Gummirecycling Hochwertige Elastomere – Rückführung in den Produktionsprozess K. Thiele, A. Porst, U. Winkler* Dieser Beitrag soll unter dem Gesichtspunkt der Wiederverwendung von Gummiabfällen über die gesetzliche und umweltpolitische Situation in Deutschland informieren. Es wird ein Verfahren vorgestellt, das es ermöglicht, hochwertige Elastomerabfälle (z. B. Produktionsabfälle) wieder in den Produktionsprozess einzusetzen und einer erneuten Nutzung zuzuführen. Dabei werden unterschiedliche Recyclingverfahren an Hand der erhaltenen Kornstrukturen der Gummimehle verglichen. Abschließend wird eine Ökobilanz vorgestellt, die das Einsparungspotenzial an CO2– und SO2-Emissionen bei der Wiederverwendung der aufgearbeiteten Recyclate in Frischkautschukmischungen ausweist. The article informs about the legal and environmental situation in Germany under consideration of the reuse of rubber waste. A procedure is introduced which enables to use again high-quality rubber wastes (e.g. production scrap) in the production process and to supply a reapplication. Different recycling procedures are compared on the basis of the received grain structures of the rubber powder. Finally an ecological balance is presented which shows the saving potential of CO2and SO2-emissions in connection with the reuse of the processed rubber wastes in fresh rubber mixtures. 1. Augenblickliche umweltpolitische und gesetzliche Situation in Deutschland In Deutschland und in der EU sind in den letzten Jahren Gesetze und Verordnungen beschlossen worden, die einen entscheidenden Einfluss auf die Notwendigkeit des Gummirecyclings haben. Diese Gesetze beziehen sich auf alle Wertstoffe. Für das Gummirecycling haben sie jedoch eine besondere Bedeutung, da es bisher nicht gelungen ist, Gummiabfälle ohne Qualitätsverlust dem Stoffkreislauf wieder wirtschaftlich zuzuführen. Die bedeutendsten Gesetzte und Verordnungen, die diese Problematik betreffen sind: a) EU-Altfahrzeugverordnung b) TA-Siedlungsabfall 1.1 EU-Altfahrzeugverordnung Die beschlossene EU-Altfahrzeugverordnung (ELV) sieht vor, dass bis zum Jahr 2006 85 % aller Automobile zurückgenommen werden müssen. Davon müssen 80 % der Bestandteile der Automobile recycelt werden. Im Jahr 2015 sollen 95 % aller Automobile zurückgenommen werden und 85 % aller Autokomponenten recycelt werden. Voraussetzung für die Wiederverwendung von Gummiabfällen, z. B. in Zementwerken und Müllverbrennungsanlagen, ist die Kenntnis der Rezepturen für die Gummimischungen. Um diese Forderungen erfüllen zu können, sind von der Automobilindustrie für die Komponentenhersteller IMDS (International Material Data System) Dateien abgefordert worden, die alle Rezepturenbestandteile beinhalten, die für die Rezeptur und das Recycling notwendig sind. Die Notwendigkeit bestand auch darin, dass die Automobilindustrie bis zum 01. 07. 2003 das IMDS einführen musste. Wenn man davon ausgeht, dass in Deutschland 46 Mio. Kraftfahrzeuge zugelassen sind, bei denen im Durchschnitt 18 kg TEE (Technische Elastomer-Erzeugnisse) eingebaut wurden, so kommt man auf einen Recyclingbedarf an Gummiteilen aus der Automobilindustrie von 828 000 t. In der Tabelle 1 wird die Menge an ausvulkanisierten Gummi angeführt, die jährlich in Deutschland für eine weitere Verwertung zur Verfügung steht. In der Tabelle 2 ist der Energiebedarf für die Herstellung und Verarbeitung einer Kautschukrezeptur für die Reifenproduktion angeführt. Bei der jetzigen Entsorgungsproblematik werden ca. 57,3 kWh/kg für die Herstellung eines Reifens gebraucht. Aber bei seiner Entsorgung in einer MüllverTab. 