Landwirtschaftskammer NRW Münster, 06.06.2016 Referate Landbau und Pflanzenschutz Nevinghoff 40, 48147 Münster Redaktion: Tobias Schulze Bisping Seitenzahl: 7 Empfehlungen zum Pflanzenbau und Pflanzenschutz im Rheinland und in Westfalen‐Lippe Sonniges Wetter bei Temperaturen um 27 °C. Vereinzelt sind Wärmegewitter möglich. Weizen: Verätzungen vermeiden Weizen‐Spätsaaten, spätere Sorten (z.B. Lear) und Schläge in Höhenlagen werden in dieser Woche ebenfalls in die Blüte übergehen. In unbehandelten Schlägen kann erster Braunrostbefall festgestellt werden. Das schwülwarme Gewitterwetter hat Infektionen mit Fusarium gefördert. Die sommerlichen Temperaturen erhöhen die Gefahr von Verätzungen des Fahnenblatts durch Fungizide, besonders wenn nach Regen Morgens am darauffolgenden Tag gespritzt wird. Bei Aufwandmengen von 2,5 l/ha Osiris, 1,5 l/ha Ampera oder eine Kombination beider Präparate ist die Gefahr durch die griffige Formulierung besonders hoch. Diese sollten möglichst nur bei vorhandener Wachsschicht in den Abendstunden ausgebracht werden. Bei Temperaturen über 25 °C sollte wenn überhaupt nur abends nach 19 Uhr behandelt werden. Weiter auf Fusarium achten Die Witterung in der letzten Woche war Infektionen mit Fusarium äußerst günstig. Mit Behandlungen in dieser Phase sind sicherlich gute Wirkungen erreicht worden. Letztendlich wird die Ausbreitung mit Toxinen von der weiteren Witterung bestimmt. Kritisch ist anhaltend feuchte Witterung insbesondere auch in der Abreifephase. Sollte diese feuchte, warme Witterung zum Wochenende und in der nächsten Woche weiter anhalten, kann auf hoch gefährdeten Standorten eine zweite Behandlung sinnvoll sein. Hoch gefährdet sind vor allem Standorte, wo extrem anfällige Sorten wie Tobak und Ritmo (extrem anfällig) aber auch Smaragd, Alexander, Inspiration oder JB Asano nach Mais angebaut werden. Bei pflugloser Bestellung nach Mais besteht das höchste Risiko. Hier könnte eine Nachlage von z.B. 1,0 l/ha Soleil oder 1,1 kg/ha DON‐Q in Erwägung gezogen werden. Dort wo bisher und insbesondere zur Ährenbehandlung kein oder nur wenig Tebuconazol eingesetzt wurde, kann auch z.B. mit 0,75 l/ha Orius nachbehandelt werden. Ausdrücklich möchten wir darauf hingewiesen, dass Nachbehandlungen gegen Fusarium nur in beschrieben Ausnahmefällen sinnvoll sind. In Höhenlagen wo in dieser Woche der Weizen erst in die Blühphase kommt, sollte bei Fusarium‐ Infektionswitterung unbedingt auf eine gute Fusariumwirkung der Abschlussbehandlung geachtet werden. Auch nach Raps besteht hier in anfälligen Sorten ein Risiko für Fusarium. Jetzt nach der feuchten Witterung muss mit reifen Fusariumsporen auf der organischen Masse gerechnet werden. Möglicherweise waren diese vor den Niederschlägen noch nicht weit genug entwickelt, so dass in den früh abgeblühten Beständen in den Niederungslagen trotz der kritischen Witterung nur geringe Infektionen möglich waren. Die Inkubationszeit von Fusarium ist mit 2‐ 3 Wochen relativ lang. Erst dann kann eine genauere Aussage zum Auftreten gemacht werden. Pirimor und Karate Zeon nur in Ausnahmen mischen Dass die LWK NRW eine Mischung aus Pirimor (B4) und Karate Zeon (B4) nur noch in Ausnahmefällen empfiehlt, liegt unter anderem an einer Stellungnahme des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) aus dem letzten Jahr. So sollen Tankmischungen mehrerer Insektizide zum Schutz von Bienen nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden, auch wenn die Mischungspartner als bienenungefährlich, sprich B4 eingestuft sind. Eine Anwendung in Erbsen und Bohnen scheidet damit definitiv aus. In Getreide ist die Mischung weiterhin möglich, sofern nicht