellung erstmals im Ausland auf. Das Verhältnis zwischen Mahler und dem Orchester war von künstlerischen Höhepunkten ebenso geprägt wie von schweren Auseinandersetzungen, klang aber in Versöhnung aus.
1901 übernahm Joseph Hellmesberger jun. (1855 – 1907) für zwei
Jahre die Leitung der Abonnementkonzerte. Nach dem Rücktritt
des begabten Komponisten (der bis dahin elf Mal im Programm
eines Neujahrskonzerts vertreten war) erprobten die Philharmoniker, die sich 1908 als behördlich genehmigter Verein konstituierten, das heute praktizierte Gastdirigentensystem, wählten aber
ab der Saison 1908/09 Felix von Weingartner (1863 – 1942) zum
Abonnementdirigenten. In seiner 19 Jahre dauernden Ära setzte
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die eigentliche Reisetätigkeit des Orchesters ein, das 1922 erstmals Europa verließ und in Südamerika gastierte.
Zwischen 1906 und 1944 spielten die Wiener Philharmoniker 85
Konzerte sowie zahlreiche Opernvorstellungen in Wien und Salzburg unter der Leitung von Richard Strauss (1864 – 1949). Diese
Beziehung stellt einen Höhepunkt in der Geschichte des Ensembles dar und wurde von Strauss 1942 anlässlich der 100-JahrFeier der Wiener Philharmoniker folgendermaßen beschrieben:
Ich möchte mein Lob heute nur in zwei kurze Sätze fassen: ›Nur
wer die Wiener Philharmoniker dirigiert hat, weiß, was sie – sind!‹
Doch das bleibt unser eigenstes Geheimniß! Ihr versteht mich
schon: hier – wie am Pult!«
Einen weiteren Höhepunkt bildete die Zusammenarbeit mit
Arturo Toscanini (1867 – 1957), der in den Jahren 1933 bis 1937
unverrückbare Maßstäbe setzte, sowie mit Wilhelm Furtwängler
(1886 – 1954), der von 1927 bis 1930 Dirigent der Abonnementkonzerte war. Ihm folgte in dieser Position von 1930 bis 1933 Clemens
Krauss als letzter Dirigent im Abonnementdirigentensystem (seither laden die Wiener Philharmoniker Gastdirigenten ein). Zwischen 1933 und 1945 wiederum war Wilhelm Furtwängler prägender Dirigent des Orchesters.
Die Wiener Philharmoniker in der NS-Zeit (1938 bis 1945)
1938 griff auf brutalste Weise die Politik ins philharmonische
Geschehen ein: Die Nationalsozialisten entließen fristlos alle
jüdischen Künstler aus dem Dienst der Staatsoper und lösten
den Verein Wiener Philharmoniker auf. Lediglich die Intervention Wilhelm Furtwänglers und anderer Personen bewirkte die
Annullierung des Auflösungsbescheides und rettete bis auf zwei
die als »Halbjuden« und »Versippte« Stigmatisierten vor Entlassung aus dem Staatsopernorchester. Fünf Orchester-Kollegen
verstarben trotz Intervention des neuen NS-Vorstandes, der sie
vor der Deportation retten wollte, an den Folgen der KZ-Haft
oder wurden ermordet. Weitere zwei Musiker kamen in Wien als
direkte Folge von versuchter Deportation oder Verfolgung ums
Leben. Insgesamt neun Kollegen wurden ins Exil vertrieben. Die
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elf verbliebenen Orchestermitglieder, die mit Jüdinnen verheiratet waren oder als »Halbjuden« stigmatisiert wurden, lebten
unter der ständigen Bedrohung des Widerrufs dieser »Sondergenehmigung«. Doch auch im Orchester selbst gab es bereits eine
im Rahmen der Nationalsozialistischen Betriebsorganisation
Staatsoper (NSBO) sehr aktive »illegale« Zelle, sodass bereits vor
1938 während des Verbots der NSDAP der Anteil der NSDAP-Mitglieder rund 20% betrug. 1942 waren 60 von 123 aktiven Musikern
Mitglieder der NSDAP geworden.
