„Unverschämt“ – Die Bürgermeisterin schreibt an Initiativsprecher

DONNERSTAG, 16. JUNI 2016
C1
STADT MEERBUSCH
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WOCHENENDE
Bau der Reihenhäuser wieder
völlig offen Seite C 2
BÜDERICH OSTERATH STRÜMP LANGST-KIERST
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Sonntag feiert Lank das
Brunnenfest Seite C 3
rHEINISCHE POST
UWG kritisiert
Einführung der
Sperrklausel
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INFO
(sep) Die Fraktion der Unabhängigen Wähler (UWG) im Meerbuscher
Stadtrat fürchtet, dass mit Einführung der Sperrklausel in Kommunalparlamenten die kleinen Parteien „mundtot“ gemacht werden.
Künftig müssen Parteien mindestens 2,5 Prozent der Stimmen holen,
um in Räte und Kreistage einziehen
zu können. Beschlossen wurde dies
im Land von SPD, CDU und Grünen. Die Meerbuscher UWG-Fraktions-Chefin Daniela Glasmacher
teilte in einer Pressemitteilung mit:
„Erst 1999 wurde diese Hürde beseitigt, um den Bürgerwillen zu respektieren und für eine vielseitige und
bürgernahe Politik die Weichen zu
stellen. Die Argumente der etablierten Parteien, die für diese Sperrklausel stimmten, sind nach Auffassung der UWG Meerbusch verlogen.
Ihnen geht es nur um Ausgrenzung
von Meinungen und bürgernaher
Politik, durch die rückschrittliche
Wiederbelebung von Fraktionsund Parteiendominanz.“ Nach Ansicht von Glasmacher sollte die
„pluralistische Gesellschaft auch im
Stadtrat und Kreistag vertreten sein,
da die Gleichwertigkeit aller Stimmen ein wichtiger Wahlrechtsgrundsatz ist, welcher auch im
Grundgesetz verankert ist“. Sie
glaubt, dass mit der Sperrklausel ein
relevanter Anteil von Wählerstimmen bewusst missachtet wird. „Wer
verfassungsfeindliche Parteien aus
den Räten heraushalten will, darf
nicht auf Sperrklauseln setzen, dafür steht das Parteienverbotsverfahren zur Verfügung“, schreibt Glasmacher.
„Flachdach entspricht
nicht Gestaltungssatzung“
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TOTAL LOKAL
Arm, aber sexy
D
eftige Worte im Planungsausschuss: Während Grünen-Ratsherr Joachim
Quaß über Krefeld lästerte („Krefeld
ist der unzuverlässigste und unseriöseste Partner, den man sich vorstellen kann“), sprach SPD-Fraktionschefin Nicole NiederdellmannSiemes über Meerbusch („Eine
arme Stadt mit vielen reichen Menschen“). Was uns gestern zur Überlegung führte, ob es nicht einen neuen Stadtslogan in Anlehnung an Berlin braucht: „Meerbusch – arm, aber
sexy Bewohner!“
sep
MELDUNGEN
Nach Unfall in Strümp:
Kinder auf dem Wege
der Besserung
Feuerwehreinsatz auf der Strümper
Straße.
FOTO: FEUERWEHR
(sep) Nach dem Unfall vom Dienstag in Strümp, bei dem eine Frau
und drei Kinder schwer verletzt worden waren, befinden sich alle auf
dem Wege der Besserung. Dies teilte
eine Polizeisprecherin gestern auf
Anfrage mit. Am Dienstagnachmittag war es gegen 16.15 Uhr zu dem
Unfall auf der Strümper Straße gekommen. Zwei Pkw stießen frontal
gegeneinander. In einem saß eine
Frau mit drei Kindern. Zeitweise waren vier Rettungswagen und ein
Notarzt vor Ort erforderlich. Die
Straße war für 30 Minuten gesperrt.
Der geplante Kubusanbau einmal aus westlicher Blickrichtung (links), einmal aus östlicher Blickrichtung (rechts).