Bienen aufgrund von blühenden Unkrautpflanzen oder Honigtau angelockt werden. Als Honigtau wird die Ausscheidung von Läusen bezeichnet. Dieser Süße Saft wird von Bienen gesammelt. Bei starkem Läusebesatz werden die Getreidebestände für Bienen interessant. Der Grund auch in Getreide auf die Kombination zu verzichten ergibt sich aus dem Umstand, dass durch die Mischung oft keine bessere Läusewirkung erreicht wird. Wird nur Pirimor eingesetzt, besteht die Chance, dass verbleibende oder wieder einfliegende Läuse von Marienkäfern und deren Larven kontrolliert werden. Diese Nützlinge würden durch Karate Zeon oder andere Pyrethroide erfasst. Der Vorteil der Nützlingsschonung wird durch eine fehlende Wirkung gegen Getreidehähnchen erkauft. Hier gilt es im Einzelfall abzuwägen. Häufig ist aber der Fensterfraß durch Getreidehähnchen nicht relevant. Mais: Nachbehandlung gegen Unkräuter Die im Nachauflauf durchgeführten Behandlungen haben allgemein gut gewirkt. Dennoch sollten die Flächen auf nachlaufende Unkräuter kontrolliert werden. Besonders dort wo in kurzer Zeit 50 Liter Wasser je qm oder mehr gefallen sind, ist fraglich ob die Dauerwirkung der Herbizide ausreicht. Zur Nachbehandlung gegen Kräuter eignet sich u.a. Arrat + Dash (0,2 kg + 1 l). Neben Gänsefuß werden auch Winden und Disteln bekämpft. Gegen Hühner‐/Borstenhirsen und Quecke kann z.B. Motivell forte zugemischt werden. Auf Flächen mit starkem Besatz an Ampfer ist eine Kombination aus Milagro‐ / Motivell forte (0,75 l/ha) + Peak (20 g/ha) zu bevorzugen. Diese wirkt ebenfalls gegen Winden. Ist zusätzlich eine gute Wirkung gegen Gänsefuß und Nachtschatten gefordert, ist Elumis (1,25 l/ha) + Peak (20 g) besser geeignet. Auch Kartoffeln werden eingedämmt. Maister Power (1,5 l/ha) ist zu bevorzugen wenn Storchschnabel nachläuft. Zudem wirkt es auch gegen Fingerhirsen und hat eine Teilwirkung gegen Ackerschachtelhalm. Soll eine Untersaat folgen bietet sich Laudis + B 235 (1,7 + 0,2 l/ha) für eine Nachbehandlung an. Es wirkt gegen neu aufgelaufene Unkräuter‐ / Hirsen und hat eine Teilwirkung gegen Kartoffeln. Krautfäule – Infektionsdruck sehr hoch Der Infektionsdruck ist hoch und wird auf sehr hoch ansteigen, das heißt der empfohlene Spritzabstand verkürzt sich auf 5 bis 7 Tage. Da durch die ergiebigen Niederschläge viele Flächen zurzeit nicht befahrbar sind, sollte zur Vermeidung von Stängelphytophthora mit den systemischen Fungiziden (Ridomil Gold MZ, EPOK, Fantic M, Infinito, Proxanil) nachgelegt werden, sobald eine Behandlung möglich ist. Falls noch kein Spritzstart erfolgt ist, sollte dies umgehend erfolgen. Dann besonders auf staunassen Böden auch mit den systemischen Mitteln beginnen. Infektionsdruck Spritzabstand sehr niedrig 13 ‐ 14 Tage niedrig 10 ‐ 12 Tage mittel 9 ‐ 11 Tage hoch 8 ‐ 9 Tage sehr hoch 5 ‐ 7 Tage Bienenschutz in Kartoffeln ‐ Leitlinie für den Landwirt Kartoffelkäfer Eigelege (Fotos: C. Bischur) Kartoffelkäferlarven In den Kartoffelbeständen treten erste Kartoffelkäferlarven und Blattläuse auf. Bei Kartoffelkäferlarven liegt die Bekämpfungsschwelle bei 15 Larven je Pflanze. Eingesetzt werden können z.B. die Insektizide Actara, Biscaya, Coragen, Dantop, Decis forte, Fastac SC Super Contact, Mospilan SG, NeemAzal‐T/S, SpinTor oder Spruzit Neu. Eine Blattlausbekämpfung im Konsumkartoffelanbau muss bei Erreichen der Schadschwelle (500 Blattläuse/100 Fiederblättern) erfolgen. Hohes Blattlausauftreten und eine damit verbundene Honigtaubildung muss durch eine konsequente Bekämpfung verhindert werden. Denn bei Honigtau auf den Pflanzen sowie bei blühenden Unkräutern im Bestand werden auch Kartoffeln von Bienen aufgesucht, so dass dann