Auszug des Schwerpunktantrags - DFG-SPP 2020

Auszug SPP-Initiative: Zyklische Schädigungsprozesse im Experimental-Virtual-Lab
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Auszug aus dem Antrag auf Einrichtung eines Schwerpunktprogramms
Zyklische Schädigungsprozesse in Hochleistungsbetonen
im Experimental-Virtual-Lab
Programmausschuss
Koordinator
Prof. Dr.-Ing. Ludger Lohaus, Institut für Baustoffe, Fakultät für Bauingenieurwesen Geodäsie,
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Universitätsprofessor, Baustoffwissenschaften
Weitere Mitglieder
Prof. Dr.-Ing. habil. Dr. h.c. mult. Dr.-Ing. E.h. Peter Wriggers, Institut für Kontinuumsmechanik, Fakultät für Maschinenbau, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, Universitätsprofessor, Mechanik, Angewandte Mechanik
Prof. Dr.-Ing. Steffen Anders, Institut für konstruktiven Ingenieurbau/Lehrstuhl für Werkstoffe
im Bauwesen, Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen, Bergische Universität Wuppertal, Universitätsprofessor, Baustoffwissenschaften
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Kennedyallee 40 ∙ 53175 Bonn ∙ Postanschrift: 53170 Bonn
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DFG
Auszug SPP-Initiative: Zyklische Schädigungsprozesse im Experimental-Virtual-Lab
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Zusammenfassung
Weitreichende Fortschritte in der Betontechnologie haben zur Entwicklung von Hochleistungsbetonen mit maßgeblich erweiterten Anwendungsmöglichkeiten geführt. Beispielhaft seien hier
selbstverdichtende, hochfeste und ultrahochfeste Betone mit stahlähnlichen Festigkeiten oder
faser- und textilbewehrte Betone mit hochduktilem Verhalten genannt. Diese Betone ermöglichen sehr schlanke, ästhetische und ressourcenschonende Betonbauwerke, die jedoch aufgrund ihres reduzierten Eigengewichts unweigerlich schwingungsanfälliger sind. Auch
außerhalb des klassischen Bauwesens wird sich das Anwendungsspektrum für Hochleistungsbetone stark weiterentwickeln, beispielsweise im Maschinen- und Anlagenbau, wo sie zu einer
Alternative zu metallischen und keramischen Werkstoffen werden können. Alle diese Konstruktionen werden hochzyklisch beansprucht, so dass das Ermüdungsverhalten entscheidend für
ihre Auslegung und somit für die Realisierbarkeit neuartiger Betonanwendungen ist. Zur Materialdegradation von Beton unter Ermüdungsbeanspruchung ist jedoch kaum grundlegendes Wissen vorhanden. Wegen dieser Wissenslücken wird bereits heute der Einsatz moderner
Hochleistungsbetone deutlich behindert, teilweise sogar verhindert.
Das Ziel dieses Schwerpunktprogramms ist es, die Materialdegradation von Hochleistungsbetonen in Kombination neuster experimenteller und virtuell-numerischer Methoden zu
erfassen, zu verstehen, zu beschreiben, zu modellieren und zu prognostizieren. Da Schädigungsprozesse auf sehr kleinen Skalenebenen ablaufen, lassen sie sich nicht vollständig im
Belastungsversuch beobachten. Bereits die Erfassung von Schädigungsindikatoren während
des Versuchs macht die ohnehin zeitaufwendigen Ermüdungsversuche sehr anspruchsvoll.
Insofern können die benötigten Erkenntnisse nur in enger Verzahnung der Baustoffwissenschaften und der numerischen Mechanik, d. h. in der Verzahnung von Experiment und
Berechnung – im Experimental-Virtual-Lab – entwickelt werden.
Ein SPP bietet den optimalen Rahmen, um die drängenden Fragen zur Materialdegradation
standortübergreifend zu klären. Die Zusammenarbeit wird dabei so gestaltet, dass neben einem
intensiven Austausch über Versuchstechniken, Schädigungsindikatoren und Modellierungsansätze eine Mehrfachnutzung der Versuchsdaten und eine enge Interaktion zwischen Experiment und Simulation erreicht wird. Aufgrund der aufwendigen Versuchstechnik und der
Notwendigkeit einer grundlegenden Weiterentwicklung von Materialmodellen ist eine ausgeprägte und mit besonderen strukturellen Maßnahmen geförderte Zusammenarbeit der beteiligten Standorte vorgesehen. Nur so können existierende Hemmnisse für die Verwendung von
ermüdungsbeanspruchten Hochleistungsbetonen überwunden und ein Innovationsschub beim
Bauen mit Beton und für Betonanwendungen außerhalb des klassischen Bauwesens ausgelöst
werden. Das neue Wissen wird zudem eine Verlängerung der Lebensdauer bestehender ermüdungsbeanspruchter Bauwerke wie Brücken und Windenergieanlagen ermöglichen.
