Die Krisen spalten die EU auf

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Das zerrissene
Europa: Die Krisen spalten die EU auf
g l o b a l n e w s 3 4 8 0 1 6-0 6-1 6 :
Europa ist erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg von
zahlreichen anhaltenden Krisen gleichzeitig geplagt: eine
Wirtschaftskrise mit in vielen L ä n d e r n h o h e r Arbeitslosigkeit (Abb. 19278), ein massiver Zustrom von
Flüchtlingen, eine Häufung terroristischer Angriffe, schwere Spannungen mit Rußland (dabei erstmals wieder e i n e
Entsendung deutscher Truppen an die russischen Grenzen)
und nun der drohende Austritt Großbritanniens aus der EU. Diese Krisen vereinen die EU nicht, sondern spalten sie
immer mehr auf.
Nach einer neuen Umfrage des Pew Research Centers unter
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11.500 Teilnehmern sehen große Teile der Bevölkerungen in mehreren EU-Länder die vergangene Dekade als eine Periode nachlassender nationaler Bedeutung und verlangen
eine Konzentration auf die Lösung der nationalen Probleme zu Hause, wobei die globale wirtschaftliche
Zusammenarbeit von erheblichen Teilen der Bevölkerungen dieser Länder kritisch gesehen wird. Dabei fällt vor allem der Unterschied in der Beurteilung zwischen Deutschland
und Frankreich ins Auge.
Während in Frankreich 60 % e i n e K o n z e n t r a t i o n a u f d i e
eigenen Probleme fordern, sind es in Deutschland nur 40
% (Abb. 19279).
46 % der befragten Franzosen sehen eine Verminderung
der nationalen Bedeutung über die l e t z t e D e k a d e g e g e n
nur 11 % der Befragten in Deutschland (Abb. 19280).
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Dementsprechend sehen in Frankreich 45 % das globale
wirtschaftliche Engagement als eine schlechte Sache an,
während es i n D e u t s c h l a n d m i t 2 4 % n u r e t w a h a l b s o
viele sind (Abb. 19281). Ähnlich fürchten sich 73 % der Franzosen vor globaler wirtschaftlicher Instabilität gegenüber nur 39 % der befragten Deutschen (Abb.
19282).
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Aber auch die Haltung zu den Flüchtlingen und zum Islam ist auf beiden Seiten des Rheins eine andere (Abb.
19283).
In der Gegenüberstellung der Meinungsbilder in Frankreich
und Deutschland zeigt sich, wie sehr gerade zwischen
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diesen beiden wichtigsten Ländern der EU die Meinungen auseinandergehen und damit der Motor der EU zum
Stottern g e b r a c h t w i r d ( A b b . 1 9 2 8 4 ) .
Die kommenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich und Bundestagswahlen in Deutschland werden in meiner
Einschätzung den Unterschied zwischen beiden L ä n d e r n i n den Wahlergebnissen sehr deutlich dokumentieren. Der
Euro trägt sehr zu dieser Spaltung bei, indem er Deutschland eine im Verhältnis zur Exportstärke unterbewertete W ä h r u n g v e r s c h a f f t , w ä h r e n d e s i n Frankreich umgekehrt ist.
Deutschland hat sich zudem früh über die Hartz- Gesetze
mit einem wuchernden Niedriglohnsektor und
ausgebremsten Löhnen einen künstlichen Wettbewerbsfaktor geschaffen. Im Ergebnis ist der Anteil der trotz Arbeit
Armen in Deutschland mit 9,2 % wesentlich höher als in Frankreich mit nur 6,5 % ( 2 0 1 4 ) . D e r A n t e i l d e r n u r
Teilzeit Arbeitenden liegt in Deutschland bei 26,8 %, in
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Frankreich bei 18,3 % (2015). Der Anteil der Niedriglöhner betrug nach letzten Daten für 2010 in D e u t s c h l a n d 2 2 , 2
%, in Frankreich nur 6,1 %. Die Lohndiskriminierung der
Frauen betrug 2014 in Deutschland 21,6 %, in Frankreich
dagegen nur 15,3 % (siehe Abb. 19285).
Die sozialistische Regierung Frankreichs versucht jetzt, die
deutschen Rezepte am Arbeitsmarkt durchzusetzen, stößt a b e r d a b e i - anders als seinerzeit die deutsche Regierung
- auf den erbitterten Widerstand der Gewerkschaften und
großer Teile der Bevölkerung. Die deutsch- französische Spaltung kann sich innerhalb des Euros nur weiter
vertiefen. Eine einvernehmliche Aufgabe der
Währungsunion wird zunehmend für beide Seiten und für die EU als Ganzes die beste Lösung. Auf ein schnelles Ende der schweren Krisen zu setzen, heißt wahrscheinlich Zeit verlieren.
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Hier k ö n n e n S i e d i e s e n R u n d b r i e f b e w e r t e n .
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