Liederabende 7 Andrè Schuen Daniel Heide Sonntag 12. Juni 2016 20:00 Bitte beachten Sie: Ihr Husten stört Besucher und Künstler. Wir halten daher für Sie an den Garderoben Ricola-Kräuterbonbons bereit und händigen Ihnen Stofftaschentücher des Hauses Franz Sauer aus. Sollten Sie elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, bei sich haben: Bitte schalten Sie diese unbedingt zur Vermeidung akustischer Störungen aus. Wir bitten um Ihr Verständnis, dass Bild- und Tonaufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet sind. Wenn Sie einmal zu spät zum Konzert kommen sollten, bitten wir Sie um Verständnis, dass wir Sie nicht sofort einlassen können. Wir bemühen uns, Ihnen so schnell wie möglich Zugang zum Konzertsaal zu gewähren. Ihre Plätze können Sie spätestens in der Pause einnehmen. Bitte warten Sie den Schlussapplaus ab, bevor Sie den Konzertsaal verlassen. Es ist eine schöne und respektvolle Geste gegenüber den Künstlern und den anderen Gästen. Mit dem Kauf der Eintrittskarte erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihr Bild möglicherweise im Fernsehen oder in anderen Medien ausgestrahlt oder veröffentlicht wird. Liederabende 7 Andrè Schuen Bariton Daniel Heide Klavier Sonntag 12. Juni 2016 20:00 Pause gegen 20:40 Ende gegen 21:50 PROGRAMM Franz Schubert 1797 – 1828 Auf der Bruck op. 93,2 D 853 (1825) für Singstimme und Klavier. Text von Ernst Schulze Der Wanderer an den Mond op. 80,1 D 870 (1826) für Singstimme und Klavier. Text von Johann Gabriel Seidl Nachtstück op. 36,2 D 672 (1819) für Singstimme und Klavier. Text von Johann Baptist Mayrhofer Die Sterne (»Wie blitzen die Sterne«) op. 96,1 D 939 (1828) für Singstimme und Klavier. Text von Karl Gottfried von Leitner Felix Dapoz *1938 »Ben danter mile steres« Text von Lois Ellecosta Jepele Frontull 1864 – 1930 »Nos salvans« Text von Lejio Baldissera Felix Dapoz »Alalt al ci« Text von Lois Ellecosta Franz Schubert Der Wanderer (»Wie deutlich des Mondes Licht«) op. 65,2 D 649 (1819) für Singstimme und Klavier. Text von Friedrich von Schlegel Wandrers Nachtlied (»Über allen Gipfeln ist Ruh«) op. 96,3 D 768 (1824) für Singstimme und Klavier Text von Johann Wolfgang von Goethe 2 Auf der Donau op. 21,1 D 553 (1817) für Bass und Klavier. Text von Johann Mayrhofer Willkommen und Abschied op. 56,1 D 767 (1822) für Singstimme und Klavier Text von Johann Wolfgang von Goethe Pause Franz Liszt 1811 – 1886 Tre sonetti di Petrarca S 270 (1842 – 46) für Singstimme und Klavier Pace non trovo S 270,1 (Sonnet Nr. 104) Benedetto sia’l giorno S 270,2 (Sonnet Nr. 47) I’ vidi in terra angelici costumi S 270,3 (Sonnet Nr. 123) Francesco Paolo Tosti 1846 – 1916 Quattro canzoni d’Amaranta (1907) für Singstimme und Klavier. Texte von Gabriele D’Annunzio »Lasciami! Lascia ch’io respiri« »L’alba sepàra dalla luce l’ombra« »In van preghi, in vano aneli« »Che dici, o parola del Saggio« L’ultima canzone (1905) für Singstimme und Klavier. Text von Francesco Cimmino 3 DIE GESANGSTEXTE Franz Schubert Auf der Bruck op. 93,2 D 853 (1825) für Singstimme und Klavier Text von Ernst Schulze Frisch trabe sonder Ruh und Rast, Mein gutes Roß, durch Nacht und Regen! Was scheust du dich vor Busch und Ast Und strauchelst auf den wilden Wegen. Dehnt auch der Wald sich tief und dicht, Doch muß er endlich sich erschließen, Und freundlich wird ein fernes Licht Uns aus dem dunkeln Tale grüßen. Wohl könnt’ ich über Berg und Tal Auf deinem schlanken Rücken fliegen Und mich am bunten Spiel der Welt, An holden Bildern mich vergnügen; Manch Auge lacht mir traulich zu Und beut mir Frieden, Lieb und Freude, Und dennoch eil ich ohne Ruh Zurück, zurück zu meinem Leide. Denn schon drei Tage war ich fern Von ihr, die ewig mich gebunden, Drei Tage waren Sonn und Stern Und Erd und Himmel mir verschwunden. Von Lust und Leiden, die mein Herz Bei ihr bald heilten, bald zerrissen, Fühlt’ ich drei Tage nur den Schmerz, Und ach, die Freude mußt’ ich missen. Weit sehn wir über Land und See Zur wärmern Flur den Vogel fliegen, Wie sollte denn die Liebe je In ihrem Pfade sich betrügen? Drum trabe mutig durch die Nacht, Und schwinden auch die dunklen Bahnen, Der Sehnsucht helles Auge wacht, Und sicher führt mich süßes Ahnen. 4 Franz Schubert Der Wanderer an den Mond op. 80,1 D 870 (1826) für Singstimme und Klavier Text von Johann Gabriel Seidl Ich auf der Erd, am Himmel du, Wir wandern beide rüstig zu: – Ich ernst und trüb, du mild und rein, Was mag der Unterschied wohl sein? Ich wandre fremd von Land zu Land, So heimatlos, so unbekannt; Bergauf, bergab, waldein, waldaus, Doch bin ich nirgend, ach, zu Haus. Du aber wanderst auf und ab Aus Westens Wieg in Ostens Grab, Wallst länderein und länderaus, Und bist doch, wo du bist, zu Haus. Der Himmel, endlos ausgespannt, Ist dein geliebtes Heimatland. O glücklich, wer, wohin er geht, Doch auf der Heimat Boden steht. Franz Schubert Nachtstück op. 36,2 D 672 (1819) für Singstimme und Klavier Text von Johann Mayrhofer Wenn über Berge sich der Nebel breitet, Und Luna mit Gewölken kämpft, So nimmt der Alte seine Harfe, und schreitet, Und singt waldeinwärts und gedämpft: »Du heil’ge Nacht, Bald ist’s vollbracht, Bald schlaf ich ihn, Den langen Schlummer, Der mich erlöst Von allem Kummer.« Die grünen Bäume rauschen dann: Schlaf süß, du guter alter Mann; Die Gräser lispeln wankend fort: Wir decken seinen Ruheort; Und mancher liebe Vogel ruft: O laßt ihn ruhn in Rasengruft. Der Alte horcht, der Alte schweigt, Der Tod hat sich zu ihm geneigt. 