Ausgabe Juni 2016

Strom- und Energiesteuer NEWS
Ausgabe Juni 2016
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in diesem Newsletter möchten wir Sie über die kürzlich in Kraft getretenen Änderungen
zur Stromsteuer- und zur Energiesteuerdurchführungsverordnung informieren. Zudem geben wir Ihnen einen weiteren Einblick in die aktuelle Diskussion bezüglich der Änderungen
des Strom- und Energiesteuergesetzes. Daneben befassen wir uns aus energiesteuerlicher
Sicht mit einem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 23. Mai
2016, in welchem dieses zu der Abgrenzung zwischen einer Berichtigungspflicht nach § 153
AO und einer Selbstanzeige nach § 371 AO Stellung genommen hat. Außerdem stellen wir
Ihnen zwei Gerichtsentscheidungen zu Leitungs- und Wärmeverlusten vor.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Gesetzesentwürfe zur Änderung des Stromsteuer- und
des Energiesteuergesetzes, der kürzlich in Kraft getretenen Transparenzvorschriften und
der Durchführungsverordnungen möchten wir Ihnen zudem die Gelegenheit geben, an einem weiteren Termin unserer Veranstaltungsreihe „Update Strom- und Energiesteuer –
Wir bringen Sie auf den neuesten Stand“ teilzunehmen.
Ein zusätzlicher Termin wird am 30. Juni 2016 in unserer Stuttgarter Niederlassung
stattfinden. Schwerpunkt dieser Veranstaltung wird u.a. der neue Gesetzentwurf sein. Wir
freuen uns ganz besonders, dass bei diesem Termin auch wieder Herr Friedrich K. Seewald
zu den aktuellen Entwicklungen Stellung nehmen wird.
Weitere Informationen zu den Inhalten der Veranstaltungen finden Sie am Ende dieses
Newsletters
und
über
das
PwC-Veranstaltungsportal
unter
www.pwcevent.com/Strom_Energiesteuer_Stuttgart. Wir würden uns freuen, Sie bei einer unserer
Veranstaltung begrüßen zu können.
Ihr PwC Energiesteuer-Team
Inhaltsverzeichnis
Aktuelle Entwicklungen bei der Strom- und Energiesteuer ..................................... 3 Bekanntmachung der geänderten Strom- und
Energiesteuerdurchführungsverordnungen (StromStV, EnergieStV) ... 3 Geplante Änderung des Strom- und Energiesteuergesetzes .................... 4 Erfordernis eines Tax-Compliance-Systems ............................................... 7 Aktuelle Rechtsprechung ......................................................................................................... 8 BFH verneint Stromsteuerentstehung für in einem Versorgungsnetz
entstandene Umspann- und Leitungsverluste ............................................ 8 Thüringer Finanzgericht bejaht Energiesteuerentlastung für die
Netzverluste eines Fernwärmenetzes ........................................................... 9 Bundesfinanzhof entscheidet über eine mögliche Verlängerung der
strengen Antragsfristen bei Entlastungsanträgen ................................... 10 Veranstaltungen ......................................................................................................................... 11 Zusatztermin: Update Strom- und Energiesteuer 2016 – Wir bringen
Sie auf den neuesten Stand .......................................................................... 11 Ihre Ansprechpartner .............................................................................................................. 12 Bestellung und Abbestellung ................................................................................................ 12 www.pwc.de/energiesteuer
Aktuelle Entwicklungen bei der Strom- und
Energiesteuer
Bekanntmachung der geänderten Strom- und Energiesteuerdurchführungsverordnungen (StromStV, EnergieStV)
In unseren Newslettern vom Februar und April 2016 haben wir bereits über den Entwurf
der neuen Strom- und EnergieStV des BMF vom Januar 2016 informiert. Am 17. Mai 2016
sind die Durchführungsverordnungen im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht worden und
damit am 18. Mai 2016 in Kraft getreten.
Die nunmehr in Kraft getretene Fassung der StromStV und der EnergieStV entspricht größtenteils dem Entwurf aus dem Januar. Entschärft wurde allerdings u.a. die geplante Konkretisierung des räumlichen Zusammenhangs i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG. Die wesentlichen Abweichungen im Vergleich zur Entwurfsfassung stellen wir Ihnen kurz vor:
Konkretisierung des räumlichen Zusammenhangs i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG
Überraschend sollte in der Entwurfsfassung von Januar 2016 der Begriff des räumlichen
Zusammenhangs i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG konkretisiert werden. Das BMF beabsichtigte ursprünglich, den räumlichen Zusammenhang auf unmittelbar anliegende Gebäude
und Grundstücke sowie „auf einem Stadt- oder Gemeindegebiet geografisch abgrenzbare
Gewerbe- und Wohngebiete, auf denen sich die Stromerzeugungseinheiten befinden“, zu
beschränken.