1: Mengen an ausvulkanisiertem Gummi, die einer Verwertung zugeführt werden müssen * Dr. rer. nat. Klaus Thiele Dipl-Chem. Ute Winkler Alle Deutsche Gumtec AG, Halle (Saale) Vortrag gehalten am 14. 12. 2004 in Berlin anlässlich der Verleihung des Deutschen Materialeffizienzpreises 2004 640 Tab. 2: Der Energiebedarf zur Herstellung von Kautschuk und der zu erzielende Heizwert 628 000 t/a TSE 400 000 t/a ELV-Verordnung 828 000 t/a Energiebedarf Heizwert Kautschuk 50–150 MJ/kg 34–38 MJ/kg Herstellung der Kautschukmischung 25,0 kWh/kg Herstellung eines Reifens 32,3 kWh/kg Heizwert von Altreifen 9,0 kWh/kg [email protected] Ass. jur. Alexander Porst Altreifen Energieaufwand für Zerkleinerung auf Korngrößen von ca. 0,5-1,5mm 1,2 kWh/kg GAK 10/2005 – Jahrgang 58 Gummirecycling Im April 2002 ist ein Gesetz verabschiedet worden, nachdem ab Juni 2005 gewerbliche Abfälle nicht mehr unsortiert deponiert werden dürfen. Dies bedeutet, dass die Gummiverarbeiter ihren Ausschuss und Abfall sortieren und einer anderen Verwertung zuführen müssen. brennungsanlage nur 9,0 kWh/kg an Energie zurück gewonnen. Damit wird unter der heutigen Situation eine deutliche Energievernichtung durchgeführt. Es müssen in unmittelbarer Zukunft unbedingt neue Recyclingwege gefunden werden, um das energiereiche Produkt wieder äquivalent einsetzen zu können. Aus dieser umweltpolitischen Situation heraus ergeben sich politische Zwänge, die es unbedingt erforderlich machen, Lösungswege anzubieten, die einerseits ökologisch vertretbar sind, andererseits auch eine wirtschaftliche Wertschöpfung ermöglichen. 1.2 TA-Siedlungsabfall Im Jahr 2005 treten die TA-Siedlungsabfall und die neue Deponieverordnung in Kraft. Darin wird gefordert, dass Deponieabfälle nur noch einen Aschegehalt von weniger als 5 Gew. % haben dürfen. Wir glauben, dass wir mit unserer Verfahrensentwicklung einen möglichen Lösungsweg zumindest für Teilprobleme anbieten können. Alle anderen Abfälle müssen recycelt bzw. einer Müllverbrennung zugeführt werden. 2. Verfahren zur Herstellung von PCAP Gummimehlen Abb. 1: Lichtmikroskopische Aufnahme von EPDM-Recyclat Bei dem schutzrechtlich gesicherten Verfahren der Deutschen Gumtec AG werden in den von uns entwickelten Maschinen, die aus einem profilierten Rotor und Stator bestehen, mit einem einstellbaren Spalt ausvulkanisierte Gummiteile bei einer Einstellung der Temperatur einer gezielten Scher- und Schubspannung unterworfen. Dabei entstehen Gummimehle mit einer vergleichbar großen Oberfläche und einer breiten Korn- EPDM-Granulat 120 Die Abbildung 1 zeigt eine lichtmikroskopische Aufnahme unseres Produktes. Aus der in Abbildung 2 dargestellten Teilchengrößenverteilung erkennt man, dass bei diesen Produkten Teilchengrößen von 41 µm–63 µm erhalten werden. Durch die entstehende große Oberfläche und den damit verbundenen Dispersionskräften und der Ausbildung der Bound-rubberSchicht, ist es möglich, diese Partikel wieder ohne Probleme in die Frischkautschukmatrix einzubinden. In der Tabelle 3 sind einige mechanische Kennwerte für eine