Bauvorhaben Boehringer Ingelheim Stadt Ingelheim „Birkenstrasse“ Biotoptypenkartierung, Artenschutzrechtliche Einschätzung von: Beratungsgesellschaft NATUR dbR Dipl.-Biol. Jens TAUCHERT Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Projektbearbeitung: Dipl.-Biol. Jens Tauchert mit Landschaftsökologin (M.sc.) Nadine Zeuner Beratungsgesellschaft NATUR dbR Dr. Lukas Dörr · Malte Fuhrmann · Jens Tauchert · Dr. Gabi Wiesel-Dörr Alemannenstraße 3 D-55299 Nackenheim Tel.: 0 61 35 - 85 44 · Fax: 0 61 35 - 95 08 76 mailto:[email protected] www.BGNATUR.de Nackenheim, 30. Mai 2016 Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 1 AUFGABENSTELLUNG UND ZIELSETZUNG .................................................... 3 2 RECHTLICHE GRUNDLAGEN......................................................................... 3 3 EINLEITUNG ............................................................................................... 8 3.1 Kurzbeschreibung des Untersuchungsgebiet ............................................... 8 4 METHODEN UND ERGEBNISSE .................................................................... 9 4.1 Biotoptypenerfassung ................................................................................ 9 4.1.1 Ergebnis ............................................................................................................. 9 4.1.2 Bewertung ....................................................................................................... 12 4.2 Heuschrecken........................................................................................... 12 4.2.1 Ergebnis ........................................................................................................... 12 4.2.2 Bewertung ....................................................................................................... 13 4.3 Tagfalter .................................................................................................. 13 4.3.1 Ergebnis ........................................................................................................... 14 4.3.2 Bewertung ....................................................................................................... 16 4.4 Reptilien .................................................................................................. 16 4.4.1 Ergebnis ........................................................................................................... 16 4.4.2 Bewertung ....................................................................................................... 16 5 AUSGLEICHSBERECHNUNG ....................................................................... 17 5.1 Artenschutz §44 BNatSchG ....................................................................... 17 5.2 Biotopschutz §30 BNatSchG...................................................................... 17 6 ZUSAMMENFASSUNG............................................................................... 18 7 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................... 19 7.1 Gesetze, Normen und Richtlinien ............................................................. 19 7.2 Verwendete und/oder zitierte Literatur .................................................... 20 Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 1 Seite 3 Aufgabenstellung und Zielsetzung Die Stadt Ingelheim ist bestrebt, zusätzliche Wohnbauflächen innerhalb der Ortslage auszuweisen, um Ressourcen zu sparen und das Entwicklungsgebot aus dem Baugesetzbuch „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ umzusetzen. Es wurden alle unbebauten Flächen im städtischen Bereich auf ihre Verfügbarkeit und Eignung analysiert. Im Stadtteil West sind die im Weiteren noch näher beschriebenen Grundstücke, die sich im Besitz von Boehringer Ingelheim befinden, als grundsätzlich geeignete Potentialflächen ermittelt worden. Sie sollen im Rahmen eines Aufstellungsverfahrens für einen Bebauungsplan als