Wenn 9000-Liter-Fässer auf Reisen gehen

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Der Murtenbieter
Murten | Region
Nr. 47 | Dienstag, 14. Juni 2016
Wenn 9000-Liter-Fässer auf Reisen gehen
PRAZ
Sieben hölzerne Riesen lagerten
seit dem Zweiten Weltkrieg im
Weinkeller der Schmutz Vins S.A.
in Praz. Letzte Woche mussten
sich die sieben und neun Tonnen
fassenden Chasselas-Fässer auf
die Züglete ins neue Lager begeben. Dafür wurden sie von einem
St. Galler Fachmann demontiert
und wieder aufgebaut.
Seit 1943 lagerten sieben Holzfässer in
der Weinkellerei der Familie Schmutz
an der Hauptstrasse in Praz. «Ich erinne­
re mich noch daran, als sie damals hier­
hergebracht wurden. Ich war damals
ein kleiner Junge», sagt Seniorchef Alex
Schmutz, Jahrgang 1937. «Schon damals
waren sie alt. Wahrscheinlich haben sie
heute über 100 Jahre auf dem Buckel.»
Nun war für die gewichtigen Gesellen
aus Holz eine Züglete angesagt. Denn
die Familie Schmutz hat ihre ein paar
Gehminuten entfernte Produktions­
halle um einen Anbau, einen Lage­
rungsraum, erweitert. Dorthin werden
die sechs 7000-Liter- und das 9000-Li­
ter-Fass transportiert. Denn im pittores­
ken Verkaufslokal an der Hauptstrasse
soll künftig der Empfangs- und Degusta­
tionsraum für die Privatkundschaft er­
weitert und verschönert werden. «Ich
mag es, wenn das alte Mauerwerk zum
Vorschein kommt. Man kann antik und
modern attraktiv kombinieren», freut
sich Christine Schmutz vom Familienun­
ternehmen Schmutz Vins S.A. über den
Ausbau des Gebäudes von 1639.
Gewichtige Arbeit: Küfer Martin Thurnheer leitet die Züglete zwischen dem Weinkeller und der Produktionshalle der Familie Schmutz. Rechts: Sébastien Schmutz.
Wie das Gerippe eines Wals
Die Züglete der Weisswein-Fässer ist ein
aufwendiges Unterfangen. Denn so ein
Fass muss für den Transport auseinan­
dergenommen werden. 2,70 Meter hoch,
1,80 Meter breit und 2,20 Meter tief ist so
ein 7000-Liter-Riese. Wie die Rippen ei­
nes Wals liegen die hölzernen Fassdau­
ben auf dem Kellerboden. Das Zerlegen
der Fässer kann nur von einem Fach­
mann vorgenommen werden. Zu die­
sem Zweck ist extra Martin Thurnheer
aus Berneck im St. Galler Rheintal an­
gereist. Der junge Küfer arbeitet schon
in der fünften Generation; 1854 starte­
te sein Vorfahre die Tradition. Nur zwei
Firmen können heute in der Schweiz von
der Küferei leben. Während einem Drit­
tel des Jahres ist Thurnheer auf Achse,
vor allem in den Kantonen Waadt und
Wallis; den Rest des Jahres fertigt er ver­
Küfer Martin Thurnheer aus
Berneck SG
schiedene Arten von Holzfässern, aber
auch Hot-Tub-Badezuber und vieles
mehr an. «Es ist manchmal schon nicht
einfach. Meine Freundin hat keine Freu­
de, dass ich so viel weg bin», sagt er über
seine lange Abwesenheit. «Aber es ge­
hört halt zu meinem Beruf.» Im Moment
habe er viel zu tun. «Viele Weinkelle­
reien bauen um.» Hochsaison für Küfer
sei aber vor dem Herbst. Dann bestellen
die Weinkellereien Fässer für die neuen
Wein-Jahrgänge.
Thurnheer und ein Mitarbeiter tragen
zusammen mit Angestellten der Schmutz
Vins S.A. die schweren Holzelemente
zum Transporter. Bevor Thurnheer die
Fässer wieder zusammenbaut, reinigt er
sie vom Weinstein. Dieser sieht aus wie
ein grosser bräunlicher Kristall oder wie
beige-glitzernder Kandiszucker. «Hart
wie Beton», sagt der 33-Jährige. Die But­
termödeli-grossen Stücke schlägt er mit
einem 1,5-Kilogramm-Hammer weg. «So
kann das Holz wieder besser atmen, der
Wein kann aber trotzdem weiterentwi­
ckelt werden.» Im Keller riecht es inten­
siv nach Wein und Holz. Gereinigt wür­
den die Fässer regelmässig, wie Sébas­
tien Schmutz von Schmutz Vins erklärt,
nicht nur bei der Züglete. «Wir nehmen
sie jedoch dazu nicht ganz auseinander.
