In Ulm zweite Heimat gefunden

14.6.2016
In Ulm zweite Heimat gefunden | Südwest Presse Online
URL: http://www.swp.de/3879355 Autor: HANS­ULI MAYER, 14.06.2016
In Ulm zweite Heimat gefunden
Josef Trabert mit seinem Schulkoffer, den er auf der ganzen Flucht mit sich geführt hat. Fotograf: Privat
Kurt Wolke war ein dünner Schlaks, als er 1942 im Rahmen der Kinderlandverschickung von Hamburg nach
Vèmènd in Südungarn kam. In Deutschland herrschte Krieg, die Menschen flüchteten und baten um Asyl. Etwa
80 Kinder aus Hamburg waren Gast in der Heimat von Josef Trabert, der wenige Jahre später am Kriegsende
selber flüchten musste und vertrieben wurde.
„Kurt war für mich bald wie ein großer Bruder“, schreibt der 82­jährige Trabert in seiner Familienchronik „Die
zweite Heimat“, die im Buchverlag „danubebooks“ auf den Markt kommt. Ein Buch, das von einer schönen
Kindheit beispielsweise mit Kurt Wolke handelt, aber auch von Flucht und Vertreibung und den
Anstrengungen, in einem fremden Land eine neue Heimat zu finden. Passend ist die Veröffentlichung wenige
Tage vor dem Donaufest gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen ist es ein vielschichtiger Beleg schwerer
Jahre, über Heimatverlust, Vertreibung, Neuanfang, Flucht und erneutem Neuanfang. Zum anderen ein
lebendiger Beweis für die heute noch existierenden engen Verbindungen und Verflechtungen entlang der
Donau. Und zum dritten ist der Autor Vater von Sabine Geller, die seit Jahren aktiv die Ulmer Donauaktivitäten
begleitet und von Ulm aus das zweisprachige Magazin „Danube Connect“ herausgibt.
Dabei hat der junge Josef Trabert mehrfach erfahren, was es heißt, die Heimat zu verlieren und flüchten zu
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müssen. Erst die Vertreibung aus Ungarn, dann die Neuansiedlung im Erzgebirge und schließlich die Flucht
über Berlin in den Westen. „Die politischen Umstände hatten uns zu diesem Schritt bewogen“, schreibt der
Autor in seinem Buch. Über verschiedene Stationen landete er schließlich in Ulm, machte eine Lehre als
Goldschmied und gründete eine Familie.
Seine Frau lernte er erst in der neuen Heimat kennen – und das, obschon sie aus dem selben Ort in
Südungarn stammt. Mit seiner Familienchronik erzählt er nicht nur sein eigenes bewegtes Leben, sondern
liefert vielmehr eine Episode europäischer Zeitgeschichte ab, wie sie angesichts der politischen
Großwetterlage aktueller nicht sein könnte.
So schön seine Kindheit in Südungarn war, so lebhaft die Erinnerungen an das Gastkind aus Hamburg sind,
so eindeutig hat Josef Trabert seinen Frieden in der neuen Heimat Ulm gefunden. Und mit ihm seine Kinder
und Enkelkinder, die in dem Buch ebenso zu Wort kommen und eine Brücke in die Zukunft bauen.
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