Diese sehr einschränkende und kaum praktikable Konkretisierung wurde in der in Kraft
getretenen Fassung durch eine konkrete Kilometerangabe ersetzt. Nach dem neuen § 12b
Abs. 5 StromStV umfasst der räumliche Zusammenhang „Entnahmestellen in einem Radius
von bis zu 4,5 Kilometern um die jeweilige Stromerzeugungseinheit.“ Anlagenbetreiber,
deren Entnahmestellen weiter entfernt sind, werden ab Inkrafttreten der Änderung hierfür
keine Steuerbefreiung mehr geltend machen können.
Rücklieferung des KWK-Stroms und Stromsteuerbefreiung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG
Die von uns in der vorherigen Ausgabe dieses Newsletters aufgegriffene Gefahr der Ausweitung des Ausschlusses der Stromsteuerbefreiung auf Betreiber von KWK-Anlagen hat sich
glücklicherweise vorerst nicht bestätigt. In der bekanntgegebenen Fassung ist die bisherige
Praxis der unschädlichen Rücklieferung des zuvor an einen Netzbetreiber geleisteten KWKStroms wieder ausdrücklich in § 12b Abs. 4 S. 2 StromStV enthalten.
Keine Einschränkung für Flugbenzin
Erfreulich ist auch, dass die in der Entwurfsfassung enthaltene Einschränkung der steuerfreien Verwendung von Energieerzeugnissen im Rahmen von Flügen für innerbetriebliche
Zwecke wieder gestrichen wurde.
EnSTransV ebenfalls bekannt gegeben
Neben den v.g. Durchführungsverordnungen ist auch die neue Verordnung zur Umsetzung
von Transparenzpflichten für das Energiesteuer- und das Stromsteuergesetz (EnSTransV)
bekannt gegeben worden, mit der bestimmte Vorgaben des Europäischen Beihilfenrechts
umgesetzt werden. Die Verordnung regelt eine neue Anzeige- bzw. Erklärungspflicht für
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Unternehmen, die eine beihilfenrechtlich relevante Steuerbefreiung, Steuerermäßigung oder Steuerentlastung in Anspruch nehmen. Im Vergleich zur Entwurfsfassung vom Januar
2016 haben sich hier keine wesentlichen Änderungen ergeben. Die sich aus dieser Verordnung ergebenden Verpflichtungen gelten ab dem 1. Juli 2016.
Geplante Änderung des Strom- und Energiesteuergesetzes
Wir hatten bereits in unserer Ausgabe vom 27. April 2016 den vom Bundesfinanzministerium am 26. April 2016 veröffentlichten Referentenentwurf zur Änderung des Strom- und
Energiesteuergesetzes vorgestellt. Zum Stand der aktuellen Diskussion möchten wir noch
einmal ergänzend auf einige der wichtigsten Änderungen näher eingehen.
Keine strom- und energiesteuerrechtlichen Begünstigungen bei gleichzeitiger Gewährung
anderer Betriebsbeihilfen
Nach den neu eingefügten § 2a StromStG-E und § 3b Absatz 1 EnergieStG-E sollen Steuerbefreiungen, Steuerentlastungen oder ein ermäßigter Steuersatz - wenn als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 107 AUEV anzusehen sind - nur noch gewährt noch werden,
wenn daneben keine weiteren „Betriebshilfen“ für dieselben „beihilfefähigen Kosten“ gewährt werden. Als Hintergrund dieser Vorschriften wird ein Doppelbegünstigungsverbot
genannt, welches aus beihilferechtlichen Gründen eine „Überförderung“ verhindern soll.
Gerade bei kleinen Stromerzeugungsanlagen stellen sich nun Abgrenzungsfragen, wenn
Betreiber neben einer EEG- oder KWK-Vergütung auch eine Energiesteuerentlastung für
die eingesetzten Energieerzeugnisse sowie eine Stromsteuerbefreiung für den erzeugten
Strom erhalten. Zukünftig wäre also in diesen Fällen zu prüfen, welche Begünstigungen als
Beihilfe anzusehen sind und ob diese noch parallel neben anderen Begünstigungen gewährt
werden können.
