Liebe Gemeinde, wir haben großen Grund zur Freude, dass der Herr sich unter uns bewegt und so unter uns handelt. Da wollen wir auch dran bleiben und weitergehen im Glauben, dass Gott sich verherrlicht und Menschen und Situationen verändert (nicht nur was das Thema „körperliche Heilung“ betrifft). Aber wir wollen dabei nicht die Spannung auflösen, dass solches passiert und wir gleichzeitig (noch) nicht in zu 100% paradiesischen Zuständen leben. Und dazu gehört auch, dass der Herr uns manchmal Dinge zumutet, die für uns nicht angenehm erscheinen. Und dabei denke ich nicht nur an ausbleibende Heilungen, sondern ganz allgemein an die Erfahrung von Leid vor allem um Seinetwillen: Isolation, Unverständnis, ja vielleicht sogar Feindschaft in Deiner Umgebung, weil Du Dich zu Jesus Christus bekennst. Umstände, in denen Gott Dir ganz besonders Erfahrungen Seiner Herrlichkeit schenken will. Es soll daher in den kommenden Minuten um das Thema „Herrlichkeit Gottes und Leid“ gehen. Ich wünsche uns dabei: Die Erkenntnis, dass dies kein Widerspruch ist. Und vor allem Trost und Kräftigung für Menschen unter uns, die gerade mitten in schwierigen Situationen stecken und sich fragen, ob der Herr noch da ist und es gut mit ihnen meint. Apg. 7, 54-60 (Luther) 54 Als sie das hörten, ging's ihnen durchs Herz und sie knirschten mit den Zähnen über ihn. 55 Er aber, voll Heiligen Geistes, sah auf zum Himmel und sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus stehen zur Rechten Gottes 56 und sprach: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen. 57 Sie schrien aber laut und hielten sich ihre Ohren zu und stürmten einmütig auf ihn ein, 58 stießen ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Und die Zeugen legten ihre Kleider ab zu den Füßen eines jungen Mannes, der hieß Saulus, 59 und sie steinigten Stephanus; der rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! 60 Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Und als er das gesagt hatte, verschied er. Peter Stenger Seite 1 14.06.2016 I.) Das Ärgernis des Evangeliums Puh, eine ganze Menge Ärger, die hier in Jerusalem geschildert wird und am Ende sogar noch zu einem Mord führt. Was war da passiert? Wie kam es dazu? Stephanus, einer der Diakone der Urgemeinde, der vor allem dort mit der Versorgung von Witwen betreut war (Apg. 6, 5), erregte Aufsehen. Warum? Er beschränkte sich nicht nur auf den Tischdienst, sondern verkündigte auch das Evangelium. Dies tat er in großer geistlicher Autorität, die Gott durch Wunder und Zeichen bestätigte und vor allem dadurch bekräftigte, dass plötzlich aufkommende Kritik fruchtlos blieb (Apg. 6, 8-15). Wörtlich heißt es in Apg. 6, 10 „Sie konnten der Weisheit und dem Geist nicht widerstehen, womit er redete“Widerstand zwecklos, wenn der Herr redet! „Sie“ - das waren Mitglieder aus verschiedenen Jerusalemer Synagogen, die sich maßlos über Stephanus geärgert haben, weil die Sache mit diesem Jesus jetzt schon wieder da war. Statt sich hier unter dem zu beugen, was Gott hier tat, und den Dienst des Diakons anzuerkennen, wandten sie „unsaubere Methoden“ an, um sich dieser Herausforderung zu entledigen. Wenn man wenigstens fair geblieben wäre, aber stattdessen finden Lügen in der anschließenden Anklage Verwendung. Und es werden falsche Zeugen aufgestellt, die diese noch bestätigen sollen. Warum aber der ganze Stress überhaupt? Weil hier echter, lebendiger Glaube, der auch noch sichtbar geworden war, auf Religiosität traf, was herausfordernd und bedrohlich für das religiöse System war. Religiös zu sein, das ist für viele Menschen auch heute kein Problem – „Soll doch jeder nach seiner Facon selig werden!