[…]
5
5.1
Inhaltliche Begründung unter Berücksichtigung der Programmziele
Originalität der wissenschaftlichen Fragestellungen unter thematischen und/oder
methodischen Aspekten
Die in den letzten Jahren entwickelten Hochleistungsbetone zeichnen sich durch erhöhte Festigkeiten, sehr gute Verarbeitungseigenschaften oder erhöhte Duktilität aus. Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften ermöglichen sie die Erstellung extrem schlanker und filigraner
Betonkonstruktionen, die geradezu einen Paradigmenwechsel gegenüber dem klassischen Betonbau darstellen. Solche Bauwerke sind unweigerlich schwingungsanfälliger und der Widerstand gegen Ermüdung entscheidet über ihre Realisierbarkeit. Zur Materialdegradation von
Beton unter Ermüdungsbeanspruchung bestehen jedoch erhebliche Wissenslücken, die für die
konsequente Anwendung und Weiterentwicklung von Hochleistungsbetonen dringend geschlossen werden müssen. Aufgrund dieser Wissenslücken existieren „übervorsichtige“ Anwendungsregeln, die heute vielfach die Realisierung filigraner Betonkonstruktionen behindern
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Mikrostruktur
Experimente /
Schädigungsindikatoren
bzw. verhindern. Insofern ist gerade heute die Beschreibung des Ermüdungswiderstands solcher Hochleistungsbetone von zentralem wissenschaftlichen Interesse.
Das Ziel dieses Schwerpunktprogramms ist es, ausgehend von neuen Erkenntnissen zur Materialdegradation von Hochleistungsbetonen auf der Gefügeebene das Ermüdungsverhalten in
Modellen zu beschreiben und so die bestehenden Wissenslücken zu schließen. Hierzu ist es
erforderlich, Schädigungsmechanismen zu erfassen, zu verstehen, zu beschreiben und zu modellieren. Dieses Ziel kann aufgrund seiner Komplexität ausschließlich in einem koordinierten
Verbundforschungsvorhaben unter Bündelung der experimentellen Kapazitäten und der Expertise vieler Forschungsstellen erreicht werden. Nur so können die an verschiedenen Standorten
vorhandene, hochpräzise Versuchs- und Messtechnik koordiniert eingesetzt, die Vielzahl erforderlicher Versuche und Untersuchungen überhaupt in angemessener Weise durchgeführt und
bei der Auswertung Synergien zwischen verschiedenen Detailfeldern genutzt werden.
Da Schädigungsmechanismen auf sehr kleinen Skalenebenen ablaufen, lassen sie sich nicht
vollständig im Belastungsversuch beobachten. Insofern können die notwendigen Erkenntnisse
ausschließlich bei sehr enger Verzahnung der Baustoffwissenschaften und der numerischen
Mechanik und dem gleichzeitigen Einsatz neuster Technik entwickelt werden. Nur mithilfe dieser engen Verzahnung, hier als Experimental-Virtual-Lab bezeichnet, können die notwendigen
Einblicke in das mikrostrukturelle Verhalten, das für das Verständnis und die Modellierung des
Ermüdungswiderstands entscheidend ist, generiert werden, so dass am Ende des Schwerpunktprogramms effektive Berechnungsmodelle und Bewertungsmethodiken zur Verfügung
stehen. Das prinzipielle Vorgehen im Experimental-Virtual-Lab ist in Abbildung 3 dargestellt.