Vordergründig scheint das Gesetz einmal mehr auf Anlagen abzustellen, die nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert werden. Unter Berücksichtigung der jüngsten
europäischen Rechtsprechung zum EEG dürfte bei gleichzeitiger EEG-Förderung eine
Stromsteuerbefreiung, -entlastung oder –ermäßigung nach den v.g. Vorschriften zukünftig
ausgeschlossen sein.
Sicherheitshalber finden sich auch noch in anderen Gesetzesentwürfen - z.B. im Strommarktgesetz - Regelungen mit der gleichen Zielrichtung, die sich teils überlagern. Im
Strommarktgesetz soll u.a. rückwirkend zum 01.01.2016 eine Regelung aufgenommen werden, wonach die EEG-Begünstigung entfällt, wenn und soweit Anlagenbetreiber für den
Strom, eine Steuerbegünstigung nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 oder Nummer 3 des
Stromsteuergesetzes in Anspruch nehmen. Damit könnte rückwirkend die EEG-Vergütung
entfallen, wenn zeitgleich die Stromsteuerbefreiung in Anspruch genommen wurde.
Neu ist allerdings, dass durch den Gesetzentwurf auch hinsichtlich einer parallel gewährten
KWK-Förderung Einschränkungen der steuerlichen Begünstigung drohen könnten, wenn
das KWKG 2016 als Betriebsbeihilfe eingestuft wird, wofür vieles spricht. Auch verringerte
Netzumlagen oder vergleichbaren Strompreisbegünstigungen könnten zukünftig mit anderen Betriebsbeihilfen kollidieren und diese ausschließen. Selbst der ermäßigte Steuersatz
für den Energieeinsatz nach §§ 2 Abs. 3, 3 EnergieStG in motorischen Anlagen, der als
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Beihilfe anzusehen ist, wäre zukünftig gefährdet, wenn daneben weitere Betriebshilfen für
dieselben „beihilfefähigen Kosten“ gewährt werden.
Inwieweit die Besondere Ausgleichsregelung nach dem EEG für stromintensive Unternehmen, die ebenfalls von der EU-Kommission als Beihilfe angesehen wird, unter den v.g. Voraussetzungen neben anderen beihilferelevanten Steuerbegünstigungen (z.B. den Spitzenausgleich) gewährt werden kann, ist ebenfalls noch offen.
Auch Investitionsbeihilfen können Einfluss auf die Energiesteuer haben
Neben dem o.g. Verbot der parallelen Gewährung von „Betriebsbeihilfen“ soll darüber hinaus in § 53a EnergieStG-E für die Entlastung des Energieeinsatzes in KWK-Anlagen noch
ein Anrechnungsgebot für gewährte „Investitionsbeihilfen“ geregelt werden. Eine vollständige Energiesteuerentlastung für hocheffiziente KWK-Anlagen soll dann nur abzüglich darüber hinaus gewährter „Investitionsbeihilfen“ möglich sein.
Insoweit wird zukünftig bei der Gewährung von Steuerbegünstigungen zu prüfen sein, ob
neben steuerlichen Begünstigungen weitere Betriebs- oder Investitionsbeihilfen gewährt
werden, und welche Auswirkungen diese Gewährung für die steuerlichen Begünstigungen
hat. Es kann aber bereits jetzt unschwer vorhergesehen werden, dass diese Regelungen
massive wirtschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen werden.
„Verwender“ nur der unmittelbar Handelnde
Durch die neue Legaldefinition in §§ 3 Abs. 5, 53 Abs. 4, 53a Abs. 10 EnergieStG-E ist entlastungsberechtigter Verwender im Sinne des Gesetzes nur diejenige Person, die die Energieerzeugnisse zum Betrieb einer Anlage in ihr einsetzt. Die genannte Definition betrifft
Stromerzeugungs- und KWK-Anlagen und dürfte auf andere Verwendungen im Strom- und
Energiesteuergesetz nicht ohne weiteres übertragbar sein. Da bislang eine gesetzliche Definition des „Verwenders“ fehlte, ist diese Änderung grundsätzlich positiv zu werten, zumal
sich in jüngster Zeit Streitigkeiten mit der Zollverwaltung zum Begriff des Verwenders häufen.