Wohngebietsflächen entwickelt werden. Das mit Hauptsitz in Ingelheim ansässige Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim plant eine im Stadtgebiet liegende Freifläche Mitarbeitern zur Wohnbebauung anzubieten. Die Fläche liegt im Stadtteil Ingelheim-West und ist entsprechend mit Wohnbebauung umgeben. Zur Realisierung des Vorhabens wird im Zusammenarbeit zwischen Stadt, Boehringer Ingelheim und einem externen Stadtentwickler ein Bebauungsplan erarbeitet. Nach den vorliegenden Unterlagen unterliegt die betroffene Fläche aufgrund des Vorkommens von Sandrasen dem besonderen Schutz nach § 30 BNatSchG. In vorliegender Untersuchung sollen die Daten aus 1995 überprüft und um Aussagen zum Artenschutz ergänzt werden. Abbildung 1: Eigentumsflächen von Boehringer Ingelheim im Lageplan (Entwurf) Datengrundlage: CAD / CAM - Informationssysteme - Systemanalyse - Software (CISS), Gesellschaft für Technische DV Informationssysteme mbH), eigene Bearbeitung Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 4 Rechtliche Grundlagen Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung eines geschützten Biotops führen können, sind verboten (§ 30 Abs. 2 BNatSchG). Auf Antrag kann eine Ausnahme zugelassen werden, wenn ein Ausgleich der Beeinträchtigung möglich ist (§ 30 Abs. 3 BNatSchG). Falls entsprechende Beeinträchtigungen aufgrund eines Bebauungsplans zu erwarten sind, kann auf Antrag der Gemeinde über eine Ausnahme schon vorab entschieden werden (§ 30 Abs. 4 BNatSchG). Zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten vor Beeinträchtigungen durch den Menschen sind auf gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Ebene umfangreiche Vorschriften erlassen worden. Europarechtlich ist der Artenschutz in den Artikeln 12, 13 und 16 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.05.1992 - FFH-Richtlinie - (ABl. EG Nr. L 206/7) sowie in den Artikeln 5 bis 7 und 9 der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten vom 02.04.1979 - Vogelschutzrichtlinie - (ABl. EG Nr. L 103) verankert. Aufgrund der Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Urteil vom 10.01.2006 (C-98/03) wurde das Bundesnaturschutzgesetz zum 12.12.2007 (BGBl I S 2873), in Kraft getreten am 18.12.2007, geändert. Im März 2010 ist das neue Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Kraft getreten (BGBl 2009 Teil I Nr. 51). Alle Gesetzeszitate beziehen sich im Folgenden auf diese Neufassung. Der Bundesgesetzgeber hat durch die Neufassung der §§ 44 und 45 BNatSchG die europarechtlichen Regelungen zum Artenschutz, die sich aus der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie ergeben, umgesetzt. Dabei hat er die Spielräume, die die Europäische Kommission bei der Interpretation der artenschutzrechtlichen Vorschriften zulässt, rechtlich abgesichert. Zu den besonders geschützten Arten nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 BNatSchG gehören: Tier- und Pflanzenarten der Anhänge A oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97 EU-Artenschutzverordnung Arten des Anhangs IV der Richtlinie 92/43/EWG „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie“1 1 Die FloraFaunaHabitat-Richtlinie 92/43/EWG enthält drei Anhänge mit zu schützenden Arten: Anhang II beinhaltet "Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen"; darunter befinden sich prioritäre Pflanzen- und Tierarten, die so bedroht sind, dass der Europäischen Gemeinschaft für deren Erhaltung "besondere Verantwortung" zukommt. Ihre Habitate sind neben den Anhang I-Lebensraumtypen essenzielle Bestandteile des europäischen Netzes NATURA 2000. Anhang IV enthält "streng zu schützende Arten von gemeinschaftlichem Interesse" und bezieht sich auf die "Artenschutz"-Artikel 12 und 13 FFH-RL, wobei zahlreiche Arten gleichzeitig auch in Anhang II enthalten sind. In Anhang V sind Arten aufgelistet, für die nach Artikel 14 FFH-RL Entnahme und Nutzung zu regeln sind. Vor allem die im Wasser lebenden "nutzbaren" Arten (Seehund, Robben, div. Fische, Flussperlmuschel, Krebse) stehen meist auch schon im Anhang II. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 5 europäische Vogelarten im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie 79/409/EWG; „Vogelschutzrichtlinie“ 2 Arten der Anlage 1 Spalte 2 zu § 1 BArtSchVO „Bundesartenschutzverordnung“ Zu den streng geschützten Arten nach § 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG gehören besonders geschützte Arten: des Anhangs A der EG-VO 338/97 EU-Artenschutzverordnung des Anhangs IV der Richtlinie 92/43/EWG „Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie“ der Anlage 1 Spalte 3 zu § 1 BArtSchVO „Bundesartenschutzverordnung“ Die generellen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 sind folgendermaßen gefasst: "Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungsund Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbote)." Mit der Erweiterung des § 44 BNatSchG durch den Absatz 5 für Eingriffsvorhaben wird eine akzeptable und im Vollzug praktikable Lösung bei der Anwendung der Verbotsbestimmungen des Absatzes 1 erzielt: Zentrales Element der FFH-RL ist das Verschlechterungsverbot nach Art. 6 Abs. 2: Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten." 2 Die Vogelschutzrichtlinie betrifft (Artikel 1): (1) …die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten. (2) Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 6 1 „Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe von Satz 2 bis 5. 2 Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nr. 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. 3 Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. 4 Für Standorte wild lebender Pflanzen der in Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. 5 Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor. Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 5 gelten die artenschutzrechtlichen Verbote für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, nur für die in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführte Tier- und Pflanzenarten sowie die heimischen europäischen Vogelarten gem. Art. 1 Vogelschutzrichtlinie. Werden Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 i. V. m. Abs. 5 BNatSchG bezüglich der gemeinschaftsrechtlich geschützten Arten erfüllt bzw. können nicht ausgeschlossen werden, müssen für eine Projektzulassung die Ausnahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG erfüllt sein. Artikel 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie und Art. 9 Abs. 2 der Vogelschutzrichtlinie sind hierbei zu beachten. Als für große Bauvorhaben einschlägige Ausnahmevoraussetzungen muss gem. § 45 Abs. 7 BNatSchG nachgewiesen werden, dass: zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, vorliegen, zumutbare Alternativen, die zu keinen oder geringeren Beeinträchtigungen der relevanten Arten führen, nicht gegeben sind und keine Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes der Population einer Art zu erwarten ist bzw. bei derzeitig schlechtem Erhaltungszustand eine Verbesserung nicht behindert wird. Unter Berücksichtigung des Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie bedeutet dies bei Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie: Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 7 das Vorhaben darf zu keiner Verschlechterung des günstigen Erhaltungszustandes führen und das Vorhaben darf bei Arten, die sich derzeit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden, diesen nicht weiter verschlechtern und eine Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nicht behindern. Bei europäischen Vogelarten darf das Vorhaben den aktuellen Erhaltungszustand nicht verschlechtern (Aufrechterhaltung des Status Quo). Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 2 Seite 8 Einleitung Ziel der durchgeführten Untersuchungen ist, die Datenlage zu den Sandrasenvorkommen zu aktualisieren und die Nutzung bzw. Eignung der betroffenen Flächen als Lebensraum für planungsrelevante Tierarten abzuschätzen. 