Gefügeorientierte
Untersuchung
Makroskopische
Modelle
Numerisches Modell
Homogenisierung,
Skalenübergang
Abbildung 3: Methodik und Abhängigkeiten im Experimental-Virtual-Lab
Bislang erfolgen die Ermittlung von Baustoffeigenschaften und ihre Bewertung weitestgehend
experimentell. Gleichzeitig fehlen in der Numerik/Angewandten Mechanik oft hochpräzise, kontinuierliche Messdaten spezifischer Versuchsreihen zur Validierung und Weiterentwicklung. Die
in diesem Schwerpunktprogramm vorgesehene Verbindung von Experimenten und numerischen Berechnungen zur Bewertung von Hochleistungsbetonen in einem „Experimental-VirtualLab“ stellt einen grundlegend neuen Ansatz in der Baustoffbewertung dar. Die unmittelbare methodische Verknüpfung dieser beiden Fachgebiete ist vor dem Hintergrund der vielen unterschiedlichen Hochleistungsbetone, des hohen Zeit- und Kostenaufwands für Ermüdungsuntersuchungen sowie der sehr kleinen Skalenebenen, auf denen Schädigungsmechanismen
ablaufen, zwingend erforderlich. Dieser neuartige Ansatz bedarf einer fundierten, wissenschaftlichen Untersuchung und Absicherung. Es wird erwartet, dass sich aus dem Schwerpunktpro-
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gramm, über die neuen Erkenntnisse zur Materialdegradation hinaus, neue Formen wissenschaftlicher Zusammenarbeit ergeben werden, die die Wissenschaftslandschaft nachhaltig prägen werden. Unmittelbar führt dieses Schwerpunktprogramm zu:
 einer besseren Realisierbarkeit filigraner, ästhetischer und ressourcenschonender Bauwerke
aus Hochleistungsbeton
 einer besseren Prognose und damit zu einer Verlängerung der Restlebensdauer bestehender Infrastrukturbauwerke, die heute stärker ermüdungsbeansprucht werden, als zum Zeitpunkt ihrer Erstellung berücksichtigt wurde.
 einer Erweiterung des Anwendungsspektrums von Hochleistungsbetonen in völlig neuen
Dimensionen hochzyklisch beanspruchter Konstruktionen, beispielsweise im Anlagen- oder
Maschinenbau
Weiterhin werden die interdisziplinären methodischen Konzepte in den beteiligten Fachdisziplinen international Maßstäbe setzen. Die in diesem Schwerpunktprogramm zu entwickelnde Methodik des Experimental-Virtual-Labs wird die Basis sein für zukünftige, völlig neue Vorgehensweisen bei der Bewertung und (Weiter-)Entwicklung von Baustoffen und insofern einen
signifikanten Innovationsschub im Bauwesen auslösen. So kann die Methodik als Grundlage für
ein „Virtual Material Testing“ ebenso wie für ein „Virtual Material Composing“ dienen. Hierdurch
würde eine deutliche Reduktion des experimentellen Aufwands für eine beschleunigte Entwicklung neuer Baustoffe (z. B. Multi-Kompositwerkstoffe) erreicht, mit dem Fernziel eines „Tailormade Material Design“.
5.2
Eingrenzung der wissenschaftlichen Fragestellungen unter Berücksichtigung der
Laufzeit eines Schwerpunktprogramms
Für das Erreichen der in Abschnitt 5.1 entwickelten Fragestellungen ist ein drei Bereiche umfassendes Arbeitsprogramm erforderlich (vgl. Abbildung 4).
1) Erfassung und Charakterisierung von Schädigungsmechanismen im Beton
Es werden ausgewählte Belastungsszenarien sowie baustoffliche und prüftechnische Einflüsse
auf den Ermüdungsprozess gezielt experimentell untersucht, um die Materialdegradation grundlegend beschreiben zu können. Mit Hilfe der im Experiment erfassbaren Messgrößen werden
die Schädigungsmechanismen auf verschiedenen Zeit- und Längenskalen beschrieben. Hierdurch wird ein bedeutender Beitrag zur Schließung der vorhandenen Wissenslücken geleistet.
Die gewonnenen Messdaten sind gleichzeitig – in Form von Schädigungsindikatoren sowie der
Visualisierung von Schädigung – so aufzubereiten und bereitzustellen, dass eine zuverlässige
Kalibrierung und Validierung der Stoffgesetze und der mechanischen Modelle ermöglicht wird.