Nach dem Wortlaut des Gesetzentwurfs wird im Einklang mit der höchstrichterlichen
Rechtsprechung auf die tatsächliche Handlung der Verwendung abgestellt, wodurch zukünftig regelmäßig der Betriebsführer als Verwender anzusehen ist. Allerdings bleibt unklar, ob nun jede Hilfsperson beim Einsatz der Energieerzeugnisse bereits eine Verwendung begründen kann. Das reine Abstellen auf das unmittelbare Tätigwerden in der Anlage
könnte auch zukünftig noch zu Abgrenzungsfragen führen, zumal viele Betriebsführer die
Anlagen streng weisungsgebunden führen. Auch dürfte es zukünftig in vielen Fällen zu einem Auseinanderfallen von nach dem Energiesteuerrecht antragsberechtigten Verwender
und EEG-umlageprivilegierten Betreiber kommen.
Faktische Aufhebung der Steuerentlastung für die thermische Abfall- und Abluftbehandlung
Die neue Definition in § 51 Abs. 1b EnergieStG-E erfordert, dass das eingesetzte Energieerzeugnis oder eines seiner Verbrennungsprodukte stofflich in das Endprodukt des jeweiligen
Herstellungsprozesses eingehen muss, und dass es „nicht durch ein anderes Energieerzeugnis ersetzbar ist“.
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Die Neuregelung dürfte dazu führen, dass die Verwendung von Energieerzeugnissen für
Zwecke der thermischen Abfall- und Abluftbehandlung faktisch nicht mehr unter die Begünstigungsnorm fällt. Betroffene Unternehmen müssten dann – soweit dies möglich ist –
auf parallele Entlastungsvorschriften ausweichen.
Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist diese gesetzliche Anpassung aufgrund der Entscheidungen des EuGH vom 2. Oktober 2o14 (C-426/12) und vom 17. Dezember 2015 (C529/14) geboten. Inwieweit diese Tatbestandsvoraussetzungen aber zwingend durch den
Europäischen Gerichtshofes vorgegeben wurden, kann bezweifelt werden. Zumindest ist zu
erkennen, dass es durchaus anerkannte Dual-Use-Prozesse gibt, in denen die Verbrennungsprodukte in das Endprodukt eingehen, bei denen aber sowohl Erdgas als auch Heizöl
o.ä. alternativ eingesetzt werden könnten.
Faktische Aufhebung der Stromsteuerbefreiung bei Kleinanlagen
Derzeit ist nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG Strom, der in Anlagen mit einer Nennleistung bis
zu 2 MW erzeugt wird, von der Stromsteuer befreit, wenn dieser entweder an Letztverbraucher geleistet wird, die den Strom im räumlichen Zusammenhang zu der Anlage entnehmen, oder wenn der Strom im räumlichen Zusammenhang zur Anlage vom Anlagenbetreiber zum Eigenverbrauch entnommen wird.
Die § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ersetzende Regelung des § 8d StromStG-E bewirkt eine erhebliche Verschärfung der Tatbestandsvoraussetzungen, mit der Folge, dass die Anzahl der
begünstigen Anlagen massiv eingeschränkt würde.
Zukünftig soll die Nennleistungsgrenze der Anlage von 2 MW auf 1 MW herabgesetzt werden, d.h. Betreiber von Anlagen zwischen 1 MW und 2 MW Nennleistung würden zukünftig
keine Stromsteuerbefreiung mehr erhalten. Weder Übergangsregelungen noch Vertrauensschutzregelungen sind geplant, so dass auch bestehende Anlagen hiervon betroffen sind.
Daneben muss der Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage verbraucht werden.
Die derzeit geltenden Grundsätze der BFH-Rechtsprechung (Urteile vom 20.04.2004 – VII
R 44/03, BFH/NV 2004, 1357 und VII R 54/03, BFH/NV 2004, 1607), die durch die am
18.05.2016 in Kraft getretene neue Stromsteuer-Durchführungsverordnung aktuell noch
bestätigt wurden, indem die Grenze des räumlichen Zusammenhangs auf einen Radius von
4,5 km begrenzt wurde (vgl. auch den vorstehenden Artikel), würden ab 2017 nicht mehr
gelten. Stattdessen wäre nur noch die „unmittelbare räumliche Nähe“ entscheidend, die
wesentlich enger auszulegen ist und sich an der gleichlautenden Regelung im EEG zum Eigenstromprivileg orientiert.
