Vermögensberatung von Steuerberatern „Das meiste liegt wie auf dem Silbertablett bereit“ Aus Sorge ihre Zulassung zu verlieren, scheuen sich viele Steuerberater, Klienten auch in Vermögensfragen zu beraten. Warum das Unsinn ist und wie die Berufsgruppe die wachsende Nachfrage nutzen kann, erklärt Volker Römermann, Professor für Recht der freien Berufe. private banking magazin: Nicht wenige Mandanten bitten ihren Steuerberater auch in Anlageund Vermögensfragen um Rat. Warum nutzen so wenige Steuerberater diese Nachfrage? Volker Römermann: Erstens ist der Steuerberater ein Beruf, in dem in hohem Maße delegiert wird. Jeder Steuerberater hat Sachbearbeiter und Steuerfachangestellte, um beispielsweise Erklärungen auszufüllen oder Umsatzvoranmeldungen abzugeben. Das erfordert nun mal oft keine Beratungsleistung. Manche haben sich darauf vielleicht ausgeruht. Zweitens: Geht es über die klassische Steuererklärung hinaus, braucht man andere Qualitäten. Dann sind Kreativität und unternehmerisches Denken gefragt. Zudem muss man akquisitionsstark sein. Und die Kundengewinnung liegt den freien Berufen typischerweise nicht. Drittens gilt: Je mehr ich berate, desto mehr kann ich falsch machen. Mit Vermögensberatung ist also auch immer ein Haftungsrisiko verbunden. In der Summe führen diese drei Aspekte dazu, dass viele Steuerberater weite Teile des Beratungsmarktes überhaupt nicht wahrnehmen. Einige wenige sind zwar schon weit vorn, aber die Masse des Berufsstandes ist dort noch nicht angekommen. Inwiefern spielt das Berufsrecht eine Rolle bei der Zurückhaltung? Römermann: Viele Steuerberater haben Berührungsängste, weil sie berufsrechtliche – früher hätte man gesagt: standesrechtliche, aber der Begriff ist überholt - Probleme fürchten. Sie denken, Vermögensberatung sei automatisch gewerblich und damit unzulässig. Das halte ich für Unsinn. Wenn man dem Mandanten erklärt, dass es aus steuerlicher Sicht ratsam wäre, das Vermögen zu diversifizieren, und dann der Klient nach einer konkreten Anlageempfehlung fragt, wäre es Quatsch, wieder einen Schritt zurückzutreten und zu sagen, da müssen sie sich selbst informieren. Denn die Beratung wird nicht dadurch gewerblich, dass sie konkret ist. Solange der Steuerberater auf Honorarbasis berät, ob und wie Geld angelegt werden soll, ohne an bestimmten Produkten zu verdienen, halte ich das für absolut zulässig. Und für die Mandanten ist es Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH doch erst recht eine positive Entwicklung, jemanden zu haben, der keine kommerziellen Interessen mit bestimmten Anlageprodukten verfolgt, wie sonst in der Finanzbranche üblich. Wo liegt die Grenze? Römermann: Der Rubikon ist überschritten, wenn Provisionen fließen. Das führt in der Regel zur Entziehung der Zulassung. Klassisches Beispiel hierfür sind Maklertätigkeiten. Man sieht es relativ oft, dass Steuerberater makelnd tätig sind. Etwa in der Personalberatung, wenn man Leute zusammenführt und am Zustandekommen von Verträgen verdient. Oder wenn ein Mandant in finanziellen Schwierigkeiten steckt und man alles vorbereitet, dann mit ihm zur Bank geht und dafür sorgt, dass er den benötigten Kredit bekommt. Sobald man das als Steuerberater systematisch macht und dann ein erfolgsbezogenes Honorar vom Vertragspartner kassiert, ist das nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unzulässig und mit dem Berufsrecht unvereinbar. In diesen Fällen haben viele Steuerberater wenig Problembewusstsein. Ich kenne den Fall eines Personaldienstleisters, dem überhaupt nicht einleuchten wollte, dass er deswegen die Zulassung verlieren sollte – was dann aber vor dem Bundesgerichtshof geschehen ist. Wird sich das traditionelle Berufsbild in den kommenden Jahren verändern? Römermann: Der Wandel findet bereits statt. Vor allem die neue