Für diese Läufer ist der Marathon ein Klacks

Freizeitsport
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Ultraläufe fordern Körper und
Kopf enorm, sie lösen aber
auch starke Emotionen aus.
Gerade für langsame Läufer
sind Ultras eine Option.
Von Robert Peterhans
Wer als Volksläufer nach einer besonderen
Herausforderung sucht, wird früher oder
später auf Ultras aufmerksam. Der längste
Lauf, der heute in der Schweiz angeboten
wird, ist mit rund 200 km der Ultratrail in
Graubünden. Die längste Geschichte aber hat
der Bieler 100-Kilometer-Lauf. Er fand letzte
Woche zum 58. Mal statt, gilt als Ursprung
der europäischen Ultralauf-Bewegung.
Rund 1000 Teilnehmer starteten am vergangenen Freitagabend um 22 Uhr, darunter
viele Stammläufer. Wie Ursula Hotz, die das
dritte Jahr in Folge mitmachte. Begonnen
hatte ihre Passion nach einer Abspeckkur
und dem ersten Start bei einem 10-km-Volkslauf 2013. «Wenn ich diese Strecke bewältigt
habe, kann ich auch 100 km in Angriff
nehmen», sagte sich die ehemalige Ruderin.
Die Idee, mit tieferer Intensität, aber länger
unterwegs zu sein, gefiel ihr und ist für die
53-Jährige bis heute ein motivierender
Anreiz. 2014 startete Hotz erstmals in Biel
und lief in ihrer Alterskategorie gleich aufs
Podest. Der Wettkampfgedanke steht für sie
bei langen Einsätzen allerdings nicht im Vordergrund. «Ich geniesse das Miteinander im
Feld der Ultraläufer, das gemeinsame Ziel,
durchzukommen und dabei Spass zu haben.»
Damit ein Ultralauf ein positives Erlebnis
werden kann, braucht es eine umfangreiche
Vorbereitung. 80 bis 140 km läuft Hotz
neben ihrer beruflichen Tätigkeit pro Woche.
Dazu kommt regelmässiges Krafttraining. Als
längste Einheit umrundet Hotz jeweils rund
vier Wochen vor dem Bieler Hunderter den
Zürichsee – eine Distanz von knapp 70 km.
Körperliche Beschwerden hatte sie noch nie.
Auf den 100 km von Biel wird sie jeweils von
ihrem Partner auf dem Velo begleitet. Die
Option der Velobegleitung, die etwa den
Vorteil der fliegenden Verpflegung mit sich
bringt, wird von rund einem Drittel der Starter in Anspruch genommen.
Nicht möglichst schnell laufen, aber möglichst lange und mit Köpfchen – das ist der
spezielle Reiz von Ultradistanzen und sorgt
bei vielen Läufern für starke Emotionen.
«Wenn jemand von Natur aus langsam ist,
dann ist er im Ultrabereich am richtigen Ort»,
sagt Beat Knechtle, Arzt und Ausdauerathlet.
«Lang und langsam zu trainieren, tut gut, die
Wettkämpfe sind Gift und brauchen Erholungszeit.» Knechtle arbeitet als Allgemein-
ALPHAFOTO.COM
Für diese Läufer ist der
Marathon ein Klacks
Irgendwie durchhalten und spätestens
nach 21 Stunden
ankommen, das ist
für viele Läufer das
einzige Ziel am
Bieler Hunderter.
(12. Juni 2015)
B
Sportberatung
Rubén Oliver
Wann Einlagen
in Schuhen
sinnvoll sind
mediziner und ist Professor für Hausarztmedizin an der Universität Zürich. UltraWettkämpfe betrachtet er aus rationaler
Sicht; seine Starts nutzt er häufig als Fallstudien an sich selbst oder an Konkurrenten
für seine Forschungsarbeiten.
Der 52-Jährige trainiert mit dem Pensum
eines Profis und verfügt über einen einzigartigen Palmarès in extrem klingenden
Wettbewerben. So hält er mit insgesamt 26
Zieleinläufen in Triple-Iron-Ultra-Triathlon
einen Weltrekord. Und als einziger Athlet
konnte er im gleichen Jahr zwei ZehnfachIronman-Medaillen gewinnen. «Wettkämpfe
sind eine Lehre fürs Leben, man lernt, Probleme zu analysieren und zu managen», sagt
er. Als wichtigste Voraussetzung für Sport
generell und Ultras im Speziellen bezeichnet
Knechtle ein stimmiges soziales Umfeld. Mit
eschwerden am Bewegungsapparat kennt jeder. Wer hat
nicht schon mal Fussschmerzen,
Knie- oder Hüftbeschwerden
verspürt? Die richtige Schuhwahl ist für den Sport, aber auch
im Alltag entscheidend, um Fehlbelastungen
an den unteren Extremitäten vorzubeugen.
