BAUHAUS DAS LAND DER MODERNE Sonderbeilage zu den Ausstellungen „Große Pläne!“ in Sachsen-Anhalt ZEICHNUNG: MORITZ GÖTZE, HALLE (SAALE) - REPRO: JO SCHALLER - DAS BILD BEFINDET SICH IN DER LADY HAMILTON AUSSTELLUNG IM SCHLOSS WÖRLITZ LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS 2 ❱❱ EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, Ihr Hartmut Augustin IMPRESSUM Verleger: Mediengruppe Mitteldeutsche Zeitung GmbH & Co. KG, Delitzscher Straße 65, 06112 Halle Geschäftsführer: Tilo Schelsky Chefredaktion: Hartmut Augustin Anzeigen: Heinz Alt Redaktion: Andreas Montag Titelbild: Moritz Götze, Maler aus Halle (Saale) Layout: Frank Neumann Druck: Schenkelberg Druck Weimar GmbH Österholzstraße 9, 99428 Nohra Die Bauhaus-Beilage erscheint in folgenden Tageszeitungen: Mitteldeutsche Zeitung/Naumburger Tageblatt, Berliner Zeitung, Hannoversche Allgemeine Zeitung, Leipziger Volkszeitung, Magdeburger Volksstimme, Märkische Allgemeine, Thüringer Allgemeine WELTBERÜHMTER ANBLICK Das Bauhausgebäude in Dessau ist eine Ikone der Moderne im doppelten Sinne: Als Gebäude, das mit seiner Klarheit überwältigt. Und als Geburtsort von Ideen, die das Leben umfassend verbessern sollten. FOTO: JENS SCHLÜTER Leben in spannenden Zeiten S achsen-Anhalt - Land der Moderne? Ja, sagt der Ministerpräsident. Er sieht das Bauhaus-Erbe als Chance. Mit Reiner Haseloff sprach Andreas Montag. Herr Ministerpräsident, wie viel Moderne verträgt Sachsen-Anhalt eigentlich? Sieht man auf den Wahlerfolg der AfD, weist es sich eher als ein Land der Anti-Moderne aus. Haseloff: Mehr als 75 Prozent der Wähler sind allerdings nicht dem Programm der AfD gefolgt. Also kann man auch sagen: Drei Viertel bekennen sich zu dem, was das Land erkennbar machen soll. Freilich sind die 25 Prozent, die sich anders entschieden haben, zu viel. Man muss trotzdem differenzieren, es werden auch verschiedenste Motive eine Rolle gespielt haben. Man darf dabei auch den aktuellen internationalen Trend zum Rechtspopulismus nicht übersehen. Also steht das Bauhaus doch am richtigen Ort? Haseloff: Davon können Sie fest ausgehen. Wir sind ein Land, in dem viel Neues auf den Weg gebracht wurde. Von der Zeit Kaiser Ottos bis zum Bauhaus in Dessau gibt es eine lange Reihe von historischen Marken, die dafür stehen. Das verpflichtet uns dazu, die Linie der Moderne, der Entwicklung fortzuschreiben. Deshalb gibt es auch das Ausstellungsprojekt „Große Pläne!“. Gehören aber nicht die Schwierigkeiten mit der Moderne zu dieser Tradition? Denken wir nur an die komplexen, auch kriegerischen Folgen der Reformation. Das Bauhaus kam nach Dessau, weil es in Weimar vertrieben worden war. Und wurde später abermals vertrieben. Haseloff: Neuanfänge sind nie leicht. Aber sowohl die Reformation als auch das Bauhaus sind zugleich immer eine Plattform für Internationalität gewesen. Die Bauhäusler kamen aus ganz Europa. Dabei ist zudem interessant, dass sie nicht mit riesigen Ressourcen ausgestattet waren - außer ihrer Kreativität. So ist Walter Gropius zum Beispiel auch in der Region, in Wörlitz, unterwegs gewesen, um sich im Schloss an- Reiner Haseloff, der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, im Gespräch über „Große Pläne!“ ❱❱ Beispielhaft ist, dass Kreativität eine Chance bekam REINER HASELOFF FOTO: PA/DPA es ist nicht mehr lange hin, dann feiert 2019 das weltberühmte Bauhaus seinen 100. Geburtstag. Die neue Ausstellung „Große Pläne! Moderne Typen, Fantasten und Erfinder“ hat dieses Jubiläum schon im Blick und bezieht dabei nicht nur Dessau, sondern ganz Sachsen-Anhalt mit ein. Für unsere Redaktion war das ein guter Anlass, für eine umfangreiche Berichterstattung. Das Ergebnis halten Sie jetzt in den Händen. Die Zeit der Bauhaus-Gründung in Weimar und der Umzug nach Dessau fallen in eine Periode gravierender gesellschaftlicher Umbrüche in Mitteldeutschland. Die Industrialisierung der Region bekam einen Schub. Es war eine wunderbare Zeit für Fantasten, Erfinder und Spinner. Heute, mit der Digitalisierung der Gesellschaft, stehen wir erneut vor HerausforHARTMUT derungen, für AUGUSTIN Chefredakteur die wir oftmals Mitteldeutsche noch keine LöZeitung Halle sungen haben. Wir brauchen wieder Fantasten, Erfinder und Spinner, die uns aufregen - und ganz sicher auch anregen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen der Beilage. hand der Einbauten inspirieren zu lassen auf der Suche nach schönen, einfachen, funktionalen und kostengünstigen Lösungen. Das heißt für uns, es muss beides zusammengehen: Die Offenheit gegenüber den Möglichkeiten in der Region - und die Internationalität. Ohne diesen Zweiklang hat es nie funktioniert und wird es nicht funktionieren. Der Sinn für das Praktische wie das Offene gehört für Sie dazu? Haseloff: Unbedingt. Interessant ist zum Beispiel, dass einer meiner frühen Amtsvorgänger, Erhard Hübener, im umfassenden Sinne von Mitteldeutschland als Region gedacht hat. Darauf nimmt die Ausstellung im Bauhaus Dessau auch starken Bezug und bestätigt damit unsere Anstrengungen nach mehr Kooperation zwischen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und zu Beginn der Weimarer Republik musste schon aus der Not heraus Fantasie freigesetzt werden. Haseloff: Der Krieg selbst hat eine wichtige Rolle gespielt: So ist hier, weit entfernt von der Westfront, dieser industrielle Schmelztiegel entstanden. Überhaupt müssen wir, auch mit Blick auf das jüngste Wahlergebnis, geschichtliche Bezüge noch stärker aufarbeiten. Ich meine Entwicklungen, die unterbrochen oder abgebrochen wurden. Meine Generation und die folgenden tragen nicht die Schuld an Weltkrieg und deutscher Teilung. Aber wir tragen Verantwortung, und wir tragen heute noch an den Lasten unserer Geschichte. Und das bedeutet? Haseloff: Wir müssen nach vorn sehen und erkennen, worin unsere Chance liegt. Die Bauhäusler kamen seinerzeit in eine liberale Stadt wie Dessau, in ein liberales Land. Aber es ist auch wahr: Im damaligen Anhalt kamen bereits 1932 die Nazis an die Macht - durch freie und geheime Wahlen. Hier muss man wach und sensibel sein, darin besteht die politische Verantwortung in dieser Zeit. Damals, als die Bauhäusler und andere Fantasten ins Land kamen, galt es, aus der Krise heraus etwas zu gestalten. Verstehen Sie das also als Ermutigung? Haseloff: Es kommt immer darauf an, was man unter Krise versteht und von welchem Niveau man ausgeht. In Syrien oder dem Irak