Generation von Steuerberatern interessiert sich durchaus für weitere Beratungsmöglichkeiten, die sich erschließen lassen. Aber das muss man auch wollen. Man braucht den Ehrgeiz, sich fortzubilden, um die Beratungsleistung überhaupt erbringen zu können. Der gestandene Steuerberater, der vor 30 Jahren beschlossen hat, alles zu delegieren, macht das nicht mehr. Aber die nachwachsende Generation, die von der Uni kommt und dort auch etwas Betriebswirtschaft und Recht mitgenommen hat, bei der glaube ich, dass es sich langsam entwickelt. Wie verhalten sich die Steuerberaterkammern zu dem Thema? Römermann: Viele Kammern sind rückwärtsgewandt. Sie streuen unter ihren Mitgliedern die These, dass alles, was neu ist, unzulässig sein muss. Dabei gibt es keine berufsrechtliche Bestimmung, auf die sich ein Verbot von Vermögensberatung durch Steuerberater stützen könnte. Hinzu kommt eine extreme Kammerhörigkeit bei vielen Steuerberatern, die jeglicher Grundlage entbehrt. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Wenn eine Kammer ihren Berufsträgern das Gefühl vermittelt, mit der Vermögensberatung gewerblich zu handeln, haben alle Betroffenen Angst und wagen es nicht, dieses Urteil zu hinterfragen. Dabei haben die Kammern keinen Vorrang mehr bei der Auslegung des Rechts. Das mag vor 150 Jahren, als zunächst die Anwaltskammern entstanden sind, so gesehen worden sein. In Wirklichkeit ist das aber nur eine von vielen Meinungen, die das Steuerberaterrecht auslegen. Was können Steuerberater konkret tun, wenn sie von sich aus aktiv werden wollen? Römermann: Das fängt ganz banal damit an, dass Steuerberater sich die Zeit nehmen, mit dem Jahresabschluss zum Mandanten zu fahren und ihn dort zu erläutern, statt die Steuererklärung bloß mit einem Vermerk „Bitte hier unterschreiben“ mit der Post zu schicken. Besser man trifft sich und bietet an, den Jahresabschluss durchzugehen und mit dem vom Vorjahr zu vergleichen: Da sind diese Personalkosten gestiegen oder gesunken, hier sollten wir nochmal besondere Aufwendungen betrachten oder durchgehen, wieso sich bestimmte Bilanzpositionen in der einen oder anderen Weise entwickelt haben. Jemand, der das geübt macht und Dinge hinterfragt, der kommt erst ins Gespräch mit dem Unternehmer und schöpft daraus den Beratungsbedarf. Wenn man das richtig macht, wird man als Steuerberater schnell in eine betriebswirtschaftliche Beraterrolle hineinwachsen. Zudem gibt es zahlreiche weitere Möglichkeiten. Beispielsweise können Steuerberater in Beiräte gehen, für Mandanten die Rolle des Testamentsvollstreckers im Todesfall übernehmen oder in Sanierungsfällen beraten. Gerade bei letzterem ziehen sich viele Steuerberater schnell mal aus einem Mandat zurück, weil ihnen die Situation zu schwierig wird. Stattdessen könnte man als Retter auftreten: Sie haben Sanierungsbedarf, zu diesen Konditionen können wir folgende Auswege vorschlagen. Bei vielen Mandanten liegt das meiste wie auf dem Silbertablett bereit - man muss nur zugreifen. Über den Interviewten: Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Römermann, CSP, ist Vorstand der Römermann Rechtsanwälte AG in Hannover, Hamburg und Berlin und auf Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und das Recht der freien Berufe spezialisiert. Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Dieser Artikel erschien am 10.06.2016 unter folgendem Link: https://www.private-banking-magazin.de/vermoegensberatung-von-steuerberatern--das-meiste-liegt-wie-auf-dem-silbertablett-bereit-1465400671/ Informationen für Wealth Manager: www.private-banking-magazin.de Aus der Branche • Personen • Märkte • Produkte • Recht & Steuern • Das Beste im Netz © Edelstoff Verlagsgesellschaft mbH Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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