5 Franz Schubert Die Sterne (»Wie blitzen die Sterne«) op. 96,1 D 939 (1828) für Singstimme und Klavier Text von Karl Gottfried von Leitner Wie blitzen Die Sterne So hell durch die Nacht! Bin oft schon Darüber Vom Schlummer erwacht. Doch schelt ich Die lichten Gebilde drum nicht, Sie üben Im Stillen Manch heilsame Pflicht. Sie wallen Hoch oben In Engelgestalt, Sie leuchten Dem Pilger Durch Heiden und Wald. Sie schweben Als Boten Der Liebe umher Und tragen Oft Küsse Weit über das Meer. Sie blicken Dem Dulder Recht mild ins Gesicht Und säumen Die Tränen Mit silbernem Licht. Und weisen Von Gräbern Gar tröstlich und hold Uns hinter Das Blaue Mit Fingern von Gold. So sei denn Gesegnet, Du strahlige Schar, Und leuchte Mir lange Noch freundlich und klar. Und wenn ich Einst liebe, Seid hold dem Verein, Und euer Geflimmer Laßt Segen uns sein. 6 Felix Dapoz »Ben danter mile steres« Text von Lois Ellecosta (* 1938) Ben danter mile steres ma öna n’ài vidlé: al cil dles ćialdes seres tan bel so lominé! Wohl unter tausend Sternen * nur einen hab ich gesehen: am Himmel in lauen Abenden so schön sein Leuchten! De net, d’ascusc sön vider gonot stêi a i ćiarè y gnea contont y ligher da odei so zilorè. In der Nacht verborgen am Fenster saß ich oft und schaute und wurde froh und glücklich beim Anblick seines Funkelns. La stëra é sparida, iu chiri net y dé; y tan ch’i l’à chirida: ara n’é plü da ciafè. Der Stern ist verschwunden, ich suche ihn bei Nacht und Tag; und obwohl ich ihn so suchte: war er nirgends mehr zu finden. * »Stern« ist im Ladinischen weiblich (la stëra) und wird in diesem Lied als Metapher für eine Frau verwendet 7 Jepele Frontull Nos salvans Text von Lejio Baldissera (1895 – 1974) Wir Salvans*, o wir Salvans, auf den Almen und Wiesen, unterhalb der Berge, bei frischen Bächen, in ursprünglichen Wäldern, geniesen wir den schönen Tag, ein Hoch auf die Freiheit! Nos salvans, o nos salvans, sön chës munts, sön chi bi plans, sot chi crëp, pro chi bogn rüs, te chi bosc nia ofenüs, stunse a goder le bel dé, viva, viva la liberté! Nos sun resc de nüsc paîsc, düć i tiers y les raîsc crësc por sagns y amarês, dai festidi delibrês stunse a goder … Wir sind die Könige unserer Gegend, alle Tiere und alle Wurzeln gedeihen für Gesunde und Kranke, frei von Sorgen genießen wir den schönen Tag, ein Hoch auf die Freiheit. Tëma no co dai dlaciuns; le dinvern dai gran freduns ne conësc l’ardi ponsier: desfidënn al monn entier, stunse a goder … Wir haben vor nichts Angst; außer vor Wintern mit großer Kälte, wir kennen keine quälenden Gedanken: der ganzen Welt trotzend, genießen wir den schönen Tag, ein Hoch auf die Freiheit. * Salvans sind sagenumwobene Waldbewohner im Dolomiten gebiet, hergeleitet vom lateinischen ›silva‹ 8 Felix Dapoz Alalt al ci Text von Lois Ellecosta (* 1938) Hoch am Himmel scheint der Mond so schön, zieht leise über uns hinweg das kleine Kind schon lange in der Wiege schläft ruhig und so schön brav. Alalt a ci tan bel la löna passa chita sora nos, le picio möt dadio te cöna dorm saurì y tan bel pros. Dadio la pêsc tan aspetada da cösc püre monn da crusc da ci sön vignönn é tomada, ’ndormedida é vigne usc. Seit langem ist der ersehnte Friede auf diese arme Welt voll Sorgen vom Himmel auf jeden einzelnen herabgefallen, eingeschlafen ist jede Stimme. Tan bel saurì, o bela jona, palseste te to bun let, fôsc a te mia usc sen sona tan pordüda sot tla net. So wohl, du schönes Mädchen, ruhst in deinem feinen Bett, vielleicht erreicht dich meine Stimme so verloren tief in der Nacht. Deutsch von Magdalena Miribung Franz Schubert Der Wanderer (»Wie deutlich des Mondes Licht«) op. 65,2 D 649 (1819) für Singstimme und Klavier Text von Friedrich von Schlegel Wie deutlich des Mondes Licht Zu mir spricht, Mich beseelend zu der Reise: »Folge treu dem alten Gleise, Wähle keine Heimat nicht. Ew’ge Plage Bringen sonst die schweren Tage. Fort zu andern Sollst du wechseln, sollst du wandern, Leicht entfliehend jeder Klage.« Sanfte Ebb’ und hohe Flut, Tief im Mut, Wandr’ ich so im Dunkeln weiter, Steige mutig, singe heiter, Und die Welt erscheint mir gut. Alles Reine Seh ich mild im Widerscheine, Nichts verworren In des Tages Glut verdorren: Froh umgeben, doch alleine. 9 Franz Schubert Wandrers Nachtlied (»Über allen Gipfeln ist Ruh«) op. 96,3 D 768 (1824) für Singstimme und Klavier Text von Johann Wolfgang von Goethe Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vöglein schweigen im Walde, warte nur, balde ruhest du auch. Franz Schubert Auf der Donau op. 21,1 D 553 (1817) für Bass und Klavier Text von Johann Mayrhofer Auf der Wellen Spiegel Schwimmt der Kahn. Alte Burgen ragen Himmelan; Tannenwälder rauschen Geistergleich – Und das Herz im Busen Wird uns weich. Denn der Menschen Werke Sinken all, Wo ist Turm, wo Pforte, Wo der Wall, Wo sie selbst, die Starken, Erzgeschirmt, Die in Krieg und Jagden Hingestürmt? Trauriges Gestrüppe Wuchert fort, Während frommer Sage Kraft verdorrt. Und im kleinen Kahne wird uns bang – Wellen drohn, wie Zeiten, Untergang. 10 Franz Schubert Willkommen und Abschied op. 56,1 D 767 (1822) für Singstimme und Klavier Text von Johann Wolfgang von Goethe Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde, Es war getan fast eh’ gedacht; Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht: Schon stand im Nebelkleid die Eiche, Ein aufgetürmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gesträuche Mit hundert schwarzen Augen sah. Der Mond von einem Wolkenhügel Sah kläglich aus dem Duft hervor, Die Winde schwangen leise Flügel, Umsausten schauerlich mein Ohr; Die Nacht schuf tausend Ungeheuer; Doch frisch und fröhlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer, In meinem Herzen welche Glut! Dich seh ich, und die milde Freude Floß von dem süßen Blick auf mich, Ganz war mein Herz an deiner Seite Und jeder Atemzug für dich. Ein rosenfarbnes Frühlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zärtlichkeit für mich – Ihr Götter! Ich hofft’ es, ich verdient’ es nicht! Doch ach, schon mit der Morgensonne Verengt der Abschied mir das Herz, In deinen Küssen, welche Wonne, In deinem Auge, welcher Schmerz! Ich ging, du standst und sahst zur Erden Und sahst mir nach mit nassem Blick, Und doch, welch Glück geliebt zu werden, Und lieben, Götter, welch ein Glück. 