Politik gegen Kubusbau neben Kirche
„Unwürdig, unpassend, Bauklötzchenstil“ – die Politik ist gegen einen von der Kirche geplanten Anbau
in Kubusform an die Neue Vikarie am Kirchplatz in Osterath. Die Forderung: Ein echtes Dach solle her.
VON SEBASTIAN PETERS
Die katholische Pfarrgemeinde St.
Hildegundis im Meerbuscher Norden ist mit ihrem Ansinnen gescheitert, einen Anbau in Kubusform mit
Flachdach an die Neue Vikarie in
Osterath direkt neben der Kirche St.
Nikolaus zu realisieren. Stattdessen
fordert die Politik, dass der Anbau
gemäß Gestaltungssatzung für den
Osterather Ortskern mit einem echten Satteldach versehen werden
muss. Die Dachneigung solle bei 30
bis 50 Grad liegen.
Die Kirche hatte zuvor argumentiert, dass sich bauästhetisch ein
Anbau in Kubusform dem eigentlichen Denkmal Vikarie untergeordnet würde, sich also nicht aufdränge. Die Stadt war dieser Begründung
in ihrer Vorlage gefolgt und legte der
Politik nahe, für den Kubus eine Befreiung von der Gestaltungssatzung
zu beschließen. Die Satzung sieht
für den Osterather Kern eigentlich
ein Satteldach vor – mit der Befreiung wäre ein Flachdach möglich gewesen. Selbst der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als Obere
Denkmalbehörde hielt das Bauwerk
für akzeptabel – der Verband hat
aber nicht die Osterather Gestaltungssatzung zu beachten, sondern
nur die Denkmalregularien.
Im Planungsausschuss kritisierte
die Politik die Planung allerdings
überraschend einhellig. „Es gab
eine lange Diskussion in unserer
Fraktion. Die Befreiung von der Gestaltungssatzung ist für uns nicht
möglich“, sagte Renate Kox (CDU).
Ihr Fraktionskollege Hans-Werner
Schönauer zog sich bei diesem Beratungspunkt in die Zuschauerräume zurück – er ist Mitglied des Kirchenvorstandes und wollte aus
Gründen der Befangenheit nicht
mit abstimmen. Jürgen Peters (Grüne) kritisierte: „Dieser Bau passt
überhaupt nicht in die Umgebung.
Denkmalwürdig nicht angemessen.“ Nicole Niederdellmann-Siemes (SPD) argumentierte: „Dieser
Kubus sieht aus wie Bauklötzchen.
Das Bauwerk liegt mitten im Ortskern. Wenn die Gestaltungssatzung
Ungewöhnlich scharf attackiert
Meerbuschs Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage (CDU) in einem neuen Brief den Osterather Jochen Weingartz, der als Sprecher
der Initiative gegen das A44-Gewerbegebiet fungiert und hauptberuflich als Rechtsanwalt tätig ist. Von
„unverschämten
Vorwürfen“,
schreibt Angelika Mielke-Westerlage und verteidigt das Vorgehen der
Stadt, gemeinsam mit Krefeld eine
Gesellschaft zu planen, die die Entwicklung des umstrittenen 121
Hektar großen Areals vorantreibt.
Weingartz hatte der Stadtchefin zuvor in einem Schreiben vorgeworfen, die Bürgerproteste gegen das
Gewerbegebiet ignoriert zu haben
und in der Beratungsvorlage für den
Planungsausschuss am Dienstagabend nicht darauf eingegangen zu
sein. Dies sei laut Hauptsatzung
Pflicht.
Angelika Mielke-Westerlage hat
jetzt veranlasst, dass die Anwohnerkritik in der Sitzung des Hauptaus-
schusses am heutigen Donnerstag
(17 Uhr, Mataré-Gymnasium) thematisiert wird. Weingartz wirft sie
unterdessen vor, den formalen Weg
nicht eingehalten zu haben, weil der
Rechtsanwalt sie persönlich angeschrieben habe, nicht aber vermerkt habe, dass die Kritik als Eingabe an den Rat verstanden werden
soll.
Die FDP hat sich unterdessen mit
der verkehrlichen Belastung durch
das neue Gewerbegebiet befasst.