In den letzten Jahren wurde das Thema ›Wiener Philharmoniker im Nationalsozialismus‹ verstärkt aufgearbeitet. Seit April
2011 hat Univ.-Prof. Dr. Dr. Oliver Rathkolb neues Material zu den
NS-Opfern und Exilanten der Wiener Philharmoniker zusammengetragen. Auf Initiative des damaligen Vorstands der Wiener
Philharmoniker, Prof. Dr. Clemens Hellsberg, wurde eine unabhängige Historikergruppe beauftragt, die ihre Forschungsergebnisse auch für die Website der Wiener Philharmoniker aufbereitet hat (www.wienerphilharmoniker.at).
Die Moderne Ära
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs setzte das Orchester seine
1933 begonnene Linie fort und band alle bedeutenden Dirigenten an sich. Einen besonderen Stellenwert in der Orchester­
geschichte nach 1945 nimmt die erneute Zusammenarbeit mit
Wilhelm Furtwängler ein, der die Wiener Philharmoniker zwischen 1947 und 1954 besonders prägte. Große Bedeutung haben
auch die beiden Ehrendirigenten Karl Böhm und Herbert von
Karajan sowie Ehrenmitglied Leonard Bernstein. Zu den weiteren
Dirigenten, die das Orchester in jüngerer Zeit leiteten, gehören
so namhafte Künstler wie Claudio Abbado, Daniel Barenboim,
Pierre Boulez, Christoph Eschenbach, Sir John Eliot Gardiner,
Daniele Gatti, Carlo Maria Giulini, Daniel Harding, Nikolaus Harnoncourt, Mariss Jansons, Carlos Kleiber, Lorin Maazel, Zubin
Mehta, Ingo Metzmacher, Riccardo Muti, Seiji Ozawa, Georges
Prêtre, Sir Simon Rattle, Sir Georg Solti, Christian Thielemann
und Franz Welser-Möst.
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Die Wiener Philharmoniker haben zahlreiche Schallplatten-, CDund DVD-Aufnahmen vorgelegt, darunter u. a. sämtliche Beethoven-Sinfonien mit Christian Thielemann, die Sinfonien von Schubert und Schumann mit Riccardo Muti, Bruckners Sinfonie Nr. 8
sowie Mahlers Sinfonien Nr. 2, 3 und 6 mit Pierre Boulez und
Bruckners Sinfonie Nr. 9 mit Nikolaus Harnoncourt, die Klavierkonzerte von Chopin mit Lang Lang und Zubin Mehta, alle Beethoven-Klavierkonzerte mit Rudolf Buchbinder, die Violinkonzerte
von Brahms und Berg mit Renaud Capuçon sowie von Brahms
und Korngold mit Nikolai Znaider, Musorgskijs Bilder einer Ausstellung mit Valery Gergiev und Strauss’ Eine Alpensinfonie und
die Rosenkavalier-Suite mit Christian Thielemann, ferner Mozarts
Da-Ponte-Opern, Strauss’ Arabella, Die Frau ohne Schatten, Elektra, Salome und Ariadne auf Naxos, Wagners Ring des Nibelungen
(mit Sir Georg Solti) und Alban Bergs Lulu (Salzburger Festspiele
2011).
Die zahlreichen Schallplatten- und Filmaufnahmen, Konzertreisen in alle Welt und Gastspiele bei den bedeutendsten Festivals weisen die Wiener Philharmoniker als einen international
bedeutenden, im modernen Musik-»Betrieb« agierenden Klangkörper aus. Dabei setzt das Orchester aber auch individuelle
Akzente, etwa mit dem Neujahrskonzert, mit seiner dominierenden Rolle bei den Salzburger Festspielen oder mit den WienerPhilharmoniker-Zyklen in New York, Japan und Köln bzw. mit
dem Euro-Zyklus (je zwei bis drei Abonnementkonzerte in London und Paris). Eine lange Tradition und ein bis heute hochrangiges gesellschaftliches Ereignis im Musikleben der Stadt Wien
ist der seit 1924 (mit Unterbrechungen) jährlich stattfindende
Ball der Wiener Philharmoniker im Goldenen Saal des Wiener
Musikvereins.