Einen vollen Tag braucht das Team im
Durchschnitt, um ein Fass zu demontie­
ren, zu reinigen und wieder neu aufzu­
bauen. Der Tag beginnt um 7 Uhr mor­
gens und endet um 20 Uhr abends. Beim
Auseinandernehmen und Reinigen ist
Vorsicht geboten. Wenn eine Daube be­
schädigt würde, müsste eine exakt glei­
che angefertigt werden. Passgenau. Denn
so ein Fass wird nur durch die eisernen
Fassreifen zusammengehalten. Wie ein
Puzzle werden die Fässer jeweils wieder
zusammengesetzt. «Wie ein organisier­
tes Puzzle allerdings», präzisiert Thurn­
heer lachend. Jede Daube hat er vorher
nummeriert. Nachdem er sie am Zielort
neu zusammengebaut hat, testet Thurn­
heer mit dem Einfüllen von Wasser, ob
die Fässer dicht sind. Einige der alten
Herren stehen bereits in ihrem neuen Zu­
hause. Wie kleine Häuser sehen die Chas­
Vielseitiges und spannendes Konzert
MURTEN
Der Genfer Organist Vincent Thévenaz gab am letzten Samstag an
der Orgel der Deutschen Kirche im
Rahmen der Konzertreihe «Midi
Musique» mit sechs Werken einen
spannenden Einblick in die Orgelmusik von Genfer Komponisten.
Der junge Genfer Organist Vincent Thé­
venaz stellte in seinem Konzert Werke
von Genfer Komponisten vor und gab
damit einen Einblick in die komposito­
rische Vielfalt schweizerischen Schaf­
fens. Ein rhythmisch und harmonisch
spannendes Werk wählte Vincent Thé­
venaz zu Beginn. «Psaumes XXIV – La
terre appartient au Seigneur» ist ein er­
frischendes und positives Werk, welches
aus mehreren technisch anspruchsvol­
len Passagen besteht. Verträumt, medi­
tativ, leicht und transparent hörte sich
das Werk «Flûtes de joie» von Roger Vua­
taz an, welches im Jahr 1923 komponiert
und im Jahr 1963 überarbeitet wurde.
Aus dem Jahr 1940 stammte das folgen­
de Werk, welches der Komponist Ale­
xandre Mottu (1883–1943) drei Jahre vor
seinem Tod komponierte. Sein «Prélude
et choral en si mineur» ist zu Beginn von
Vincent Thévenaz begeisterte das Publikum in der Deutschen Kirche.
einer verträumten Nachdenklichkeit ge­
prägt, der später tiefergreifende Passa­
gen folgen. Vincent Thévenaz hob die an
Tempo gewinnenden Stellen mit feinem
Gespür immer deutlicher hervor und er
überzeugte mit seiner ausgefeilten Tech­
nik in den dramatischen und dichten
Szenen. Das «Scherzando» des zeitgenös­
sischen Komponisten Lionel Rogg, der
das Werk im letzten Jahr für Thévenaz
komponierte, entsprach ganz der virtuo­
sen Spielweise des Organisten. Thévenaz
spielt in Genf an einer Original-Wurlit­
zer-Orgel aus dem Jahr 1937 zu Stummfil­
men und auch das 19-stimmige Glocken­
spiel der Kathedrale St-Pierre in Genf. Er
ist Professor für Orgel und Improvisation
an der Musikhochschule Genf. tb
selas-Fässer aus. «Früher hat mein Vater
ausgemusterte Fässer für uns Kinder als
Hütten in den Garten gestellt», erinnert
sich Sébastien Schmutz schmunzelnd.ea
So sieht Weinstein aus.
Wahlen in die
Kommissionen
KLEINBÖSINGEN | An der Gemeinde­
versammlung vom letzten Donnerstag
wählten die Anwesenden die Mitglie­
der der Kommissionen. Für die Wahl in
die Finanzkommission stellten sich Beat
Lüthi, Sylvia Kilchör, Pascal Bucheli, Ser­
ge Käsermann und Nicole Schorro zur
Verfügung. Diese wurden einstimmig
gewählt. Die Bau- und Planungskommis­
sion besteht aus Samuel Bütikofer, René
Lambert, Bernhard Hoster und Mar­
kus Stoll. In die Einbürgerungskommis­
sion wurden die sich erneut zur Verfü­
gung stellenden Anna Herzog, Beat Hos­
tettler und Elmar Kilchör gewählt. Die
Kulturkommission besteht neu aus Da­
niel Lötscher, Carmen Tschannen und
Erich Zürcher. Die Anwesenden stimm­
ten dem Antrag des Gemeinderates zu,
dass die Einberufung der Gemeinde­
versammlung für die Legislaturperiode
2016 bis 2021 wie bis anhin mit dem Ge­
meinde-Informationsblatt bekannt gege­
ben wird. Zugestimmt wurde den bean­
tragten Kompetenzen für den Gemein­
derat, dringende oder unvorhergese­
hene Ausgaben bis 30 000 Franken pro
Jahr selbst zu sprechen und Grundstück­
geschäfte bis zu einer Höhe von 25 000
Franken zu tätigen, ohne dafür eine Ge­
meindeversammlung einzuberufen. tb