11 Franz Liszt Tre sonetti di Petrarca S 270 (1842 – 46) für Singstimme und Klavier Texte: Francesco Petrarca (1304 – 1374) Pace non trovo S 270,1 (Sonett Nr. 104) Pace non trovo, e non ho da far guerra, E temo, e spero, ed ardo, e son un ghiaccio: E volo sopra ’l cielo, e giaccio in terra; E nulla stringo, e tutto ’l mondo abbraccio. Frieden finde ich nicht, kann Krieg nicht führen; ich bange, hoffe, brenne und gefriere, flieg himmelhoch und ruhe in der Erde; umschlinge nichts, den ganzen Erdkreis ich umarm. Tal m’ha in priggion, che non m’apre, né serra, Né per suo mi ritien, né scioglie il laccio, E non m’uccide Amor, e non mi sferra; Né mi vuol vivo, né mi trahe d’impaccio. Im Turm verschloss mich Amor, der nicht öffnet, noch mich als sein hält, noch die Bande lockert, noch mich erschlägt, geschweige denn entkettet; nicht lebend will er mich, noch mich befrei’n. Veggio senz’occhi; e non ho lingua e grido; E bramo di perir, e cheggio aita; Augenlos schau ich, schreie ohne Zunge; flehe nach Hilfe, wünsche mein Verderben; derweil ich jemanden liebe, hasse ich mich: Ed ho in odio me stesso, ed amo altrui: Pascomi di dolor; piangendo rido; Nähr mich von Schmerz und lache unter Tränen; verschmähe gleich zu leben wie zu sterben. Dank Euch in diesem Zustand, Frau, bin ich. Egualmente mi spiace morte e vita. In questo stato son, Donna, per Voi. 12 Benedetto sia’l giorno S 270,2 (Sonett Nr. 47) Benedetto sia ’l giorno, e ’l mese, e l’anno, E la stagione, e ’l tempo, e l’ora, e ’l punto E ’l bel paese e ’l loco, ov’io fui giunto Da’ duo begli occhi che legato m’ànno; Gesegnet sei der Tag, das Jahr, der Monat, die Jahreszeit, die Stunde und Minute, das holde Land, der Ort, an dem mich fanden zwei schöne Augen, die in Bann mich schlugen; E benedetto il primo dolce affanno Gesegnet sei das erste süße Bangen, das mich erfasst’, als Amor mich erreichte; der Pfeil und Bogen, die mich stachen, trieben; die Wunden, die mir bis zum Herzen dringen; Ch’i’ ebbi ad esser con Amor congiunto, E l’arco e le saette ond’ i’ fui punto, E le piaghe, ch’infino al cor mi vanno. Benedette le voci tante, ch’io Gesegnet jeder Klang, mit dem ich meiner geliebten Laura Name hab gerufen, Chiamando il nome di Laura ho sparte, E i sospiri e le lagrime e ’l desio. die Seufzer, das Begehren und die Tränen! E benedette sian tutte le carte Gesegnet seien auch alle die Blätter, auf denen ich ihr Ruhm sing, und mein Sehnen, das ihr alleine zukommt und sonst keiner. Ov’io fama le acquisto, e il pensier mio, Ch’è sol di lei, si ch’altra non v’ha parte. 13 I’ vidi in terra angelici costumi S 270,3 (Sonett Nr. 123) I’ vidi in terra angelici costumi, Ich sah auf Erden engelsgleiche Sitten, himmlische Schönheit, in der Welt einmalig, – sodass daran zu denken freut und peinigt, da was ich seh, Rauch scheint, Traum nur und Schemen –; E celesti bellezze al mondo sole; Tal che di rimembrar mi giova, e dole: Che quant’io miro, par sogni, ombre, e fumi. E vidi lagrimar que’ duo bei lumi, Che farian gir i monti, e stare i fiumi. Und sah jenes Paar holder Augen weinen, dem tausendfachen Neid die Sonne zollte; und lauschte seufzend Worten, die selbst Berge bewegt hätten und Flüsse angehalten. Amor! senno! valor, pietate, e doglia Facean piangendo un più dolce concento D’ogni altro, che nel mondo udir si soglia. Mut, Liebe, Ehrfurcht, Geist, und Schmerz im Weinen zu solchem süßen Einklang sich umfingen, wie man ihn sonst niemals vernimmt auf Erden; Ed era ’l cielo all’armonia sì intento Und so gebannt lauschte der Himmel diesem Klingen, dass nicht ein Blatt am Baum man sah sich regen so süße Töne in Luft und Brise hingen. Ch’han fatto mille volte invidia al sole; Ed udì’ sospirando dir parole Che non si vedea in ramo mover foglia. Tanta dolcezza avea pien l’aer e ’l vento. Deutsch: Gabriele Grunert 14 Francesco Paolo Tosti Quattro canzoni d’Amaranta (1907) für Singstimme und Klavier Texte von Gabriele D’Annunzio (1863 – 1938) Lasciami! Lascia ch’io respiri Lasciami! Lascia ch’io respiri, lascia Lass mich! Lass mich, ich möchte atmen, lass mich, ich möchte aufstehn; Eis in den Adern hämmert. Ich hab gezittert, solche Qual im Herzen erfasst mich … Ach, der Tag ist es, ja der Tag, Herr! O weh, es dämmert! ch’io mi sollevi! Ho il gelo nelle vene. Ho tremato. Ho nel cor non so che ambascia … Ahimè, Signore, è il giorno! Il giorno viene! Ch’io non lo veda! Premi la tua bocca su’ miei cigli, il tuo cuore sul mio cuore! Tutta l’erba s’insànguina d’amore. Komm, press deine Lippen – denn ich will ihn nicht sehen! auf meine Wimpern, auf meinem Herzen soll dein Herz liegen! Alles Gras ist bald blutgetränkt vom Lieben. Und fließt es über, wird das Leben gehen. La vita se ne va, quando trabocca. Trafitta muoio, e non dalla tua spada. Mi si vuota il mio petto, e senza schianto. Non è sangue? Ahi, Signore, è la rugiada! L’alba piange su me tutto il suo pianto. Durchdrungen sterb ich - nicht aber dein Schwert verletzt mich: Die Brust leert sich