Dr. Unger - Schulterspezialist, Facharzt für Unfallchirurgie

TENNIS
Das Schultergelenk ist sowohl bei Hobby- wie auch Profitennisspielern
besonderen Belastungen ausgesetzt. Welche Schulterverletzungen treten
gehäuft bei Tennisspielern auf ?
Antwort Dr. Unger:
Im Vordergrund stehen Instabilitätsbeschwerden, Verletzungen im
Ansatzbereich der Bicepssehne und Einklemmungsbeschwerden. Durch
häufige Überkopfbewegungen wie beim Tennisaufschlag und dem Smash
kann es zu einer Überlastung des vorderen Kapselbandapparates kommen
mit der Folge einer vorderen Gelenkinstabilität, eventuell aber auch einer
Totalverrenkung der Schulter.
Durch extreme Zugbelastung beim Abbremsen der Aufschlagbewegung und
der nachfolgenden Ausschwungphase kann es auch zu einer Schädigung des
Bicepssehnenansatzes am oberen Schulterpfannenrand kommen, einer sog.
Slap Läsion.
Im Rahmen der Überkopfbewegung können Sehnen der sog.
Rotatorenmanschette einerseits zwischen Schulterdach und Oberarmkopf und
andererseits auch zwischen Schulterpfanne und Oberarmkopf eingeklemmt
werden. Die Folge sind Entzündungen im Bereich dieser Sehnen, was zum
Anschwellen der betroffenen Strukturen führt und wiederum die
Einklemmungssymptomatik
verstärkt.
Es
entsteht
ein.
sog.
Impingementsyndrom.
Wie können diese Verletzungen behandelt werden?
Antwort Dr. Unger:
Bei den erwähnten Slap Läsionen und Gelenkslippenabrissen, wie sie nach
Schultertotalverrenkungen auftreten, wird beim jungen Patienten eine Operation
notwendig. Diese Operationen werden arthroskopisch über 3 ca. 1 cm lange
Hautschnitte durchgeführt. Dabei wird das abgerissene Gewebe mit
selbstauflösenden Fadenankern, welche in die Schulterpfanne eingebracht werden,
wieder an die knöcherne Schulterpfanne fixiert.
Instabiltäten und Einklemmungsbeschwerden können in den meisten Fällen
problemlos konservativ, d.h. ohne Operation behandelt werden. Relative Schonung
für kurze Zeit, entzündungshemmende Medikamente und ein progressives
physiotherapeutisches Programm zur Kräftigung der Rotatorenmanschette und der
scapulastabilisierenden Muskulatur in Verbindung mit Dehnungsübungen führen zu
einem Abklingen des Beschwerdebildes.
Gibt es vorbeugende Maßnahmen, welche derartige Verletzungen verhindern?
Antwort Dr. Unger:
Die Prophylaxe beginnt mit einem adäquaten Programm aus Beweglichkeits-,
Dehnungs- und Kraftübungen in der Vorbereitungssaison, das konsequent in der
Wettkampfsaison beibehalten werden muß. Vor jeder Trainingseinheit und jedem
Wettkampf sollte ein sorgfältiges Aufwärmen durchgeführt werden. Einspielen mit
kurzen Schlägen geringerer Intensität, wobei erst allmählich die volle Schlagkraft
eingesetzt wird.
Auch durch Technikänderung können auftretende Schulterbeschwerden beseitigt
oder zumindest reduziert werden wie z.B.: weichere Schläge mit mehr Schnitt oder
auch stärkere Rumpfbeugung nach hinten- seitwärts, um dadurch das erforderliche
Ausmaß an Abduktion im Schulterbereich zu vermindern.
Golfen
Kann es im Golfsport zu Verletzungen der Schulter kommen und um welche
Verletzungen handelt es sich dabei?