“ Aber wenn Jesus Christus und vor allem auch Seine Herrschaft über unser Leben ins Spiel kommen, dann hört der Spaß auf! Und dann können wir Spott, Ignoranz oder auch handfesten Ärger erleben, wenn der Herr die anderen „Herren“ im Leben von Menschen entthronen will. Wunder Dich nicht über so etwas, es gehört dazu! Wenn es niemanden mehr ärgert (und zwar aufgrund des Inhalts), dann sollten wir uns eher fragen, ob wir noch ein vollmächtiges Evangelium verkündigen, das eben nicht nur die Vergebung und Liebe, sondern auch den unbequemen Anspruch Gottes an uns enthält! Peter Stenger Seite 2 14.06.2016 Okay, wieder zurück zu Stephanus: Er wird vor den Hohen Rat (die geistlichjuristische Instanz im Judentum) geführt und soll sich dort rechtfertigen für das, was er da getan hat (Apg. 7, 1-53). Das tut er auch und fängt an, eine Art Zusammenfassung der Geschichte Israels aus dem Alten Testament wiederzugeben. Eigentlich ganz harmlos, aber jetzt zum Schluss, unmittelbar vor unserem heutigen Predigttext, lässt er die „Bombe“ platzen (Apg. 7, 50-53): Stephanus wirft den Zuhörern eine große Herzenshärte vor. Sie sind Erben dieser wunderbaren Heilsgeschichte und haben den Willen Gottes („Gesetz!“) empfangen, sind also geistlich privilegiert wie kein anderes Volk dieser Welt. Aber dennoch widerstehen sie dem Heilsplan Gottes und haben den von IHM gesandten Messias, Jesus Christus abgelehnt und aus dem Weg geräumt. Stephanus findet hier deutliche Worte in seinem Predigtabschluss: „Verräter“ und „Mörder“ nennt er sie. Das muss zu Reaktionen bei der Zuhörerschaft führen: Ihre Herzen wurden „durchbohrt“ (Apg. 7, 54) – Genauso wie es den Menschen ging, die die Pfingstpredigt gehört hatten (Apg. 2, 37). Es ist ein gutes Zeichen, wenn uns das Handeln und Reden Gottes trifft und wir innerlich erschüttert werden durch Seinen Geist. Dann kann der Herr wirken ins uns! Aber im Gegensatz zu den damaligen Zuhörern des Petrus damals folgt nun keine Demut und Buße, sondern unbändiger Zorn! Die Wut kocht über und es kommt zur Steinigung ohne vorherige Verhandlung. Der Mob regiert scheinbar und Stephanus wird zum ersten Märtyrer der Christenheit. Und noch am gleichen Tag kommt es zur ersten groß-organisierten Christenverfolgung. II.) Das Kreuz der Nachfolge Ich weiß nicht, ob es Euch auch aufgefallen ist. Diese ganze Vorgeschichte bis hin zu unserem Predigtabschnitt erinnert doch sehr stark an eine andere Episode der Bibel: An die Passionsgeschichte Jesu: Auch dort war die Verkündigung des Herrn in Verbindung mit Zeichen und Wundern eine Herausforderung, welche die Geister geschieden hat. Auch dort gab es falsche Zeugen, die aufgestellt wurden, und andere Ungereimtheiten bei dem Gerichtsprozess. Auch dort führt es zur Tötung des Angeklagten. Peter Stenger Seite 3 14.06.2016 Auch dort finden wir ein Eintreten für die Mörder vor Gott mit der Bitte um Gnade und Vergebung für sie. Und auch dort übergab der Herr seinen Geist an Gott (dass dies hier von Stephanus an Jesus Christus gerichtet ist, unterstreicht die Gottheit Jesu!) Ihr Lieben, Jesus nachzufolgen bedeutet natürlich, dass wir das Evangelium verkündigen und Seine Werke in hoffentlich wachsender Vollmacht tun. Aber es beinhaltet auch, dass wir dabei auf Widerstände stoßen und persönliche Nachteile erleben werden. Der Herr hat uns kein leichtes Leben versprochen. Und für die meisten Gläubigen auf der Welt hat ihr Bekenntnis zu Jesus Christus nicht zu einer Verbesserung ihres Daseins geführt, sondern eher das Gegenteil bewirkt. Und ich bin der Überzeugung, mit zunehmender Nähe der Wiederkunft Christi werden diese Dinge zunehmen – so beschreibt es zumindest die Heilige Schrift. Wie bewerten wir diese Erfahrungen? Wie können wir darin bestehen und wachsen, ohne daran zu verzweifeln und am Glauben Schaden zu nehmen? Leid, vor allem um der Nachfolge Christi willen, gehört zu unserer Existenz als Gläubige dazu: Der Sohn Gottes hat davon immer wieder