mir, ohne dass mich Schmerzen durchschießen. Dass es kein Blut ist? Ach weh, Herrgott, der Tau benetzt mich! Das Frührot lässt all sein Weinen über mich fließen. L’alba sepàra dalla luce l’ombra L’alba sepàra dalla luce l’ombra, Es scheidet das Morgenrot vom Licht das Dunkel, meine Lust und Sinnlichkeit von meinem Begehren. O süße Sterne, nun schlägt die Sterbensstunde. Noch göttlichere Liebe wird euch vom Himmel kehren. E la mia voluttà dal mio desire. O dolci stelle, è l’ora di morire. Un più divino amor dal ciel vi sgombra. Pupille ardenti, O voi senza ritorno, Ach ohne Wiederkehr, ihr glühenden Augen, triste Sterne, ihr sollt unverderbt zerstieben! Ich muss sterben. Will das Tageslicht nicht schauen, denn der Nacht und meinem Traum gebührt mein Lieben. Stelle tristi, spegnetevi incorrotte! Morir debbo. Veder non voglio il giorno, Per amor del mio sogno e della notte. 15 Chiudimi, O Notte, nel tuo sen materno, Mentre la terra pallida s’irrora. Mütterlich sollst an der Brust du, Nacht, mich halten, derweil Tropfen das bleiche Erdenreich begießen. Jedoch aus meinem Blut soll Morgenrot sprießen, aus meinem kurzen Traum sich ewige Sonne entfalten! Ma che dal sangue mio nasca l’aurora E dal sogno mio breve il sole eterno! In van preghi, in vano aneli In van preghi, in vano aneli, Fruchtlos magst du ersehnen und flehen, fruchtlos dein wundes Herz offen legen. Glaubst du, die Himmel sind nasser gerade unseres Weinens wegen? in van mostri il cuore infranto. Sono forse umidi i cieli perché noi abbiamo pianto? Il dolor nostro è senz’ala. Unsre Schmerzen, sie sind ohne Flügel. Unser zaudernder Schrei kann nicht fliegen. Wein und fleh! Welche Gottheit kommt langsam den Weg der Sterne herabgestiegen? Non ha volo il grido imbelle. Piangi e prega! Qual dio cala pel cammino delle stelle? Abbandónati alla polve e su lei prono ti giaci. La supina madre assolve So ergib dich der staubigen Erde, lege bäuchlings dich auf sie nieder. Frei von Schuld spricht den, der sie küsste, unterwürfig die Mutter wieder. d’ogni colpa chi la baci. In un Ade senza dio dormi quanto puoi profondo. Tutto è sogno, tutto è oblìo: l’asfodèlo è il fior del Mondo. In einem götterentleerten Hades sollst du schlafen so tief wie selten. Alles Traum, alles ist Vergessen: Der Affodill ist die Blume der Welten. 16 Che dici, o parola del Saggio Che dici, o parola del Saggio? »Conviene che l’anima lieve, sorella del vento selvaggio, trascorra le fonti ove beve.« Io so che il van pianto mi guasta le ciglia dall’ombra sì lunga … O Vita, e una lacrima basta a spegner la face consunta! Ben so che nell’ansia mortale si sfa la mia bocca riarsa… E un alito, o Vita, mi vale a sperder la cenere scarsa! Tu dici: »Alza il capo; raccogli con grazia i capelli in un nodo; e sopra le rose che sfogli ridendo va incontro all’Ignoto. L’amante dagli occhi di sfinge mutevole, a cui sei promessa, ha nome Domani; e ti cinge con una ghirlanda più fresca.« M’attende: lo so. Ma il datore di gioia non ha più ghirlande: ha dato il cipresso all’Amore e il mirto a Colei ch’è più grande, il mirto alla Morte che odo rombar sul mio capo sconvolto. Non tremo. I capelli in un nodo segreto per sempre ho raccolto. Ho terso con ambe le mani l’estreme tue lacrime, o Vita. L’amante che ha nome Domani m’attende nell’ombra infinita. Wie lautest Du, Ratschlag des Weisen? »Die Seele – so leicht aufzuwiegen – möge als Schwester des tosenden Windes an den Quell’n, wo sie trinkt, vorbei fliegen.« Ich weiß, sinnlos Weinen ruiniert mir die Wimpern, die so viel Schatten schenken. O Leben, und eine Träne genügt schon, die schwächelnde Flamme zu ertränken! Ich weiß, in den Schrecken des Todes wird mein Mund, zundertrocken, vergehen … Schon ein Hauch kann alleine, o Leben, die spärliche Asche verwehen! »Mit aufrechtem Haupt«, sagst du, »sollst du das Haar voll Anmut zum Knoten legen; lauf auf Rosen, die du lächelnd entblätterst, dem Unbekannten entgegen. Der Freier mit sphinxhaften Augen, dem du versprochen bist, wird sich stets ändern; er heißt Morgen und wird dich umschlingen mit frischeren Blumenbändern.« Er harrt meiner, ich weiß. Doch es fehlen dem Freudbringer Bänder eben: Die Zypresse hat er der Liebe und die Myrte dem Größten gegeben, dem Tod, den ich dröhnen höre über mir, der mein Haupt erschüttert. Hab mein Haar in verborgenem Knoten ewig gebunden - und nicht gezittert. Die letzten deiner Tränen, o Leben, meine Hände schon fortgewischt hatten. Der Liebende namens Morgen harrt meiner im endlosen Schatten. Deutsch: Sebastian Viebahn 17 Francesco Paolo Tosti L’ultima canzone (1905) für Singstimme und Klavier Text von Francesco Cimmino (1862 – 1939) M’han detto che domani, Nina, vi fate sposa, Ed io vi canto ancor la serenata. Ich höre, dass Ihr, Nina, Eure Hochzeit haltet morgen, und immer noch singe ich Euch die Serenade. Dort in den öden Ebnen, dort, im Schatten der Täler geborgen, ach, wie oft ich sie für Euch gesungen habe! Là nei deserti piani, Là, ne la valle ombrosa, Oh quante volte a voi l’ho ricantata! »Foglia di rosa, O fiore d’amaranto, Se ti fai sposa, Io ti sto sempre accanto.« »O Blatt einer Rose, Amaranthrispenblüte, wenn du erst Braut bist, nah dir ich dich immer behüte.« Domani avrete intorno Feste, sorrisi e fiori, Nè penserete ai nostri vecchi amori. Ma sempre, notte e giorno, Piena di passione, Verrà gemendo a voi la mia canzone. Und während Ihr morgen feiert lachend mit Blumen, Geschenken, werdet Ihr kaum unsrer alten Liebe gedenken. Doch sei es nachts, sei es am Tage: Mit innigem Singen wird stets seufzend mein Liebeslied bis zu Euch dringen. »Foglia di menta, O fiore di granato, Nina, rammenta I baci che t’ho dato!