Fluorkautschukrezeptur, die nach DIN 53504S2 bestimmt wurden, in Abhängigkeit vom Zusatz des Recyclates ermittelt worden. Diese Werte dokumentieren, dass das recyclierte Partikel sehr gut in die Frischmischung aufgenommen wird und das dadurch fast keine mechanischen Kennwerteabfälle zu verzeichnen sind. Dieses Verfahren gestattet es, größere Mengen an Recyclat ohne Senkung des mechanischen Kennwerteniveaus in Frischkautschukrezepturen einzuarbeiten. Dieser Effekt, der nur durch diese Technologie bedingt ist, lässt sich an Hand der unterschiedlichen spezifischen Oberflächen erklären. Agglomerate 110 100 Augenblicklich gibt es drei Mahlverfahren, bei denen unter dem Aspekt der Korngröße und der spezifischen Oberfläche unterschiedliche Qualitäten erreicht werden: 90 80 Breite [µm] größenverteilung. Diese Gummimehle werden über eine Siebmaschine klassiert und bei 630 µm abgesiebt. 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 Probenbezeichung 50 60 70 80 Länge [µm] Zugkraft N/ mm2 90 100 % 110 120 130 Dehnung 140 150 % FPM-Ausgangsmischung 8,91 100 374,4 100 FPM + 10 % PCAP 8,97 101 380,7 102 FPM + 20 % PCAP 9,01 101 346,3 93 FPM + 30 % PCAP 8,59 96 341,1 91 GAK 10/2005 – Jahrgang 58 Abb. 2: Teilchengröße-Analyse von EPDM-Recyclaten Tab. 3: Mechanische Kennwerte einer FKM-Mischung unter Zusatz von Recyclat a) Kryogenvermahlung glatte Oberfläche Korngröße: 50–300 µm Oberfläche: < 0,05 m²/g (N2 Kosten = 22 % der Gesamtkosten; 1 kg N2/ 1 kg Recyclat) b) Warmvermahlung Korngröße: 50–1000µm Oberfläche: 0,05–0,25 m²/g c) Gumtec Verfahren Korngröße: 10–100 µm Oberfläche: 0,2–0,9 m²/g 641 Gummirecycling In der Abbildung 3 ist dies noch einmal exemplarisch dargestellt. In der Abbildung 4 und 5 sind rasterelektronische Aufnahmen von FKM-Recyclat, welches einmal durch unser Verfahren und einmal durch eine kryogene Vermahlung erhalten wurde, zu sehen. Die gleichen Aufnahmen wurden an HNBR-Produkten gemacht und in der Abbildung 6 und 7 dargestellt. In den Abbildungen 8 bis 10 sind nochmals Gummimehle abgebildet, die durch die unterschiedlichen Verfahren erhalten wurden. An Hand dieser rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen, erkennt man deutliche Unterschiede. Die von uns erhaltenen Gummimehle besitzen eine zerklüftete OberfläAbb. 3: Oberflächenvergleich unterschiedlicher Mahlverfahren 1 2 che. Die kryogenen Produkte haben glatte Bruchstellen, die sich dann bei der Einarbeitung in eine Frischkautschukmischung als Bruchzonen erweisen. Die Abbildung 11 zeigt eine rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einer Bruchstelle eines FKM-Teiles nach einer mechanischen Beanspruchung. Man erkennt, dass die Bruchstelle keine glatte Oberfläche aufweist und dass davon ausgegangen wird, dass der Bruch teilweise durch die Frischkautschukmatrix verläuft. An Hand der Aufnahmen des Rasterelektronenmikroskops ist zu erkennen, dass das PCAP-Gummimehl eine andere Korngrößenverteilung und eine große spezifische Oberfläche besitzt, die es ermöglichen, dieses Material ohne nennenswerten mechanischen Kennwerteverlust wieder in die Frischkautschukmatrix einzuarbeiten. 