Ein Ergebnis der Untersuchung von
Fraktionschef Klaus Rettig: Würde
Meerbusch ein eigenes Gewerbegebiet ohne Krefelder Beteiligung planen, führen mehr Lkw über die Krefelder Straße in Osterath. Begründung: Im geplanten Interkommunalen Gewerbegebiet würden die
Verkehre über Krefeld abgeleitet,
deutlich weniger Lkw führen danach über die Krefelder Straße in
Osterath. FDP-Chef Klaus Rettig
nennt in der von seiner Fraktion
vorgelegten Analyse dennoch die
Vorteile, die aus Sicht der FDP bei
alleiniger Planung bestehen. Würde
eine Berechtigung hat, dann auf jeden Fall an diesem Ort.“ Eine differenzierte Sicht hatte Klaus Rettig,
Sprecher der FDP im Planungsausschuss: „Eine historisierende Variante, die das Denkmal aufnimmt,
halten wir für nicht angebracht.“
Gleichwohl plädierte er für ein Satteldach. „Allerdings nicht in Firsthöhe.“ Heinrich P. Weyen (UWG)
nahm Anstoß an der Begründung
der Stadtverwaltung, die für eine
Ausnahme von der Gestaltungssatzung plädiert: „Mit dieser Argumentation der Stadt kann man im Osterather Ortskern alles genehmigen.“
Er warf der Kirchengemeinde vor,
mit möglichst wenig Geld neuen
Wohnraum für den Pfarrer schaffen
zu wollen. Am Rande wurde von Seiten der Grünen auch Kritik an der
Dimension der Planung laut. Grünen-Fraktionschef Jürgen Peters
merkte an, dass aus seiner Sicht 160
Quadratmeter für eine Pfarrerwohnung sehr üppig bemessen seien.
Diesen Vorwurf wollte die FDP so
nicht stehen lassen. Es sei Sache der
Gemeinde, wie groß das Bauwerk
geplant wird, sagte Klaus Rettig. Die
öffentliche Debatte darüber halte er
für ungerechtfertigt.
Folgendes schrieb die Stadt in
ihrer Begründung für die aus
Sicht der Verwaltung zulässige
Form der Bebauung:
Diese Animation wurde der Politik als Diskussionsgrundlage vorgelegt. Der graue
Kubus mit Garage sollte angebaut werden.
GRAFIK: KIRCHENGEMEINDE
„Unverschämt“ – Bürgermeisterin
schreibt an Initiativsprecher
VON SEBASTIAN PETERS
GRAFIK: KIRCHENGEMEINDE
das Interkommunale Gewerbegebiet realisiert, läge das KFZ-Aufkommen an normalen Werktagen
bei Addition von Ziel- und Quellverkehr bei 14.197 Pkw und 1335 Lkw.
Die Krefelder Straße in Osterath
würde demnach mit 777 Fahrten
pro Tag belastet, davon 67 Lkw. Der
Rest würde über die A 44 und über
Fischeln abfahren. In einer kleinen
Variante, die Rettig ebenfalls untersucht, würde Krefeld selbst 44,2
Hektar entwickeln, Meerbusch hingegen nur 16,1 Hektar für Dienstleistungen und Handwerk und Gewerbe. Auf den Bereich Industrie/
Produktion mit 41,9 Hektar würde
Meerbusch demnach verzichten.
Nach dieser Berechnung, so Rettig
in seiner Vorlage für den Ausschuss,
würde das Kfz-Aufkommen nur
noch bei insgesamt 7768 Fahrzeugen liegen, also der Hälfte der großen Planung. Die Krefelder Straße
von und nach Meerbusch würde
demnach nun nur noch mit 388 gegenüber 777 Fahrten/Tag belastet.
Allerdings würden 28 Lkw mehr pro
Tag über diese Straße fahren.
„Die Festsetzungen des Bebauungsplanes werden eingehalten.