« »Blatt frischer Minze, o Granatapfelblüte: Nina, die Erinnrung an meine Küsse behüte!« Deutsch: Sebastian Viebahn 18 ZU DEN WERKEN Mystische Feierlichkeit der Nacht – Acht Lieder von Franz Schubert Auf der Bruck Schubert fand die literarische Vorlage für seine Komposition im Poetischen Tagebuch von Ernst Schulze. Es ist ein vierstrophiges Gedicht, dessen Bilder in ihrer raschen Folge die Vorstellung eines schnellen Ritts zur Geliebten beschreiben. Diese nimmt in der dritten Strophe vage Gestalt an, und hier erfahren wir auch den Grund für die Eile: »schon drei Tage war ich fern« – es ist der Trennungsschmerz, der den Reiter antreibt. Mit Auf der Bruck ist Schubert eines seiner hinreißendsten und effektvollsten Lieder gelungen. Bereits im ungewöhnlich langen Klaviervorspiel exponiert er den rhythmischen Gestus dieser »geschwind« vorzutragenden Komposition – in der Klavierbegleitung zieht er sich durch das ganze Lied. Auch wenn Schubert, ganz Dramatiker, diese entsprechend der harmonischen und melodischen Bewegung der Singstimme anpasst, die ihrerseits die wechselnden Bilder und Empfindungen des Textes nachzeichnet. Der Wanderer an den Mond Die Textvorlage zu diesem Lied stammt von Schuberts Freund Johann Gabriel Seidl. Es ist ein biedermeierlich schlichtes, durch vierhebige Jamben und paarige Endreime regelmäßig pulsierendes Gedicht in vier Strophen. Anfänglich von Gegensätzen geprägt, wendet sich der Text im weiteren Verlauf immer stärker dem Mond als Glückssymbol grenzenloser Freiheit zu. Es ist eine der beliebtesten Liedkompositionen Schuberts, auch wegen des strophisch leicht fassbaren, melodisch eingängigen Charakters und der durch die »Ich«-Präsenz unmittelbaren Sehnsucht eines Wanderers. Formal ist das Lied zweigeteilt: in den stetig im ²/₄-Takt stapfenden Wanderer in Moll und den im SechzehntelLegato seine Dur-Bahnen ziehenden Mond. Hier herrscht die »irdische« Quarte (»Ich auf der Erde«), dort die »schwerelose« Oktave (»am Himmel du« – ein einfacher, aber wirkungsvoller kompositorischer Kunstgriff. 19 Nachtstück In diesem »Nachtstück« tritt uns der Tod als Erlöser entgegen, die »heil’ge Nacht«, Nebel, die Berge und Wälder bilden die passende Kulisse dazu. Gleich zu Beginn finden wir uns in einer dunkel gefärbten, verschleierten Atmosphäre, hervorgerufen durch die in absteigenden chromatischen Schritten durchmessene Quarte im Bass. Nach diesen ersten vier, jambisch geprägten Versen der ersten Strophe folgt ein Cantabile-Abschnitt im Balladenton, an den sich die dritte Strophe (»die grünen Bäume«) als Art Arioso anschließt. Das Lied endet anstelle eines Schlussteils mit einem kurzen Epilog von zwei abgesetzten Versen in erlösendem C-Dur – der Tod hat seinen Schrecken verloren. Die Sterne Dass Gottfried von Leitner einer Beamtenfamilie entstammt und als Jurist ausgebildet wurde, merkt man seinem Gedicht Die Sterne durchaus an. Obwohl von zahlreichen poetischen Einzelbildern durchsetzt, herrscht im Ganzen ein doch eher rationalistisches Denken vor, wenn beispielsweise in Bezug auf die Sterne von »Pflicht« die Rede ist. Erst Schubert fügt durch seine Musik die im Text nur angedeutete romantische Nachtstimmung hinzu. Vor allem durch das über weite Strecken vorherrschende somnambule Es-Dur, in dem das Flimmern der Sterne klanglich zum Ausdruck kommt. An einigen Stellen wechselt der Komponist die Tonarten jedoch und sorgt so für jeweils kurze Wechsel in der Beleuchtung. Der Wanderer Es ist ein urromantischer Topos: das Wandern. Hier bekommt »der Wanderer« einen stillen Gefährten, den Mond, der in der Empfindsamkeit der literarischen Vorlage von Friedrich von Schlegel die Mondnacht zu einem Raum für Gefühle, zu einem Gegenraum der Wirklichkeit werden lässt. Doch bei Schubert wird die Nacht, vor allem deren »dunkler« Aspekt, auch zu einer Reise ins eigene Ich, an deren Ende die Erkenntnis der 20 Vereinzelung und Einsamkeit dämmert. »Froh umgeben, doch allein«, schließt der Text – zu Beginn des 19. Jahrhunderts ist das die Selbsterkenntnis des modernen Menschen. Schubert macht es deutlich: In der Vertonung stockt die Bewegung immer wieder, wird von Fermaten unterbrochen. Das hat nichts mehr zu tun mit dem romantischen Klischee vom fröhlichen Wandern, der Weg ins Innere führt über unsicheres Gelände. Das wird bereits am Anfang klar mit dem harmonisch vagen Beginn, wenn der Eindruck von A-Dur statt D-Dur entsteht. Wandrers Nachtlied Auch dieses Lied entführt uns in die mystische Feierlichkeit der Nacht, hüllt uns ein in eine dunkel-nächtliche Atmosphäre. Das zeigt sich schon in der Singstimme, in der die hellen »i«-Klänge bald den dunkleren »u«- und »au«-Lauten weichen. Von Erwartung spricht Schubert und vom Wandern in die Ewigkeit. Gleich im Vorspiel führt er ein eigenes Schreit-Motiv ein, das bereits im Lied Der Wanderer anklang. Es bezeichnet den Weg in die Erlösung durch den Tod. Es ist übrigens ein reines Klaviermotiv und steht damit exemplarisch für die Emanzipation des Klaviers durch den Komponisten: Nicht nur der Sänger erzählt uns die Geschichten, das Instrument tritt an seine Seite, kommentiert, kontrastiert oder liest zwischen den Zeilen. Auf der Donau Johann Mayrhofer schrieb die Vorlage, in der der Fluss zum Sinnbild des Lebens wird. Auf ihm fährt der Kahn, der den vergänglichen Menschen trägt. Am Ufer sieht er derweil »der Menschen Werke«, die gleichsam vom »Untergang« bedroht sind. In dieser Komposition zeigt sich Schubert als Meister exquisiter Tonmalerei: In der ruhig-pendelnden Klavierbegleitung der ersten Takte hören wir »der Wellen Spiegel«, im as-Moll-Tremolo der linken Hand das »geistergleiche« Rauschen der Tannenwälder, das »Herz im Busen« erklingt in einem energischen Pochen – und der »Untergang« manifestiert sich in einer chromatisch absteigenden Linie im Klavier und dem tiefsten Ton der Singstimme. 