0,05 qm/g 0,25 qm/g Aus der internen Sicht des Unternehmens hat sich der Umweltschutz zum integralen Bestandteil der Unternehmenszielsetzung gewandelt. Umweltschutz sollte nicht, oder nicht mehr nur als lästige Randbedingung im Wertschöpfungsprozess verstanden, sondern als gleichwertiges Unternehmensziel bei der Entwicklung und Herstellung neuer Produkte verstanden werden. Diese Grundeinstellung sollte sich manifestieren, beispielsweise in der ganzheitlichen Sicht des Lebenszyklusses neuer Produkte. Die Unternehmen sollten Verantwortung übernehmen für die Rohmaterialien und Halbzeuge, die Nutzungsphase und die Verwertungsphase, die auf Recycling und Entsorgung ausgedehnt werden sollte. Hier ist ausdrücklich auch die Automobil- und Automobilzulieferindustrie gefragt, die sich mit dem Einsatz von Recyclaten als gleichwertigen Rohstoff augenblicklich noch sehr zurückhaltend verhält. Alle Wechselwirkungen mit der Umwelt werden in der Ökobilanz zusammengefasst. 3. Umweltpolitische Aspekte 3 0,9 qm/g 3.1 CO2-Ausstoß SPEZIFISCHE OBERF L ÄCHE 1 KRYOGEN-VERFAHREN 2 WARMVERMAHLUNG 3 GUMTEC-VERFAHREN Die Gesellschaft schaut auf die Unternehmen und ihre Produkte und erwartet ökologische Verantwortung. Wir wollen an Hand eines Pkw-Reifens die Ökobilanz darstellen. Da für die einzelnen Kautschuktypen nicht alle ökologischen Daten bekannt sind, soll das folgende Beispiel an einer Reifenmischung dargestellt werden. Abb. 4: Rasterelektronische Aufnahmen von FKM-Recyclat durch Gumtec-Verfahren Abb. 5: Rasterelektronische Aufnahmen von FKM-Recyclat durch Kryogen-Vermahlung Abb. 6: Rasterelektronische Aufnahmen von HNBR-Recyclat durch Gumtec-Verfahren Abb. 7: Rasterelektronische Aufnahmen von HNBR-Recyclat durch Kryogen-Vermahlung 642 GAK 10/2005 – Jahrgang 58 Gummirecycling Voraussetzung für die Berechnung ist die Entsorgung von TEE-Abfällen in einer Müllverbrennungsanlage und die dabei entstehende CO2 Menge. Als Bilanzobjekt wurde ein Sommerreifen betrachtet, der ein Gewicht von 6,5 kg beAbb. 8: Rasterelektronische Aufnahmen eines Partikels nach der kryogenen Vermahlung Abb. 9: Rasterelektronische Aufnahmen eines Partikels nach dem Gumtec-Verfahren sitzt. Der Kautschukanteil des Reifens, der aus Elastomeren NR/SBR und Ruß besteht, beträgt 70 % des Gesamtgewichtes des Reifens. Damit beträgt der Anteil der Kautschukmischung 4,6 kg/Reifen. Der Elastomeranteil besteht aus 66,9 % SBR und 3,1 % NR. Der Anteil NR wird vernachlässigt. Das Molgewicht des SBR, welches aus 77 % Polybutadien und 23 % Styrol besteht beträgt aus diesen Molverhältnissen berechnet 65,7 g/mol. Jedes Kohlenwasserstoffatom des Grundelastomeren bildet ein Mol CO2. Da das Grundpolymere 12 C-Atome besitzt, entstehen bei der Verbrennung von 1 Mol SBR 12 Mol CO2. Das Molgewicht des CO2 beträgt 44 g/mol und bei 12 Mol CO2 entstehen damit 528 g CO2 aus einem Mol SBR. setzt. Bei der Verbrennung von 4 000 t Altreifen, die einen Kautschukanteil von 2 800 t besitzen, entstehen 22 512 t Kohlendioxid. Bei der Verbrennung von 1 g/NR/SBR Kautschukmischung werden 8,04 g CO2 freige- Das Treibhauspotenzial eines Reifens liegt bei 624 kg CO2-Äquivalenten für 6,5 kg Sommerreifen und wird fast vollständig durch die Emission von Kohlendioxid bestimmt. Abb. 10: Rasterelektronische Aufnahmen durch Warmvermahlung Das zweite Beispiel geht davon aus, dass wiederaufgearbeitete TEE-Abfälle zu 30 Gew.