Predigt vom 5. Juni - Hoffnungskirche zu Pankow

Evangelische Hoffnungskirchengemeinde Berlin-Pankow
PREDIGT am 5.6.2016 Zweiter Sonntag nach Trinitatis
Textgrundlage: Epheser 2,17-22
Von Pfarrerin Margareta Trende
Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus!
Genau so, liebe Gemeinde, beginnt der Brief an die Gemeinde in Ephesos. Doch bevor er gelesen
wird, ist wieder einmal Tumult in den kleinen Räumen der christlichen Gemeinde um das Jahr 90
nach Christus.
Felix, ein junger Mann, zischt Daniel, einen älteren Juden,
all die Gesetze erfüllen, die euch die Thora vorschreibt. Ihr dürft doch auch Schweinefleisch essen
und müsst eure Söhne nicht mehr beschneiden lassen.
klingt schon fast resigniert,
weil ich nicht nur Christ, sondern immer auch noch Jude bin.
Jude genauso wie Paulus. Paulus der unsere Gemeinde vor über 30 Jahren gegründet hat. Und Paulus
hat immer wieder betont, wie wichtig unsere Wurzeln sind, auch wenn wir Christen sind. Und wenn
ihr Heidenchristen euch nicht an unsere Gesetze haltet, was ihr ja auch nicht müsst, dann lass uns
doch so leben, wie wir es als Judenchristen für richtig halten. Jesus hat uns auch dazu befreit, uns
Felix schnappt schon wieder nach Luft, um Daniel
etwas zu entgegnen. Doch da nimmt Julia, seine Frau, ihn an seinem Arm und die beiden finden
einen Platz. Auch die anderen, die während des Streits aufgestanden waren, setzen sich wieder.
Gleich wird der Brief verlesen, den ein Mann geschrieben hat, der den Apostel Paulus noch kannte.
Felix gehört noch nicht lange zur Gemeinde. Er ist so unsicher und will gerade deshalb zeigen, wie
sicher er in seinen Meinungen ist. Er hat so viele Fragen, doch hat er sein Leben lang gelernt, nur
Antworten parat zu haben. Seine Eltern sind ganz normale römische Staatsbürger. Sie ehren die
Götter und den Kaiser und gehen hin und wieder in den Artemistempel. Felix liebte es, als Kind in
den Tempel zu gehen. Er mochte die Schönheit und Erhabenheit des eindrücklichen Baus. Seine Eltern konnten ihm seine vielen Fragen nicht beantworten
Felix keine Fragen mehr.
Doch dann lernte er Julia kennen. Julia ist Christin. Mit ihr kann er über alle seine Fragen reden. Und
das, was er von ihr über Jesus und Gott erfahren hat, das hat ihn gepackt. Danach hat er gesucht.
er ergriffen. Deshalb hat er sich taufen lassen und kommt lieber in den kleinen muffigen Raum als
in den schönen Artemistempel. Nur dieser Daniel mit seiner Gesetzestreue nervt ihn, er erinnert ihn
zu sehr an seinen Vater. Jetzt aber hört er dem Gemeindevorsteher zu, der aus dem Brief vorliest:
Liebe Geschwister Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus!
Jesus Christus kam und verkündigte Frieden euch, den Fernen - und Frieden den Nahen. Denn durch ihn
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haben wir beide in einem Geist Zugang zum Vater. Ihr seid also nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, ihr
seid vielmehr Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, aufgebaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten - der Schlussstein ist Christus Jesus selbst. Durch ihn wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn, durch ihn werdet auch ihr mit eingebaut in die
Wohnung Gottes im Geist.
Felix
Frieden schenkt uns Christus, den Nahen wie Daniel, er gehört nun einmal zu Jesu Volk, und den
Fernen wie uns, die wir nichts von Gott wussten.
Frieden, das ist zum einen das Schweigen der Waffen, keine Gewalt und Gerechtigkeit für alle. Ohne
Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden.
