Donnerstag, 16. Juni 2016 • Nr. 140 „Tänzer ist Tänzer“ Fotos: Fabrizio Pizzolante PEOPLE UNITED Interkulturelle Tanzgruppe mit syrischen Flüchtlingen Gegründet hat das Ganze eine Frau, die selbst zwischen zwei Kulturen groß geworden ist. Hannah Ma (36) hat chinesische und deutsche Wurzeln. In Bayern groß geworden, lebt sie heute knapp hinter der luxemburgischen Grenze in Rheinland-Pfalz und arbeitet in Luxemburg. Nach langer Zeit im klassischen Ballett und einer Ausbildung an der John-Cranko-Schule in Stuttgart hat sie sich von den Regeln der Klassik befreit und sich als Freigeist dem zeitgenössischen Ausdruck zugewandt. In Luxemburg tanzt sie zunächst bei Anu Sistonen und Simone Mousset und findet im Trois C_l eine künstlerische Heimat. Irgendwann entsteht die Idee zu „People United“. Ma lässt ihren Tänzern viel Raum, setzt auf Rhythmus und Musik als „Algorithmus“ für das Stück. Rundherum baut sie den integrativen Rahmen, innerhalb dessen die Körperlichkeit zum Tragen kommt. „Improvisation braucht Grenzen und in den Grenzen kann man dann frei sein, sonst wird es beliebig“, sagt United People Hannah Ma wurde zusammen mit dem Verein Tufa Tanz und Dance Development Luxemburg 2015 für ihr Engagement mit dem rheinland-pfälzischen BrückenPreis ausgezeichnet. Ma ist außerdem für den Deutschen Engagementpreis 2016 nominiert. tourt. In Luxemburg zu sein, entspricht seinem Lebensmotto: „Ich liebe neue Plätze und ich liebe es, neue Menschen kennenzulernen“, sagt er. Was wie ein Spiel wirkt, wie der verrückte Traum einer Einzelnen, ist harte Arbeit. Wenn die Company auf Reisen geht, muss nicht eine Behörde, sondern müssen gleich mehrere in unterschiedlichen Ländern überzeugt werden. „Das ist ein unheimlicher Aufwand“, sagt Ma, „bis Visa, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen oder der Status geklärt ist und es losgehen kann.“ Auch unterschiedliche Ausbildungen und Herangehensweisen unter einen Hut zu bringen, klappt und ist kein Hindernis. „Tänzer ist Tänzer“, sagt Ma. Verständigung und Konfliktlösung im Kleinen wie im Großen sind sowieso ihre Lebensthemen. Deswegen „People United“ und das große Ziel: „Ich möchte, dass die Company größer und eine stabile Arbeitsgrundlage für die Tänzer wird“, sagt sie zur Zukunft. Ein erster Anfang ist gemacht. Ende des Jahres wird die Company nach Trier ausgeliehen und für „Jesus Christ Superstar“ in der Stadt auf der Bühne stehen. Der Donneschdeg 16.6.2016 20h00-22h00 102,9 MHz/105,2 MHz 102,9 MHz / 105,2 MHz www.ara.lu www.ara.lu Sunnit Maher muss angesichts des ehrlichen Erstaunens lachen. Westlicher geht es in Sachen Kultur kaum. Offensichtlich gilt nicht nur „Tänzer ist Tänzer“, sondern auch „Tanz ist Tanz“. Weitere Infos www.hannahmadance.com Jazz Aller Retour „Back from Moers Festival Part II“ Reekbléck mat Kommentaren, Impressiounen a Live-Opnamen mam Steve a mam Marc 192309 Die Geschichte von „People United“ passt in ein Land wie Luxemburg, in dem aktuell 170 Nationalitäten leben und miteinander arbeiten. In der interkulturellen Company für zeitgenössischen Tanz lassen seit Mai 2016 acht Tänzer aus Palästina, Syrien, Brasilien und Deutschland etwas Neues entstehen, was auch im Ausland Beachtung findet. Mit „Heroes“ haben sie gerade beim „Fringe“-Festival im Rahmen der Ruhrfestspiele brilliert. die Choreografin. Für „People United“ hat sie Freigeister gefunden, die in dem „Mikrokosmos“ der verschiedenen Kulturen trotzdem sie selbst bleiben können. „Das ist nicht immer einfach, aber ich lerne von meinen Tänzern“, sagt sie. Einer davon ist Maher Abdul Moaty. Der inzwischen 31-jährige Syrer ist Autodidakt und flieht 2012 vor dem Krieg in seinem Land aus Damaskus in den Libanon. Die international bekannte „Caracalla Dance Theatre“-Company engagiert ihn und er tourt zwei Jahre mit. Im November 2014 landet er in Frankfurt am Main und wird nach drei Tagen im Transitbereich des Flughafens ins hessische Höhr-Grenzhausen gebracht. Die luxemburgische Tänzerin Simone Mousset hört davon. Sie kennt Maher vom „Caracalla“ und fragt in Luxemburg an, ob er bei Projekten mitmachen kann. Ma begleitet den Tänzer auf den Weg durch die Instanzen. Heute wohnt er als anerkannter politischer Flüchtling mit dauerhafter Aufenthaltsgenehmigung in Trier und kann fast schon ausschließlich von seiner Kunst leben. „Hannah bringt uns dazu, unser Inneres nach außen zu kehren“, schwärmt er von der Zusammenarbeit mit Ma. In „Heroes“ übernimmt er einen ungewohnten Part. In dem Stück, in dem es um Macht und Freund- und Feindschaft sowie die Frage, wie viel Gewalt der Einzelne und die Gesellschaft aushalten, geht, ist er der Aggressionstreiber. Ausgerechnet. Davor ist er geflohen. Auch wenn es ihn selbst aufwühlt, seine Darstellung findet Bewunderer. „Eine Tanz-Performance, die unter die Haut geht und durch die syrischen Flüchtlinge in der Gruppe eine beeindruckende Authentizität erhält“, heißt es in der Kritik der Recklinghäuser Zeitung zu dem Stück. Sergio Mel ist kein Flüchtling. Der in Luxemburg lebende Brasilianer ist ebenfalls Mitglied der Multi-Kulti-Company und bereichert sie durch das, was seinem Land nachgesagt wird. Leichtigkeit, Herzlichkeit, Freundlichkeit, immer gut aufgelegt und zu jedem Scherz bereit. Der 32-Jährige hat schon in vielen Ländern gelebt, ist mit seiner eigenen Company durch Brasilien ge- RADIO Wiebke Trapp Persönlich erstellt für: asbl asti 42 KULTUR Tageblatt
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