Antwort Dr. Unger:
Statistisch ist die Schulter bei Profi Golfspielern das am 3. häufigsten verletzte
Gelenk nach der Lendenwirbelsäule und dem Handgelenk. Bei Hobby Golfspielern
bzw. Amateurgolfern ist die Schulter nach einer amerikanischen Statistik das am 4.
häufigsten verletzte Gelenk (nach Lendenwirbelsäule, Ellbogen und Handgelenk ),
nach einer europäischen Statsistik das 2. häufigste verletzte Gelenk (nach dem
Ellbogen).
Man sieht im Golfsport vor allem Beschwerden von Seiten des Schultereckgelenkes (
nach einer Studie von Mallon and Collosimo 1995 53% von 35 Profi- und
Wettkampfspielern mit Schulterbeschwerden ) und Beschwerden von Seiten eines
sog. Impingementsyndroms ( 26% ). Betroffen ist vor allem die Führungsschulter. Bei
der Ausholbewegung, bei der die Führungsschulter zur anderen Schulter in
Kombination mit einer Innenrotation geführt wird, kommt es zur Kompression im
Schultereckgelenk und auch zum Einklemmen der Rotatorenmanschette zwischen
Schulterdach und Oberarmkopf. Dies kann zu Entzündungen und Reizzuständen im
Schultereckgelenk, an der Rotatorenmanschette, der Bicepssehne und einem
Schleimbeutel unter dem Schulterdach kommen, was zur Entstehung eines
Impingementsyndroms führt.
Etwas weniger häufig findet man auch Schultergelenksinstabilitäten,vor allem hintere
Instabilitäten ( 12% ) und Verletzungen im Bereich des Bicepssehnenansatzes, sog.
Slap Läsionen.
Gibt es hierfür Behandlungsmöglichkeiten?
Antwort Dr. Unger:
Impingementsyndrome und leichte Schulterinstabilitäten werden bevorzugt
konservativ – d. h. ohne Operation behandelt. Relative Schonung für kurze Zeit,
entzündungshemmende Medikamente und ein progressives physiotherapeutisches
Programm zur Kräftigung der Rotatorenmanschette und der scapulastabilisierenden
Muskulatur in Verbindung mit Dehnungsübungen führen zu einem Abklingen des
Beschwerdebildes. Bei Kadersportlern sind natürlich die Doping – Richtlinien zu
beachten, speziell bei Infiltrationen mit Cortison. In diesem Fall muß vorher um eine
medizinische Ausnahmeregelung bei der nationalen Anti-Doping Agentur (NADA)
angesucht werden.
Nur selten wird bei diesen Beschwerden eine Operation notwendig und wird dann in
Form einer sog. Schlüssellochchirurgie arthroskopisch durchgeführt. Es werden
dabei Knochensporne abgetragen, der Raum zwischen Schulterdach und
Oberarmkopf arthroskopisch erweitert und auch Sehnen arthroskopisch genäht.
Slap Läsionen stellen in aller Regel operationspflichtige Verletzungen dar. Diese
Operation wird arthroskopisch über 2 - 3 ca. 1 cm lange Hautschnitte durchgeführt.
Dabei wird das abgerissene Gewebe mit selbstauflösenden Fadenankern, welche in
die Schulterpfanne eingebracht werden, wieder an die knöcherne Schulterpfanne
fixiert.
Rehabilitation:
Dorsale Instabilität: scapulastabilisierende Übungen, vor allem Kräftigung des M.
serratus anterior
Vordere Instabilität: dorsale Kapseldehnung –Kräftigung der Rotatorenmanschette –
Kräftigung des vorderen Deltamuskels.
Impingement und RM – disease: RM Kräftigung, Cortisoninjektion
Zusätzlich Evaluierung des Golfschwungs: Verkürzung der Ausholbewegung und des
Ausschwingens. Flexibilitätstraining für Rumpf, Hüfte und Beine um auf diesem Weg
die geringere Rotation in der Schulter zu minimieren.
Reduktion des Trainings, vor allem Abschläge; in dieser Zeit kann Putten, Chippen
und das kurze Spiel geübt werden.