Große Bedeutung haben für die Wiener Philharmoniker nicht
zuletzt die Bereiche Musikvermittlung und Nachwuchsförderung.
Unter dem Titel »passwort:klassik« bieten die Philharmoniker
Workshops, Probenbesuche und Konzerte für Schüler sowie Lehrerworkshops an. Mit der Angelika Prokopp Sommerakademie,
der Patronanz beim Internationalen Orchesterinstitut Attergau (in
Zusammenarbeit mit dem Institut für Wiener Klangstil der Universität für Musik Wien), internationalen Meisterkursen und ihrer
18
Patenschaft für das Musikgymnasium Wien übernehmen die
Wiener Philharmoniker wichtige Aufgaben in der Förderung des
musikalischen Nachwuchses.
Die Wiener Philharmoniker wurden 2005 zu Goodwill Botschaftern der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ernannt. Für ihre
künstlerischen Leistungen erhielten sie zahlreiche Preise, Schallplatten in Gold und Platin, nationale Auszeichnungen sowie die
Ehrenmitgliedschaft vieler kultureller Institutionen.
In der Kölner Philharmonie sind die Wiener Philharmoniker mit
ihrem »Köln-Zyklus« seit vielen Jahren regelmäßig zu Gast.
Zuletzt spielten sie bei uns im Oktober 2015 unter der Leitung von
Herbert Blomstedt.
In der kommenden Spielzeit werden die Wiener Philharmoniker am 21. Dezember 2016 ein weiteres Mal bei uns zu Gast sein,
dann unter der Leitung von Daniel Barenboim.
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Die Mitglieder der
Wiener Philharmoniker
Konzertmeister
Rainer Küchl
Rainer Honeck
Volkhard Steude
Albena Danailova
Viola
Heinrich Koll
Tobias Lea
Christian Frohn
Wolf-Dieter Rath
Robert Bauerstatter
Gerhard Marschner
Mario Karwan
Martin Lemberg
Elmar Landerer
Innokenti Grabko
Michael Strasser
Ursula Ruppe
Thilo Fechner
Thomas Hajek
Daniela Ivanova
Sebastian Führlinger
Tilman Kühn *
Violine I
Hubert Kroisamer
Josef Hell
Jun Keller
Daniel Froschauer
Maxim Brilinsky
Eckhard Seifert
Erich Schagerl
Martin Kubik
Milan Šetena
Martin Zalodek
Kirill Kobantschenko
Wilfried Hedenborg
Johannes Tomböck
Pavel Kuzmichev
Isabelle Ballot
Andreas Großbauer
Olesya Kurylyak
Thomas Küblböck
Alina Pinchas
Alexandr Sorokow *
Violoncello
Tamás Varga
Robert Nagy
Péter Somodari *
Raphael Flieder
Csaba Bornemisza
Gerhard Iberer
Wolfgang Härtel
Eckart Schwarz-Schulz
Stefan Gartmayer
Ursula Wex
Sebastian Bru
Edison Pashko
Bernhard Hedenborg
David Pennetzdorfer *
Violine II
Raimund Lissy
Tibor Kovác
Christoph Koncz
Gerald Schubert
Helmut Zehetner
Patricia Koll
George Fritthum
René Staar
Alexander Steinberger
Harald Krumpöck
Michal Kostka
Benedict Lea
Marian Lesko
Johannes Kostner
Martin Klimek
Jewgenij Andrusenko
Shkëlzen Doli
Dominik Hellsberg
Holger Groh
Adela Frasineanu *
Benjamin Morrison *
Kontrabass
Herbert Mayr
Christoph Wimmer
Ödön Rácz
Jerzy (Jurek) Dybal
Iztok Hrastnik
Alexander Matschinegg
Michael Bladerer
Bartosz Sikorski
Jan-Georg Leser
Jędrzej Górski
Filip Waldmann
Elias Mai
20
Trompete
Martin Mühlfellner
Stefan Haimel
Jürgen Pöchhacker
Hans Peter Schuh
Reinhold Ambros
Gotthard Eder
Harfe
Charlotte Balzereit
Anneleen Lenaerts
Flöte
Dieter Flury
Walter Auer
Karl-Heinz Schütz
Günter Federsel
Wolfgang Breinschmid
Karin Bonelli
Posaune
Dietmar Küblböck
Wolfgang Strasser *
Mark Gaal
Johann Ströcker
Oboe
Martin Gabriel
Clemens Horak
Harald Hörth
Alexander Öhlberger
Wolfgang Plank
Herbert Maderthaner
Tuba
Paul Halwax
Christoph Gigler
Schlagzeug
Anton Mittermayr
Erwin Falk
Klaus Zauner
Oliver Madas
Benjamin Schmidinger
Thomas Lechner
Klarinette
Ernst Ottensamer
Matthias Schorn
Daniel Ottensamer
Norbert Täubl
Johann Hindler
Andreas Wieser
Fagott
Štěpán Turnovský
Harald Müller
Michael Werba
Wolfgang Koblitz
Benedikt Dinkhauser
Die mit * Sternchen gekennzeichneten
Musiker sind bestätigte Mitglieder des
Orchesters der Wiener Staatsoper,
die noch nicht dem Verein der Wiener
Philharmoniker angehören.