Viele Trendschuhe, so zum Beispiel die
meisten Sneakers wie auch Minimal- oder
sogenannte Barfussschuhe, sind sehr weich
und stützen den Fuss überhaupt nicht. Biomechanische Studien zeigen, dass mit diesen
Schuhen nicht, wie die Werbung suggeriert,
das Barfusslaufen nachgeahmt wird. Der
Bewegungsablauf ähnelt mehr dem Laufen
im Normalschuh. Aufgrund der fehlenden
Stützfunktion kommt es bei Fussfehlstellungen schneller zu Überbelastungen, und bei
längerem Laufen treten mit der Ermüdung
der Fussmuskulatur häufiger Entzündungen
der Fusssehnen auf.
Bei Fussfehlstellungen wie Knick-Senkfüssen, Spreizfüssen, Hohl- oder Plattfüssen,
aber auch bei Zehendeformitäten wie dem
Hallux valgus kann eine orthopädische Einlage zu einer Linderung der Beschwerden
führen. Viele Leute haben zu Beginn eine
ablehnende Haltung und fragen sich, ob sie
die Einlage das ganze Leben tragen müssen.
Nicht selten wird von Therapeuten grundsätzlich von Einlagen abgeraten. Allerdings
kann nicht jedes Fussproblem mit entsprechendem Training der Fussmuskulatur und
der Beinachsen behoben werden.
Viele Trend­
schuhe, so zum
Beispiel die
meisten Snea­
kers wie auch
Minimal­ oder
sogenannte
Barfussschuhe,
sind sehr weich
und stützen
den Fuss über­
haupt nicht.
Anlässe in der Schweiz
Das Angebot an Läufen, die über die Marathondistanz hinausgehen, hat hierzulande
in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Eine Auswahl empfehlenswerter Veranstaltungen:
18. Juni: Trail de l’Absinthe
8.–10. Juli: Trail Verbier Saint-Bernard
16.–17. Juli: Eiger Ultra Trail
30. Juli: Swissalpine
5.–7. August: Irontrail
19.–20. August: Supertrail du Barlatay
20. August: Mountainman
27. August: Nendaz Trail
17.–18. September: Ultratour du Léman
24. September: Humani Trail
Eine gezielte Einlageversorgung für
belastende sportliche Aktivitäten wie
Joggen oder Wandern kann bei Problemfüssen sinnvoll sein. Bei anhaltenden Schmerzen helfen auch Einlagen im Alltagsschuh.
Im späteren Verlauf sollten die Eigenschaften der Einlegesohlen überprüft sowie
deren Notwendigkeit hinterfragt werden.
Patienten mit Polyarthritis oder diabetischem Fuss wird bei Beschwerden ein
orthopädischer Massschuh angepasst.
Schuhe mit weichen Zwischensohlen
wie Sketchers oder Adidas Boost sind
wegen der bequemen Passform sehr
beliebt. Treten allerdings Fussbeschwerden
auf, braucht es einen Schuh mit stabilem
Fussbett. Einlagen in einem instabilen
Schuh ergeben keinen Sinn, da eine stabilisierende Einlage auf einer schwabbeligen
Unterlage ihre Funktion der Fussführung
und Stellungskorrektur nicht erfüllen kann.
Bei komplexeren, dynamischen Fussproblemen kann eine Laufbandanalyse dabei
helfen, eine individuell angepasste Einlage
anzufertigen. Diese wird mittels Verstärkung der Mittelsohle zur Mitte oder zur
Seite abgestützt, weiter können Vorfussunterstützungen oder sensorische Elemente
zur Muskelaktivierung angebracht werden.
Bei Bedarf werden über die Einlage Anpassungen der Beinlänge vorgenommen.
Rubén Oliver ist Sportarzt in Zürich und
Winterthur, Lauftrainer beim TV Oerlikon
und passionierter Läufer.
seiner Frau bildet er ein eingespieltes Team.
«Sie macht die Logistik, ich kämpfe an der
Front.» Gemeinsam suchen sie den perfekten
Wettkampf. Zusätzlich engagiert sich
Knechtle in der Begleitung älterer Läufer.
Ultraläufe gelten vielenorts als Subkultur
mit eigenen Werten und Normen. Beim
Bieler Hunderter fällt neben dem nächtlichen Start der grosszügige Zielschluss auf.
Die Maximalzeit von 21 Stunden ermöglicht
auch jenen Freizeitsportlern einen Zieleinlauf, die zwischendurch marschieren
müssen. Viele Teilnehmer danken es dem
Ultraklassiker, indem sie ihm bis ins hohe
Läuferalter die Treue halten. Alpine Ultraläufe sprechen dafür eine neue Generation
von Läufern an, die auch starke Naturerlebnisse und lauftechnische Herausforderungen suchen.
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Klubfussballs. (ajk.)