gesprochen, gerade auch angesichts der Endzeit (Mk. 13, 6-23), aber nicht nur! Paulus stellt eine regelrechte „Leidensliste“ um Christi willen zusammen (2. Kor. 11, 23-33) Und vor allem die Zeugnisse von verfolgten Christen weltweit bestätigen diese Wahrheit. Nun gibt es ja sehr unterschiedliche Ursachen für Leid: Neben dem Leiden um Christi willen auch Schweres, für das wir selbst verantwortlich sind, usw. Je nach dem entscheidet sich auch die Frage, wie wir mit dem Leid umgehen sollen: Aushalten und ertragen oder angehen und überwinden, sofern der Herr dazu auch Gnade gibt. Aber egal, was dazu geführt hat, der Herr ist in alldem nicht abwesend, sondern gegenwärtig! ER ist nicht nur anwesend und uns in Seiner Liebe zugewandt, wenn die Dinge alle gut laufen und wir für uns subjektiv Positives erleben. (Beispiele: Die Freude über Seine Schöpfung, eine erlebte Heilung, Bewahrung in großer Gefahr, usw.). Er ist auch dort, wo wir für uns Schweres und Negatives erfahren, das uns an die Grenzen unseres Verstandes und unserer Kraft bringt (Jes. 57, 15). „Nahe ist der HERR denen, die zerbrochenen Herzens sind.“ (Ps. 34, 19) Peter Stenger Seite 4 14.06.2016 Es wäre eine unbiblische und seelsorgerlich bedenkliche Haltung, wenn wir uns und anderen vermitteln würden, dass Gott nur in dem gegenwärtig ist, was bei uns Freude und Begeisterung auslöst. Gottes Herrlichkeit ist gerade im Leid oft am stärksten erfahrbar! III.) Herrlichkeit Gottes und Leid Genau das bezeugt uns auch diese biblische Geschichte hier: Ja, da ist Leid: Da tobt die Menge. Was für ihn glaubensstärkend ist, steigert die Wut seiner Mörder umso mehr: Für sie ist eine Beleidigung der Majestät Gottes, dass dieser jüngst hingerichtete „Irrlehrer und Scharlatan“ Jesus von Nazareth zu Jahwes Rechten ist. Das mehrt die Wut, zumal Jesus Christus damals in seiner Verteidigungsrede vor den wahrscheinlich gleichen Mitgliedern des Hohen Rates genau das angekündigt hatte (Mt. 26, 64). Jetzt wird Stephanus vor die Tore der Stadt geführt, um gelyncht zu werden. Ich weiß nicht, ob ich bereit wäre, so etwas um Jesu willen freiwillig auf mich zu nehmen, aber das Gute ist, dass der Herr in solchen Momenten auch die Kraft dafür gibt, die wir vorher nicht dazu hatten! Aber da ist auch ganz viel Herrlichkeit: Der Diakon der Urgemeinde sieht den geöffneten Himmel über sich! Und er scheint völlig im Frieden angesichts dieser Situation zu sein. Und die Folge aus dem Ganzen, die Verfolgung der Urgemeinde zu Jerusalem mehrt auch noch die Herrlichkeit Gottes: Das Evangelium breitet sich dadurch über die Stadtgrenzen Jerusalems weiter aus (Apg. 8, 1.4). Wie aber kommt denn Stephanus zu diesem inneren Frieden angesichts dieser dramatischen Umstände? Warum verzweifelt er nicht angesichts des sicheren Todes? Zum einen: Er ist voll des Heiligen Geistes (Vers 55: „aber“!) Und zum anderen: Er schaut in die richtige Richtung: Er zieht sich nicht zurück von Gott, weil der ihm diese Lage zumutet. Und er fixiert seinen Blick auch nicht auf die vor Wut schäumende Menge. Nein, sondern er hebt seinen Kopf nach „oben“, weg von der äußeren Situation, hin zu Gott. Peter Stenger Seite 5 14.06.2016 Ihr Lieben, genau das ist es, was Märtyrern seitdem in solchen Zeiten geholfen hat und was auch uns nicht irrewerden lässt in den Herausforderungen: Die Gabe des Heiligen Geistes, der uns einerseits gegeben ist, um uns Kraft zu schenken und uns zu Überwindern zu machen. Der uns andererseits aber auch Trost gibt, wenn es darum geht auszuhalten (gr. „Parakletos“ = „Tröster“). Das Schauen auf Jesus Christus und Festhalten an IHM auch in schwierigen Zeiten. Manchmal sind wir dazu von uns aus nicht in der Lage und brauchen daher die Unterstützung von anderen Glaubensgeschwistern, wenn unser Vertrauen geschwächt ist; auch dazu gibt es