Zuletzt soll die Stromsteuerbefreiung für Kleinanlagen nach § 8d StromStG-E zukünftig
auch nur noch gewährt werden, wenn der in der Kleinanlage erzeugte Strom nicht in ein
Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird. Kaufmännisch-bilanzielle Einspeisungen werden zukünftig der tatsächlichen Einspeisung in ein Netz gleichgestellt.
Einschränkung der Steuerbefreiung für Grünstrom
§ 8e StromStG-E soll zukünftig die Steuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern (Wasserkraft, Wind, Sonne oder Erdwärme) regeln, die in § 2 Nr. 7 StromStG-E neu
definiert werden sollen. Bio-, Deponie und Klärgas unterfallen dann nicht mehr der Definition der erneuerbaren Energieträger, so dass für diese Anlagen keine Steuerbefreiung nach
§ 8e StromStG, sondern nur unter den Voraussetzungen des § 8d StromStG möglich wäre.
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Strom aus erneuerbaren Energieträgern soll auch nur bis zu 20 Megawattstunden pro Kalenderjahr und Anlagenbetreiber von der Steuer befreit sein und dies auch nur, wenn der
Strom in unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Anlage entnommen und nicht in ein Netz
für die allgemeine Versorgung mit Strom eingespeist wird. Auch hier ist die tatsächliche
Einspeisung der kaufmännisch-bilanziellen Einspeisung gleichgestellt.
Gerade Unternehmen, die keine Vergütung für den Strom erhalten, sondern den Strom vor
Ort selbst verbrauchen, wären zukünftig erheblich benachteiligt, wenn sie den Strom aus
Erneuerbaren Energien (z.B. aus PV-Anlagen) erzeugen, da diese Stromsteuerbefreiung lediglich bis 20 Megawattstunden gewährt werden soll.
Keine vollständige Energiesteuerentlastung für kleine KWK-Anlagen
Mit der in § 53a Abs. 10 EnergieStG-E neu eingeführten Kappungsgrenze von 500,00 EUR,
ab der erst eine vollständige Energiesteuererstattung für kleine KWK-Anlagen in Anspruch
genommen werden kann, kommt es zudem zu einer weiteren Verschlechterung von Kleinstanlagen. Inwieweit dies zu einer Eindämmung von Entlastungsanträgen und zu dem vom
BMF erhofften Bürokratieabbau führt, darf aber bezweifelt werden Denn betroffenen Anlagenbetreibern verbleibt weiterhin die Möglichkeit der teilweisen Energiesteuererstattung– wenngleich mit geringerem Erstattungsvolumen.
Erfordernis eines Tax-Compliance-Systems
Am 23.05.2016 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ein Schreiben veröffentlicht, in dem es sich eingehend mit der Abgrenzung der Anzeige- und Berichtigungspflicht
nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO von der Selbstanzeige mit strafbefreiender Wirkung nach § 371
AO befasst. Das BMF führt darin aus, wann Fehler bei Steuererklärungen bzw. Steueranmeldungen lediglich eine Berichtigungspflicht gemäß § 153 AO nach sich ziehen und wann
die Schwelle zur strafbaren bzw. ordnungswidrigen Handlung überschritten ist.
Besondere Relevanz für Energieversorger
Für Energieversorger ist diese Abgrenzung besonders relevant, da sich hier aufgrund der
Komplexität der Regelungen und Sachverhalte die Notwendigkeit einer nachträglichen Berichtigung entsprechend häufig ergeben kann.
So sind neben der korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung, die gerade bei den MehrMindermengenabrechnungen anspruchsvoll ist, auch die strom- und energiesteuerlichen
Vorgaben zu beachten, die insbesondere hohe formalistische Anforderungen beinhalten.
Zusätzliche Brisanz hat diese Abgrenzung für Energieversorger auch deshalb, weil bei fehlerhaften Erklärungen/Anmeldungen sowohl bei der Umsatzsteuer als auch bei der Energie- und Stromsteuer schnell eine Größenordnung erreicht wird, die bei einem Schuldvorwurf erhebliche persönliche Strafen für die Beteiligten zur Folge haben kann.
Das BMF stellt in dem Schreiben zunächst klar, dass bei objektiven Unrichtigkeiten von
Steuererklärungen bzw. Steueranmeldungen eine strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitsrechtliche Verfolgung nur dann erfolgt, wenn dem Steuerpflichtigen Vorsatz oder
Fahrlässigkeit in Form der Leichtfertigkeit zur Last gelegt werden kann.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade der Vorwurf der Leichtfertigkeit vor allem im
Hinblick auf die grundsätzlich kurze Festsetzungsverjährungsfrist im Bereich der Stromund Energiesteuer nicht selten von den Hauptzollämtern erhoben wird.