21 Willkommen und Abschied In Goethes Textvorlage berichtet das lyrische Ich von einem Ritt durch die bedrohliche Nacht zur Geliebten, von der es am Morgen schon wieder Abschied nehmen muss. Der Dichter verwendet vierhebige Jamben, die alternierend klingen und stumpf enden. Ein Metrum, das für Lieddichtung typisch ist, in Goethes rhythmischer Detailgestaltung aber zugleich etwas von der Bewegung, von der die Verse handeln, in die Sprache selbst aufnimmt. Dieses Pulsieren des Versmetrums übersetzt Schubert in eine nachschlagende Triolenfigur in der Begleitung, die das ganze Lied durchzieht und ihm seinen erregten Grundcharakter gibt. Dieses Begleitmotiv ist so flexibel, dass es sich durch kleine Veränderungen – Wechsel von Dur nach Moll, Akzente, Lagenwechsel etc. – allen Ausdrucksnuancen der Dichtung anpassen lässt. An einigen Stellen begegnen uns auch Textwiederholungen als Mittel der Intensivierung (»welch ein Glück, o welch ein Glück«). In diesen emphatischen Repetitionen zeigt sich die Nähe zur Opernszene, die in diesem Lied allenthalben spürbar ist. Drei Lieder auf ladinische Texte Andrè Schuen nahm in sein Programm auch drei ladinische Lieder, also Lieder aus seiner Heimat Südtirol, auf. Beim Ladinischen handelt es sich um eine Gruppe romanischer Dialekte, die in mehreren Alpentälern Oberitaliens gesprochen werden. Die sprachliche Absonderung des ladinischen Gebiets reicht dabei bis in die Zeit des Römischen Reiches zurück und brachte, wie in vielen Regionen der Alpen, eine ganz eigene Volksmusiktradition mit sich. Ein Zitat aus dem Jahr 1888 belegt eindrücklich den Stellenwert der Volkslieder für die Region: »Die Ladiner bekunden eine besondere Vorliebe für den Gesang … sobald einige junge Burschen im Gasthaus beisammen sind, beginnt das Concert.« Es sind oft einfache Melodien, die aber gerade in ihrer Purheit einen ganz besonderen Zauber entfalten, wie etwa das Lied »Ben danter mile steres« (»Wohl unter tausend Sternen«), in dem der im Ladinischen weibliche ›Stern‹ als Metapher für eine Frau verwendet wird. Mit den drei in das Programm aufgenommenen 22 Liedern verneigt sich der Bariton musikalisch vor seiner ladinischen Heimat in den Dolomiten: Eine schöne Geste in Zeiten, in denen seltene Sprachen und Dialekte zunehmend vom Aussterben bedroht sind. Schwärmerische Poesie – Franz Liszts Tre sonetti di Petrarca »Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen« heißt es in Urians Reise um die Welt von Matthias Claudius. Im Falle von Franz Liszt jedoch müsste es eher heißen: Hat er was zu komponieren. Und damit ist er nicht allein, auch seine Komponistenkollegen ließen sich auf den beliebten Bildungsreisen für ihre Kunst inspirieren. Mendelssohn etwa, dessen »Schottische Sinfonie« unter den Eindrücken seiner ersten Schottland-Reise entstand; seine vierte Sinfonie »Italienische« verweist mit dem Beinamen ebenfalls auf ihre geistige Herkunft. Ganz ähnlich verhält es sich mit den Tre sonetti di Petrarca von Franz Listz, die ebenfalls durch einen Italien-Besuch angeregt wurden. Inspiration fand der Komponist dabei auf ganz vielfältige Weise: in der Landschaft, in Stimmungsbildern aber auch in Kunst und Literatur. Initialzündung für die Petrarca-Sonette, der Name verrät es schon, war die Auseinandersetzung Liszts mit einem der größten Dichter Italiens und einem Mitbegründer des Humanismus. Hunderte von Sonetten hat Petrarca der Nachwelt hinterlassen, viele davon sind Ausdruck seiner Verehrung für die angebetete Laura – eine geheimnisvolle Frauengestalt, von der wir nicht wissen, ob sie tatsächlich existiert hat. Aus diesem reichen Œuvre hat Liszt sich für die Vertonung der Sonette Nr. 47, 104 und 123 entschieden, entstanden sind schwärmerisch-poetische Klavierlieder, von denen sich das Petrarca-Sonett Nr. 104 besonderer Beliebtheit erfreut. Und auch der Komponist selbst hat anscheinend Gefallen an den Liedern gefunden, denn er integrierte sie später in den zweiten Band Italien seiner Années de Pèlerinage (Pilgerjahre), einer Sammlung von 26 Charakterstücken für Soloklavier. 23 Expressive Miniaturen – Italienische Lieder von Francesco Paolo Tosti Francesco Paolo Tosti war ein Multitalent, Erfolge feierte er als Komponist, Geiger und Gesangslehrer – und er war eng befreundet mit dem legendären Enrico Caruso. Nach dem Kompositionsstudium bei dem italienischen Opernkomponisten Saverio Mercadante war er besonders als Gesangslehrer erfolgreich und ging in dieser Funktion ein und aus bei den Reichen und Mächtigen: 1873 wurde er Lehrer der zukünftigen Königin von Italien, Margherita von Savoyen, 1875 kam er nach England und unterrichtete die Kinder von Königin Victoria. Insgesamt 400 Kompositionen sind überliefert, darunter geistliche Werke, Klavierstücke und Werke für Violine und Klavier. Besondere Bedeutung in seinem Schaffen haben jedoch die Kompositionen für Gesang und Klavier, mit denen Tosti den Gipfel der Gattung in Italien erreichte. Dazu gehören insbesondere die Romanzen auf italienische Texte wie die Quattro canzoni d’Amaranta oder die L’ultlima canzone. Es sind expressive Miniaturen, mit teils opernhaften Elementen und Anklängen an neapolitanische Volkslieder, in denen der in Italien so gefeierte Glanz der Stimme wundervoll zur Geltung kommt. Bjørn Woll 24 BIOGRAPHIEN Andrè Schuen Der Bariton Andrè Schuen stammt aus dem ladinischen La Val (Südtirol, Italien) und wuchs dort dreisprachig auf – ladinisch, italienisch und deutsch, eine Vielseitigkeit, die sich in seinem Gesangsrepertoire widerspiegelt. Obwohl lange Jahre das Cello sein Hauptinstrument war, studierte er Gesang an der Universität Mozarteum Salzburg bei Horiana Branisteanu sowie Lied und Oratorium bei Wolfgang Holzmair. Zudem besuchte er Meisterkurse bei Kurt Widmer, Sir Thomas Allen, KS Brigitte Fassbaender, Marjana Lipovšek, Romualdo Savastano und Olaf Bär. 2009 war Andrè Schuen Preisträger der Internationalen Sommerakademie der Universität Mozarteum Salzburg und gewann den Ersten Preis des Gesangswettbewerbs der Walter-und-Charlotte-Hamel-Stiftung. 