Bericht aus Berlin - Deekeling Arndt Advisors

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EU-RECHT
Keine Konsequenzen
CEO-Interwiews würden bald „noch weicher
gespült“, schreibt Freshfields-Anwalt
Christoph Seibt im manager magazin.
In einem Gastbeitrag für manager magazin online griff FreshfieldsAnwalt Christoph Seibt im April zwei Punkte auf, die Unternehmens-
kommunikatoren vor Herausforderungen stellen könnten:
n Die Europäische Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) hat angekündigt, künftig genauer zu prüfen, ob Ankündigungen, etwa von CEOs
in Interviews, eingehalten werden. Beispiel: Wer in einem Interview
gesagt hat, er wolle in den kommenden Monaten keinen Konkurrenten übernehmen, darf es sich innerhalb dieses Zeitraums nicht
plötzlich anders überlegen. Tue er es doch, gelte das als Irreführung der Öffentlichkeit.
n Auch die Kartellbehörden, schreibt Seibt, hätten Pressemitteilungen
und Managementinterviews in den Blick genommen. Es gehe um den
kartellrechtlich unerlaubten Informationsaustausch zwischen Wettbewerbern nicht durch direkte Kommunikation, sondern durch
sogenanntes Signalling in der Öffentlichkeit,
etwa wenn ein Unternehmen via Interview eine
Preiserhöhung ankündigte. Seibts Fazit: Diese
Entwicklung wird zu Einbußen an der pointierten
Klarheit sowie situativen Spontaneität der Kapitalmarktkommunikation führen. CEO-Interviews
würden deshalb noch weicher gespült .
Bezweifelt, dass
Unternehmen
bereits flächendeckend die
Herausforderungen des neuen
EU-Kapitalmarktrechts sehen:
Christoph Seibt.
Dax-Kommunikatoren sind anderer Meinung.
Wir erwarten aktuell keine weiteren substanziellen Restriktionen für öffentliche Stellungnahmen
unseres Topmanagements , sagte Christof Ehrhart,
Kommunikationschef von Deutsche Post DHL.
BASF schloss sich an: Da die neuen insiderrechtlichen Vorschriften der EU-Marktmissbrauchsverordnung dem heute in Deutschland geltenden Wertpapierhandelsgesetz weitgehend
entsprechen, erwarten wir keine wesentlichen
Auswirkungen auf unsere Unternehmenskommunikation , so Pressechefin Jennifer Moore-Braun.
Seibt bezweifelt, dass Firmen bereits flächendeckend die Herausforderungen des neuen EU-Kapitalmarktrechts sehen: Zwar wird sich
der Regeltext zur Ad-hoc-Publizität nur geringfügig ändern, aber die
nationale Auslegungshoheit der BaFin ist vorbei. Die ESMA habe die
Bedeutung von Vorstandsinterviews für die Frage der Markterwartung
deutlich, quasi als Warnung, betont. Die BaFin legte das Augenmerk
auf Pressemitteilungen und Finanzberichte. Eine Reihe von Börsenunternehmen hat deshalb ihre Prozesse vor Kurzem geändert und legt
Interviews nun auch der Rechtsabteilung zur Endkontrolle vor. dl
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prmagazin 06/2016
ADLERAUGE
Jamaica statt Mallorca
Der Bericht aus Berlin
von Volker Heck
In Baden-Württemberg regiert jetzt Grün-Schwarz,
eine „bürgerliche Regierung im besten Wortsinn“.
Sagt zumindest der alte und neue Ministerpräsident
Winfried Kretschmann. Auch für Berlin 2017
stehen die Ampeln auf Schwarz-Grün. Denn nur
so erhält sich Bundeskanzlerin Angela Merkel bei
einer schwindsüchtigen SPD die Option zur Macht.
Jürgen Trittin lässt erkennen, dass es ihn noch
nicht in sein neues Haus auf Mallorca zieht, sondern
er noch an maßgeblicher Stelle die neue Berliner
Republik mitgestalten möchte. Das von ihm
ermöglichte einstimmige Ergebnis der überparteilichen Kommission zur Finanzierung des
Kernenergieausstiegs zeigt, mit welcher Energie
und welchem Geschick er dieses Ziel auch
zulasten der Energiekonzerne RWE und E.ON
verfolgt. Während sich CDU und Grüne nun auch
in Energiefragen immer weiter annähern, droht
der SPD gerade in diesem Themenfeld neues
Ungemach. Kohleausstieg und Klimaschutz lasten
auf keiner Partei so schwer wie auf der SPD. Und
die Genossen schonen sich nicht. Jetzt hat das SPDgeführte Bundesumweltministerium neue Entwürfe
für einen Klimaschutzplan 2050 vorgelegt, die dem
ebenfalls SPD-geführten Wirtschaftsministerium
und der Düsseldorfer Landes-SPD die Nachtruhe
rauben. Für Zündstoff bei den Sozialdemokraten
ist also gesorgt verstärkt durch eine zur Unzeit
vom Zaun gebrochene Vorsitz- und K-Frage-Diskussion innerhalb der Partei. Wenn die SPD
so weitermacht, ist nicht nur die Landtagswahl in
Düsseldorf im Jahr 2017 in akuter Gefahr, sondern
als Hauptgewinn auch die Juniorrolle in einer
Kenia-Koalition möglich.
Volker Heck ist Managing Partner bei Deekeling Arndt
Advisors. Davor war er Kommunikationschef von RWE.