Erst wenn die Beschwerden besser werden, kann wieder das volle Training
aufgenommen werden.
Prävention:
Strukturiertes Programm mit täglichem Flexibilitätstraining und Kräftigungstraining,
welches nicht nur die Schulter, sondern auch den Rumpf und die Beine
miteinbezieht. Zusätzlich kardiovaskuläres Training, Aufwärmen.
Radfahren
Im Rahmen von Radstürzen kommt es immer wieder auch zu Verletzungen im
Bereich des Schultergürtels. Welche Strukturen werden dabei vor allem
verletzt?
Antwort Dr. Unger:
Hauptsächlich handelt es sich um Schlüsselbeinbrüche und um Verrenkungen des
Schultereckgelenkes, im Fachausdruck Acromioclaviculargelenk genannt. Beide
Verletzungen entstehen durch direkten Sturz auf die betroffene Schulter. Auch
bekannte österreichische Profiradrennfahrer erlitten bereits derartige Verletzungen
wie z.B.: Rene Haselbacher und auch Wolfgang Fasching.
Wie sieht das Behandlungskonzept dieser Verletzungen aus?
Antwort Dr. Unger:
Schlüsselbeinbrüche werden großteils ohne Operation mit einem sogenannten
Rucksackverband für 4 Wochen behandelt. Nur ganz selten sind Operationen
notwendig.
Bei Schultereckgelenkssprengungen ist die Behandlung abhängig vom Schweregrad
der Verletzung. Leichtere Formen werden durch Ruhigstellung in einem
Schulterverband und Physiotherapie behandelt. Bei schwereren Formen besteht
international unter den Schulterchirurgen keine einheitliche therapeutische Linie.
Während in den USA diese Verletzungen üblicherweise ebenfalls primär ohne
Operation behandelt werden, werden in Europa diese Verletzungen operiert.
Wie kann hier vorbeugend eingewirkt werden?
Antwort Dr. Unger:
Eine effektive Prävention ist sehr schwierig. Ein Ansatz wäre ein kräftiges
Muskelkorsett durch gezielte Kräftigung der Schultermuskulatur, weiters eine gute
Abpolsterung und die Verwendung von Schulterprotektoren. In der Praxis, vor allem
im Profisportbereich, ist die Verwendung von Schulterprotektoren wohl nur schwer
umsetzbar, außer es wird generell für alle Athleten vorgeschrieben.
Schi – und Snowboard
Wie schaut es mit Verletzungen und Überlastungsschäden der Schulter im bei
uns sehr populärem Wintersport aus, hier insbesondere im Schi – und
Snowboardsport. Welche Erfahrungen haben Sie als langjähriger Teamarzt des
österreichischen Schiverbandes mit Wintersportverletzungen?
Antwort Dr. Unger:
Das Schultergelenk ist bei Schifahrern und Snowboardern das am 2. häufigsten
verletzte Gelenk. Da Schiunfälle oft mit hohen Geschwindigkeiten passieren, kommt
es auch häufig auch zu schweren Verletzungen mit Brüchen des Oberarmes bzw.
Oberarmkopfes ( Beispiel Klaus Kröll beim Weltcupfinale in der Lenzerheide im März
2013) oder Schlüsselbeinbrüchen. Eine häufige Verletzung stellt im Schisport auch
die Schultereckgelenkssprengung (AC Luxation) nach Sturz auf die Schulter und die
Verenkung des Schultergelenkes (Schulterluxation) beim Hängenbleiben mit dem
Arm.
Wie werden diese Verletzungen behandelt ?
Antwort Dr. Unger:
Grundsätzlich gleich wie bei den anderen Sportarten bereits diskutiert. Da es sich
aber häufig um Hochrasanztraumen mit entspreechend höherem Schweregrad der
Verrenkungen sowie auch starker Verschiebung der Bruchstücke bei Brüchen und
auch oft um junge Patienten handelt, ist bei diesen verletzten Wintersportlern
tendenziell häufiger eine Operation notwendig.