nur noch bienenungefährliche Präparate zum Einsatz kommen dürfen. Zur Sicherstellung des Bienenschutzes sind folgende Punkte zwingend einzuhalten: Der Landwirt muss vor einer Anwendung jeden Kartoffelschlag durch Begehen kontrollieren. Wobei es nicht ausreicht, wenn bei einer geplanten Anwendung frühmorgens der Bestand auf Bienen überprüft wird, denn Bienen können auch noch tagsüber in den kurz zuvor behandelten Bestand einfliegen und geschädigt werden. Eine Anwendung von B1 Produkten ist nur möglich: o In Beständen, die frei sind von blühenden Unkräutern oder vollentwickelten Unkräutern, die vor der Blüte stehen. o Bei rechtzeitiger Behandlung der Blattläuse, so dass eine relevante Honigtaubildung ausgeschlossen werden kann. Dies ist bis zu einer Befallsdichte von max. 500 Läusen/100 Fiederblätter der Fall. o Wenn Abdrift auf blühende oder mit Honigtau behaftete Nachbarpflanzen durch den Einsatz driftreduzierender Technik vermieden wird. Im Zweifelsfall muss die Anwendung von B1‐Produkten unterbleiben! Folgende Bienenschutzauflagen müssen beachtet werden: Bienengefährlich: Actara, Dantop, Plenum 50 WG, SpinTor diese Mittel dürfen nicht angewendet werden: an blühenden Pflanzen (außer Kartoffeln ohne Bienenbeflug), dies gilt auch für Unkräuter B1 an anderen Pflanzen, wenn sie von Bienen beflogen werden im Umkreis von 60 m um einem Bienenstand innerhalb des täglichen Bienenflugs nur mit Zustimmung des Imkers wenn Bienen mit ihnen in Berührung kommen B2 B3 B4 Bienengefährlich: Bulldock, Decis forte, Sumicidin Alpha EC, Teppeki außer bei Anwendung nach Ende des täglichen Bienenfluges in dem zu behandelnden Bestand bis 23.00 Uhr. Es darf außerhalb dieses Zeitraums nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden; dies gilt auch für Unkräuter. Nicht bienengefährlich: keine Insektizide für Kartoffeln zugelassen auf Grund der durch die Zulassung festgelegten Anwendung des Mittels Nicht bienengefährlich: Biscaya, Coragen, Fastac SC Super Contact, Kaiso Sorbie, Karate Zeon, Mospilan SG, Pirimor Granulat, Spruzit neu, Trafo WG bis zu der höchsten durch die Zulassung festgelegten Aufwandmenge bzw. Anwendungskonzentration diese Mittel dürfen in blühenden Beständen ausgebracht werden Bei einigen Präparaten kann die Einstufung von B4 in B2 umgewandelt werden, sobald Sie mit bestimmten Fungiziden gemischt werden (NB 6623). Die Anwendung dieser Mittel ist dann nur nach dem täglichen Bienenflug bis spätestens 23:00 Uhr möglich. Bienenschutz bei Tankmischungen mehrerer Insektizide beachten: Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) weist darauf hin, dass Tankmischungen mehrerer Insektizide zum Schutz von Bienen nicht auf blühende oder von Bienen beflogene Pflanzen ausgebracht werden sollten, auch wenn die Mischungspartner als bienenungefährlich eingestuft sind, da eine Mischung mehrerer Insektizide wie ein bienengefährliches Pflanzenschutzmittel betrachtet wird. Auflage NN 410 zum Schutz von anderen bestäubenden Insekten außer der Honigbiene beachten: NN 410: Das Mittel wird als schädigend für Populationen von Bestäuberinsekten eingestuft. Anwendungen des Mittels in die Blüte sollten vermieden werden oder insbesondere zum Schutz von Wildbienen in den Abendstunden erfolgen. In Kartoffeln haben folgende Insektizide die NN 410‐Auflage: Biscaya, Fastac SC Super Contact, Karate Zeon, Mospilan SG, Pirimor Granulat, Spruzit neu, Trafo WG Ackerbohnen – auf Krankheiten und Läuse achten beachten Ab Blüte, vor allem nach Perioden mit hoher Luftfeuchtigkeit und hohen Temperaturen, kann die Schokoladenfleckigkeit (Botrytis) auftreten. Zuerst sind auf den unteren Blättern millimetergroße, schokoladenfarbige, runde