Page 1 Warsaw, 9 June 2016 Warsaw Statement of Ministers of

Übersetzung
Warschau, 9. Juni 2016
Warschauer Erklärung der Landwirtschaftsminister
Deutschlands, Frankreichs und Polens zu gemeinsamen
Marktmaßnahmen
1. Die Landwirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Polens stimmen
überein, dass die gegenwärtige Situation der landwirtschaftlichen Märkte für
die Landwirte in der EU ein ernsthaftes Problem darstellt und umgehend
angegangen werden sollte. Die Milch- und Schweinefleischsektoren sind
von einer schweren und anhaltenden Krise betroffen. Aufgrund eines
andauernden Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage verschärft
sich die gegenwärtige Krise im Milchsektor trotz der bisher von der
Europäischen Union ergriffenen Maßnahmen. Die Situation bei Obst und
Gemüse sowie Schweinefleisch hat sich in jüngster Zeit leicht verbessert,
bleibt aber dennoch fragil, und es sind weiterhin Herausforderungen zu
bewältigen. Die finanzielle Stabilität vieler landwirtschaftlicher Betriebe ist
gefährdet. Die Minister fordern daher die Kommission auf, beim EU-Agrarund Fischereirat im Juni 2016 ein weiteres Finanzpaket vorzuschlagen und
zu diskutieren.
Gemeinsame Grundsätze
2. Bei der Erarbeitung der Strategie gegen die negativen Auswirkungen der
gegenwärtigen Situation waren sich die Landwirtschaftsminister
Deutschlands, Frankreichs und Polens einig, dass es eine Reihe von
Grundprinzipien geben sollte, um die derzeitige Krisensituation auf EU,
nationaler und regionaler Ebene überwinden zu können.
3. Sie übernehmen gemeinsame Verantwortung für die Verteidigung des
europäischen Agrarmodells, das sich in der Erfüllung der berechtigten
Erwartungen und Bedürfnisse der Gesellschaft bewährt hat. Die
Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) war das Leitkonzept bei der Vertiefung der
Europäischen Integration und sollte dies weiterhin bleiben. Im Lichte der
gegenwärtige Marktkrise sowie der - auch langfristigen - Herausforderungen
für Landwirtschaft und ländliche Räume, z.B. Klimawandel,
demographische Entwicklung und Beitrag zur Ernährung einer wachsenden
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Weltbevölkerung, unterstreichen die Minister die Notwendigkeit einer
angemessenen Mittelausstattung für die GAP mit dem Ziel einer starken und
ambitionierten Gemeinsamen Agrarpolitik.
4. Die Landwirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Polens
versichern, dass jegliche Marktmaßnahmen, die in der jetzigen schwierigen
Lage entwickelt werden, die Errungenschaften des Binnenmarktes
anerkennen und verteidigen werden, um die Wettbewerbsfähigkeit im
Hinblick auf neue internationale Märkte mit hoher Wertschöpfung zu
erhalten und zu verbessern.
5. Die Landwirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Polens stellen
daher den Erhalt des europäischen Landwirtschaftsmodells, die
Anerkennung der Errungenschaften des Gemeinsamen Marktes und die
Marktorientierung der GAP als ihre Grundprinzipien fest. Gemäß diesen
Prinzipien
sollten
die
Marktteilnehmer
auf
die
Marktlage
verantwortungsbewusst
reagieren.
Die
Landwirtschaftsminister
Deutschlands, Frankreichs und Polens sind entschlossen, die betroffenen
Landwirte in ihren Bemühungen zu unterstützen, die jetzige schwierige
Situation zu bewältigen.
6. Sie betonen die wichtige Rolle eines verlässlichen und stabilen Rahmens der
GAP, in der die Direktzahlungen das Hauptelement für die finanzielle
Stabilität in der Landwirtschaft darstellen, besonders unter schwierigen
Marktbedingungen.
7. Um der gegenwärtigen Krisensituation auf den landwirtschaftlichen
Märkten entgegenzuwirken, sind Lösungen auf EU Ebene, im Rahmen der
GAP, erforderlich; es muss sichergestellt werden, dass Maßnahmen auf
nationaler Ebene im Einklang mit diesen EU-weiten Lösungsansätzen stehen
und weder zu einer Renationalisierung der Agrarpolitik führen noch die
Wettbewerbsbedingungen stören.
Vorgeschlagene Lösungen
8. Angesichts des Ausmaßes der Marktschwierigkeiten muss eine
Unterstützungsmaßnahme auf EU-Ebene eingeführt werden. Die
Landwirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Polens schlagen
daher folgende Maßnahmen zur Stärkung des Marktes im Milchsektor vor:
•
Anpassung der privaten Lagerhaltung an die gegenwärtige Marktsituation,
einschließlich
einer
vorübergehenden
Erhöhung
des
Unterstützungsniveaus bei Magermilchpulver und Butter.
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• Erneute Erhöhung der Mengengrenze der Intervention für
Magermilchpulver zum Festpreis auf eine Menge von mindestens 350.000
Tonnen MMP unter noch zu definierenden Bedingungen. Angesichts des
Ausmaßes der gegenwärtigen Krise sollte ein zu schneller Übergang in
das Ausschreibungsverfahren bei öffentlicher Intervention vermieden
werden, um einen Rückgang der Preise zu verhindern.