2.1 Kurzbeschreibung des Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet liegt im Siedlungsbereich von Ingelheim (Abbildung 2). Die Freiflächen werden seit Jahren regelmäßig durch einen von Boehringer Ingelheim beauftragten Unternehmer gepflegt. Abbildung 2: Untersuchte Freiflächen in Ingelheim West (gestrichelte rote Linie: Untersuchungsgebiet). Bildquelle: © eigene Karte unter Verwendung von Daten der ESRI Deutschland GmbH Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 3 Methoden und Ergebnisse 3.1 Biotoptypenerfassung Seite 9 Die Geländebegehungen für die Biotoptypenkartierung und Bewertung der Sandrasen erfolgten am 07.05., 10.05. und 22.07.2014. So konnten die wertgebenden Pflanzenarten gut erfasst werden. 3.1.1 Ergebnis Rund 70 % der kartierten Fläche ist als Sandrasen oder Sandrasen im Übergang zu Sandmagerrasen anzusprechen (Abbildung 3, Tabelle 1). Die verbleibenden Offenlandflächen Sandrasen, die stark mit Ruderalflora durchsetzt sind und Flächen ohne Sandrasenarten, die aber strukturell noch als §30-Botop anzusehen sind. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 10 Abbildung 3: Ergebnis der Biotoptypenerfassung. DD5: Sandsteppenrasen, DD5 tt: Sandsteppenrasen devastiert, BF0: Baumgruppen (Robinien). Bildquelle: © eigene Karte unter Verwendung von Daten der ESRI Deutschland GmbH Tabelle 1: Flächenverteilung der erfassten Biotoptypen. Biotoptyp BF0 (Robinie) DD5 DD5 tt (verbuscht) Spielplatz Gesamtergebnis Fläche 2.580 m² 15.705 m² 3.449 m² 754 m² 22.488 m² Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Tabelle 2: Seite 11 Artenliste der Sandrasen in Ingelheim-West (Begehung 05.05., 07.05. und 22.07.2014). Achillea millefolium (Gemeine Schafgarbe) Allium oleraceum (Kohl-Lauch) Anchusa azurea (Italienische Ochsenzunge; syn A. italica) Neophyt Arenaria serpyllifolia agg. (Quendel-Sandkraut) Artemisia campestris agg. (Feld-Beifuß) Asparagus officinale (Spargel) Berteroa incana (Gewöhnliche Graukresse) Bromus hordeaceus (Flaum-Trespe; evtl. andere Art; syn. B. mollis) Bromus tectorum (Dach-Trespe) Capsella bursa-pastoris (Hirtentäschel) Centaurea stoebe (Rispen-Flockenblume) Cerastium semidecandrum (Fünfmänniges Hornkraut) Chenopodium album (Weißer Gänsefuß) Chondrilla juncea (Knorpel-Lattich) Convolvulus arvensis (Acker-Winde) Conyza canadensis (Kanadisches Berufskraut) Neophyt Corynephorus canescens (Gewöhnliches Silbergras) det. unsicher RL RlPf 3 Cynoglossum officinale (Echte Hundszunge) Diplotaxis tenuifolia (Schmalblättrige Doppelsame) Neophyt Draba verna agg. (Frühlings-Hungerblümchen) Elymus sp. (Quecke) Equisetum ramosissimum (Ästiger Schachtelhalm) RL BRD 3, RL RlPf 2 Erodium sp. (Reiherschnabel) Euphorbia cyparissias (Zypressen-Wolfsmilch) Festuca brevipila (Raublättriger Schwingel) Neophyt Gallium album (Weißes Labkraut) Helianthemum nummularium (Gemeines Sonnenröschen) Helichrysum arenarium (Sand-Strohblume) RL BRD 3, RL RlPf 2 Hippocrepis comosa (Hufeisenklee) Holosteum umbellatum (Dolden-Spurre) Hordeum murinum (Mäuse-Gerste) Hypocheris radicata (Gewöhnliches Ferkelkraut) Lactuca serriola (Kompass-Lattich) Lolium perenne (Ausdauernder Lolch) Medicago minima (Zwerg-Schneckenklee) RL BRD 3, RL RlPf 3 Medicago x varia (Bastard-Luzerne) Neophyt Melica transsylvanica oder ciliata (Perlgras) Myosotis stricta (Sand-Vergissmeinnicht) Oenothera sp. (Nachtkerze) Ononis spinosa (Dorniger Hauhechel) Onopordium acanthium (Gewöhnliche Eselsdistel) RL RlPf 3 Orobanche sp. (Sommerwurz) Papaver rhoeas (Klatsch-Mohn) Petrorhagia prolifera (Sprossendes Nelkenköpfchen) Phleum arenarium (Sand-Lieschgras) RL BRD 2, RL RlPf 2 Phleum phleoides (Steppen-Lieschgras) Plantago lanceolata (Spitz-Wegerich) Poa angustifolia (Schmalblättriges Rispengras) Portulaca oleracea (Europäischer Portulak) Rumex thyrsiflorus (Rispen-Sauer-Ampfer) Salsola kali (Sand-Salzkraut) Sanguisorba minor (Kleiner Wiesenknopf) Sedum album (Weiße Fetthenne) Setaria