Die Gestaltungssatzung Nr. 12, § 4
(Dachformen) und § 5 (Material
der Dachhaut) lässt ein symmetrisches Satteldach mit einer Neigung von 40 bis 50 Grad mit anthrazitfarbenen Hohl- oder Hohlpfalzpfannen zu. Das geplante
Flachdach entspricht somit nicht
der Gestaltungssatzung. Die Wahl
dieser Dachform ordnet sich jedoch dem Denkmal unter.“
die Fußball-Europameisterschaft
stellt nicht nur die Organisatoren in
Frankreich, sondern auch uns als
RP-Team vor besondere Herausforderungen: Wir wollen Sie umfassend über das Turnier informieren,
auch das Geschehen außerhalb der
Stadien im Blick behalten und Sie
dabei stets mit aktuellen Nachrichten versorgen. Damit dies auch bei
den späten Spielen mit Anpfiff 21
Uhr gelingt und Sie die Zeitung am
nächsten Morgen mit frischem
Spielbericht im Briefkasten finden,
haben wir die Struktur Ihrer Ausgabe vorübergehend geändert. Dafür
bitten wir um Verständnis. Nach Abschluss der EM werden wir wieder
zur vertrauten Form zurückkehren.
Eigentümerverband gegen
geforderte Wohnraumschutzsatzung
Linke und Piraten wollen in Meerbusch die Nutzung von Wohnungen als Hotel
per Satzung verbieten. „Bürokratisches Monster“, sagt Haus und Grund.
(sep) Der Eigentümerverband Haus
und Grund spricht sich gegen die
von der Fraktion von Piraten und
Linken geforderte Wohnraumschutzsatzung in Meerbusch aus.
Die Fraktion begründet ihren Antrag damit, dass immer mehr Wohnungen in Meerbusch für kurze
Zeiträume zum Beispiel an Messegäste vermietet würden. Somit würden diese Wohnungen dem normalen Wohnungsmarkt entzogen und
stattdessen auf Vermietungsportalen wie Air’n’B angeboten. In der
Sitzung des heutigen Hauptausschusses (17 Uhr, Mataré-Gymnasium) soll die geforderte Satzung diskutiert werden. Das Ergebnis ist
noch offen, die Grünen hatten zuletzt noch Beratungsbedarf angemeldet.
Unsere Redaktion hat sowohl den
Eigentümerverein Haus und Grund
als auch den Mieterverein in Düsseldorf befragt. Nur Haus und
Grund sendete eine Stellungnahme.
Rechtsanwalt Johann Werner Fliescher als Vertreter von Haus und
Grund glaubt, dass ähnlich wie die
nicht funktionierende Mietpreisbremse auch eine Zweckentfremdungsverordnung keine Erfolge
bringen könne: „Es wird ein bürokratisches Monstrum geschaffen,
um die Untervermietung von Wohnungen, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowieso vom Vermieter untersagt werden kann, zu unterbinden.“
Ursachen für das Phänomen
Air’n’B sind aus seiner Sicht die hohen Hotelpreise und das fehlende
Angebot von Wohnappartements.
„Dass die Hotels jahrelang eine falsche Angebotspolitik betreiben,
kann nicht zulasten des Wohnungsmarktes gehen. Schließlich würde
eine
Zweckentfremdungsverordnung auch die Umwandlung von
Gewerberaum in Wohnraum untersagen“, sagt Fliescher. Auf diese
Weise würden dann viele leerste-
hende Gewerbeeinheiten in „1C-Lagen“ nicht mehr in Wohnungen umgewandelt. „Die Untersagung einer
Gelegenheitsvermietung
durch
Mieter während der eigenen Abwesenheit dürfte für den Wohnungsmarkt kaum eine Entlastung bringen.“
Fliescher berichtet überraschend,
dass die Mitglieder von Haus und
Grund in Meerbusch zunehmend
Probleme hätten, ihre Wohnungen
zu vermieten – selbst in Büderich.
Teilweise habe es keine Anschlussvermietung gegeben, teilweise habe
man ein Jahr Leerstand in Kauf nehmen müssen. „Dies hängt meiner
Meinung nach mit einer erweiterten Bautätigkeit zusammen. Eine
solche Bautätigkeit ist auch die einzige Maßnahme, um tatsächlich
preissenkend einzugreifen“, argumentiert Fliescher. Eine flächendeckende gewerbliche Benutzung von
Wohnraum zu einer hotelartigen
Vermietung sei nicht festzustellen.