Peter Stenger - Herrlichkeit Gottes und Leid - EFG

Liebe Gemeinde,
wir haben großen Grund zur Freude, dass der Herr sich unter uns bewegt und so
unter uns handelt. Da wollen wir auch dran bleiben und weitergehen im Glauben,
dass Gott sich verherrlicht und Menschen und Situationen verändert (nicht nur
was das Thema „körperliche Heilung“ betrifft). Aber wir wollen dabei nicht die
Spannung auflösen, dass solches passiert und wir gleichzeitig (noch) nicht in zu
100% paradiesischen Zuständen leben. Und dazu gehört auch, dass der Herr uns
manchmal Dinge zumutet, die für uns nicht angenehm erscheinen. Und dabei
denke ich nicht nur an ausbleibende Heilungen, sondern ganz allgemein an die
Erfahrung von Leid vor allem um Seinetwillen: Isolation, Unverständnis, ja
vielleicht sogar Feindschaft in Deiner Umgebung, weil Du Dich zu Jesus Christus
bekennst. Umstände, in denen Gott Dir ganz besonders Erfahrungen Seiner
Herrlichkeit schenken will. Es soll daher in den kommenden Minuten um das
Thema „Herrlichkeit Gottes und Leid“ gehen. Ich wünsche uns dabei:

Die Erkenntnis, dass dies kein Widerspruch ist.

Und vor allem Trost und Kräftigung für Menschen unter uns, die gerade
mitten in schwierigen Situationen stecken und sich fragen, ob der Herr noch
da ist und es gut mit ihnen meint.
Apg. 7, 54-60 (Luther)
54 Als sie das hörten, ging's ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den
Zähnen über ihn. 55 Er aber, voll Heiligen Geistes, sah auf zum Himmel
und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes
56 und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn
zur Rechten Gottes stehen. 57 Sie schrien aber laut und hielten sich ihre
Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, 58 stießen ihn zur Stadt
hinaus und steinigten ihn. Und die Zeugen legten ihre Kleider ab zu den
Füßen eines jungen Mannes, der hieß Saulus, 59 und sie steinigten
Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen
Geist auf! 60 Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese
Sünde nicht an! Und als er das gesagt hatte, verschied er.
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I.) Das Ärgernis des Evangeliums
Puh, eine ganze Menge Ärger, die hier in Jerusalem geschildert wird und am Ende
sogar noch zu einem Mord führt.
Was war da passiert? Wie kam es dazu?
Stephanus, einer der Diakone der Urgemeinde, der vor allem dort mit der
Versorgung von Witwen betreut war (Apg. 6, 5), erregte Aufsehen. Warum? Er
beschränkte sich nicht nur auf den Tischdienst, sondern verkündigte auch das
Evangelium. Dies tat er in großer geistlicher Autorität, die Gott durch Wunder
und Zeichen bestätigte und vor allem dadurch bekräftigte, dass plötzlich
aufkommende Kritik fruchtlos blieb (Apg. 6, 8-15). Wörtlich heißt es in Apg. 6,
10 „Sie konnten der Weisheit und dem Geist nicht widerstehen, womit er redete“Widerstand zwecklos, wenn der Herr redet!
„Sie“ - das waren Mitglieder aus verschiedenen Jerusalemer Synagogen, die sich
maßlos über Stephanus geärgert haben, weil die Sache mit diesem Jesus jetzt
schon wieder da war. Statt sich hier unter dem zu beugen, was Gott hier tat, und
den Dienst des Diakons anzuerkennen, wandten sie „unsaubere Methoden“ an, um
sich dieser Herausforderung zu entledigen. Wenn man wenigstens fair geblieben
wäre, aber stattdessen finden Lügen in der anschließenden Anklage Verwendung.
Und es werden falsche Zeugen aufgestellt, die diese noch bestätigen sollen.
Warum aber der ganze Stress überhaupt? Weil hier echter, lebendiger Glaube, der
auch noch sichtbar geworden war, auf Religiosität traf, was herausfordernd und
bedrohlich für das religiöse System war.
Religiös zu sein, das ist für viele Menschen auch heute kein Problem – „Soll doch
jeder nach seiner Facon selig werden!“ Aber wenn Jesus Christus und vor allem
auch Seine Herrschaft über unser Leben ins Spiel kommen, dann hört der Spaß
auf! Und dann können wir Spott, Ignoranz oder auch handfesten Ärger erleben,
wenn der Herr die anderen „Herren“ im Leben von Menschen entthronen will.
Wunder Dich nicht über so etwas, es gehört dazu!
Wenn es niemanden mehr ärgert (und zwar aufgrund des Inhalts), dann sollten wir
uns eher fragen, ob wir noch ein vollmächtiges Evangelium verkündigen, das
eben nicht nur die Vergebung und Liebe, sondern auch den unbequemen
Anspruch Gottes an uns enthält!
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Okay, wieder zurück zu Stephanus: Er wird vor den Hohen Rat (die geistlichjuristische Instanz im Judentum) geführt und soll sich dort rechtfertigen für das,
was er da getan hat (Apg. 7, 1-53). Das tut er auch und fängt an, eine Art
Zusammenfassung
der
Geschichte
Israels
aus
dem
Alten
Testament
wiederzugeben. Eigentlich ganz harmlos, aber jetzt zum Schluss, unmittelbar vor
unserem heutigen Predigttext, lässt er die „Bombe“ platzen (Apg. 7, 50-53):
Stephanus wirft den Zuhörern eine große Herzenshärte vor. Sie sind Erben dieser
wunderbaren Heilsgeschichte und haben den Willen Gottes („Gesetz!“)
empfangen, sind also geistlich privilegiert wie kein anderes Volk dieser Welt.
Aber dennoch widerstehen sie dem Heilsplan Gottes und haben den von IHM
gesandten Messias, Jesus Christus abgelehnt und aus dem Weg geräumt.
Stephanus findet hier deutliche Worte in seinem Predigtabschluss: „Verräter“ und
„Mörder“ nennt er sie. Das muss zu Reaktionen bei der Zuhörerschaft führen:

Ihre Herzen wurden „durchbohrt“ (Apg. 7, 54) – Genauso wie es den
Menschen ging, die die Pfingstpredigt gehört hatten (Apg. 2, 37). Es ist ein
gutes Zeichen, wenn uns das Handeln und Reden Gottes trifft und wir
innerlich erschüttert werden durch Seinen Geist. Dann kann der Herr wirken
ins uns!

Aber im Gegensatz zu den damaligen Zuhörern des Petrus damals folgt nun
keine Demut und Buße, sondern unbändiger Zorn! Die Wut kocht über und es
kommt zur Steinigung ohne vorherige Verhandlung. Der Mob regiert
scheinbar und Stephanus wird zum ersten Märtyrer der Christenheit. Und
noch
am
gleichen
Tag
kommt
es
zur
ersten
groß-organisierten
Christenverfolgung.
II.) Das Kreuz der Nachfolge
Ich weiß nicht, ob es Euch auch aufgefallen ist. Diese ganze Vorgeschichte bis
hin zu unserem Predigtabschnitt erinnert doch sehr stark an eine andere Episode
der Bibel: An die Passionsgeschichte Jesu:

Auch dort war die Verkündigung des Herrn in Verbindung mit Zeichen und
Wundern eine Herausforderung, welche die Geister geschieden hat.

Auch dort gab es falsche Zeugen, die aufgestellt wurden, und andere
Ungereimtheiten bei dem Gerichtsprozess.

Auch dort führt es zur Tötung des Angeklagten.
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
Auch dort finden wir ein Eintreten für die Mörder vor Gott mit der Bitte um
Gnade und Vergebung für sie.

Und auch dort übergab der Herr seinen Geist an Gott (dass dies hier von
Stephanus an Jesus Christus gerichtet ist, unterstreicht die Gottheit Jesu!)
Ihr Lieben, Jesus nachzufolgen bedeutet natürlich, dass wir das Evangelium
verkündigen und Seine Werke in hoffentlich wachsender Vollmacht tun. Aber es
beinhaltet auch, dass wir dabei auf Widerstände stoßen und persönliche Nachteile
erleben werden. Der Herr hat uns kein leichtes Leben versprochen.
Und für die meisten Gläubigen auf der Welt hat ihr Bekenntnis zu Jesus Christus
nicht zu einer Verbesserung ihres Daseins geführt, sondern eher das Gegenteil
bewirkt. Und ich bin der Überzeugung, mit zunehmender Nähe der Wiederkunft
Christi werden diese Dinge zunehmen – so beschreibt es zumindest die Heilige
Schrift. Wie bewerten wir diese Erfahrungen? Wie können wir darin bestehen und
wachsen, ohne daran zu verzweifeln und am Glauben Schaden zu nehmen?
Leid, vor allem um der Nachfolge Christi willen, gehört zu unserer Existenz als
Gläubige dazu:

Der Sohn Gottes hat davon immer wieder gesprochen, gerade auch angesichts
der Endzeit (Mk. 13, 6-23), aber nicht nur!