sp. (Borstenhirse) Silene conica (Kegel-Leimkraut) RL BRD 3, RL RlPf 2 Silene otites (Ohrlöffel-Leimkraut) RL BRD 3, RL RlPf 3 Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 12 Silene vulgaris (Gewöhnliches Taubenkropf-Leimkraut) Stipa capillata (Haar-Pfriemengras) Thalictrum minus (Kleine Wiesenraute) Tragopogon dubius (Großer Bocksbart) Urtica dioica (Große Brennnessel) Verbascum lychnitis (Mehlige Königskerze) Vicia cracca (Vogel-Wicke) RL BRD 3, RL RlPf 3 Besonders die Rote-Liste Sandrasen-Arten Medicago minima, Silene conica, Silene otites und Phleum phleoides treten flächig bis sogar bestandsbildend auf und sind in dieser Häufigkeit kaum in anderen Sandrasen der Region vertreten. 3.1.2 Bewertung Floristisch sind die reinen Sandrasenanteile sehr gut ausgeprägt, sind aber durch die Samenanflüge der überall randständig vorhandenen Robinienflächen gefährdet. 3.2 Heuschrecken Die Erfassung der Heuschrecken erfolgte am 24.06., 21.07. und 24.07.2015. Dazu wurde bei geeigneter Witterung die gesamte Fläche hinsichtlich Heuschrecken verhört und gezielte Kescherfänge durchgeführt. 3.2.1 Ergebnis Im Untersuchungsgebiet wurden 9 Heuschreckenarten nachgewiesen (Tabelle 3). Das Vorkommen von 17 weiteren Arten ist aufgrund der Habitatstruktur möglich, aufgrund der isolierten Lage im Siedlungsbereich aber nicht unbedingt wahrscheinlich. Tabelle 3: Liste der im Gebiet nachgewiesenen und potentiell vorhandenen Heuschreckenarten. Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Nachweis / Ökologie RL RL RL D RL D BNatS Potential (Detzel RLP RLP 1998 2002 chG 1998 / 2011 1991 Maas et al. 2002) Leptophyes punctatissima Punktierte Zartschrecke P t - - - Phaneroptera falcata Gemeine Sichelschrecke P xt - 4 - Meconema meridionale Südliche Eichenschrecke P - - - Meconema thalassinum Gemeine Eichenschrecke P m - - - Conocephalus fuscus Langflügelige Schwertschrecke P h - 4 - Tettigonia virridissima Grünes Heupferd N m - - - Platycleis (s.str.) albopunctata Westliche Beißschrecke N xt - 3 Metrioptera roeselii Roesels Beißschrecke P m - - - Metrioptera bicolor Zweifarbige Beißschrecke P t - - - Pholidoptera griseoaptera Gewöhnliche Strauchschrecke P m - - - Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de 3 V Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 13 Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Nachweis / Ökologie RL RL RL D RL D BNatS Potential (Detzel RLP RLP 1998 2002 chG 1998 / 2011 1991 Maas et al. 2002) Acheta domesticus Heimchen P Gryllus campestris Feldgrille P Nemobius sylvestris Waldgrille P Oecanthus pellucens Weinhähnchen N Tetrix tenuicornis Langfühler-Dornschrecke P Oedipoda caerulescens Blauflügelige Ödlandschrecke N Omocestus haemorrhoidalis Rotleibiger Grashüpfer P Stenobothrus lineatus Heidegrashüpfer P Myrmeleotettix maculatus Gefleckte Keulenschrecke N Chorthippus apricarius Feld-Grashüpfer N Chorthippus biguttulus Nachtigall-Grashüpfer N t - - Chorthippus brunneus Brauner Grashüpfer N xt - - Chorthippus dorsatus Wiesengrashüpfer P h - 4 - Chorthippus mollis Verkannter Grashüpfer N xt - 3 V Chorthippus parallelus Gemeiner Grashüpfer P m - Chorthippus vagans Steppengrashüpfer P xt V - - - xt - 3 t - - - - 2 - t - - - xt - 3 2 3 3 2 G V xt - 3 V xt - 4 - 3 2 V 3 3 4 3 3 h = hygrophil m = mesophil t = thermophil xt = xerothermophil 3.2.2 Bewertung Wie aufgrund der vorhandenen Biotopausstattung zu erwarten war, dominieren thermophile und xerothermophile Heuschreckenarten. Aufgrund der besonderen Ausprägung der beiden westlichen Sandrasenflächen sind Vorkommen weiterer bestandsgefährdeter Arten letztlich nicht ausgeschlossen. Hier sind z.B. der Steppengrashüpfer (RL D 3) und der Rotleibige Grashüpfer (RL RLP 3) zu nennen. Insbesondere die beiden westlichen Flächen haben einen hohen Wert für die Artengruppe der Heuschrecken. Drei Arten wurden nur hier festgestellt. Der überwiegende Teil der für diesen Habitattyp wahrscheinlichen Heuschreckenarten konnte nicht nachgewiesen werden. Dies liegt wohl vor allem an der innerstädtischen Lage und der damit verbundenen Isolation und andauernden Störungen. 