2010 schloss er sein Studium am Salzburger Mozarteum mit Auszeichnung ab und wurde mit dem Hanna-Ludwig-Preis und der Lilli-LehmannMedaille ausgezeichnet. 2010 war Andrè Schuen Mitglied des Young Singers Project in Salzburg. In der Folge wirkte er bei verschiedenen FestspielProduktionen mit: mit Sir Simon Rattle bei den Osterfestspielen 2011 in Richard Strauss’ Salome sowie im selben Sommer in Verdis Macbeth unter Riccardo Muti und in Strawinskys Le Rossignol unter Ivor Bolton. 2012 sang er sowohl bei den Salzburger Osterfestspielen als auch beim Sommerfestival die Rolle des Moralès in Bizets Carmen, erneut unter der Leitung von Sir Simon Rattle. Diese Produktion liegt mittlerweile auch auf CD vor. Von 2010 bis 2014 war Andrè Schuen Ensemblemitglied der Oper Graz und dort u. a. als Jeletzky (Pique Dame), Masetto (Don Gio vanni), Belcore (L’Elisir d’amore), Ford (Falstaff), Papageno (Die Zauberflöte), Heerrufer (Lohengrin) und Roi Alphonse (La favorite) zu hören. In Montpellier gastierte er als Don Giovanni sowie als Guglielmo in Così fan tutte. Andrè Schuen war einer der wenigen Sänger, der gleich dreimal im Da-Ponte-Zyklus von Nikolaus 25 Harnoncourt am Theater an der Wien zu hören war: als Figaro, Don Giovanni und Guglielmo, woraufhin das ORF-Publikum ihm mit großer Mehrheit den Publikumspreis des Österreichischen Musiktheaterpreises zusprach. 2014 arbeitete er zum ersten Mal mit Teodor Currentzis, in der Titelpartie des Don Giovanni in Perm. 2015 folgten Giovanni Paisiellos Il Barbiere di Siviglia (Titelpartie) unter René Jacobs am Theater an der Wien, Così fan tutte (Guglielmo) am Münchner Gärtnerplatz sowie Turandot (Ping) bei den Bregenzer Festspielen. Auch in der aktuellen Saison war Andrè Schuen am Theater an der Wien zu hören: im Januar als Don Fernando in Beethovens Fidelio unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt und im April mit seinem Debüt als Graf in Strauss’ Capriccio. Erneut übernahm er unter Teodor Currentzis’ Leitung die Titelpartie des Don Giovanni mit Aufführungen in St. Petersburg sowie am Konzerthaus Dortmund, wo er nun für drei Spielzeiten als »Junger Wilder« residiert. Sein erstes Solokonzert in dieser Reihe gab er im Mai 2016 gemeinsam mit dem Trio Boulanger, mit dem er im Anschluss eine CD mit Werken von Beethoven aufnahm. Liederabende führen ihn mit Daniel Heide in die Wigmore Hall, nach Ingolstadt und Bamberg, nach Elmau, heute in die Kölner Philharmonie sowie zum Diaghilev-Festival nach Perm. Im Frühjahr 2015 erschien die erste Lied-CD des Duos mit Werken von Schumann, Wolf und Martin, die sie in der Londoner Wigmore Hall präsentieren konnten. Höhepunkte auf der Konzertbühne waren Faurés Requiem (Berliner Philharmoniker, Sir Simon Rattle), Brittens War-Requiem (Swedish Radio Symphony Orchestra, Daniel Harding) und das Brahms-Requiem mit dem WDR Sinfonieorchester Köln unter Jukka-Pekka Saraste, sein Debüt in Mendelssohns Elias in Hamburg und Konzerte beim Orchestre de Paris unter Thomas Hengelbrock (mit Bach und Mendelssohn), mit dem Mozarteum orchester unter Trevor Pinnock (Mahlers Lieder eines fahrenden Gesellen) und bei den Bamberger Symphonikern unter Daniel Harding (Schumanns Das Paradies und die Peri). In der Kölner Philharmonie war Andrè Schuen zuletzt im Oktober 2014 zu Gast. 26 Daniel Heide Der aus Weimar stammende Daniel Heide begann mit dem Klavierspiel im Alter von fünf Jahren, bereits ein Jahr später kam er in die Hochbegabtenklasse von Sigrid Lehmstedt an der Spezialschule für Musik »Belvedere« seiner Heimatstadt. Nach fünf Jahren entzog er sich jedoch dem vorgezeichneten Weg eines musikalischen Wunderkindes und unterbricht seine pianistische Ausbildung. Er tauschte das Klavier mit dem Schlagzeug und sucht sportliche Herausforderungen in einem Radsportteam. Mit 17 Jahren kehrte er zum Klavier zurück, nun aber beflügelt durch einen ganz persönlichen Zugang zur Musik. Es folgte ein Klavierstudium an der Weimarer Musikhochschule, entscheidende Anregungen und Motivationen kommen aber mehr aus der eigenen Suche und Liebe zur Musik, er blieb letztlich Autodidakt. Während dieser Zeit konzentrierte er sich ganz auf die Arbeit mit Sängern – er absolvierte Meisterkurse bei Dietrich Fischer-Dieskau und Christa Ludwig – und das kammermusikalische Musizieren. Zahlreiche Liederabende und Kammerkonzerte in vielen deutschen Städten, in Österreich, der Schweiz, Frankreich, Schottland, Italien, Spanien, Griechenland, Tschechien und Island zeugen mittlerweile von seiner intensiven Konzerttätigkeit. Neben seiner ständigen Zusammenarbeit mit Sängerinnen und Sängern wie Stella Doufexis, Ingeborg Danz, Britta Schwarz, Roman Trekel, Andrè Schuen und Tobias Berndt gibt er Liederabende mit Christoph Prégardien, Simone Kermes, Luca Pisaroni, Melanie Diener, Johannes Weisser, Stephan Genz, Hans-Jörg Mammel, Ruth Ziesak, Sybilla Rubens und Lothar Odinius. Im Bereich der instrumentalen Kammermusik spielt er mit Solisten wie u. a. Tabea Zimmermann, Antje Weithaas, Wolfgang Emmanuel Schmidt, Alexander Kniazev, Barbara Buntrock, Julian Steckel, Isang Enders, Konstanze von Gutzeit, Pauline Sachse und Benoît Fromanger. 