[…]
In der ersten Förderperiode werden vornehmlich Einflüsse aus der Betonzusammensetzung,
Belastungsart, Belastungsgeschwindigkeit und aus Umgebungsbedingungen untersucht. In der
zweiten Förderperiode werden Einflüsse aus komplexeren Belastungsszenarien wie Mehrstufenbelastungen, Reihenfolgeeffekte, Überlasten oder Ruhephasen untersucht.
2) Modellierung der Materialdegradation von Beton
Zur Modellierung stehen zwei wesentliche Ansätze zur Verfügung: Makroskopische Modelle /
Stoffgesetze sowie gefügeorientierte numerische Modelle. Mit Hilfe physikalisch begründeter
makroskopischer Modelle, z. B. energetischer, rheologischer, schädigungs- oder bruchmechanischer Modelle, werden die globalen Charakteristika der Materialdegradation im Ermüdungsprozess mathematisch beschrieben und einer numerischen Lösung zugänglich gemacht.
Hierzu können auch neue kontinuumsmechanische Ansätze beispielsweise auf Basis stochastischer Differentialgleichungen herangezogen werden, mit denen die ausgeprägte werkstoffliche
Inhomogenität und die Schädigungsentwicklung „direkt“ abgebildet werden können. Diese Modelle müssen zudem die langen Zeiträume und hohen Lastspielzahlen in den Ermüdungssimulationen abbilden. Damit wird es möglich sein, für die spätere praktische Anwendung sowohl
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eine Abschätzung des aktuellen Schädigungszustands als auch eine Prognose des Ermüdungsversagens durchzuführen.
Ein zweiter Ansatz sind gefügeorientierte Modelle, deren Ziel es ist, die ausgeprägte Inhomogenität des Werkstoffgefüges ebenso zutreffend abzubilden, wie die Initiierung und Ausbreitung
von Mikrorissen. Hier sind z. B. Phasenfeldansätze, XFEM Formulierungen oder Finite Elemente-Modelle mit mehrskaligem Charakter zu entwickeln, die in der Lage sind, eine dreidimensionale Rissausbreitung zu verfolgen. Diese Modelle helfen, die komplexen Vorgänge in der
Mikrostruktur zu verstehen und daraus Schlüsse für die Entwicklung der makroskopischen Modelle zu ziehen. Sie können aber auch hochskaliert werden und liefern dann direkt Meso- und
Makromodelle für die Untersuchung der Ermüdungsprozesse. Um gefügeorientierte Modelle zur
Degradationsprognose nutzen zu können, ist die Entwicklung von Homogenisierungsstrategien
erforderlich, damit die Rechenzeiten für die zeitintensive Betrachtung der Ermüdung reduziert
werden können. Zur Kalibrierung dieser Modelle sind neben Schädigungsindikatoren auch bildgebende Experimente erforderlich, die die räumliche Mikrorissbildung darstellen.
[…]
In der ersten Förderperiode stehen die Entwicklung und Validierung von gefügeorientierten
(mikro- bis mesoskaligen) Modellen aber auch von Stoffgesetzen und makroskaligen Modellen
im Vordergrund. Aufbauend hierauf werden in der zweiten Förderperiode Methoden für Skalenübergänge sowie Homogenisierungsstrategien entwickelt.
3) Degradationsprognose / Schadensakkumulation im Experimental-Virtual-Lab
Die gewonnenen Erkenntnisse und die entwickelten Modelle werden abschließend zu einer Degradationsprognose weiterentwickelt. Hierzu sind Modelle zur Beschreibung von Schadenakkumulation ebenso weiterzuentwickeln wie eine Methode, die die kombinierte experimentellnumerische Bewertung von Hochleistungsbeton unter zyklischer Beanspruchung ermöglicht –
das Experimental-Virtual-Lab. Hierunter wird eine Kombination aus numerischer Simulation und
wenigen gezielten experimentellen Untersuchungen verstanden. Hiermit könnte z. B. das Ermüdungsverhalten neuentwickelter Hochleistungsbetone, auch bei sehr hohen Lastspielzahlen,
zutreffend abgeschätzt und beurteilt werden. Die Anzahl der erforderlichen experimentellen Untersuchungen und insbesondere deren Dauer könnte maßgeblich reduziert werden.
Materialdegradation bei Hochleistungsbeton
1) Erfassung und
Charakterisierung von
Schädigungsmechanismen
Schädigungsindikatoren
abhängig von z. B.