3.3 Tagfalter Die Erfassung der Tagfalter erfolgte am 24.06., 21.07. und 24.07.2015. Dazu wurde bei geeigneter Witterung die gesamte Fläche hinsichtlich Tagfalter verhört und gezielte Kescherfänge durchgeführt. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de b Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 3.3.1 Seite 14 Ergebnis Im Untersuchungsgebiet wurden 10 Tagfalterarten nachgewiesen (Tabelle 4). Dabei wurden u.a. die beiden Rote-Liste-Arten Segelfalter und Kleiner Sonnenröschen-Bläuling festgestellt. Der Segelfalter hat sein Hauptverbreitzungsgebiet in den trockenwarmen Flusstälern wie Mittelrheintal, Nahetal etc.. Es ist davon auszugehen, dass es sich nur um ein verdriftetes Einzelexemplar handelt. Das Vorkommen von 24 weiteren Arten ist aufgrund der Habitatstruktur möglich, aufgrund der isolierten Lage im Siedlungsbereich aber nicht unbedingt wahrscheinlich. Tabelle 4: Liste der im Gebiet nachgewiesenen und potentiell vorhandenen Tagfalterarten. Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Nachweis / Biologie Ökologie Potential RL RL RL D BNatSchG RLP Ober- 2011 (2010) rheinebene 2010 Erynnis tages Dunkler Dickkopffalter P V X1 V V - Pyrgus malvae Kleiner Würfel-Dickkopffalter P V M2 V V V Thymelicus lineola Schwarzkolbiger kopffalter P V M1 - - - Thymelicus sylvestris Braunkolbiger Braun-Dickkopffalter P V M2 - - - Ochlodes sylvanus Rostfarbiger Dickkopffalter P V U (M1) - - - Iphiclides podalirius Segelfalter N BK X2 1 n.v. 3 b Papilio machaon Schwalbenschwanz P BK M1 V V - b Anthocharis cardamines Aurorafalter P V M2 - - - Pieris brassicae Großer Kohl-Weißling N V U (M1) - - - Pieris rapae Kleiner Kohl-Weißling N V U (M1) - - - Pieris napi Grünader-Weißling N V U (M2) - - - Colias hyale Weißklee-Gelbling P V M1 V - - Gonepteryx rhamni Zitronenfalter P V M2 - - - Lycaena phlaeas Kleiner Feuerfalter P V M1 - - - Neozephyrus quercus Blauer Eichen-Zipfelfalter P M M3 V - - Cupido argiades Kurzschwänziger Bläuling P VK M1 G G V Celastrina argiolus Faulbaum-Bläuling N V M3 - - - Polyommatus agestis Kleiner Sonnenröschen-Bläuling N V X1 V - - b Polyommatus icarus Hauhechel-Bläuling N V U (M1) - - - b Polyommatus bellargus Himmelblauer Bläuling P M X1 2 2 Polyommatus coridon Silbergrüner Bläuling P M X1 3 3 - Issoria lathonia Kleiner Perlmutterfalter P V M2 V V - Vanessa atalanta Admiral N V U (M1) - - - Vanessa cardui Distelfalter P V U (M1) - - - Nymphalis io Tagpfauenauge P BK U (M1) - - - Nymphalis urticae Kleiner Fuchs P BK U (M1) - - - b Braun-Dick- Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de b b b b Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 15 Wissenschaftlicher Name Deutscher Name Nachweis / Biologie Ökologie Potential RL RL RL D BNatSchG RLP Ober- 2011 (2010) rheinebene 2010 Nymphalis c-album C-Falter P V M3 - - - Araschnia levana Landkärtchen P M M3 - - - Pararge aegeria Waldbrettspiel N BK M3 - - - Lasiommata megera Mauerfuchs P M M1 - - - Coenonympha pamphilus Kleines Wiesenvögelchen N V U (M1) - - - Aphantopus hyperantus Schornsteinfeger P V M1 - - - Maniola jurtina Großes Ochsenauge P V U (M1) - - - Melanargia galathea Schachbrett P V M1 - - - b M = Mono-Biotopbewohner (auf Raupen- und Imaginalhabitat bezogen) V = Verschieden-Biotopbewohner (auf Raupen- und Imaginalhabitat bezogen) BK = Biotopkomplexbewohner VK = Verschiedene (unterschiedliche Komplexe bewohnend (d.h. Besiedlung unterschiedlicher Habitate in verschiedenen Naturräumen) Abbildung 4: Nachweis des Segelfalters in Ingelheim. Bildquelle: © J. Tauchert (BG Natur) Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 3.3.2 Seite 16 Bewertung Die im Untersuchungsgebiet nachgewiesenen Arten sind verbreitete euryöke Arten. Der Nachweis des Segelfalters (Rote Liste 1 in RLP) war auf ein durchziehendes Exemplar, welches keine längere Interaktion mit Strukturen im Untersuchungsgebiet zeigte, beschränkt. Aufgrund der besonderen Ausprägung der Sandrasen sind Vorkommen weiterer bestandsgefährdeter Arten letztlich nicht ausgeschlossen. Hier sind z.B. der Himmelblaue Bläuling (RL RLP 2) und der Silbergrüne Bläuling (RL RLP 3) zu nennen. Der überwiegende Teil der für diese Habitatstrukturen möglichen Tagfalterarten konnte nicht nachgewiesen werden. Dies liegt wohl vor allem an der innerstädtischen Lage, der damit verbundenen Isolation und andauernden Störungen sowie der regelmäßigen Mahdgänge, die Blütenhorizonte reduzieren. 