27 Einen wichtigen Impuls für seine Karriere als Liedbegleiter stellt die Gründung der Konzertreihe Der lyrische Salon – Liederabende auf Schloss Ettersburg dar. Seit Mai 2011 findet dort monatlich ein Liederabend unter Daniel Heides künstlerischer Leitung statt. Die kürzlich erschienene CD Poémes, eine gemeinsam mit der Mezzosopranistin Stella Doufexis aufgenommene Auswahl von Liedern Claude Debussys, erhielt den renommierten Preis der deutschen Schallplattenkritik. In der Kölner Philharmonie ist der Franz-Liszt-Preisträger heute zum ersten Mal zu hören. 28 Centrum Köln Vom Einsteigerklavier bis zum Konzertflügel – besuchen Sie das C. Bechstein Centrum Köln! C. Bechstein Centrum Köln In den Opern Passagen · Glockengasse 6 · 50667 Köln Telefon: +49 (0)221 987 428 11 [email protected] · bechstein-centren.de KölnMusik-Vorschau Juni SO 19 20:00 MI 15 Gerhild Romberger Alt Kölner Domchor Chor des Bayerischen Rundfunks Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Bernard Haitink Dirigent 20:00 Håkan Hardenberger Trompete Mahler Chamber Orchestra Daniel Harding Dirigent Gustav Mahler Sinfonie Nr. 3 d-Moll für Alt, Frauenchor, Kinderchor und Orchester Ludwig van Beethoven Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 C-Dur zu op. 72 Sinfonie Nr. 4 B-Dur op. 60 Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V. Mark-Anthony Turnage Håkan für Trompete und Orchester Deutsche Erstaufführung Internationale Orchester 6 Edgard Varèse Intégrales für kleines Orchester und Schlagzeug DI 21 Zu den namhaften Komponisten, die Håkan Hardenbergers Können auf eine neue Stufe katapultiert haben, gehört der Engländer Mark-Anthony Turnage. Nach dem Trompetenkonzert »From the Wreckage«, bei dem Hardenberger 2005 auch mit Jazz flirten durfte, kommt nun Turnages zweites konzertantes Trompeten-Opus zur deutschen Erstaufführung – dirigiert vom Turnage-Fan Daniel Harding. 20:00 Signum Quartett Florian Donderer Violine Annette Walther Violine Xandi van Dijk Viola Thomas Schmitz Violoncello Joseph Haydn Streichquartett f-Moll op. 20,5 Hob. III:35 – aus: 6 Divertimenti (Sonnenquartette) op. 20 Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V. Péter Louis van Dijk Iinyembezi 19:00 Einführung in das Konzert durch Oliver Binder Johannes Brahms Streichquartett Nr. 2 a-Moll op. 51,2 Dieses Konzert wird auch live auf philharmonie.tv übertragen. Der Livestream wird unterstützt durch JTI. Quartetto 6 Klassiker! 6 Porträt Håkan Hardenberger 3 30 Ihr nächstes Abonnement-Konzert FR Liebe Abonnentin, lieber Abonnent, 24 auch wenn mit diesem Konzert Ihr Abonnement »Liederabende« endet, so müssen Sie dies nicht lange missen, denn wir haben Ihnen auch für die kommende Spielzeit ein Paket mit sechs Konzerten zusammengestellt. Schon am 20. September können Sie dann Georg Nigl und Alexander Melnikov erleben. 20:00 Hugh Masekela fl-h, voc Abednigo Sibongiseni Zulu b, voc Francis Manneh Edward Fuster perc, voc Cameron John Ward git, voc Johan Wilem Mthethwa keyb, voc Lee-Roy Sauls dr, voc Wir würden uns freuen, Sie auch in der nächsten Spielzeit als Abonnenten begrüßen zu können! Hugh Masekela gilt als der wichtigste Jazz- und Weltmusiker Afrikas. Der weltbekannte Flügelhornist, Trompeter, Bandleader, Komponist und Sänger bleibt seiner südafrikanischen Heimat tief verbunden, während er mit seiner Musik seit Jahrzehnten international erfolgreich ist. Im Laufe seiner Karriere spielte er mit vielen hochkarätigen Musikern wie Paul Simon, Bob Marley, The Byrds, U2 und Louis Armstrong, von dem er als junger Mann eine Trompete bekam. Hugh Masekela ist eine lebende Legende, ein hervorragender Musiker, der stets ausnahmslos weitere großartige Musiker um sich versammelt. Weitere Einzelheiten zu dieser Reihe entnehmen Sie bitte unserer neuen Vorschau »Kölner Philharmonie 2016/2017«, die am 13. Mai 2016 erschienen ist. In der neuen Vorschau finden Sie neben den Konditionen für den Erwerb Ihres Abonnements auch Informationen zu unserer Aktion »Abonnenten werben Abonnenten«! so 26 11:00 Schülerinnen und Schüler aus 12 Kölner Grundschulen Gürzenich-Orchester Köln Andreas Fellner Dirigent Michael Mienert Regisseur Singen mit Klasse! Stefan Johannes Hanke Der Muschelfischer oder Gute Laune kauft man nicht Gefördert durch das Kuratorium KölnMusik e. V. KölnMusik gemeinsam mit dem Gürzenich-Orchester Köln 31 Philharmonie-Hotline 0221 280 280 koelner-philharmonie.de Informationen & Tickets zu allen Konzerten in der Kölner Philharmonie! Kulturpartner der Kölner Philharmonie Herausgeber: KölnMusik GmbH Louwrens Langevoort Intendant der Kölner Philharmonie und Geschäftsführer der KölnMusik GmbH Postfach 102163, 50461 Köln koelner-philharmonie.de Redaktion: Sebastian Loelgen Corporate Design: hauser lacour kommunikationsgestaltung GmbH Textnachweis: Der Text von Bjørn Woll ist ein Originalbeitrag für dieses Heft. Fotonachweise: Guido Werner S. 25 Gesamtherstellung: adHOC Printproduktion GmbH Foto: Klaus Rudolph Gustav Mahler Sinfonie Nr. 3 d-Moll Bernard Haitink Dirigent Kölner Domchor Chor des Bayerischen Rundfunks Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Gerhild Romberger Alt Gefördert durch koelner-philharmonie.de 0221 280 280 Sonntag 19.06.2016 20:00
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