wird man Krise anders definieren. Aber wir sehen in Sachsen-Anhalt schon politische Verunsicherung. Haseloff: Ja, es gibt diese Symptome, weil die Verunsicherung als Identitätskrise empfunden wird, egal, ob das rational zu begründen ist oder nicht. Auffällig ist dabei, dass mehr Jüngere als Ältere dieser Verunsicherung mit ihrer Wahl Ausdruck verliehen haben. Die Älteren haben Erfahrung mit der Diktatur. Deshalb ist es wichtig für die Koalition, die jetzt das Land regiert, eine Stabilisierung der demokratischen Mitte zu erreichen. Hier ist der Bezug auf Reformation und Bauhaus wichtig: Wir brauchen Fantasie und Mitwirkung auch derer, die zu uns kommen. Am Netzwerk, das sich um die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle entwickelt hat, sieht man, wie so etwas gelingen kann. Würde einer, der heute mit solch kühnen Fantasien antritt, wie sie der spätere Magdeburger Stadtplaner Bruno Taut in den 1920er Jahren hatte, nicht als Spinner fortgeschickt werden? Haseloff: Einige Entwürfe von Taut waren tatsächlich nicht umsetzbar. Beispielhaft aber ist, dass Kreativität eine Chance bekam. Wir brauchen solche „Spinner“, sie müssen aber mit beiden Beinen auf der Erde stehen. Viele Menschen fremdeln immer noch mit der Moderne. Wie kann man ihnen die Ängste nehmen? Haseloff: Schön wäre es, könnten auch jene Menschen, denen die Moderne noch fremd ist, etwas Positives damit verbinden. Und bei allen Geschmacksfragen im Einzelnen: Für mich ist das Entscheidende, dass wir ohne diese Moderne heute nicht den Lebensstandard bieten könnten, wie wir ihn haben. Ohne die serielle Fertigung von Wohnbauten und Einrichtungsgegenständen hätte heute längst nicht jeder, unabhängig vom Einkommen, eine menschenwürdige Unterkunft. Hier kommt auch das Bauhaus wieder ins Spiel. Seine Philosophie wird bei Kursen mit internationalen Teilnehmern fortgeschrieben ins 21. Jahrhundert. Gibt es noch große Pläne im Land? Haseloff: Natürlich, es ist noch nicht alles erfunden. Und vieles ist noch möglich. Keine Pläne hieße Stillstand und der ist uns in Sachsen-Anhalt fremd. LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS Alles auf Aufbruch ❱❱ „Große Pläne! Moderne Typen, Fantasten und Erfinder“ heißt eine Ausstellung im Bauhaus Dessau. Sie widmet sich der Angewandten Moderne in Sachsen-Anhalt in den Jahren von 1919 bis 1933. ZUR PERSON Die Visionen des Erhard Hübener OB VON ANDREAS MONTAG D ❱❱ Denkfabrik der Moderne Beispielhaft dafür, aber eben nicht allein, steht das Bauhaus: 1919, vor fast 100 Jahren, in Weimar gegründet und von dort 1925 durch die erstarkenden rechten und nationalistischen Kräfte vertrieben, kam die schnell zu großem Ansehen gelangte Denkfabrik der Moderne von Walter Gropius ab 1926 in Dessau BAU DER FILTERANLAGE zu neuer Blüte. Bis 1932, als das Bauhaus auch hier schließen musste, um noch für ein Jahr in Berlin fortexistieren zu können, entstanden eine Vielzahl von Ideen und Entwürfen in den verschiedensten Sparten - von der Architektur über die Bildende Kunst bis hin zu den Tanz-Visionen Oskar Schlemmers. Stets ging es den Bauhaus-Meistern und ihren aus aller Welt hinzugekommenen Kollegen darum, den sozialen, wirtschaftlichen und auch psychologischen Herausforderungen der neuen Zeit mit neuen Lösungen zu begegnen. Das schloss die Kontroverse bei der Suche danach keineswegs aus, im Gegenteil: Streit war erwünscht. Berühmt ist das Bauhaus bis heute weltweit für seine Philosophie, das Einfache mit dem Schönen, das Nützliche mit dem Praktikablen zu verbinden. Etwas Besseres hätte Mitteldeutschland nicht passieren können, das schon vor dem Ersten Weltkrieg und während seines Verlaufs von einer agrarisch geprägten, kulturhistorisch bedeutsamen Region in die erste Liga deutscher Industriestandorte befördert oder gezwungen worden war - je nachdem, wie man die Entwicklung bewerten will. Städte wuchsen rasant, neue Siedlungen entstanden an den Tagebauen und Chemiebetrieben, die Verkehrsinfrastruktur musste dringend ausgebaut werden, um Pendlerströme bewegen zu können. Und auch das Alltagsleben der Menschen veränderte sich. ❱❱ Bauhaus war kein Solitär Hier kam das Bauhaus aufgeschlossenen, liberalen politischen Planern wie dem damaligen Landeshauptmann der preußischen Provinz Sachsen und späteren ersten Ministerpräsidenten Sachsen-Anhalts, Erhard Hübener, entgegen und gelegen (siehe auch den nebenstehenden Beitrag). Freilich war, was oft übersehen worden ist, das Bauhaus kein Solitär, der einsam in der Wüste gestan- Schrecklich, wenn alle einer Meinung wären Gespräch mit Claudia Perren, seit 2014 Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau Claudia Perren hebt die Meinungsvielfalt am Bauhaus hervor. Sie hofft, dass das Projekt „Große Pläne!“ mit der Erinnerung an kühne Ideen aus der Weimarer Republik Menschen ermutigt, selbst etwas zu tun. Mit Claudia Perren sprach Andreas Montag. Frau Perren, was macht eigentlich das Bauhaus? Ist es ein Museum? Eine Schule? Und wozu wird es gebraucht? Perren: (lacht) Hier ist die Wahrnehmung, nicht nur in der Region, verschieden. International steht Bauhaus zuerst für eine Marke, für Produkte, die dort entstanden sind und die man heute noch gern zu Hause hat. Dann ist das Bauhaus aber auch als Schule sehr bekannt – wegen seiner Pädagogik und dem Gebäude mit dem vertikalen Schriftzug. Und wie kommt diese Ikone in der Gegenwart an? Perren: Das Bild der Stiftung Bauhaus Dessau, die es ja erst seit 20 Jahren gibt, hat sich noch nicht klar eingeprägt. Auch haben sich ihre Schwerpunkte gewandelt - von der Internationalen Bauausstellung über die schrumpfenden Städte. Jetzt läuft es inhaltlich stark auf das Museum zu, das wir in Dessau bauen, um unsere Sammlung erstmalig umfassend zu zeigen. Museen sind inzwischen aber längst auch, und dieser Trend ist weltweit zu beobachten, lebendige Orte und Treffpunkte für die Stadtgesellschaft. Wir verstehen das Museum daher auch als offene Bauhausbühne zur Stadt. Gibt es schon inhaltliche Pläne? Perren: Die konzeptionelle Linie steht und die ersten Umsetzungen erfolgen bereits. Unser Ansatz ist es, immer das historische Erbe mit den zeitgenössischen Perspektiven in Bezug zu setzen. Ein gutes Beispiel ist das Bauhaus Residenzprogramm. Seit Anfang diesen Jahres wohnen und arbeiten in den im Wasserwerk Daspig für das Leuna-Werk - Aufnahme vom 23. Mai 1917, zu sehen im Schloss Merseburg REPRO: P. WÖLK den hätte. Vielmehr waren die Bauhäusler schon durch ihr Herkommen auf vielfache, persönliche Weise mit anderen Gestaltern verbunden und pflegten diese anregenden Kontakte zum gegenseitigen Vorteil, von dem auch das Gemeinwesen kräftig profitierte. Genau das ist der Gedanke, der hinter dem dezentralen Ausstellungsprojekt „Große Pläne!