3.4 Reptilien Die Erfassung der Reptilien, speziell der Zauneidechse, erfolgte am 4.4., 18.4., 24.06., 21.07. und 24.07.2015. Dazu wurde bei geeigneter Witterung die gesamte Fläche hinsichtlich der Reptilien abgesucht. Besonders Augenmerk wurde auf essentielle Habitatstrukturen, wie Böschungen, Sonnenplätze und Versteckstrukturen gelegt. 3.4.1 Ergebnis Es konnten im Jahr 2014 keine Zauneidechsen nachgewiesen werden. 3.4.2 Bewertung Im Wirkraum der Bauvorhaben sind Vorkommen der streng geschützten Zauneidechse und weiterer Reptilienarten auszuschließen. Somit hat dieser Bereich keine oder nur geringe Bedeutung für die Artengruppe der Reptilien. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 4 Ausgleichsberechnung 4.1 Artenschutz §44 BNatSchG Seite 17 Zur Sicherstellung der Vermeidung, bzw. Minderung der generellen Betroffenheiten nach §44 BNatSchG werden keine Maßnahmen notwendig. 4.2 Biotopschutz §30 BNatSchG Im Rahmen der Abstimmung mit der zuständigen Genehmigungsbehörde bei der SGD Süd in Neustadt /WStr. wurde für die Sandrasenanteile ein Ausgleich im Verhältnis 1:3 angesetzt (Tabelle 5). Begründet wird dies durch den Verlust von Sandrasen, einer gemäß §30 BNatScG besonders geschützten Fläche, die eine hohe Wertigkeit durch die gute Ausbildung des Biotoptyps besitzt. Dazu kommt das Vorkommen zahlreicher Rote-Liste-Arten und dem sogenannten „time lag“, also der langen Dauer bis zur Wiederherstellung vergleichbarer Biotope und damit dem vorübergehenden Entzug von Sandrasenflächen aus dem Biotopsystem. Für die zum Teil ausschließlich von Ruderalvegetation bewachsenen stark devastierten Flächen wird ein Ausgleich 1:1 angesetzt und die verbuschten und von Robinien bewachsenen Anteile werden nicht dem Ausgleich zurechnet. Tabelle 5: Bilanzierung der notwendigen Kompensation. Biotoptyp BF0 (Robinie) DD5 DD5 tt (verbuscht) Spielplatz Gesamtergebnis Fläche 2.580 m² 15.705 m² 3.449 m² 754 m² 22.488 m² Ausgleichsfaktor 0 3 1 0 Ersatzfläche 00 m² 47.115 m² 3.449 m² 00 m² 50.564 m² Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 5 Seite 18 Zusammenfassung Im Jahr 2014 wurde eine innerstädtische Fläche in Ingelheim –West kartiert. Der überwiegende Teil wird vom gemäß §30 BNatSchG geschützten Biotoptyp Sandrasen gebildet. Da hiermit auch eine Reihe planungsrelevanter Tiergruppen assoziiert sein können, wurden zusätzlich die Gruppe der Reptilien, Heuschrecken und Tagfalter kartiert. Es wurden 9 Heuschreckenarten, 10 Tagfalterarten und keine Reptilien nachgewiesen. Die nachgewiesenen Arten sind zwar biotoptypisch aber nicht gefährdet. Das Vorkommen weiterer Arten ist möglich aber nicht wahrscheinlich. Eine Inaussichtstellung einer Ausnahme gemäß §30(4) BNatSchG mit Auflagen liegt vor (Schreiben der SGD Süd vom 23.06.2014). Für den Ausgleich der Sandrasenanteile wurde eine Bilanzierung durchgeführt und die Umsetzung mit der Stiftung „Biotopsystem Sandgebiete zwischen Mainz und Bingen“ vorbereitet. Die Kosten wurden durch die „Stiftung“ kalkuliert und die Umsetzung zugesagt. Die Konzeptionierung und das notwendige Monitoring der Maßnahmenumsetzung übernimmt die „Stiftung“. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 6 Literaturverzeichnis 6.1 Gesetze, Normen und Richtlinien Seite 19 Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) –Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzenarten. Vom 16. Februar 2005 (BGBl. I Nr. 11 vom 24.2.2005 S.258; ber. 18.3.2005 S.896) Gl.