Aber der Friede Christi betrifft auch mich persönlich. Er bedeutet, ein heiles Leben in alle Richtungen
zu führen. Ich muss nicht immer andere Leute belehren, wie sie zu leben und was sie zu denken
haben. Ich muss nicht auf andere neidisch sein, die gesünder oder reicher, gebildeter oder engagierter sind. Frieden heißt, ich komme endlich mit mir selbst klar. Ich nehme mich an mit meinen Fragen
und Zweifeln, mit meinen Schwächen und Ängsten. Frieden heißt, ich kann mich in Gott geborgen
fühlen und mein Leben als wunderbares Geschenk annehmen, egal wie fragmentarisch und brüchig
mir manchmal meine Lebenswege vorkommen!
UND: Wo Jesus zu seinem Frieden einlädt, da muss keiner mehr Zaungast und Fremder sein. Bei
Jesus gibt es kein drinnen und draußen, keine Aufenthaltstitel, keine Residenzpflicht, kein römisches
Bürgerrecht und kein minderwertiges Recht. Bei Christus sind wir alle Mitbürger nicht Fremde ohne
Bürgerrecht. , denkt Felix. Und während der Gottesdienst weiter gefeiert wird, kreisen Felix
ken weiter: Ich streite mich eigentlich ständig, weil ich mich doch oft noch draußen und fremd
fühle. Julia meint zwar, Streit belebt die Gemeinde. Da hat sie ja Recht. Wenn es sachlich zugeht,
zeigt Streit, zeigen verschiedene Meinungen, dass eine Gemeinde lebt und nicht schläft, dass es
Dinge gibt, die den Einzelnen wichtig sind. Der Friede Christi ist ja auch kein fauler Friede!
Aber manchmal streite ich nur, um zu siegen, um zu zeigen, dass ich im Recht bin. Dabei schenkt
mir Christus doch schon Recht! Und damit schenkt er mir Frieden, mit dem ich es nicht mehr nötig
habe, den anderen etwas zeigen zu müssen. Und wenn ich es mir richtig überlege, hat Daniel eigentlich gar keine Ähnlichkeit mit meinem Vater. Daniel nimmt mich so an, wie ich bin, nur ich
möchte ihn ständig verändern.
Ein Bild ist noch in Felix
Zusammengehalten von Christus wächst die Ge-
meinde zu einem heiligen Tempel Gottes zusammen. Er denkt an den Artemistempel. Die Gemeinde
ein Tempel? Geht das denn? Felix hat sich in der Gemeinde von Anfang an willkommen gefühlt. Er
konnte einfach kommen mit seinen Fragen und alles kennen lernen. Und er erlebte, wie Jesus für
ihn lebendig wurde, als Traurige getröstet und Einsame besucht wurden, als die Gemeinde Fremden
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eine Heimat bot und immer dann, wenn alle von Neuem versuchen, den Glauben an Jesus zu verstehen und mit ihrem eigenen Leben zu verbinden.
Ja, was für ein wunderbarer Gedanke. Wir sind Gottes Tempel! Und da kommt es auf jeden Stein
an, die kleinen und die großen, die bunten und die grauen. Felix schaut in die Runde. Er schmunzelt.
Wir sind Gottes Tempel! Was für eine Wertschätzung erfahren wir doch in unserem Glauben! Und
wir können diese Gemeinschaft auch gleich noch im Abendmahl feiern. Brot und Wein werden uns
verbinden. Sie werden uns stärken für die kommenden Zeit und uns auch versöhnen, und wenn
auch nur bis zum nächsten Streit - immerhin!
Gerade wird der Friedensgruß gesprochen. Felix steht auf und geht direkt auf Daniel zu und reicht
ihm die Hand und sagt Friede sei mit dir und er hört
auch mit dir, mein Bruder!
Amen. Und der Friede Gottes
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