“ steckt. Es hat seinen Nukleus in der Stiftung Bauhaus Dessau und verzweigt sich von dort aus über das Land Sachsen-Anhalt. Elbingerode, Halle, Leuna, Magdeburg, Merseburg und Quedlinburg sind teils mit mehreren interessanten Expositionen vertreten, von denen eine Auswahl in dieser Sonderbeilage ausführlicher vorgestellt wird. Meisterhäusern Muche / Schlemmer zeitgenössische Künstler. Gleichzeitig arbeiten wir daran, im Meisterhaus Klee / Kandisky das Leben der 1920er Jahre verstärkt zu thematisieren. Das Bauhaus hat Denkangebote geliefert - und liefern sollen. Sehen Sie jetzt eine vergleichbare Offenheit gegenüber dem Neuen? Perren: Es war damals selbstverständlich eine andere Zeit als heute mit großen Herausforderungen durch die Industrialisierung. Aber vielleicht war deshalb auch die Notwendigkeit größer, sich dem Neuen zuzuwenden, nach neuen Lösungen zu suchen. Uns geht es heute viel besser. Wenn man dergleichen laut sagt, hagelt es Widerspruch. Perren: : In solchen Situationen empfehle ich stets, für eine Weile im Ausland zu leben. Das rückt das Bild zum Leben in Deutschland wieder gerade. Aber es gibt in der Tat auch neue Herausforderungen. Das Bauhaus hat seinerzeit erklärt: Alles, was mechanisiert werden kann, wird mechanisiert werden. Heute könnte das heißen: Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Aber was bedeutet das für unser Leben, für unser Wohnen, unsere Beziehungen? Solchen Fragen müssen wir uns stellen, nicht nur nostalgisch in Schlemmer schwelgen. Ein spannendes Thema! ❱❱ Ob Politiker auch Visionäre sind, darüber gehen die Urteile auseinander. Erhard Hübener aber hat beides vereint. Anfang der 1920er Jahre ließ der Landeshauptmann der preußischen Provinz Sachsen, der 1947 erster Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt wurde, die Bürgerinnen und Bürger Mitteldeutschlands in einem Rundfunkvortrag an seinem Flug über die Region teilhaben. Mit dieser ungewöhnlichen Reportage wollte Hübener, der 1881 in Tacken in der Prignitz geboren wurde und 1958 in Bad Salzuflen ERHARD HÜBENER starb, auf die ra- Landeshauptmann der preußischen sante Veränderung des Landes Provinz Sachsen FOTO: PA durch die Industrialisierung aufmerksam machen. Hübener sah die neue Struktur, die sich über alle Lebensbereiche erstreckte, als Herausforderung und Chance. AMO Schauen über den eigenen Tellerrand hinaus CLAUDIA PERREN FOTO: LUTZ SEBASTIAN ie Zeiten waren aufregend damals, nach dem Ende des Ersten Weltkrieges und der Novemberrevolution 1918. Deutschland war wirtschaftlich und politisch angeschlagen, soziale Unruhen wie der mitteldeutsche Arbeiteraufstand vom März 1921 erschütterten zumal auch das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt. Das Land befand sich in einer Identitätskrise - das heißt, es musste sich nach dem Abschied vom Kaiserreich überhaupt erst einmal finden. Dass es aber in den wenigen, von politischen Kämpfen und der heraufziehenden Gefahr des Nationalsozialismus überschatteten Jahren der ersten deutschen Demokratie, der Weimarer Republik, zugleich auch eine förmliche Explosion an gestalterischen Ideen gab, gehört zu den wichtigsten, erinnernswertesten Phänomen jener Epoche zwischen den beiden furchtbaren Weltkriegen. 3 Perren: Als Stiftung sind wir gehalten, dicht an unserem Gegenstand, dem Bauhaus, zu bleiben. Wir werden also nicht alle diese Fragen aufnehmen können. Aber natürlich sind wir vernetzt in den zeitgenössischen kulturellen Diskurs und schauen damit immer über den eigenen Tellerrand hinaus. Und sind ein Forum für Kritik? Perren: Das Wichtigste ist, eine Plattform für verschiedene Perspektiven zu sein. Ich würde mich ja sehr erschrecken, wenn wir alle einer Meinung wären. Die Offenheit, das Verschiedene auszuhalten und als produktiv zu begreifen, ist auch eine Stärke des Bauhauses gewesen. Wenn man wie ich in anderen Ländern gearbeitet hat, versteht man auch direkter, wie sehr man auf die Toleranz der anderen angewiesen ist. Ein Bauhaus ohne Neugierde, Offenheit und die Freiheit anders zu denken, kann es nicht geben. Was geben Sie den „Großen Plänen“ auf den Weg? Perren: Uns ist es wichtig zu zeigen, dass das Bauhaus kein Solitär gewesen ist, sondern sich mitten in einer Bewegung für die Moderne befand mit einer Vielzahl von Kontakten zu Gleichgesinnten– regional wie international. Und ich hoffe, dass Besucher der Ausstellung angesichts dieser großen Geschichte Mut fassen, selbst aktiv zu werden, sich Verbündete zu suchen und den modernen Typen, Fantasten und Erfindern einen festen Platz in unserer Gesellschaft einräumen. LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS 4 Himmelsstürmer ❱❱ VOR ORT Dessauer Museum für Hugo Junkers DAS Das Technikmuseum „Hugo Junkers“ in Dessau-Roßlau ist dem Erfinder und Ingenieur Junkers gewidmet. 2001 wurde es auf dem Gelände der ehemaligen Flugzeugwerke eröffnet, ein Förderverein ist der Träger. Junkers wurde am 3. Februar 1859 in Rheydt (Rheinland) geboren und starb am 3. Februar 1935 in Gauting bei München. 1895 gründete er in Dessau die Firma Junkers & Co. und war bis 1932 Eigentümer der Junkers Motorenbau GmbH und Junkers Flugzeugwerk AG. Junkers ging es vor allem um die Entwicklung der zivilen Luftfahrt. AMO In den späten 1920er Jahren unternahmen in Silberhütte und Magdeburg Max Valier und Rudolf Nebel Raketenexperimente. VON ANDREAS MONTAG D er Traum vom Fliegen ist vermutlich so alt wie die Menschheit. Der französische Autor Jules Verne hatte 1873 in seinem Roman „Von der Erde zum Mond“ davon fabuliert, die Gründerzeit hat mit der stürmischen Entwicklung der Technik auf allen Gebieten solche Visionen noch beflügelt - denn nun rückten sie dank immer neuer Leistungen der Ingenieurskunst deutlich in den Bereich des Möglichen. Dass am Ende die Raketentechnik nicht nur hochfliegende Träume erfüllen, sondern vor allem auch militärischen Zwecken dienen würde, war vielleicht absehbar, allerdings nicht in der ganzen grausamen Konsequenz, wie sie sich zum Ende des Zweiten Weltkrieges zeigte. Ab 1944 wurden die deutschen Raketen vom Typ Aggregat 4, allgemein besser als V 2 bekannt, in großer