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TAX-Compliance System
Um Fehler im Compliance-Verfahren zu verhindern, aber gerade auch um den Vorwurf der
Leichtfertigkeit oder des bedingten Vorsatzes entkräften zu können, ist die Implementierung bzw. die Pflege eines effektiven Tax-Compliance-Systems in der Versorgungswirtschaft deshalb besonders wichtig. Im o.g. Schreiben wird ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass ein eingerichtetes Tax-Compliance-Systems ein Indiz gegen das Vorliegen von Vorsatz
und Leichtfertigkeit sein kann.
Neben dem Ausschluss von straf- oder bußgeldrechtlichen Folgen kann ein solches System
zudem dazu beitragen, die strom- und energiesteuerlichen Befreiungs- und Entlastungsmöglichkeiten für Ihr Unternehmen voll auszuschöpfen.
Wir unterstützen Sie gerne bei der Implementierung oder Optimierung eines speziell auf
Ihr Unternehmen zugeschnittenen Tax-Compliance-Systems. Bitte sprechen Sie uns hierzu
an.
Aktuelle Rechtsprechung
BFH verneint Stromsteuerentstehung für in einem Versorgungsnetz entstandene Umspann- und Leitungsverluste
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seinem Urteil vom 24. Februar 2016, VII R 7/15,
mit der Thematik auseinandergesetzt, wie der Begriff des Versorgungsnetzes i.S.d. § 5
StromStG auszulegen ist und ob und in welcher Höhe bei Leitungs- bzw. Umspannverlusten
eine steuerbare Entnahme von Strom vorliegt.
Dem Revisionsverfahren des BFH lag dabei ein Urteil des Finanzgerichts München vom 29.
Januar 2015 zugrunde (14 K 2822/13, wir berichteten in unserem Newsletter von Juni
2015). Darin hatte das Finanzgericht klargestellt, dass sich das Versorgungsnetz i.S.d.
StromStG nicht auf das öffentliche Netz beschränkt, sondern sämtliche Leitungen und Umspannvorrichtungen in allen Niederlassungen des Versorgers erfasst, so dass Leitungs- und
Umspannverluste mangels Entnahme nicht steuerbar seien.
Der BFH hat sich nun der Entscheidung des FG München angeschlossen und eine Steuerentstehung für die in einem Versorgungsnetz entstandenen Umspann- und Leitungsverluste ebenfalls abgelehnt. Erforderlich sei für eine steuerbegründende Entnahme eine von
einem entsprechenden Willen getragene menschliche Handlung, weshalb keine Entnahme
des Stroms vorliegt, wenn dieser ohne menschliches Zutun – z.B. infolge einer Beschädigung des Versorgungsnetzes –verlustig geht. Auch Umspann- und Leitungsverluste entstehen ohne menschliches Zutun.
Darüber hinaus legte der BFH im Rahmen des ihm zur Entscheidung vorgelegten Falls fest,
dass für stromsteuerrechtliche Zwecke von einem einzigen Versorgungsnetz auszugehen
ist, welches nicht in verschiedene Teilnetze (z.B. in den jeweiligen Betriebsstätten) aufgespalten werden kann. Ein Versorgungsnetz soll dabei aber nicht vorliegen, wenn ein Stromnetz ausschließlich dem Eigenverbrauch von Eigenerzeugern nach § 2 Nr. 2 StromStG
dient. Sofern ein Versorger mehrere Betriebsstätten mit entsprechenden Verbrauchsstellen
unterhält, gehören nach dem BFH sämtliche Stromleitungen und Umspannvorrichtungen
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unabhängig davon zum Versorgungsnetz, ob in den Betriebsstätten Strom von Dritten oder
vom Versorger selbst entnommen wird.
Durch die Entscheidung des BFH werden hinsichtlich der Leitungs- und Umspannverluste
bestehende Rechtsunsicherheiten beseitigt. Industrieunternehmen, Netz- oder Speicherbetreiber, die Strom an Dritte (ggf. auch Konzernunternehmen) weiterleiten, können somit
eine Versorgererlaubnis beantragen und auf eigenen Standorten/Betriebsnetzen anfallende
Stromverluste steuerlich in Abzug bringen.