Paulus stellt eine regelrechte „Leidensliste“ um Christi willen zusammen (2.
Kor. 11, 23-33)

Und vor allem die Zeugnisse von verfolgten Christen weltweit bestätigen
diese Wahrheit.
Nun gibt es ja sehr unterschiedliche Ursachen für Leid: Neben dem Leiden um
Christi willen auch Schweres, für das wir selbst verantwortlich sind, usw. Je nach
dem entscheidet sich auch die Frage, wie wir mit dem Leid umgehen sollen:
Aushalten und ertragen oder angehen und überwinden, sofern der Herr dazu auch
Gnade gibt. Aber egal, was dazu geführt hat, der Herr ist in alldem nicht
abwesend, sondern gegenwärtig! ER ist nicht nur anwesend und uns in Seiner
Liebe zugewandt, wenn die Dinge alle gut laufen und wir für uns subjektiv
Positives erleben. (Beispiele: Die Freude über Seine Schöpfung, eine erlebte
Heilung, Bewahrung in großer Gefahr, usw.). Er ist auch dort, wo wir für uns
Schweres und Negatives erfahren, das uns an die Grenzen unseres Verstandes und
unserer Kraft bringt (Jes. 57, 15). „Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen
Herzens sind.“ (Ps. 34, 19)
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Es wäre eine unbiblische und seelsorgerlich bedenkliche Haltung, wenn wir uns
und anderen vermitteln würden, dass Gott nur in dem gegenwärtig ist, was bei uns
Freude und Begeisterung auslöst. Gottes Herrlichkeit ist gerade im Leid oft am
stärksten erfahrbar!
III.) Herrlichkeit Gottes und Leid
Genau das bezeugt uns auch diese biblische Geschichte hier:

Ja, da ist Leid: Da tobt die Menge. Was für ihn glaubensstärkend ist, steigert
die Wut seiner Mörder umso mehr: Für sie ist eine Beleidigung der Majestät
Gottes, dass dieser jüngst hingerichtete „Irrlehrer und Scharlatan“ Jesus von
Nazareth zu Jahwes Rechten ist. Das mehrt die Wut, zumal Jesus Christus
damals in seiner Verteidigungsrede vor den wahrscheinlich gleichen
Mitgliedern des Hohen Rates genau das angekündigt hatte (Mt. 26, 64). Jetzt
wird Stephanus vor die Tore der Stadt geführt, um gelyncht zu werden. Ich
weiß nicht, ob ich bereit wäre, so etwas um Jesu willen freiwillig auf mich zu
nehmen, aber das Gute ist, dass der Herr in solchen Momenten auch die Kraft
dafür gibt, die wir vorher nicht dazu hatten!

Aber da ist auch ganz viel Herrlichkeit: Der Diakon der Urgemeinde sieht den
geöffneten Himmel über sich!

Und er scheint völlig im Frieden angesichts dieser Situation zu sein. Und die
Folge aus dem Ganzen, die Verfolgung der Urgemeinde zu Jerusalem mehrt
auch noch die Herrlichkeit Gottes: Das Evangelium breitet sich dadurch über
die Stadtgrenzen Jerusalems weiter aus (Apg. 8, 1.4).
Wie aber kommt denn Stephanus zu diesem inneren Frieden angesichts dieser
dramatischen Umstände? Warum verzweifelt er nicht angesichts des sicheren
Todes?

Zum einen: Er ist voll des Heiligen Geistes (Vers 55: „aber“!)

Und zum anderen: Er schaut in die richtige Richtung: Er zieht sich nicht
zurück von Gott, weil der ihm diese Lage zumutet. Und er fixiert seinen Blick
auch nicht auf die vor Wut schäumende Menge. Nein, sondern er hebt seinen
Kopf nach „oben“, weg von der äußeren Situation, hin zu Gott.
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Ihr Lieben, genau das ist es, was Märtyrern seitdem in solchen Zeiten geholfen
hat und was auch uns nicht irrewerden lässt in den Herausforderungen:

Die Gabe des Heiligen Geistes, der uns einerseits gegeben ist, um uns Kraft zu
schenken und uns zu Überwindern zu machen. Der uns andererseits aber auch
Trost gibt, wenn es darum geht auszuhalten (gr. „Parakletos“ = „Tröster“).

Das Schauen auf Jesus Christus und Festhalten an IHM auch in schwierigen
Zeiten. Manchmal sind wir dazu von uns aus nicht in der Lage und brauchen
daher die Unterstützung von anderen Glaubensgeschwistern, wenn unser
Vertrauen geschwächt ist; auch dazu gibt es Gemeinde!
So unangenehm das vielleicht auch ist, wir brauchen Beides:

Das Erleben von Leid, um nicht diese Welt und dieses Leben mit dem zu
verwechseln, was kommt, wenn der Herr wiederkommt.