Gemeinde! So unangenehm das vielleicht auch ist, wir brauchen Beides: Das Erleben von Leid, um nicht diese Welt und dieses Leben mit dem zu verwechseln, was kommt, wenn der Herr wiederkommt. Und gleichzeitig die Erfahrung von Gottes Herrlichkeit (Seiner himmlischen Gegenwart), um darin nicht zu verzweifeln, sondern um gekräftigt oder auch getröstet zu werden. Was für ein wunderbares Bild hier: Der Todgeweihte blickt in den geöffneten Himmel und was sieht er da? Da ist jemand, die Szene ist nicht wie ein Bilderrahmen ohne Inhalt, sondern er erblickt den Vater und Jesus Christus (und mit dem Heiligen Geist, der in ihm wohnt, ist die ganze Dreieinigkeit gegenwärtig!) Der Himmel ist nicht leer, weil Gott vielleicht gerade Wichtigeres zu tun oder kein Interesse mehr an dem Leid des Stephanus hätte, sondern der Herr ist voll da! Er blickt in den himmlischen Thronsaal und weiß daher „Der Herr hat alles im Griff, ihm ist nichts entglitten!“ - auch wenn diese Situation noch so gefährlich ist. Und Stephanus erkennt, dass Jesus Christus neben dem Vater steht! Hatte nicht Jesus damals vor dem Hohen Rat davon gesprochen, dass sie den Menschensohn sitzend zur Rechten Gottes kommen sehen werden? Ja, aber dass ER hier steht, bedeutet, er steht für seinen Jünger ein, bekennt sich zu dem, der sich eben so mutig zu IHM bekannt hat (Lk. 12, 8), und der Sohn Gottes betet für ihn. Ich habe mich in der Vorbereitung dieser Predigt an der Stelle gefragt „Was hat Jesus Christus da wohl gebetet?“ Für was wäre ich an Seiner statt vor Gott eingetreten? Peter Stenger Seite 6 14.06.2016 Ich hätte den Allmächtigen angefleht, Stephanus aus dieser Lage zu bewahren und zu befreien, und anschließend eine himmlische Streitmacht ausgesandt, um die Übriggebliebenen zu bestrafen. Aber offensichtlich war es nicht das Anliegen Jesu, sonst hätte der Vater IHN erhört (ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser IHM eine Bitte abgeschlagen hätte!). Ich glaube eher, er hat in dem Fall um Kraft zum Aushalten gebetet. Das sagt eine Menge aus auch über unseren Umgang mit herausforderndem Leid in unserem Leben: Wie bereits gesagt: Der Herr ist gegenwärtig auch da, wo wir Schweres und Unangenehmes erleben müssen. ER hat alles im Griff Und Jesus Christus tritt für uns im Gebet ein. Wie heißt es so treffend in der ersten Strophe eines bekannten Liedes: „Welch ein Freund ist unser Jesus, o wie hoch ist Er erhöht! Er hat uns mit Gott versöhnet und vertritt uns im Gebet.“ („Welch ein Freund ist unser Jesus“) In letzter Konsequenz heißt das: Ja, wir wollen wachsen im Glauben und in der Autorität Jesu Christi auch Seine Werke tun. Aber wir wollen nicht verzweifeln, wenn sich Umstände nicht oder nicht gleich zum Guten für uns ändern und Gott uns solche Situationen zumutet. Sondern wir wollen festhalten an der Zusage Seiner Gegenwart auch mitten im Leid! Bei allem Ausstrecken nach mehr Vollmacht und Autorität auch im Handeln, wir werden diese Spannung nicht aufheben zwischen dem „schon jetzt…. sind wir erlöste Kinder Gottes und erleben sichtbare Zeichen Seiner Gegenwart, die wir positiv bewerten“ und dem „noch nicht….leben wir völlig wiederhergestellt in einer völlig erlösten Welt“ (1. Joh. 3, 2; Offb. 21, 4). Der Herr wird vollenden, weil ER es so will und so tun wird! Peter Stenger Seite 7 14.06.2016 Liebe Gemeinde, ich wünsche uns, dass der Herr uns diese Wahrheiten tief ins Herz gibt und uns stärkt im Weitergehen im Glauben auch daran, dass ER Menschen und Situationen schon im „hier und jetzt“ verändern will. Aber auch im Vertrauen, dass ER da ist und es doch gut mit uns meint auch mitten im Leid. Das Abendmahl, das wir jetzt feiern werden, soll uns hier in Seine Gegenwart führen. Amen !!! Peter Stenger Seite 8 14.06.2016
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