Zahl abgefeuert und richteten unter anderem in London schwere Verwüstungen an. Die Waffe war seit 1939 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde auf Usedom unter Leitung von Wernher von Braun entwickelt und konstruiert worden. Seit den 1920er Jahren trieben andere Raketenpioniere wie Max Valier und Rudolf Nebel die Entwicklung zur bemannten Raumfahrt voran, auch auf dem Boden des heutigen Sachsen-Anhalt haben damals spektakuläre Versuche stattgefun- TRAGENDE ROLLE Rudolf Nebel mit Wernher von Braun (r.) auf dem ersten Raketenflugplatz der Welt, dem Schießplatzgelände in Berlin-Reinickendorf (retuschiert), am 27. September 1930 FOTO: ULLSTEINBILD den. Valier, der 1895 in Bozen (Südtirol) geboren worden war, war während des Ersten Weltkriegs in der Luftaufklärung und Flugzeugerprobung eingesetzt, das Thema ließ ihn nicht mehr los. Der studierte Physiker und Astronom gründete 1927 den „Verein für Raumschifffahrt“, wie einer Veröffentlichung der Stiftung Bauhaus Dessau zu entnehmen ist. Mit von der Partie war Johannes Winkler (1897-1947), der 1931 bei Dessau die erste europäische Flüssigkeitsrakete startete. Valier selbst experimentierte in Silberhütte im Harz, an einem traditionellen Standort zur Herstellung von Pyrotechnik, mit sei- nen Raketenwagen, wofür er zeitweilig auch den Autoindustriellen und Rennfahrer Fritz von Opel begeistern und als Sponsor gewinnen konnte. 1928 erreichte ein „EisfeldValier-Rak1“ genannter, raketengetriebener Wagen eine Geschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde. Valier, besessen von seiner Leidenschaft, ist auch deren Opfer geworden: 1930 kam er in Berlin bei einer Explosion während einer Raketenerprobung ums Leben. Nicht weniger besessen als Valier war Rudolf Nebel (1894-1978), der 1933 in Magdeburg eine erste bemannte Rakete in den Weltraum schicken wollte. Entsprechend groß war die Aufregung, zumal der Versuch ursprünglich mitten in der Stadt durchgeführt werden sollte und Hunderttausende Besucher zu dem Spektakel erwartet wurden. Allerdings überwogen bei den Verantwortlichen der Stadt dann doch die Sicherheitsbedenken, sie verlegten den Start nach Wolmirstedt vor die Tore Magdeburgs. Auch der Testflieger bekam es mit der Angst zu tun und stieg aus, bevor er eingestiegen war in den Himmelsstürmer. Doch siehe: Immerhin 60 Meter flog die Rakete in die Höhe. Was heute fast lächerlich wirkt, war es damals keineswegs. Und zweifellos ein Meilenstein. – Anzeige – – Anzeige – Wissen für die Gesundheit von morgen Altes bleibt, wo Neues entsteht. IDT Biologika ist ein innovatives mittelständisches Unternehmen, im Herzen der Stadt Dessau-Roßlau, in unmittelbarer unmittel elbarer Nähe des das seit mehr als 95 Jahren mit seinen Produkten und Leistungen künftigen Bauhausmuseums, wird zukünftig das da Wissen für die weltweit an der Gesunderhaltung von Mensch und Tier beteiligt Biologika des 21. Jahrhunderts weitergegeben. Gleichzeitig leistet ist. Mit dem Bau des neuen Schulungs- und Kongresszentrums die IDT einen bewussten Beitrag zur Stadtentwicklung. Stadtentwi wicklung. IDT Biologika GmbH Am Pharmapark 06861 Dessau-Roßlau www.idt-biologika.com LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS 5 ❱❱ ZUR PERSON Prediger und Kämpfer: zwei Haltungen DIE LUFTAUFNAHME So präsentiert sich die Gartenstadt Leuna bei Merseburg in diesen Tagen. Barocke Moderne VON GÜNTER KOWA D en Ostergottesdienst warteten die Beamten noch ab, dann überreichten sie den Bauern die Bescheide zur Zwangsenteignung. Sieben Quadratkilometer Ackerland wechselten so im Frühling 1916 unfreiwillig den Besitzer. Im Dorf Rössen bei Merseburg sollte über Nacht die Agrarder Industriegesellschaft weichen. Die mitteldeutschen Braunkohlelager gerieten in den Fokus der Industriekapitäne von Rhein und Main: Die Ludwigshafener BASF Aktiengesellschaft baute ihr Ammoniakwerk Leuna. Die Moderne, sagt man, kam nach Mitteldeutschland, weil ihr die stürmisch expandierende Industrie den Boden bereitet; den Boden der Massen-Gesellschaft mit ihren schlagartig veränderten Lebensverhältnissen, ihrem neuartigen Bedarf an Wohnung und Gütern. Alle reden vom Bauhaus. Aber Leuna? Kommt die „Angewandte Moderne“ auch dorthin? Ende 1915 wird der Architekt Karl Barth (1877-1951) vom Militärdienst freigestellt, um für die BASF die Werkssiedlung Neu-Rössen zu entwerfen. Der gebürtige Wiesbadener ist im Thema Gartenstadt zuhause und auch seinen Auftraggebern gut bekannt: Er war als Mitarbeiter pfälzischer Architekturbüros an Gartenstadtprojekten in Ludwigshafen, Landau und Speyer beteiligt. Seine eigene Publikation „Aus dem Siedlungswesen“ von 1922 ließ erkennen, dass er zu zahlreichen Architekten auf diesem Gebiet Kontakt hielt. FOTOS: S. KISON, PICTURE ALLIANCE Der pfälzische Architekt Karl Barth und die Planung der Gartenstadt Leuna bei Merseburg mehr Grün und besserer Hygiene, doch mit der schnellen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes konnte die Idee der geplanten Vorstadt Fuß fassen: 1898 machte der Engländer Ebenezer Howard Furore mit seiner Vision einer Radialstadt innnerhalb konzentrischer Kreise von Straßen und einem Eisenbahnring. Nicht minder einflussreich war 1909 der englische Gartenstadtarchitekt Raymond Unwin mit seinem Buch über „Stadtplanung in der Praxis“, das die rigorose Systematik der Planungstheorie mit der Maßgabe verband, die Bauten hätten in ihrer Gestaltung einer Art mittelalterlichem Ideal verpflichtet zu sein. Bis zu Gropius’ Siedlung Törten war und blieb die Gartenstadt-Architektur eine Übung in großbürgerlichem Konservatismus. Mit Karl Barth hat man einen geradezu idealtypischen Vertreter dieser Haltung vor sich. Leuna öffnet dafür erstmals Barths eigenes Haus. Zu DDR-Zeiten als Kinder- und Pflegeheim genutzt, ist es wieder in Familienhand und teilweise vermietet. Die Stadt hat für die Dauer der Ausstellung die leer stehende Nobeletage übernommen, oder was davon übrig ist: Die altväterliche Einrichtung, die dunkle Wandtäfelung, die Glasmalereien, die schweren eichenen Möbel muss man sich auf den anhand lebensgroß ausgedruckter historischer Fotos dazu denken. Zinnteller in Vitrinen, und die Familie aufgereiht auf der Gartenterrasse vor hochherrschaftlicher Fassade mit Halbsäulen und Giebel. Barth pocht auf sein Künstlertum, plant in der Gartenstadt jedes Haus, auch wenn die Fülle an Zierrat letztlich das Produkt einer geschickten Verwendung gestalterischer