Flecken mit zum Teil hellem Zentrum zu finden, die wenn diese zusammen laufen dazu führen, dass die Blätter absterben. Mitunter ist der ganze Blatt, Stängel und Hülsenbereich betroffen. Mitte bis Ende der Blüte kann Rost auftreten, der an der Blattunterseite durch punktförmige, rostbraune, dunkelbraune Ringe bzw. Pusteln zu erkennen ist. Die Blätter sind an der Oberseite von einem gelblichen Hof umgeben. Dieser Pilz entwickelt sich bei Temperaturen von 16 bis Schokoladenflecken an Ackerbohne (Foto: E. Winkelheide) 25 °C, hoher Luftfeuchtigkeit und intensiver Sonneneinstrahlung. Beide Krankheiten werden mit Folicur oder Ortiva bekämpft. Eine Kombination von 0,5 l/ha Folicur und 0,5 l/ha hat eine gute Anfangs‐ und Dauerwirkung. Läuse treten zurzeit in Ackerbohnen nur vereinzelt auf. Keine „Mitnahme“ eines Insektizides, da die Präparate nur kurzfristig wirken und Einzelläuse keinen Schaden machen. Bekämpfungsrichtwert ist die Kolonienbildung, die meist am Feldrand beginnt. Mittel der Wahl zur Bekämpfung ist das nützlingschonende Pirimor mit 300 g/ha Aufwandmenge. (Foto: E. Winkelheide) Grünland – Beginn der Blüte vom Jakobskreuzkraut Das sehr giftige Jakobskreuzkraut gehört nicht ins Futter. In günstigen Lagen sind schon erste blühende Pflanzen von Jakobskreuzkraut zu finden. Treten nur vereinzelt JKK Pflanzen auf der Fläche auf, so können und müssen diese herausgezogen und entsorgt werden. Bei massenhaftem Auftreten kann das Futter ohne Bereinigung nicht genutzt werden. (Foto: E. Winkelheide) Zulassung IPU nicht verlängert Die Zulassung des Wirkstoffes Isoproturon (IPU) wird im Rahmen des Annex I‐Verfahren der Europäischen Union nicht verlängert. Für alle IPU‐haltigen Mittel, die über den 30.06.2016 hinaus zugelassen sind, wird die Zulassung zum 30.09.2016 widerrufen. Der Anwender kann diese Produkte bis zum 30.09.2017 aufbrauchen. Für Fenikan läuft die Zulassung am 30.06.2016 aus. Der Handel kann Fenikan bis zum Ende des Jahres 2016 handeln. Die Aufbrauchfrist für Anwender endet zum 30.09.2017. Dies alles gilt vorbehaltlich der schriftlichen Mitteilung durch die Zulassungsbehörden. Schutz von Umstehenden und Anwohnern beachten Abdrift von einer behandelten Fläche ist grundsätzlich zu vermeiden. Zum Schutz von Umstehenden und Anwohnern in Wohngebieten, Garten‐, Freizeit‐ und Sportflächen und auf Wegen sind ausreichende Abstände erforderlich. Aufgrund einer neuen Leitlinie der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit hat das BVL in einer amtlichen Bekanntmachung im Bundesanzeiger vom 20. Mai 2016 die Mindestabstände neu festgelegt: Der Mindestabstand bei Flächenkulturen beträgt 2 m und bei Raumkulturen 5 m. Der Mindestabstand muss eingehalten werden zu: • Grundstücken mit Wohnbebauung, • Flächen für die Allgemeinheit (Parks, öffentliche Gärten, Grünanlagen in öffentlich zugänglichen Gebäuden, Sportplätze einschließlich Golfplätze, Schulgelände, Spielplätze sowie Flächen in unmittelbarer Nähe von Einrichtungen des Gesundheitswesens. • privat genutzte Gärten, • Wegen, auf denen sich Spaziergänger regelmäßig aufhalten. Bei Wegen muss aber nicht generell der Mindestabstand eingehalten werden, sondern es ist ausreichend, wenn der Landwirt bei Anwesenheit von z.B. Fußgängern anhält und wartet bis diese weit genug entfernt sind. Ist das geschehen, kann er seine Spritzarbeiten weiter fortsetzen. Ein Verstoß gegen die Mindestabstände bzw. den Inhalt der Bekanntmachung des BVL kann als eine Verletzung der Sorgfaltspflicht und mangelnde gute fachliche Praxis ausgelegt werden. Anspruch auf Schadenersatz kann dadurch begründet werden.
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