Belastungsart
Zusammensetzung
Umgebungsbedingung
Reihenfolgeeffekten
Überlasten
Visualisierung
von
Schädigung
2) Modellierung der
Materialdegradation
 Makroskopische Modelle /
Stoffgesetze
 Gefügeorientierte Modelle
(meso- bis mikroskalig)
 Skalenübergänge
 Homogenisierung
3) Degradationsprognose / Schadensakkumulation
im Experimental-Virtual-Lab
Abbildung 4: Schematische Darstellung des Arbeitsprogramms
Thematische Eingrenzung des Schwerpunktprogramms
Der Bereich der Betonermüdung umfasst aufgrund der vielfältigen Einflüsse auf das Ermüdungsverhalten ein sehr breit gefächertes Themenfeld. Damit ausreichend Synergien zwischen
den Teilprojekten entstehen können, ist das Themenspektrum für dieses Schwerpunktprogramm wie folgt begrenzt:
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 Hochleistungsbetone (z. B. hochfeste und ultrahochfeste Betone, selbstverdichtende Betone,
Vergussbetone und faserverstärkte Betone)
 Das Materialverhalten charakterisierende Indikatoren (z. B. Dehnung, Steifigkeit, Eigenfrequenz, Schallemission) und Visualisierungen von Gefügeveränderungen.
 Der Bereich des Low-Cycle-Fatigue und High-Cycle-Fatigue.
 Einaxiale Hauptbelastungsarten: Druck, Zug (Querzug), Biegung (1. Förderperiode)
 Komplexe Beanspruchungsszenarien im Sinne der Schadensakkumulation: Mehrstufige Belastungsregime, Reihenfolgeeffekte, Überlasten, Ruhepausen (2. Förderperiode)
Modellierungen im nanoskaligen Bereich im Sinne der Molekulardynamik, Modellierung von
Einwirkungen auf Bauwerke im Sinne von Eingangsgrößen für die Bemessung und die Entwicklung von Bemessungskonzepten für den Stahlbeton- und Spannbetonbau sind genauso wenig
Bestandteil des Schwerpunktprogramms wie Fragestellungen, die sich ausschließlich für spezielle Bauteile ergeben und nicht verallgemeinerbar sind.
5.3 Kohärenz der geplanten Forschungsaktivitäten
Die in den Teilprojekten betrachteten Fragestellungen werden in enger Interaktion zwischen
Experiment und Modellbildung untersucht. Das prinzipielle Vorgehen ist in Abbildung 3, Abschnitt 5.1 dargestellt.
Die detaillierte Abstimmung der experimentellen Untersuchungen, der Erfassung und Beschreibung der Schädigung, sowie der Modellierung der Schädigungsprozesse auf verschiedenen
Zeit- und Längenskalen ist der Schlüssel zur Kohärenz innerhalb des Forschungsverbunds sowie zu einer vielfältigen Anwendbarkeit der erzielten Ergebnisse. Durch die kombinierte Erfassung und Auswertung verschiedener Messgrößen zusammen mit bildgebenden Verfahren zur
Erfassung der Mikrostruktur sowie ergänzenden numerischen Berechnungen sind wesentliche,
neue Erkenntnisse zu den Mechanismen der Materialdegradation zu erwarten. In Abbildung 5
sind mögliche experimentelle und numerische Methoden für den Untersuchungsbereich des
Schwerpunktprogramms zusammenfassend dargestellt.
In den Experimenten werden die Materialeigenschaften der Betone an kleinformatigen Probekörpern untersucht. Im Fokus stehen das Materialverhalten und die Gefügeveränderungen unter Ermüdungsbeanspruchung sowie die Entwicklung einer Modellvorstellung zur Materialdegradation. Aus den Experimenten werden sinnvolle Indikatoren sowie geeignete
Visualisierungen von Gefügeveränderungen als Eingangsgrößen für die Modellbildung ermittelt.
Die erforderlichen Modellparameter bzw. Schädigungsindikatoren werden aus den Experimenten extrahiert. Für die in den Teilprojekten gewählten Fragestellungen werden physikalisch begründete Modelle sowie numerische Methoden zur Simulation der Materialermüdung auf
makroskopischen Zeit- und Längenskalen entwickelt. Hierfür sind begleitend modell- und werkstoffspezifische Homogenisierungsstrategien für den Skalenübergang zu entwickeln.