Versatzstücke ist. Barth versteht es, die den Werkskolonien eigene soziale Hierarchie teils zu kaschieren, teils zu betonen. Jedem „Stand“ sein Statussymbol. Werksdirektoren bekommen freistehende Villen, die Akademiker gediegene Ensembles. Meister, Angestellte und Arbeiter ziehen in Doppel- und Reihenhäuser. Barth legt den Stadtgrundriss so an, dass die Rangunterschiede auch im Straßenbild zur Geltung kommen. Es gibt bevorzugte größePRÜFENDER BLICK Karl Barth, der Erbauer der Gartenstadt Leuna, nimmt in der Saalestraße sein Werk mit kritischem Blick, aber zweifellos auch stolz in Augenschein. FOTO: LHASA ❱❱ England gab Ausschlag Die Gartenstadt-Bewegung ist ein Teil der Transformation der Stadt unter dem Einfluss der Industrialisierung. England gab den Ausschlag mit den ersten Arbeitersiedlungen im Dunstkreis ihrer Fabriken, aber auch der Franzose Charles Fourier träumte schon 1829 von „Le Nouveau Monde Industriel“ als idealer Gemeinschaft, die er sich freilich in einem Schlossbau nach Art von Versailles vorstellte. Der Moloch Großstadt mit seinem ungebremsten Bevölkerungswachstum verlangte nach re und kleinere Plätze, und die herrschaftlicheren Villen stehen am Stadtrand oder am Endpunkt von Sichtachsen. Das Erbe dieser Idealstadt einer geradezu im absolutistischen Zeitalter verankerten „Moderne“ wurde nach der Wende in die Hände der Bewohner gelegt. Zwar war es im Ursprung Werkspolitik, die Mietzahlung langfristig in Eigentum münden zu lassen, war es doch im Interesse des Unternehmens, die Arbeitnehmer dauerhaft zu binden. ❱❱ Einheitssinn verloren Aber Krieg und DDR-Zeit verhinderten diese Entwicklung. Unter den Nach-Wende-Verhältnissen ging aber auch, wie in so vielen Siedlungen dieser Art, der Sinn für die gestalterische Einheit der Gartenstadt, ihrer Häuser, Straßen und Grünanlagen verloren. Die Stadt hat eine „Bau-Fibel“ aufgelegt, die um das Bewahren der gestalterischen Details wirbt, die Eigenheiten von Türen, Giebeln, Fensterrahmen, Dachziegeln, auf die einstigen Klappläden hinweist, den historischen Putz, die Straßen- und Wegebeläge, die Zäune und Hecken. Eine Bestandsaufnahme und die Grundsanierung der Häuser wurden gefördert, schließlich kam die Siedlung unter Denkmalschutz – der Erfolg war aber sichtlich beschränkt. Einigen mustergültig wieder hergestellten Fassaden steht ein Vielfaches an Entstellungen gegenüber, die weniger mit Eigensinn als mit der Verfügbarkeit von konfektionierter Baumarktware zu tun haben. Jedoch erinnert die Ausstellung in Barths Villa auch an das Kapitel der NS-Zeit, als Leuna zum Zentrum der Benzinproduktion aus Braunkohle und der Herstellung synthetischer Nahrungsmittel werden sollte. Unter neuen Vorzeichen wurde die Moderne zu Ende gedacht und vom letzten bürgerlichen Ballast befreit. Leuna sollte eine rasterartig geplante Industriemetropole werden, die fast ganz Merseburg und auch „Neu-Rössen“ unter sich begraben hätte. Unter anderem war es Karl Barth, der dafür die Pläne gezeichnet hat. Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg waren von extremen Gegensätzen bestimmt. Eine Revolution hatte stattgefunden, eine Räte-Republik war in München ausgerufen und niedergeschlagen worden, reaktionäre Militärs putschten gegen die junge Weimarer Republik. Auch in Mitteldeutschland, wo sich die Arbeiterschaft konzentriert hatte, gab es blutige Unruhen. Neben dem Anarchisten Max Hoelz trat hier der 1893 in Opperode bei Ballenstedt am Harz geborene Karl Plättner besonders in Erscheinung. Aber auch Weltverbesserer wie der Wanderprediger Gustav Nagel, GUSTAV NAGEL der 1874 in Wanderprediger und WeltverbesWerben nördlich von Stendal serer zur Welt gekommen war, barfuß durch Deutschland pilgerte und sich schließlich in Arendsee in der Altmark niederließ. Dort errichtete er eine Bade- und Tempelanlage, hielt Vorträge und verkaufte Fruchtsäfte. Er erfand auch eiKARL PLÄTTNER ne vereinfachte Arbeiter und Mitbegründer der RechtschreiKAPD bung und bewarb sich namens seiner „Deutschen Kristlichen Folkspartei“ um ein Mandat im Reichstag. Ein trauriges Ende hat es mit beiden, Nagel wie Plättner, genommen. Nagel wurde während und nach der NS-Zeit in die Nervenheilanstalt Uchtspringe bei Stendal eingeliefert, wo er 1952 auch starb. Plättner, der die „Kommunistische Arbeiter Partei Deutschlands“ (KAPD) mitgegründet hatte, war bis 1945 in verschiedenen Konzentrationslagern interniert. 1945, kurz nach seiner Befreiung, ist er gestorben. AMO 6/7 LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS ELBINGERODE „Große Pläne!“ im Überblick Das DIAKONISSEN-MUTTERHAUS Elbingerode – faszinierendes Zeugnis einer gelebten Idee Die Ausstellungsorte in Sachsen-Anhalt auf einen Blick - einige der Expositionen werden hier kurz vorgestellt. Empfohlene Routen finden Sie auf der Seite 11. Ausstellung im Forum Gestaltung läuft bis bis zum 11. Dezember, täglich von 12 - 18 Uhr, donnerstags von 12 bis 20 Uhr Nach dem Ersten Weltkrieg und dem Ende des Kaiserreichs entdeckt Magdeburg neue Gestaltung als Reagenz moderner städtischer Identität. Neben der Architektur setzen Reklame und Ausstellungswesen entscheidende Akzente. Der Bogen spannt sich von Bruno Tauts Aufruf zum farbigen Bauen bis zur weltweit rezipierten Deutschen Theater-Ausstellung 1927, von den Firmenzeichen und Ausstellungsgestaltungen Wilhelm Deffkes bis zu den Reklamesäulen und Plakaten von Walter Dexel und den Fotos des Bauhäuslers Xanti Schawinsky. FOTOS: CHRIS WOHLFELD (2), PETER WÖLK (2, REPRO), THOMAS RUTTKE, FRANK NEUMANN, FORUM GESTALTUNG MAGDEBURG, NACHLASS WALTER DEXEL, PLAKAT SPORTAUSSTELLUNG KARTE (S. 6/7): STIFTUNG BAUHAUS DESSAU Ausstellung bis zum 31. Oktober - Führungen nach dem Gottesdienst - von Mai bis Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat ab 11 Uhr - Um Anmeldung wird gebeten Das Hauptgebäude des Diakonissen-Mutterhauses in Elbingerode wurde 1932 bis 1934 nach Plänen von Godehard Schwethelm erbaut. Er nannte es sein „liebstes Kind“. Das Gebäude ist bis heute originalgetreu erhalten. MARAMM MAGDEBURG – Reklame - und Ausstellungsstadt der Moderne MAGDEBURG ❱❱ KONTAKT Unter den Birken 1, 38875 Elbingerode, Telefon: 039454/80 E-Mail: [email protected] Internet: www. neuvandsburg.de ❱❱ KONTAKT Brandenburger Straße 10, 39104 Magdeburg, Telefon: 0391/886 41 97 E-Mail: [email protected], Internet: www.forum-gestaltung.de DESSAU MERSEBURG GROSSE PLÄNE ! Moderne Typen, Fantasten und Erfinder MENSCHEN IN LEUNA – Fotokunst für das Werk WEITERE INFORMATIONEN RUND UM DAS PROJEKT „GROSSE PLÄNE !