Mit Unternehmergeist, Strategie und kubanischem

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ALLE WOLLEN NACH KUBA – ER IST SCHON DA
Mit Unternehmergeist, Strategie
und kubanischem Charme
Der Startup-Gründer Pedro Torres Cobas hat einen langen, steilen
Weg hinter sich. Dafür steht er jetzt schon da, wo viele erst hin
wollen: mitten in der sich öffnenden kubanischen Tourismusbranche.
Er besitzt die weltweit grösste Online-Buchungsplattform für
Übernachtungsmöglichkeiten auf der Karibikinsel.
VON MAJA HARTMANN
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FOTOS: PABLO WÜNSCH BLANCO, ZVG
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Als sich der junge Kubaner Pedro
Torres Cobas mit einundzwanzig an
der Universität in Havanna einschreibt, weiss er genau, was er will.
Er will lernen, die Welt entdecken
und Grosses vollbringen. Er weiss
nur noch nicht genau, wie. Enttäuscht von den Ausbildungsmöglichkeiten, die sein Land ihm bietet,
träumt er von einem Studium in Eu ropa. Eines Tages lernt er per Zufall
eine Schweizer Austausch-Studentin kennen. Die beiden verlieben sich
ineinander und werden ein Paar. Als
sie zurück in die Schweiz kommt,
reist Pedro wenig später nach. Aus
«vorübergehend» wird «dauerhaft»,
aus Verliebtheit wird Liebe. Die bei den heiraten, regeln alle Papiere und
gründen eine kleine Familie. Pedro
lernt Deutsch, findet Arbeit und eine
zweite Heimat.
fitieren, die auch sie bereichert – nicht
nur das Regime. Das hat er geschafft.
Und zwar noch vor der Öffnung des
Landes, vor dem Ende des Embargos,
vor Barrack Obamas Besuch und vor
den Rolling Stones in Havanna.
Auf den ersten Blick klingt Pedros
Geschichte wie ein einziges, mit Zuckerguss überzogenes Klischee. Und
würde sie hier enden, wäre sie ein- Ein Schritt nach dem anderen
«Als ich 2004 in die Schweiz
fach eine von vielen. Doch das tut sie
nicht, denn das ist erst der Anfang.
kam», erinnert sich der Unternehmer
Anstatt seiner alten Heimat inner- heute, «bin ich als Erstes einen Monat
lich den Rücken zu kehren und viel- lang mit dem Zug durch das ganze
leicht ab und zu nach Kuba in die Fe- Land gereist. Ich habe jeden Kanton
rien zu reisen, hat Pedro den Traum besucht, jeden». Das Generalabonverwirklicht, den er schon bei seiner nement, das er dafür brauchte, hatte
Ausreise hatte: Er wollte etwas in Kuba er sich selbst gekauft, mit Geld aus
verändern. Er wollte seinen Lands- diversen Gelegenheitsjobs. Logisch,
leuten helfen, die Form von Touris- eigentlich. Denn wer Pedro kennen
mus aufzubauen, von der auch sie pro- lernt, weiss: Er ist nicht der Typ, der
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Pedro Torres Cobas, 37, Besitzer der Plattform mycasaparticular.com
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Dank privaten Unterkünften sieht man auch hinter die Fassaden.
Vom Studium in die
Selbstständigkeit
Wieder zurück und mit dem Diplom in der Hand, plante Pedro schon
die nächste Etappe. Denn um zur höheren Fachschule für Wirtschaft zugelassen zu werden und Unternehmensführung zu studieren, musste
er einen Job im kaufmännischen Bereich haben. Den fand er auch, im
Basler Fünfsternehotel Les Trois
Rois, wo er zwei Jahre lang als Einkäufer arbeitete. Als er dann, noch
vor Abschluss des berufsbegleitenden
Studiums, an seinem dreissigsten Geburtstag ins Büro seines Chefs ging
und ihm seine Kündigung überreichte,
fiel dieser fast vom Stuhl. «‹Bist du
wirklich sicher?›, fragte er mich eindringlich», erinnert sich Pedro lachend. Doch der junge Familienvater
liess sich nicht verunsichern: «Ich hat16
te mir vorgenommen, mich mit Dreissig selbstständig zu machen. Und das
tat ich genau an dem Tag.»