Horn
Ronald Janezic
Manuel Huber
Josef Reif
Sebastian Mayr
Wolfgang Lintner
Jan Janković
Wolfgang Vladár
Thomas Jöbstl
Wolfgang Tomböck
Lars Michael Stransky
21
Friedrich Pfeiffer
Josef Pomberger
Kurt Prihoda
Helmuth Puffler
Reinhard Repp
Werner Resel
Franz Söllner
Milan Sagat
Herbert Schmid
Rudolf Schmidinger
Peter Schmidl
Wolfgang Schuster
Günter Seifert
Reinhold Siegl
Walter Singer
Helmut Skalar
Anton Straka
Gerhard Turetschek
Martin Unger
Peter Wächter
Hans Wolfgang Weihs
Helmut Weis
Alfred Welt
Ewald Winkler
Dietmar Zeman
Im Ruhestand
Volker Altmann
Roland Baar
Franz Bartolomey
Walter Barylli
Georg Bedry
Roland Berger
Bernhard Biberauer
Walter Blovsky
Gottfried Boisits
Wolfgang Brand
Reinhard Dürrer
Rudolf Degen
Alfons Egger
Fritz Faltl
Johann Fischer
Jörgen Fog
Gerhard Formanek
Herbert Frühauf
Wolfram Görner
Peter Götzel
Dietfried Gürtler
Wolfgang Gürtler
Heinz Hanke
Bruno Hartl
Richard Heintzinger
Josef Hell
Clemens Hellsberg
Wolfgang Herzer
Werner Hink
Günter Högner
Roland Horvath
Josef Hummel
Willibald Janezic
Karl Jeitler
Rudolf Josel
Erich Kaufmann
Gerhard Kaufmann
Harald Kautzky
Ferdinand Kosak
Burkhard Kräutler
Edward Kudlak
Manfred Kuhn
Walter Lehmayer
Anna Lelkes
Gerhard Libensky
Erhard Litschauer
Günter Lorenz
Gabriel Madas
Herbert Manhart
William McElheney
Horst Münster
Rudolf J. Nekvasil
Meinhart Niedermayr
Hans Novak
Hans P. Ochsenhofer
Reinhard Öhlberger
Ortwin Ottmaier
Peter Pecha
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Yannick Nézet-Séguin
Yannick Nézet-Séguin, in Montreal
geboren, studierte Klavier, Dirigieren, Komposition und Kammermusik am Konservatorium in Montreal
sowie Chorleitung am Westminster
Choir College in Princeton, New Jersey.
Anschließend setzte er seine Ausbildung bei einigen namhaften Dirigenten
fort, vor allem bei Carlo Maria Giulini.