“ FINDEN SIE IM INTERNET AUF: Ausstellung im Kulturhistorischen Museum Schloss Merseburg, bis zum 31. Oktober täglich von 9 – 18 Uhr Die nahe Merseburg errichteten Leuna-Werke beschäftigten eigene Werksfotografen. Rund 120 Fotografien aus den Jahren 1916 bis 1928 zeigen eindrucksvolle Bilder des Betriebes und arbeitender Menschen. ❱❱ KONTAKT Domplatz 9, 06217 Merseburg Telefon: 03461/40 13 18 E-Mail: [email protected] Internet: www.saalekreis.de www.bauhaus-dessau.de/grosse-plaene.html Ausstellung in der Stiftung Bauhaus Dessau geöffnet bis zum 6. Januar, täglich von 10 – 17 Uhr Die Ausstellung in Dessau-Roßlau geht über das Bauhausgebäude hinaus und reicht in die Region hinein. Mit den Verbundausstellungen wird Sachsen-Anhalt als Modellgebiet und Themengelände gezeigt. ❱❱ KONTAKT Gropiusallee 38, 06846 Dessau-Rosslau Telefon: 0340/650 82 50 E-Mail: [email protected] www.bauhaus-dessau.de ODER DIREKT ÜBER DEN NEBENSTEHENDEN QR-CODE HALLE QUEDLINBURG Informationen über das Reiseland Sachsen-Anhalt, erhalten Sie auf: www.sachsen-anhalt-tourismus.de/kultur/ das-bauhaus „100 JAHRE LEUNA – Alltag, LEUNA Krisen, Welterfolge“ Die LYONEL-FEINIGER-GALERIE Quedlinburg – Werkschau des berühmten Bauhäuslers Vom 25. Juni bis 19. September zeigt die Feininger-Galerie für grafische Künste die Schau „Bauhaus am Schlossberg. 30 Jahre Lyonel-Feininger-Galerie“. Mi-Mo, feiertags 10-18 Uhr 2016 jährt sich nicht nur der 60. Todestag des amerikanischen Malers Lyonel Feininger, sondern auch zum 30. Mal die Gründung der Feiniger-Galerie, die dem Bauhäusler Hermann Klumpp zu danken ist. ❱❱ KONTAKT Schlossberg 11, 06484 Quedlinburg Telefon: 03946 / 689 59 30 E-Mail: [email protected] Internet: www.feininger-galerie.de Bis zum 31. Oktober Fr bis So 10 – 18 Uhr Kulturhistorisches Museum Merseburg (Schloss) Im 1916 gegründeten Ammoniakwerk Merseburg (Leuna-Werke) wurde von Beginn an chemische Forschung großtechnisch in Massenproduktion umgesetzt - natürlich spielte auch der Krieg eine Rolle dabei. Das riesige Werk veränderte nicht nur Merseburg und Mitteldeutschland, seine Produkte – zunächst Sprengstoff, später Düngemittel, Braunkohle-Benzin und Polyethylen – spielten in der Geschichte des 20. Jahrhunderts auch über Deutschland und Europa hinaus eine zentrale Rolle. Die Ausstellung informiert über Entstehung und ❱❱ KONTAKT Entwicklung dieses Domplatz 9 (Schloss) bedeutenden Indust06217 Merseburg riestandorts und seiTelefon: 03461/40 13 18 ne Auswirkungen auf E-Mail: museum.schloss.merdas Leben in der [email protected] on Leuna-Merseburg. Internet: www.saalekreis.de Die TEXTILKUNST an der Burg Giebichenstein in den 1920er Jahren Zu sehen im Kunstverein Talstrasse e.V. vom 11. August bis zum 20. November. Mittwochs bis freitags geöffnet von 14 bis 19 Uhr, an den Wochenenden von 14 bis 18 Uhr. Im Mittelpunkt stehen die hallesche Textilkunst und der Einfluss des Bauhauses. Zudem wird an Jean Lurçat erinnert, dessen Werke Mitte der 1950er Jahre erstmals in Deutschland zu sehen waren. ❱❱ KONTAKT Talstraße 23, 06120 Halle Telefon: 0345/550 75 10 E-Mail: [email protected] Internet: www.kunstverein-talstrasse.de LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS 8 ❱❱ VOR ORT Die Künste lassen Halle leuchten IN In den späten 1920er Jahren stand Halle bei den Bauhäuslern hoch im Kurs. „Halle is the most delightful town“, die herrlichste Stadt, schwärmte Lyonel Feininger. Oskar Schlemmer lobte das Leben vor Ort. Mehr Kunst, mehr Kultur, mehr Austausch als in Dessau oder in Weimar. Die Moderne gehörte zur Stadt auf eine unangestrengte Weise. Das ist bis heute nachzuerleben: im Kunstmuseum Moritzburg und in der Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Die Moritzburg-Galerie verdankt ihren Ruf Max Sauerlandt. 1908 wurde der Kunsthistoriker von Hamburg weg nach Halle geholt, wo er das 1885 gegründete Museum für Kunst und Kunstgewerbe für die Avantgarde öffnete. Er war es, der 1913 den ersten Ankauf eines Gemäldes von Emil Nolde für eine öffentliche Sammlung in Deutschland durchführte. Im Torturm-Atelier arbeitete Lyonel Feininger von 1929 bis 1931 an seinem Zyklus von elf Halle-Bildern, von denen heute drei in der Moritzburg zu sehen sind - neben der „Brücke“-Sammlung Gerlinger. Was Sauerlandt für die Galerie, war Paul Thiersch für die Kunsthochschule. Die entwickelte der Münchner Architekt PAUL von 1915 an THIERSCH aus der Städti„Vater“ der Burg Giebichenstein schen HandFOTO: BURG ARCHIV werkerschule. Im Gegensatz zum Bauhaus war die „Burg“ der 1920er Jahre vor allem eine Stätte des Kunsthandwerks, nicht der Produktgestaltung für die Industrie. Unweit der Hochschule findet sich heute die Galerie des Kunstvereins Talstraße. Unter dem Titel „Eros & Apokalypse“ präsentiert das Haus bis 24. Juli eine Schau mit Werken von Rudolf Schlichter, einem Maler der Neuen Sachlichkeit. CEG LYONEL FEININGER 1932 mit einem der von ihm selbstgebauten Segelbootmodelle. Endstation Harz Was Feininger 1937 in Deutschland zurückließ, bildet den Kern der Feininger-Galerie in Quedlinburg. VON CHRISTIAN EGER F eininger hat Quedlinburg nie besucht. Jedenfalls ist kein Hinweis überliefert. Um so mehr erstaunt die Tatsache, dass sich in einer Stadt, die Feininger nie gesehen hat, eine der größten Kollektionen seiner Kunst befindet. Rund 1 000 Werke insgesamt. Druckgrafiken vor allem, aber auch Aquarelle, Zeichnungen, einige Gemälde, darunter das „Selbstporträt mit Tonpfeife“ von 1910. Dass das so gekommen ist, hat persönliche und politische Ursachen. Die führen zurück in die 1920er Jahre, zurück nach Dessau, wohin der Deutsch-Amerikaner Lyonel Feininger 1925 gemeinsam mit dem Bauhaus gezogen war. Feininger, 1871 in New York geboren und 1887 seinen Musiker-Eltern nach Deutschland gefolgt, gehörte von Anfang an der Schule an, die man heute als Fachhochschule führen würde. Der Maler, der den von ihm gepflegten Kubismus „Prismaismus“ nannte, war ein Bauhäusler der ersten Stunde. Mit entsprechenden Vorrechten. Hatte Feininger in Thüringen noch die Druckwerkstatt leiten müssen, konnte er in Dessau als „Meister“ ohne Lehrverpflichtung ganz seinen Interessen folgen. Ein „artist in residence“, der mit seiner Berühmtheit kulturbetriebliche Aufmerksamkeit und Schüler anzog. Zu diesen gehörte der Quedlinburger Hermann Klumpp (19021987). Am Bauhaus studierte der promovierte Jurist von 1929 bis 1932 bei Mies van der Rohe Architektur. Nebenbei schrieb er ein Buch über Feininger, Kandinsky und Klee, das 1932 unter dem Titel „Abstraktion in der Malerei“ im Deutschen Kunstverlag erschien. Der Kontakt zu Feininger war unausweichlich. Und schnell familiär. Klumpp wohnt auf Zeit bei den Feiningers, er begleitet den Maler an FOTOS: PA/DPA; FEININGER GALERIE ein erster Prozess, der 1976 endet: 49 Gemälde reisen aus nach Amerika, drei gehen an die Ostberliner Nationalgalerie. Mit der Dauerleihgabe der Grafik-Sammlung ermöglicht Hermann Klumpp 1986 die Gründung der Feininger-Galerie in Quedlinburg. 