-Nr.: 791-8-1 Gesetz zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) vom 29.07.2009 (BGBl. 2009 Teil I Nr. 51) Richtlinie des Rates 92/43/EWG vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie); ABl. Nr. L 206 vom 22.07.1992, zuletzt geändert durch die Richtlinie des Rates 97/62/EG vom 08.11.1997 (ABl. Nr. 305) Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997 zur Anpassung der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. - Amtsblatt Nr. L 305/42 vom 08.11.1997. Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten (Vogelschutz-Richtlinie); kodifizierte Fassung; Amtsblatt der Europäischen Union L 20/7 vom 26.1.2010 Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht 6.2 Seite 20 Verwendete und/oder zitierte Literatur Bauer, H.-G., Bezzel, E. & W. Fiedler, (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Bände 1 – 3. - 2. Auflage, Wiesbaden. BfN / Bundesanstalt für Naturschutz (1998): Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Bonn – Bad Godesberg. BfN / Bundesanstalt für Naturschutz (2003): Bewertung des Erhaltungszustandes für die Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-Richtlinie in Deutschland. BfN / Bundesanstalt für Naturschutz (2005): Methoden zur Erfassung von Arten der Anhänge IV und V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie; Naturschutz und Biologische Vielfalt, Heft 20; Bonn-Bad Godesberg. Boye, P., Hutterer, R. & Benke, H. (1998): Rote Liste der Säugetiere (Mammalia). – In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. Münster (Landwirtschaftsverlag) – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 55: S. 33-39. Doerpinghaus, A., Eichen, C., Gunnemann, H., Leopold, P., Neukirchen, M., Petermann, J. und Schröder, E. (Bearb.) (2005): Methoden zur Erfassung von Arten der Anhänge IV und V der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 20, 449 S. EU-Kommission (2007): Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG“; dt. Übersetzung „Guidance document on the strict protection of animal species of community interest provided by the Habitats Directive 92/43/EEC (endgültige Fassung, Febr. 2007). Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. Eching. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) (2008): Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ). – AG 2.9.3. HMUELV (2011): Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen. 2. Fassung vom Mai 2011. Kerkmann, J. (Hrsg.) (2007): Naturschutzrecht in der Praxis. Lexxion Verlagsgesellschaft mbH Berlin. LANA Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz (2010): Hinweise zu zentralen unbestimmten Rechtsbegriffen des Bundesnaturschutzgesetzes. Louis, H. W. (2008): Die kleine Novelle zur Anpassung des BNatSchG an das europäische Recht. In: Natur und Recht (2008) 30: 65 - 69. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de Biotoptypenkartierung und Artenschutzrechtliche Einschätzung Sandrasen Stadt Ingelheim „Birkenstraße“ Bericht Seite 21 Petersen, B. et al. (2003): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland, Band 1: Pflanzen und Wirbellose, BfN Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 69/Band 1. Bonn Bad Godesberg. Petersen, B. et al. (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland, Band 2: Wirbeltiere, BfN Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz, Heft 69/Band 2. Bonn Bad Godesberg. Siemers, B. & Nill, D., (2000): Fledermäuse – das Praxisbuch. München. Simon, M. et al., (2004): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Dörfern und Städten. 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Trautner, J.; Kockelke, K.; Lambrecht, H.; Mayer, J.( 2006): Geschützte Arten in Planungs- und Zulassungsverfahren – Books on Demand GmbH, Norderstedt. Beratungsgesellschaft NATUR · Dr. Dörr · Fuhrmann ·Tauchert · Dr. Wiesel-Dörr dbR Alemannenstraße 3 55299 Nackenheim www.bgnatur.de
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