Nachhaltiger Tourismus unter
erschwerten Bedingungen
Die Geschäftsidee zur Selbstständigkeit war schon lange herangereift.
Und sie führte Pedro zurück nach
beitete auf eigene Faust, vieles war
improvisiert und unorganisiert und
dementsprechend verloren die Anbieter oft auch Geld. Ich fragte mich also,
wie man etwas aufbauen könnte, das
ihnen hilft, dieses tolle Angebot zu
vermarkten und zu professionalisieren. Aber ohne den Leuten das Business dabei zu entreissen.» Es entstand
«Ich bin immer schon
strategisch vorgegangen.»
Kuba. Zurück zum Haus seiner Eltern, in dem sie noch immer lebten.
Pedro erklärt sie mir so: «Viele Kubaner vermieteten damals schon Zimmer in ihren Häusern an Touristen,
auch meine Eltern. Aber sie schöpften das Potenzial nicht aus. Jeder ar-
die Idee einer Internet-Plattform,
über die, ähnlich wie auf Airbnb (das
es damals notabene noch gar nicht
gab!), Menschen aus der ganzen Welt
private Unterkünfte auf Kuba, sogenannte Casas Particulares, buchen
können – verbindlich, professionell
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Die alten Autos, ein beliebtes Fotosujet auf Kuba.
und mit einem vertrauenswürdigen
Zahlungssystem. Diese Idee wurde
wenig später Realität, heisst heute
Mycasaparticular.com und läuft mit
rund 500 Buchungen pro Tag auf
Hochtouren – Tendenz steigend.
Betrieb der Webseite, aber auch um du eben an die nächste klopfen. So
die Belange der Vermieter und dieje- lange, bis du den Weg zu deinem Ziel
nigen der Touristen kümmern, ist gefunden hast.»
das Unternehmen solide aufgestellt.
So solide wie wohl die wenigsten auf Mehr als nur einen Pfeil
der Insel. Die vier Büros in Havanna, im Köcher
die zur Gruppe gehören, sind wahrDie Idee mit der BuchungsplattEin Unternehmen mit
scheinlich die einzigen der Stadt, die form ist natürlich nicht die einzige,
seit Jahren einen konstant funktio- die Pedro für Kuba hatte. Mit seiner
Pioniercharakter
Pedro Torres Cobas’ Buchungs- nierenden Internet-Zugang besit- Firma ABUC Media Network GmbH
plattform ist mit momentan über zen. Pedro lacht schon wieder: «Ja, mit Sitz in Basel, hat er inzwischen
2000 Häusern und 3500 Zimmern die ich bekomme fast wöchentlich An- noch andere Produkte lanciert und
grösste für Kuba und bei Weitem die fragen von Leuten, die wissen wol- tüftelt bereits an den nächsten. Gerenommierteste, vor allem bei den lo- len, wie wir das mit dem Breitband- rade jetzt, wo Kuba zu einem heissen
kalen Anbietern. «Und dabei ist das Internet geschafft haben. Meine Pflaster für Investoren aus der ganPotenzial noch lange nicht ausge- Antwort ist jeweils nur ein Schmun- zen Welt werden dürfte, sind Pedros
schöpft», ergänzt Pedro. «Es gibt total zeln. So schnell verrate ich das Kompetenzen gefragter denn je. Das
über 10 000 Casas Particulares, die nicht – schliesslich habe ich selbst weiss er auch. Und darauf freut er
Zimmer anbieten möchten. Wir wer- Jahre gebraucht, um das hinzukrie- sich schon diebisch.
den also weiter wachsen.»
gen!» Der Unternehmer weiss, wie er
Mit rund 40 Partnern vor Ort, die vorgehen muss: «Wenn dir eine Türe
sich täglich um den reibungslosen vor der Nase zugeknallt wird, musst
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