2007 kommt es zu einem letztgültigen Vergleich mit den Feininger-Erben: 200 Papierarbeiten verlassen Deutschland. - Die heute von dem Kunstwissenschaftler Michael Freitag geleitete Galerie präsentiert MIT TONPFEIFE sich als ein „MuDas Selbstbildnis seum für Grafivon 1910 hatte sche Künste“, Feininger verwordas von Feininfen. Es wurde aus ger aus die Welt dem Müll gerettet. von Zeichnung, Druck und Padie Ostsee. Er verehrt. Und hilft. pier erfasst. Dass es tatsächlich der Darauf sind die Feiningers nach Harz war, in dem Feininger 1918 1933 angewiesen. 1937 emigriert seine ersten Holzschnitte fertigte, die Familie nach Amerika. 64 Ge- empfiehlt den Standort inhaltlich. mälde, die alsbald als „entartet“ Hinzu kommt, dass Feininger, den gelten, lassen sie in Quedlinburg Paul Westheim 1917 den „Spitzweg bei Hermann Klumpp zurück, zu- des Kubismus“ nannte, eine tiefe dem Möbel und Grafiken. Klumpps Liebe zur deutschen Provinz hegte. Fehler: Er trifft mit dem Freund „Immer alt, immer charaktervoll“, keine juristisch eindeutigen Verfü- notierte er über die Dörfer bei Weigungen. Was ist treuhänderisches mar. „Es gibt Kirchtürme in gottGut, welcher Teil „Besitz“ oder „Ei- verlassenen Nestern, die mit das gentum“? Lyonel Feininger stirbt Mystischste sind, was ich von soge1956 in New York. Seine Frau 1970. nannten Kulturmenschen kenne.“ Nach dem Tod der Mutter klagen Die Dauerausstellung ist handdie Söhne den Quedlinburger verlesen. Und sie bietet nicht nur Nachlass ein. In Halle beginnt 1974 Kunst wie das Gemälde „Vollersro- da I“. In der Galerie steht die Staffelei, auf der Feininger um 1930 seine Halle-Bilder malte, sein ausladender Grafikschrank, eines der vielen Modellboote, die er gebaut hatte, eine Kollektion der von ihm geschnitzten Spielzeughäuser: „Die Stadt am Ende der Welt“, die wie Quedlinburg anmutet. Feininger ist immer auch ein Romantiker geblieben. Ein Maler mit Sinn für Landschaft, Humor, Melancholie. Jede seiner Schaffensphasen ist in Quedlinburg mit Werken belegt, das neuerdings gezeigte Skizzenbuch von 1905 inklusive. Vom 24. Juni an zeigt die Galerie aus Anlass ihres 30-jährigen Bestehens die Sammlung Klumpp neu. Im Bauhaus-Jahr 2019 will man sich der Künstlerfamilie Feininger widmen: nicht nur den allbekannten Söhnen T. Lux und Andreas, sondern auch der zweiten Feininger-Ehefrau Julia und Lore, Tochter aus der ersten Ehe, eine Avantgarde-Fotografin der 30er Jahre. Doch bei aller Schönheit des Hauses und seiner Sammlung: Ohne die Vertreibung des Künstlers würde es diese Galerie nicht geben. Das Glück der Kollektion verdankt sich einem persönlichen Unglück. Eine ausführliche Dokumentation dieser Herkunft wäre deshalb geboten. Sollte Feininger „Große Pläne“ in Deutschland gehegt haben, endeten diese 1937. Auch davon erzählt Quedlinburg. Beckett sucht Feininger 1936 reist der Autor nach Halle, um die verfemte Kunst zu sehen. Einmal fort aus England. Einmal eine Auszeit nehmen. Im Herbst des Jahres 1936 fasst der Schriftsteller Samuel Beckett (1906-1989, „Warten auf Godot“) den Entschluss, die Insel hinter sich zu lassen, um endlich einmal Deutschland zu sehen. Der Ire mit britischem Pass, der 1969 den Literaturnobelpreis erhalten soll, hegt ein leidenschaftliches Interesse für die bildende Kunst. Vor allem für die Maler von Brücke, Blauer Reiter und Bauhaus. „Good Feininger“ allen voran. Von Dresden her trifft Beckett am 22. Januar 1937 in Halle ein. Am Morgen darauf besucht er die „Schreckenskammer“ der Galerie Moritzburg. Die 1935 zu ideologischen „Schulungszwecken“ eingerichtete Schau auf dem Dachboden des SAMUEL BECKETT Irischer Autor und Nobelpreisträger FOTO: PA/DPA Ostflügels zeigt die aussortierten Arbeiten von Heckel, Klee, Marc, Kokoschka, Kandinsky und Feininger. Nach Zahlung eines zusätzlichen Eintrittsgeldes hat sich jeder Gast mit Namen und Adresse in das Besucherbuch einzutragen. Dieses Buch hat sich bis heute erhalten - und es zeigt Becketts Eintrag. Der zog weiter, um Felix Weises Expressionisten-Sammlung zu besichtigen. Von Halle aus reist Beckett nach Erfurt und Weimar, am 26. Januar besucht er „in dichtem Schnee und sterilisierender Kälte“ Naumburg, um den „stupenden“ Dom zu besichtigen. Über die Nazi-Deutschen schreibt er: „Sie müssen bald kämpfen (oder platzen)“. Bis heute sind Becketts „German Diaries“ nur in Auszügen bekannt. CEG LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS VON GÜNTER KOWA W Gebaute Utopien enn einer „Große Pläne“ hatte, dann war es der junge Bruno Taut. Das Staunen war groß, als Magdeburgs neuer, 1918 gewählter SPD-Oberbürgermeister Hermann Beim ausgerechnet ihn zum Stadtbaurat ernannte, der bis zu seinem Amtsantritt im Mai 1921 entweder als Fantast verschrien oder als Utopist bewundert worden war. Taut wollte die Welt verändern, wenn auch vorerst nur auf dem Papier. 1904 schreibt er in „Natur und Kunst“ noch spätromantisch: Bauen ist das Abbild der Herrlichkeit des Waldes. „Der Architekt muss Künstler sein“, sagt er 1913 vor der Deutschen Gartenstadtgesellschaft. 1917 fantasiert er in der „Stadtkrone“, das „höchste Bauwerk“, das „als reine Architektur über dem Ganzen (der Stadt) thront.“ 1918 will er in „Alpine Architektur“ ganze Berge umbauen. 1919 fordert er die „Auflösung der Städte“. Es ist aber ein fast spirituelles Bauwerk, mit dem er sich ins Bewusstsein TRAUMSTADT weiter Kreise Die Fassaden eieinschreibt. 