Yannick Nézet-Séguin ist Music Director des Philadelphia Orchestra und des
Rotterdams Philharmonisch Orkest. Seit dem Jahr 2000 Chefdirigent des Orchestre Métropolitain in Montreal, hat er in seiner
Heimat Kanada daneben alle großen Ensembles dirigiert. Eine
enge Zusammenarbeit verbindet ihn weiterhin auch mit dem
London Philharmonic Orchestra, bei dem er von 2008 bis 2014
Erster Gastdirigent war. Darüber hinaus arbeitete er in Europa mit
Klangkörpern wie der Sächsischen Staatskapelle Dresden, den
Berliner Philharmonikern, der Staatskapelle Berlin, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, den Wiener Philharmonikern, dem Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa
Cecilia, dem Royal Stockholm Philharmonic und dem Chamber
Orchestra of Europe. Nach seinem Debüt bei den BBC Proms
mit dem Scottish Chamber Orchestra im Jahr 2009 dirigierte er
dort im darauffolgenden Jahr und zuletzt 2013 das Rotterdams
Philharmonisch Orkest. Zudem folgte er Einladungen zu den Festivals in Edinburgh, San Sebastián, Santander und Grafenegg
sowie zum Lanaudiere Festival, zum Bravo! Vail Music Festival,
zum Saratoga Festival und zum Festival Mostly Mozart.
Als Operndirigent gab Yannick Nézet-Séguin 2008 mit einer Neuproduktion von Roméo et Juliette sein Debüt bei den Salzburger
Festspielen, bei denen er 2010 und 2011 den Don Giovanni dirigierte. Engagements führten ihn auch regelmäßig an die Metropolitan Opera, wo er u. a. Rusalka, La Traviata, Faust und Don Carlo
dirigierte. Darüber hinaus leitete er Roméo et Juliette am Teatro
alla Scala, Rusalka am Royal Opera House Covent Garden sowie
Die Sache Makropulos, Turandot und Don Carlo an De Nationale
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Opera in Amsterdam. 2011 begann er eine größere MozartOpern-Serie am Festspielhaus Baden-Baden, wo er zuletzt
Die Entführung aus dem Serail dirigierte.
Mit der Spielzeit 2013/2014 begann seine Zeit als Artist-in-Residence am Konzerthaus Dortmund, wo er in der darauffolgenden
Saison mit dem Philadelphia Orchestra, dem London Philharmonic und dem Chamber Orchestra of Europe zu erleben war.
In der vergangenen Saison unternahm Yannick Nézet-Séguin
eine Nordamerika-Tournee mit dem Rotterdams Philharmonisch
Orkest und eine Europatournee mit dem Philadelphia Orchestra.
Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks leitete er
in zwei separaten Projekten. Die aktuelle Spielzeit begann Yannick Nézet-Séguin an der Metropolitan Opera mit einer OtelloProduktion. Zu den weiteren Höhepunkten dieser Saison gehören Elektra an der Opéra de Montréal sowie Konzerte mit dem
London Symphony Orchestra in der Royal Festival Hall, mit dem
Philadelphia Orchestra, dem Rotterdams Philharmonisch Orkest,
den Wiener Philharmonikern, den Berliner Philharmonikern, dem
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und – bei den
Salzburger Festspielen – mit dem Chamber Orchestra of Europe.
Yannick Nézet-Séguin hat zahlreiche Aufnahmen eingespielt.
Zuletzt erweiterte er seine umfangreiche Diskographie um Einspielungen aller Schumann-Sinfonien und Così fan tutte mit dem
Chamber Orchestra of Europe, Le Sacre du printemps und Variationen von Rachmaninow mit Daniil Trifonov und dem Philadelphia Orchestra sowie um eine CD mit Werken von Tschaikowsky
mit dem Rotterdams Philharmonisch Orkest und Lisa Batiashvili.
Yannick Nézet-Séguin wurde mit zahlreichen Preisen und Ehrungen ausgezeichnet. 2012 wurde er zum Companion of the Order of
Canada ernannt, eine der höchsten zivilen Auszeichnungen des
Landes. Weitere Ehrungen sind der Royal Philharmonic Society
Award, der kanadische National Arts Centre Award, der von der
Regierung Quebecs verliehene Prix Denise-Pelletier, die höchste
an Künstler vergebene Auszeichnung, wie auch die Ehrendoktorwürden der Université du Québec à Montréal, des Curtis Institute
of Music in Philadelphia und des Westminster Choir College der
24
Rider University. 2016 wurde er von Musical America zum Artist of
the Year gewählt.
