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BZB Juni 16
Praxis
KZVB
Neues Kapitel für die „Alte Anatomie“
Deutsches Medizinhistorisches Museum Ingolstadt bekommt Erweiterungsbau
Das Deutsche Medizinhistorische Museum in
Ingolstadt ist eine Einrichtung, die weltweit ihresgleichen sucht. Schon das barocke Gebäude ist
ein architektonisches Juwel. 43 Jahre nach seiner
Gründung wird das Museum nun noch attraktiver.
Die Stadt genehmigte einen dringend benötigten
Erweiterungsbau, der am 23. Juli offiziell eingeweiht wird. Der Ingolstädter Zahnarzt und ehemalige KZVB-Vorsitzende Dr. Martin Reißig sprach mit
der Direktorin Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger
über das Projekt.
Reißig: Was waren die besonderen Herausforderungen
beim Neubau?
Ruisinger: Es war schon ein Kunststück, hier all die
Funktionen unterzubringen, die wir uns für den Erweiterungsbau wünschten: Neben den eben erwähnten Funktionen galt es auch, einen modernen Sonderausstellungsraum, Flächen für Depot
und Bibliothek sowie Büros für Wissenschaft und
Verwaltung unterzubringen – und natürlich einen
Unterrichtsraum, um endlich Vermittlungsangebote für Schulen und andere Gruppen machen zu
können. Und das alles auf ganz wenig Platz: auf einem schmalen Grundstück zwischen der Alten
Anatomie und der Berufsschule Marienheim.
Fotos: KZVB
Reißig: Wieso haben Sie sich für den Erweiterungsbau
entschieden?
Ruisinger: Als es 1973 gegründet wurde, war unser Museum das erste Medizinische Fachmuseum
in Deutschland. Die Erwartungen an Museen haben sich im Laufe der Jahre grundlegend gewandelt. Aus hehren Bildungstempeln wurden Foren,
die sich zur Stadt hin öffnen, die zur Diskussion
und Teilhabe einladen. Barrierefreiheit gehört inzwischen ebenso selbstverständlich dazu wie ein
Museumsshop, ein Museumscafé und moderne
Garderoben- und Toilettenanlagen. All dies – und
noch mehr – bietet das neue Besuchergebäude.
Die „Alte Anatomie“ in Ingolstadt ist seit 1973 die Heimat des Deutschen Medizinhistorischen Museums, das nun einen Erweiterungsbau bekommen hat.
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als früher, weil die Nebennutzungen – Kasse, Toiletten etc. – durch den Neubau überflüssig werden.
Doch auf die Dauerausstellung müssen unsere Besucher zunächst noch verzichten: Das barocke Gebäude bekommt eine neue Heizung und neue Elektroinstallationen. Deshalb wird es noch bis 2017
geschlossen sein. Was wir aber versprechen können: Bei Interesse stellen wir für Gästegruppen aus
dem zahnmedizinischen Bereich gerne historische
Zahnreißzangen, Pelikane und andere schöne Gerätschaften zusammen, die wir uns dann im Seminarraum gemeinsam näher ansehen können. Das
wäre doch ein tolles Programm für einen Betriebsausflug mit dem Praxisteam!
Der ehemalige KZVB-Vorsitzende Dr. Martin Reißig sprach mit Direktorin
Prof. Dr. Marion Maria Ruisinger darüber, warum der Bau dringend notwendig
war und was die Besucher davon haben.
Reißig: Und sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Ruisinger: Mehr als das. Unserem Architekten,
dem Berliner Volker Staab, ist das Kunststück gelungen, alle Funktionen auf elegante Weise unter
einem Dach zu vereinen. Er legte nicht nur einen
überzeugenden Flächenplan vor, sondern gab dem
Gebäude gleichzeitig eine Gestalt, die es neben seinem barocken Nachbarn modern, selbstbewusst
und doch bescheiden wirken lässt. Ein besonderes
Schmankerl ist dem Architekten gelungen, indem
er einen spektakulären Ausblick zur Altstadt eröffnet hat. Wenn die Museumsbesucher die Treppe im
Foyer nach oben gehen, empfängt sie dort ein breites Panoramafenster, das einen Postkartenblick
auf das akademische Dreieck des alten Ingolstadt
frei gibt: die Universität (Hohe Schule), die Universitätskirche (Münster) und das Medizinische Fakultätsgebäude (Alte Anatomie). Hier werden zukünftig auch die Besuchergruppen begrüßt, bevor
der Rundgang durch Museum oder Sonderausstellung beginnt. Wie könnte man die Historie des
Museumsgebäudes und seine Einbettung in die
Stadt- und Universitätsgeschichte besser veranschaulichen als durch diesen Blick aus dem Panoramafenster?
Reißig: Am 23. Juli wird der Neubau feierlich eröffnet.
Wie geht es dann weiter?
Ruisinger: Zunächst einmal möchte ich darauf
hinweisen, dass der Neubau am 23. Juli nicht nur
eröffnet wird, sondern dass es an diesem Tag auch
ein Museumsfest geben wird, zu dem wir alle Interessierten ganz herzlich einladen. Wenn das Wetter mitspielt, wird das Fest auch im Arzneipflanzengarten stattfinden. Denn der steht zu dieser
Jahreszeit in schönster Blüte und ist dadurch wie
geschaffen zum Feiern. Dann können erst einmal
alle Gäste unseren Neubau bei freiem Eintritt kennenlernen. Wir hoffen, dass viele Menschen davon
Gebrauch machen. Diese Kennenlernphase endet
dann am 5. Oktober mit der Eröffnung unserer ersten großen Sonderausstellung im Neubau: „Praxiswelten. Zur Geschichte der Begegnung von Arzt
und Patient“. Hier ist unter anderem ein Backenzahn zu sehen, der im 19. Jahrhundert in Silber gefasst und einem Säugling als Amulett umgehängt
wurde, um ihm das Zahnen zu erleichtern.
Reißig: Vielen Dank für das Gespräch!
Weitere Informationen
Die Öffnungszeiten des Deutschen Medizinhistorischen
Museums Ingolstadt und viele weitere Informationen
finden Sie im Internet unter www.dmm-ingolstadt.de.
Reißig: Sie haben auch zahlreiche zahnmedizinische
Objekte. Wird sich in deren Präsentation durch den Erweiterungsbau etwas verändern?
Ruisinger: Im Erweiterungsbau werden nur Sonderausstellungen gezeigt – darunter werden sicher
auch wieder zahnmedizinische Themen sein. Die
Dauerausstellung bleibt in der „Alten Anatomie“,
wo sie zukünftig aber etwas mehr Platz haben wird
Träger ist zwar die Stadt Ingolstadt, aber Spenden sind
herzlich willkommen. Insbesondere im personellen Bereich wünscht sich Direktorin Ruisinger noch Verstärkung, die über Drittmittel finanziert werden müsste.
Sollten Sie das Museum unterstützen wollen, können
Sie sich per E-Mail direkt an die Museumsleitung wenden ([email protected]).