Und gleichzeitig die Erfahrung von Gottes Herrlichkeit (Seiner himmlischen
Gegenwart), um darin nicht zu verzweifeln, sondern um gekräftigt oder auch
getröstet zu werden.
Was für ein wunderbares Bild hier: Der Todgeweihte blickt in den geöffneten
Himmel und was sieht er da? Da ist jemand, die Szene ist nicht wie ein
Bilderrahmen ohne Inhalt, sondern er erblickt den Vater und Jesus Christus (und
mit dem Heiligen Geist, der in ihm wohnt, ist die ganze Dreieinigkeit
gegenwärtig!) Der Himmel ist nicht leer, weil Gott vielleicht gerade Wichtigeres
zu tun oder kein Interesse mehr an dem Leid des Stephanus hätte, sondern der
Herr ist voll da!

Er blickt in den himmlischen Thronsaal und weiß daher „Der Herr hat alles
im Griff, ihm ist nichts entglitten!“ - auch wenn diese Situation noch so
gefährlich ist.

Und Stephanus erkennt, dass Jesus Christus neben dem Vater steht! Hatte
nicht Jesus damals vor dem Hohen Rat davon gesprochen, dass sie den
Menschensohn sitzend zur Rechten Gottes kommen sehen werden? Ja, aber
dass ER hier steht, bedeutet, er steht für seinen Jünger ein, bekennt sich zu
dem, der sich eben so mutig zu IHM bekannt hat (Lk. 12, 8), und der Sohn
Gottes betet für ihn. Ich habe mich in der Vorbereitung dieser Predigt an der
Stelle gefragt „Was hat Jesus Christus da wohl gebetet?“ Für was wäre ich an
Seiner statt vor Gott eingetreten?
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Ich hätte den Allmächtigen angefleht, Stephanus aus dieser Lage zu bewahren
und zu befreien, und anschließend eine himmlische Streitmacht ausgesandt,
um die Übriggebliebenen zu bestrafen. Aber offensichtlich war es nicht das
Anliegen Jesu, sonst hätte der Vater IHN erhört (ich kann mir nicht vorstellen,
dass dieser IHM eine Bitte abgeschlagen hätte!). Ich glaube eher, er hat in
dem Fall um Kraft zum Aushalten gebetet.
Das sagt eine Menge aus auch über unseren Umgang mit herausforderndem Leid
in unserem Leben:

Wie bereits gesagt: Der Herr ist gegenwärtig auch da, wo wir Schweres und
Unangenehmes erleben müssen.

ER hat alles im Griff

Und Jesus Christus tritt für uns im Gebet ein. Wie heißt es so treffend in der
ersten Strophe eines bekannten Liedes: „Welch ein Freund ist unser Jesus, o
wie hoch ist Er erhöht! Er hat uns mit Gott versöhnet und vertritt uns im
Gebet.“ („Welch ein Freund ist unser Jesus“)
In letzter Konsequenz heißt das:

Ja, wir wollen wachsen im Glauben und in der Autorität Jesu Christi auch
Seine Werke tun.

Aber wir wollen nicht verzweifeln, wenn sich Umstände nicht oder nicht
gleich zum Guten für uns ändern und Gott uns solche Situationen zumutet.
Sondern wir wollen festhalten an der Zusage Seiner Gegenwart auch mitten
im Leid!

Bei allem Ausstrecken nach mehr Vollmacht und Autorität auch im Handeln,
wir werden diese Spannung nicht aufheben zwischen dem „schon jetzt…. sind
wir erlöste Kinder Gottes und erleben sichtbare Zeichen Seiner Gegenwart,
die wir positiv bewerten“ und dem „noch nicht….leben wir völlig
wiederhergestellt in einer völlig erlösten Welt“ (1. Joh. 3, 2; Offb. 21, 4). Der
Herr wird vollenden, weil ER es so will und so tun wird!
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Liebe Gemeinde,
ich wünsche uns, dass der Herr uns diese Wahrheiten tief ins Herz gibt und uns
stärkt im Weitergehen im Glauben auch daran, dass ER Menschen und
Situationen schon im „hier und jetzt“ verändern will. Aber auch im Vertrauen,
dass ER da ist und es doch gut mit uns meint auch mitten im Leid.
Das Abendmahl, das wir jetzt feiern werden, soll uns hier in Seine Gegenwart
führen.
Amen !!!
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