% in eine Frischkautschukmischung eingearbeitet und diese einer zweiten Nutzung zugeführt werden kann. Als Bilanzobjekt wird ein Pkw-Reifen betrachtet, dessen Materialzusammensetzung einem Sommerreifen entspricht. Der Reifen hat ein Gewicht von ca. 6,5 kg/Reifen. Der Kautschukanteil, der aus einer NR/SBR Mischung besteht, beträgt 4,6 kg Kautschuk pro Reifen. Da nur der Kautschukanteil (NR/SBR und Russ) zu 30 Gew.% wieder in eine Frischkautschukmischung eingesetzt werden, reduziert sich das Äquivalent auf 436,8 kg CO2. Von diesem CO2-Äquivalent wird für die Gewinnung des Elastomeren 2,2 %, für die Produktion des Reifens 1,2 % und 0,2 für den Transport gebraucht, mithin 15,72 kg CO2/ 4,6 kg Kautschukanteil. Die Berechnungen sind aus Tabelle 4 ersichtlich. Bei einer Einmischung von 30 Gew.% Recyclat treten nur 70 % dieser CO2 Emissionen auf. Dies entspricht einer CO2-Emission von 11,27 kg/4,6 kg Kautschukanteil. Abb. 11: Rasterelektronische Aufnahmen einer FKM-Bruchstelle Damit ergibt sich eine Verringerung des CO2-Ausstoßes zu: 1) ohne Recyclat Gewinnung des Rohmaterials 2) 2,2 % = 9,61 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil 15,72 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil – 11,27 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil 4,45 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil Produktion des Reifens + 1,2 % = 5,24 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil Transport + 0,2 % = 0,87 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil 1) 15,72 kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil 2) Herstellung ohne Recyclat Herstellung mit Recyclat Einsatz von 30 Gew.% Recyclat Gewinnung des Rohmaterials 1,54 % = 6,73kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil Produktion des Reifens + 0,84 % = 3,67kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil Transport + 0,20 % = 0,87kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil 11,27kg CO2/4,6 kg Kautschukanteil GAK 10/2005 – Jahrgang 58 Tab. 4: Vergleich der CO2Emission von Reifenrezepturen mit und ohne Recyclat Die Vermeidung der CO2-Emission beträgt beim Einsatz von Recyclat 4,45 kg CO2 / 4,6 kg Kautschukanteil bzw. 0,96 kg CO2/kg Kautschukanteil. 643 Gummirecycling 3.2 Versauerungspotenzial Das Versauerungspotenzial bezieht sich auf freigesetzte saure Schadgase (Schwefeloxide, Stickoxide, Säuren z. B. HCL, HF, H2SO4, HNO3) und wird in SO2-Äquivalenten ausgedrückt. Das Versauerungspotenzial eines Reifens beträgt 0,54 kg SO2-Äquivalent. Die Gewinnung der Rohmaterialien für den Reifen hat einen Anteil von ca. 11,3 % am Versauerungspotenzials, im Wesentlichen verursacht durch die Emissionen von SO2 (ca. 5,1 %) NOx (ca. 2,9 %) und CS2 (ca. 2,9 %). Transporte tragen ca. 1,9 % zum Versauerungspotenzial, durch den Ausstoß von SO2 (ca. 0,4 %) und NOx (ca. 1,5 %) beim Betrieb von Transportfahrzeugen bei. Die Produktion des Reifens weist mit 1,6 % den kleinsten Beitrag zum Versauerungspotenzial auf, der hauptsächlich durch SO2 (ca. 0,7 %) und NOx verursacht wird. Das SO2-Äquivalent für einen Pkw-Reifen, mit einem Gewicht von 6,5 kg beträgt 0,54 kg SO2-Äquivalenten. Da nur der Kautschukanteil des Reifens, der 70 % des Gesamtgewichtes beträgt, wieder in die Frischmischung eingemischt wird, reduziert sich das Versauerungspotenzial von 0,54 kg SO2-Äquivalent auf 0,378 kg SO2Äquivalent für 4,6 kg Kautschukanteil bzw. 0,082 kg/kg Kautschukanteil. Aus der Tabelle 5 ist zu ersehen, dass durch den Einsatz des Recyclates mit 30 Gew. % eine Verminderung des Versauerungspotenzial auf 0,019 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil bzw. 0,0041 kg SO2/kg Kautschukanteil erreicht wird. Bei einer Produktion von 4 000 t mit einem Kautschukanteil von 2 800 t wird eine Emission von 11,48 t SO2 vermieden. 