Thüringer Finanzgericht bejaht Energiesteuerentlastung für die
Netzverluste eines Fernwärmenetzes
Das Thüringer Finanzgericht hat sich in einem Urteil vom 4. Februar 2016, 2 K 394/14 mit
der Thematik auseinandergesetzt, ob ein Anspruch auf Energiesteuerentlastung entsteht,
wenn der eigene Energieeinsatz auf Wärmenetzverluste entfällt.
Geklagt hatte ein kommunales Energieversorgungsunternehmen und Unternehmen des
Produzierenden Gewerbes (UdPG), welches ein Fernwärmenetz betreibt. Für die zum Ausgleich der im Betrieb des Fernwärmenetzes entstehenden Netzverluste erforderliche Menge
Erdgas beantragte die Klägerin eine Entlastung von der Energiesteuer nach § 54 EnergieStG. Das Hauptzollamt lehnte eine Entlastung ab. Nach Auffassung des HZA sollte ein Netzverlust nur mit dem Anteil gemäß § 54 EnergieStG zu berücksichtigen sein, der bei der Erzeugung von Wärme anfalle, die nachweislich durch ein Unternehmen des Produzierenden
Gewerbes genutzt worden sei. Nicht entlastungsfähig sei der Anteil des Netzverlustes, der
auf Wärmemengen entfalle, den die Klägerin nicht selbst verbrauche, sondern an Dritte
abgegeben habe.
Dem folgte das FG Thüringen nicht und gab der Klage des Energieversorgungsunternehmens in vollem Umfang statt. Für die Beschränkung der Entlastungsfähigkeit der Netzverluste auf den Anteil der bei der Erzeugung von Wärme anfällt, die nachweislich durch ein
UdPG genutzt worden sei, sah der Senat keine gesetzliche Grundlage.
Vielmehr stellte das FG Thüringen fest, dass Nutzerin der streitigen Erdgasmenge und Wärmemengen i.S.v. § 54 EnergieStG die Klägerin selbst war, da sie die zum Ausgleich des Netzverlustes verheizte Gasmenge nicht anteilig ihren Kunden zur Verfügung gestellt hat, sondern für eigene Unternehmenszwecke nutzte. Die Nutzung erfolgte somit zu eigenen betrieblichen Zwecken, nämlich zur Erzeugung des heißen Wassers für die Fernwärme und
damit dem Grunde nach für begünstigte Zwecke i.S.v. § 54 EnergieStG.
Auch der Höhe nach widersprach das FG Thüringen der seitens der Finanzverwaltung vertretenen Aufteilung der zu entlastenden Erdgasmengen. Zum einen würde den Verbrauchern die dem Netzverlust entsprechende Wärmemenge nicht im Rahmen des Belieferungsvertrages zur Verfügung gestellt und abgerechnet. Zum anderen nutzten entlastungsberechtigte Verbraucher den ihnen dann verhältnismäßig zuerkannten Netzverlust nicht,
wie vom Gesetz zur Entlastung verlangt. Somit scheide eine anteilige Zuordnung aus.
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Das Urteil des FG Thüringen ist uneingeschränkt zu begrüßen und hat zur Folge, dass für
den Energieeinsatz, der zum Ausgleich von Transportverlusten benötigt wird, eine Entlastung nach § 54 (sowie ggf. auch nach § 55) EnergieStG zu gewähren ist. Wie bereits aufgrund paralleler Streitverfahren (u.a. vor dem FG Baden-Württemberg) in den letzten Ausgaben dieses Newsletters hingewiesen, sollte in ähnlich gelagerten Streitfällen die Veranlagung offen gehalten werden. Unklar ist noch, ob das Urteil durch den Gang in das Revisionsverfahren von der Finanzverwaltung angegriffen wird. Sofern im Rahmen der
Stromsteueranmeldung oder einer Betriebsprüfung Wärmenetzverluste vom zuständigen
Hauptzollamt nicht anerkannt werden, empfehlen wir, die Durchführung eines entsprechenden Einspruchs- bzw. Klageverfahrens in Erwägung zu ziehen.
Bundesfinanzhof entscheidet über eine mögliche Verlängerung
der strengen Antragsfristen bei Entlastungsanträgen
Bereits in unserem Newsletter aus April 2016 haben wir über eine beim Bundesfinanzhof
(BFH) anhängige Nichtzulassungsbeschwerde (Az: VII B 87/15) zu Fragen des Beginns und
Ablaufs von Fristen für verbrauchsteuerliche Vergütungsansprüche berichtet.