Nicht
SPP
Nano
(mm)
(mm bis mm)
Nicht
SPP
Makro
(mm bis cm)
Schallemission, Ultraschalllaufzeit
Computertomographie
Rasterelektronenmikroskopie, Lichtmikroskopie
Verformungsmessung
Gefügeorientierte Modelle
Skalenübergänge, Homogenisierungsstrategien
Makroskopische Modelle
Stoffgesetze
Abbildung 5: Erfassung und Modellierung von Materialdegradation
Bauteil / Bauwerk
Atome / Moleküle
(nm)
Methoden zur Erfassung und Modellierung von
Materialdegradation
Mikro
Meso
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Zwischen den experimentellen und numerischen Methoden ist eine kontinuierliche Abstimmung
über die möglichen und notwendigen Ergebnisse, die notwendigen Schädigungsindikatoren
sowie ihre zweckmäßige Darstellung erforderlich. Diese enge interdisziplinäre Zusammenarbeit
zwischen den Arbeitsbereichen kann durch Tandemanträge aus unterschiedlichen Fachdisziplinen gestärkt werden. Zusätzlich ist für den Erfolg dieses Schwerpunktprogramms die Abstimmung, Zusammenarbeit und der inhaltliche Austausch zwischen den Teilprojekten und
Arbeitsbereichen von essentieller Bedeutung. Um diese Zusammenarbeit zu fördern und die
Effizienz in der Bearbeitung zu erhöhen, sind sowohl ein Zentralprojekt als auch „gepoolte Mittel“ vorgesehen, die in den Abschnitten 5.4.2 und 5.4.3 erläutert werden.
[…]
5.4.3 „Gepoolte Mittel“
Im Modul „Verbundmittel“ werden „gepoolte Mittel“ beantragt, um im laufenden Schwerpunktprogramm die Vernetzung zwischen den Teilprojekten zu fördern und so den inhaltlichen Output
des Verbunds zu erhöhen. Die „gepoolten Mittel“ können von den Teilprojekten beim Programmausschuss beantragt und abgerufen werden. Sie ermöglichen es, flexibel auf neue Erkenntnisse und Ergebnisse zu reagieren und sie in das Schwerpunktprogramm einzubeziehen.
Über die Vergabe der „gepoolten Mittel“ entscheidet der Programmausschuss. Es stehen zwei
Tools zur Verfügung:
Nutzung von Spezialgeräten (als Dienstleistung)
Im Verlauf des Schwerpunktprogramms können sich aus der konkreten Zusammensetzung der
Teilprojekte und ihren erarbeiteten Ergebnissen einzelne, spezielle Fragestellungen ergeben,
deren Klärung spezielle Untersuchungsmethoden erfordert. Insbesondere kann es im Zuge der
Mehrfachnutzung der Daten erforderlich werden, dass Untersuchungen ergänzend z. B. mit
speziellen bildgebenden Verfahren durchgeführt werden müssen, die nur an wenigen Standorten, ggf. auch außerhalb des Teilnehmerkreises des Schwerpunktprogramms, vorhanden sind.
Mithilfe der „gepoolten Mittel“ wird ermöglicht, diese ursprünglich in den Teilprojekten nicht vorgesehenen speziellen Untersuchungsmethoden anzuwenden. Die Ergebnisse sollen von mehreren Teilprojekten genutzt werden können. Planmäßig für das Erreichen der Teilprojektziele
erforderliche Dienstleistungen sind im Rahmen der Teilprojekte zu beantragen und werden nicht aus den „gepoolten Mitteln“ finanziert.
Kleinprojekte (KP)
Es wird erwartet, dass sich im Verlauf des Schwerpunktprogramms Erkenntnisse ergeben werden, die weitere kurzfristige gemeinsame Untersuchungen erfordern. Solche ergänzenden Untersuchungen können sich z. B. aus widersprüchlichen Ergebnissen zwischen Teilprojekten
oder aus vielversprechenden Ergebnissen einzelner Teilprojekte und deren Übertragung auf
andere Themenbereiche ergeben. Die kurzfristige gemeinsame Untersuchung, und damit die
Einbeziehung dieser Aspekte, fördert die inhaltliche Vernetzung der Teilprojekte und den wissenschaftlichen Output des gesamten Schwerpunktprogramms. Es sind Mittel für insgesamt
sechs Kleinprojekte eingeplant.
[…].