In der Kölner Philharmonie war Yannick Nézet-Séguin zuletzt im
Juni 2015 mit dem Chamber Orchestra of Europe zu Gast und er
wird bereits im Oktober erneut bei uns zu erleben sein, dann mit
dem Rotterdams Philharmonisch Orkest.
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KölnMusik-Vorschau
Ihr nächstes
Abonnement-Konzert
Juni
Mi
21
Dezember
20:00
MI
15
Wiener Philharmoniker
Daniel Barenboim Dirigent
20:00
Bedřich Smetana
Má Vlast (Mein Vaterland) (1875 – 80)
Zyklus sinfonischer Dichtungen für
Orchester
Håkan Hardenberger Trompete
Mahler Chamber Orchestra
Daniel Harding Dirigent
Ludwig van Beethoven
Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur
zu op. 72
Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60
KölnMusik gemeinsam mit der
Westdeutschen Konzertdirektion Köln
Mark-Anthony Turnage
Håkan
für Trompete und Orchester
Deutsche Erstaufführung
Edgard Varèse
Intégrales
für kleines Orchester und Schlagzeug
Zu den namhaften Komponisten, die
Håkan Hardenbergers Können auf eine
neue Stufe katapultiert haben, gehört
der Engländer Mark-Anthony Turnage.
Nach dem Trompetenkonzert »From
the Wreckage«, bei dem Hardenberger
2005 auch mit Jazz flirten durfte, kommt
nun Turnages zweites konzertantes
Trompeten-Opus zur deutschen Erstaufführung – dirigiert vom Turnage-Fan
Daniel Harding.
Gefördert durch das
Kuratorium KölnMusik e. V.
19:00 Einführung in das Konzert
durch Oliver Binder
Dieses Konzert wird auch live auf
philharmonie.tv übertragen. Der
Livestream wird unterstützt durch JTI.
Klassiker! 6
Porträt Håkan Hardenberger 3
26
Foto: Rolf Franke
Montag
20. Juni 2016
20:00
Hannah Morrison Sopran
Joseph Middleton Klavier
Lieder von Robert Schumann, Richard Strauss,
Camille Saint-Saëns, Ernest Chausson, Roger
Quilter, Francis Poulenc u. a.
Die viersprachig aufgewachsene Britin Hannah
Morrison wurde von Sir John Eliot Gardiner entdeckt und trat 2013 zum ersten Mal, mit Gardiner
am Pult, in der Kölner Philharmonie auf. Zum
400. Todestag William Shakespeares stellt Morrison in ihrem Liederabend mit Joseph Middleton am Klavier Vertonungen Shakespear’scher
Werke unterschiedlichster Komponisten und in
verschiedenen Sprachen vor.
Philharmonie-Hotline 0221 280 280
­koelner-­philharmonie.de
Informationen & Tickets zu allen Konzerten
in der Kölner ­Philharmonie!
Kulturpartner der Kölner Philharmonie
Herausgeber: KölnMusik GmbH
Louwrens Langevoort
Intendant der Kölner Philharmonie
und Geschäftsführer der
KölnMusik GmbH
Postfach 102163, 50461 Köln
­koelner-­philharmonie.de
Redaktion: Sebastian Loelgen
Corporate Design: hauser lacour
kommunikationsgestaltung GmbH
Textnachweis: Der Text von Monika
­Lichtenfeld ist ein Original­­­beitrag für
dieses Heft.
Fotonachweise: Marco Borggreve S. 23;
Terry Linke S. 12
Gesamtherstellung:
adHOC ­Printproduktion GmbH
Foto: Klaus Rudolph
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 3 d-Moll
Bernard
Haitink
Dirigent
Kölner Domchor
Chor des Bayerischen Rundfunks
Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks
Gerhild Romberger Alt
Gefördert durch
koelner-philharmonie.de
0221 280 280
Sonntag
19.06.2016
20:00