3.3 Eutrophierungspotenzial Das Eutrophierungspotenzial wird in Phosphat-Äquivalenten ausgedrückt und stellt ein Maß für den Nährstoffeintrag in das Ökosystem dar. Dieser Eintrag kann entweder über das Auswaschen von Schadgasen aus der Luft oder über das Wasser erfolgen. Da hier in der Literatur die genauen Phosphat-Äquivalente nicht angegeben werden, kann der Schadstoffanteil nur verbal erwähnt werden. Anhand dieser Werte kann man abschätzen, welche Umweltbelastungen auf uns zukommen, wenn z. B. die Möglichkeiten des stofflichen Recyclings von Gummiteilen nicht konsequent genutzt werden, sondern diese Teile in Müllverbrennungsanlagen einer energetischen Nutzung, die einer Energievernichtung gleichkommt, zugeführt werden. Unser Verfahren führt zu Kosteneinsparungen durch Rohstoffeinsparung und weniger Deponie- und Entsorgungskosten. Gleichzeitig wird ein Beitrag zur Umweltentlastung durch einen geschlossenen Stoffkreislauf geleistet. Durch den Einsatz des Recyclates werden wertvolle Rohstoffe und Materialien eingespart. Die Ökobilanz stellt sich positiv dar. 5. Danksagung Für die Förderung und Unterstützung bei der Bearbeitung dieser Problematik danken wir Herrn Prof. Dr. Siegfried Köhli. 4. Zusammenfassung Herrn Meinicke vom Fraunhofer Institut für Werkstoffmechanik danken wir für die lichtmikroskopischen Aufnahmen und deren Auswertung. Wir bieten ein neues Verfahren zur Aufarbeitung von ausvulkanisierten Gummiabfällen zu physikalisch und chemisch aktiven Gummimehlen an. Bei der Deutschen Bundesstiftung Umwelt möchten wir uns für die teilweise Finanzierung während der Bearbeitung dieser Problematik bedanken. ohne Recyclat Gewinnung des Rohmaterials 11,3 % = 0,047 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Produktion des Reifens + 1,6 % = 0,006 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Transport + 1,9 % = 0,007 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil 0,060 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Einsatz von 30 Gew.% Recyclat Tab. 5: Vergleich der SO2Emission von Reifenrezepturen mit und ohne Recyclat Gewinnung des Rohmaterials 7,91 %= 0,0298 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Produktion des Reifens + 1,12 %= 0,0042 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Transport + 1,9 %= 0,0070 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil www.gak.de 644 Bei diesen aktiven Gummimehlen handelt es sich nicht um die bisher bekannten Regenerate, sondern um echte Rohstoffsubstitute, die qualitativ den höchsten Ansprüchen gerecht werden. Die aktiven Rohstoffsubstitute können ohne mechanischen Kennwerteverlust der Originalrezeptur in größeren Mengen wieder zugeführt werden. 0,0410 kg SO2/4,6 kg Kautschukanteil Dr. Gup ta V erla g Bei einer angenommenen Produktion von 4 000 t Recyclat, die einem Kautschukanteil von 2 800 t entsprechen und dem Herstellungsprozess wieder zugeführt werden können, ergibt sich somit eine Reduzierung der CO2-Emission von 2 688 t Kohlendioxid. GAK 10/2005 – Jahrgang 58
© Copyright 2024 ExpyDoc