9. Wir fordern die Europäische Kommission nachdrücklich auf, EU-Fonds
bereitzustellen, um freiwillige Maßnahmen auf individueller oder kollektiver
Ebene zu unterstützen, die dazu beitragen, das Produktionsniveau in der EU
zu stabilisieren/zu senken, um die Produktion besser an die Marktnachfrage
anzupassen. Jegliche Unterstützungsmaßnahme im Milchsektor sollte zur
Stabilisierung oder Verringerung der Produktionsmenge beitragen.
Angesichts der Dringlichkeit müssen die Regelungen eine schnelle und
einfache Umsetzung der Maßnahmen sowie Flexibilität für die
Mitgliedstaaten zulassen.
Wenn diese Maßnahmen nicht zur Marktstabilisierung beitragen, werden im
Bemühen um das Erreichen eines Marktgleichgewichts auf EU-Ebene
andere Maßnahmen vorgeschlagen.
10. Im Lichte des besonderen Charakters des Milchsektors schlagen
Deutschland, Frankreich und Polen vor, die bereits bestehenden
Expertengruppen auf EU-Ebene um eine Hochrangige Gruppe Milch zu
ergänzen.
11. Im Hinblick auf den Schweinefleischmarkt sollte die Beihilferegelung der
privaten Lagerhaltung nach Bedarf zum geeigneten Zeitpunkt reaktiviert
werden. Für diesen Markt und für den Rindfleischmarkt sollte eine
Marktbeobachtungsstelle eingerichtet werden.
12. Darüber hinaus werden
Frankreichs und Polens
die
Landwirtschaftsminister
Deutschlands,
• eine
Erhöhung
der
de
minimis
Beihilfe
auf
bis
zu
30.000 Euro parallel zur Anpassung der nationalen Obergrenzen
beantragen,
• für die Einführung einer befristeten Unterstützungskomponente, unter der
Bedingung der Produktionsdisziplin, für Landwirte eintreten, um die
finanzielle Liquidität der Betriebe zu erhöhen und dadurch einen
Ausgleich zu schaffen für Verluste, die infolge des Preisrückgangs
aufgrund der niedriger als erwartet ausgefallenen internationalen
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Nachfrage, des russischen Embargos, der Überproduktion auf den EUMärkten, und, im Fall von Schweinefleisch, der negativen Auswirkungen
der Handelseinschränkungen wegen der Risiken durch die Afrikanische
Schweinepest entstanden sind; die Mittel sollten aus dem EU-Haushalt
kommen,
• die Entwicklung des Exports von EU-Erzeugnissen fordern,
• die Evaluierung der Möglichkeiten für die Einführung von Exportkrediten
und eines Exportversicherungssystems
Kommission unterstützen,
durch
die
Europäische
• die Europäische Kommission auffordern, ihre Aktivitäten zum Abbau
nichttarifärer Handelshemmnisse zu verstärken,
mit besonderem
Augenmerk auf den russischen Markt und die Bewahrung der Solidarität
zwischen den EU-Mitgliedstaaten,
• die
Intensivierung der Bemühungen bezüglich der Stärkung der
Wettbewerbsstellung der landwirtschaftlichen Erzeuger in der
Lebensmittelkette unterstützen und insbesondere darauf bestehen, die
Bekämpfung unfairer Handelspraktiken in den Mittelpunkt zu stellen, und
für die Entwicklung von Lösungen im Europäischen Rechtsrahmen für
eine faire Verteilung der Wertschöpfung von Erzeugung und Handel zu
plädieren.
13. Im Hinblick auf den Obst- und Gemüsemarkt fordern die Minister die
Europäische Kommission auf, die gegenwärtige Situation weiter zu
beobachten und die Bemühungen zur Öffnung neuer Märkte zu
intensivieren.
Des weiteren bitten sie die Europäische Kommission, die vorgeschlagenen
Mengen bei Obst und Gemüse erneut zu analysieren , die vom
Fördermechanismus besonders für die Staaten abgedeckt sind, die am
stärksten unter den Folgen der Einführung des russischen Embargos gelitten
haben. Ferner stellen die Parteien fest, dass die derzeit angewandten
Lösungsansätze geringe sachliche Änderungen zur Sicherstellung einer
Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer erfordern, die von dieser
Unterstützungsmaßnahme profitieren.
14. Die Landwirtschaftsminister Deutschlands, Frankreichs und Polens sind
darüber hinaus der Meinung, dass die derzeit angestrebte Intensivierung der
laufenden Verhandlungen über Vereinbarungen zur Liberalisierung des
Handels und die Ankündigung weiterer Verhandlungseröffnungen
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Auswirkungen auf den EU-Landwirtschaftssektor, einschließlich des
Europäischen Landwirtschaftsmodells, haben können. Die Verhandlungen
müssen das hohe Verbraucherschutzniveau, u.a. bezüglich der
Lebensmittelqualität, beachten. Sie sollten auch die durch die Standards bei
Lebensmittelsicherheit, Tier-, Umwelt- und Klimaschutz bedingten höheren
Produktionskosten der europäischen Landwirte berücksichtigen.
Christian Schmidt
Stéphane Le Foll
Krzysztof Jurgiel
Bundesminister für
Ernährung
und Landwirtschaft
Bundesrepublik
Deutschland
Minister für Land-,
Ernährungs- und
Forstwirtschaft*
Französische Republik
Minister für
Landwirtschaft
und Ländliche
Entwicklung
Republik Polen
* A.d.Ü.: Bezeichnung wie im Lebenslauf
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