Erfreulicherweise hat der BFH zwischenzeitlich die Revision gegen das Urteil des FG
Düsseldorf vom 27.05.2015 (Az: 4 K 1961/14 VSt) zugelassen und führt das Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen VII R 10/16 weiter.
Der höchstrichterlichen Auslegung des Merkmals „nachweislich versteuert“ im Rahmen
von Entlastungsansprüchen und der Klärung des Verhältnisses zwischen Versteuerung eines Energieerzeugnisses durch den Lieferanten und dessen Entlastung beim Verbraucher
sehen wir mit großem Interesse entgegen.
Aufgrund der Anhängigkeit dieses Verfahrens zu Klärung einer grundsätzlichen Rechtsfrage gehen wir davon aus, dass Einspruchsverfahren in vergleichbaren Fällen (also bei einer verspäteten Einreichung von Entlastungsanträgen) nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO nun kraft
Gesetzes ruhen können und dass Entscheidungen in Einspruchsverfahren bis nach einer
Entscheidung in dem vorgenannten Revisionsverfahren offengehalten werden können.
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Veranstaltungen
Zusatztermin: Update Strom- und Energiesteuer 2016 – Wir
bringen Sie auf den neuesten Stand
Kurz vor der Sommerpause möchten wir die Gelegenheit nutzen, Ihnen die aktuellen Entwicklungen der letzten Monate näher vorzustellen. Neben aktueller Rechtsprechung, der
neuen Transparenz-Verordnung zur Energie- und Stromsteuer sowie der Änderung der
Stromsteuer- und Energiesteuer-Durchführungsverordnung möchten wir Ihnen insbesondere die geplanten Änderungen des Stromsteuer- und Energiesteuergesetzes vorstellen.
Daher laden wir Sie herzlich zu einem weiteren Termin unserer Veranstaltungsreihe „Update Strom- und Energiesteuer 2016 – Wir bringen Sie auf den neuesten Stand“ in Stuttgart
ein. Die Veranstaltung wird am 30. Juni 2016 in unserer Stuttgarter Niederlassung von
09:30 Uhr bis 13 Uhr stattfinden.
Für die Veranstaltung konnten wir erneut mit Herrn Friedrich K. Seewald einen ausgewiesenen Experten als Referenten gewinnen, der uns weitere Einblicke in die aktuellen Themen vermitteln wird.
Weitere Informationen erhalten Sie über das PwC-Veranstaltungsportal auch dieser Link:
www.pwc-event.com/Strom_Energiesteuer_Stuttgart
Wir würden uns freuen, Sie bei unserer Veranstaltung begrüßen zu können.
Weitere Informationen erhalten Sie auf unserer o.g. Veranstaltungsseite oder Sie wenden
sich an Frau Verena Clement, [email protected], Tel.: +49 711 25034-3516.
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Ihre Ansprechpartner
Für Ihre Fragen, Hinweise und Anmerkungen zum Newsletter stehen Ihnen die nachfolgenden Ansprechpartner aus Düsseldorf, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt a. M., Leipzig,
Erfurt, Berlin und München zur Verfügung.
Ralf Reuter, RA, FAStR
+49 (0) 211/981-4763
[email protected]
Jan Steinkemper, RA, FAStR
+49 (0) 211/981-4766
+49 (0) 89/5790-5318
[email protected]
Thomas Übleiß, RA
+49 (0) 211/981-5859
[email protected]
Anna Stuch, RAin, LL.M. oec.
+49 (0) 211/981-2360
[email protected]
Bernd Kalker, RA
+49 (0) 211/981-2131
[email protected]
Nils Kürten, RA, LL.M.
+49 (0) 211/981-2436
[email protected]
Sarah Sduntzig, RAin
+49 (0) 211/981-2486
[email protected]
Dr. Christian Trottmann, RA
+49 (0) 69/9585-6617
[email protected]
Moritz Nikolas Obst, RA
+49 (0) 89/5790-6134
[email protected]
Carsten Kudla, RA
+49 (0) 711/25034-3140
[email protected]
Karin Jenner, LL.M.
+49 (0) 711/25034-1151
[email protected]
Juliane Döring
+49 (0) 341/9856-254
[email protected]
Corinna Jacob, StBin
+49 (0) 30/2636-3464
[email protected]
Martin Degenhardt, Dipl. Finw.
+ 49 (0) 40 / 6378-2674
[email protected]
Angelika Schädtrich, StBin
+49 (0) 361/5586-190
[email protected]
Bestellung und Abbestellung
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