1914 ner 1904-1916 in findet in Köln die Magdeburg-SuAusstellung des denburg errichteDeutschen Werkten Häuserzeile bundes statt. stattete Carl Krayl Und obwohl sie 1922 unter Bruno einen Tag nach Tauts Leitung mit Kriegsbeginn abeiner Bemalung rupt geschlossen aus, die 1995 reswird und Tauts tauriert wurde. Beitrag so aus Nur in Fotos überdem Rahmen liefert: Das visiofällt, dass ihm näre „Glashaus“, nur ein Platz am das Taut 1914 für Rand zugewiesen die Kölner Werkwird, ist die Rebund-Ausstellung sonanz enorm. entwarf. Sein Glashaus FOTOS: ULLSTEINBILD/PA mit spargelförmiger Kuppel auf einem geschwungenen Betonsockel war als die Produktschau der Glasindustrie annonciert, hatte aber keinen praktischen Gebrauchswert, sondern war ein mit Mystik und Symbolik aufgeladenes Ideen-Bauwerk. Noch in der unmittelbaren Nachkriegszeit stand Taut unter Architekten keineswegs allein, die der Meinung waren, das Bauen müsse die Menschheit auf eine neue geistige Stufe heben und nicht nur Bedürfnisse erfüllen. Im Berlin der schen Korrespondenz zusammen Arbeiter- und Soldatenräte im No- fanden. Viele der Namen sind vervember 1918 schmiedete Taut den gessen, aber Carl Krayl gehörte da„Arbeitsrat der Kunst“, um der Idee zu, Tauts Amtskollege in Magdevon der durch Kunst erneuerten Ge- burg, Hans Scharoun und Walter sellschaft Nachdruck zu verlei- Gropius – der allerdings zur Korrehen – unter Führung der Architek- spondenz nichts beitrug. Die „Gläserne Kette“ schwebte in tur. Ein Jahr später fand sich aus dem Kreis der beteiligten Architek- vollkommen entrückten Sphären, ten eine Gruppe zusammen, die im Naturempfinden, Weltenraum, sich unter dem Namen „Gläserne Urkristall, „Rauschtraum“. Aber es Kette“ zu einer geheimbündleri- war irgendwann genug: „Ich will Der Weg des Architekten und Planers Bruno Taut vom Fantasten zum Stadtbaurat in Magdeburg jetzt nicht mehr Utopien zeichnen, Utopien in principio, sondern höchst handgreifliche“, heißt es in einem der letzten „Ketten“-Briefe Tauts. Da kam der Ruf aus Magdeburg gerade recht. Taut war auf zwölf Jahre ernannt, blieb aber kaum drei Jahre lang. Die Inflation machte das, was er konkret an „Großen Plänen“ für die Stadt entwarf, unerreichbar. Nur ein Entwurf aus seiner Hand ist Wirklichkeit geworden, die Viehmarkthalle, von ihm „Halle Stadt und Land“ genannt. Sie war im rhombusförmigen Entwurf noch beeindruckender als in der rechtwinkligen Ausführung mit kühn gewölbten Stahlbetonstreben, aber 1958 entstellte der Umbau zur Sporthalle das Oberlicht und andere prägende Elemente. Obwohl Taut parteipolitische Vereinnahmung verweigerte, wusste der instinktsichere Sozialdemokrat Beims das Charisma Tauts sehr wohl zu nutzen und stellte seine Partei als die heraus, die mit Leuten wie Taut den Imagewandel Magdeburgs vom unscheinbaren „Stiefkind“ zur Idealstadt der Moderne bewerkstelligt. Zwar hatte die SPD, wie die Architekturhistorikerin Regina Prinz dargestellt hat, Taut ins Amt gehoben und unterstützt, er fand aber stets auch das Wohlwollen breiter bürgerlicher Kreise. Obwohl Taut schon 1924 in Berlin den Posten des Siedlungsarchitekten der Baugenossenschaft Gehag übernahm, hatte er dafür gesorgt, dass dieser Wandel weitergehen konnte. Er war in Magdeburg mit unermüdlichen Vorträgen, Diskussionsrunden und Zeitungsartikeln, aber auch mit seiner spektakulären Aktion des „Bunten Magdeburg“ zur Berühmtheit geworden – wobei allerdings seine zu abstrakter Malerei verwandelten Hausfassaden nicht nur auf Zustimmung stießen. Einige davon sind sogar in jüngster Zeit rekonstruiert worden. Vor allem hatte Taut in der Bauverwaltung fähige Kollegen eingesetzt, die seine, mittlerweile doch sehr am realen Leben orientierten Wohnungsbauprojekte fortführten. Die Siedlungen sind sein bleibendes Erbe, obwohl sie anderen Namen zuzuschreiben sind, Carl Krayl, Johannes Göderitz und Konrad Rühl vor allem. Auch diese Anlagen, die hinter dem Welterbe-Niveau von Tauts Berliner Siedlungen nicht zurückstehen, sind mittlerweile farblich aufgefrischt und wiederbelebt. Noch vor seiner Amtszeit hatte er als Architekt Einfluss genommen auf den Bau der „Gartenstadt-Kolonie Reform“, und blieb auch noch bis 1930 Architekt der Wohnungsgenossenschaft. Ein Programm intensiver Bauforschung und Restaurierung hat auch in der Siedlung Reform die Farbigkeit der Häuser wieder originalgetreu hergestellt, konnte aber eine Reihe von entstellenden Eingriffen nicht verhindern, die das Bild stören – durch Parkflächen anstelle von Vorgärten zum Beispiel. Als Magdeburgs einflussreichster Baurat die Stadt mit seinen Ideen und Vorstellungen zu einem Bewusstsein moderner Architektur führte, kam die ironische Bemerkung „Jetzt taut’s“ auf – auf den Straßen der „Reform“ taut es bis heute. 9 ❱❱ ZUR PERSON Frauen sollen am Webstuhl sitzen SO So sehr sie an die Moderne glaubten - in der Frauenfrage waren die Herren des Bauhauses ihrer Zeit nicht voraus. Walter Gropius schrieb 1921, es wäre am besten, wenn die Frauen sich mit textilen Arbeiten beschäftigen würden. Keinesfalls sollten sie Architektinnen werden. So wurde auch Gertrud Arndt (1903-2000) Weberin am Bauhaus. Als sie einen Architekten heiratete, wurde sie dessen Assistentin. Dass sie eine begabte Fotografin war, wurde erst 1979 bekannt. Eine, die es geschafft hat, war Gunta Stölzl (1897GUNTA STÖLZL 1983), die zwar Weberin, erste ebenfalls Webe- Meisterin am Bauhaus rin - aber auch die erste Bauhaus-Meisterin wurde. Und Edith Dinkelmann (18961984), die nach dem Architekturstudium in Braunschweig in Dessau arbeitete, legte sich mit Gropius an: Der von ihr entworfene Straßenzug an der Fichtenbreite sei nicht weniger großzügig, aber sparsamer als die Bauhaus-Siedlung in Dessau-Törten. AMO „Ohne einen Glaspalast ist das Leben eine Last“ Paul Scheerbart, Bruno Taut und das „Glashaus“: Visionen eines Bauens im Lichtglanz Das legendäre „Glashaus“ der Kölner Werkbund-Ausstellung war das Ergebnis von Tauts Zusammenarbeit mit einem noch reineren, weil literarischen Utopisten als ihm, dem Berliner Bohemien und Romancier Paul Scheerbart. Bei ihm gingen literarische Gestalt und reales Leben eine unauflösliche Einheit ein, die sich in vielen zeitgenössischen Schilderungen des zechfreudigen Wirts- und Kaffeehausphilosophen und seinem markerschütternden Lachen niederschlug – einer Heiterkeit von abgründiger Gesellschaftskritik allerdings. Scheerbart verfasste Lautgedichte und fantastische Romane, aber nichts verfolgte er mit größerer Leidenschaft als die halb absurde, halb ernst gemeinte Konstruktion des „Perpetuum mobile“ – quasi das nehmlich durch ein großes Licht, das Sinnbild seiner eigenen unerschöpf- den ganzen Raum erfüllte. Und der lich dynamischen Schaffenskraft – Myste empfand die Wirkung dieses und daneben die „GlasLichts so ungeheuerlich architektur“. Die überwältigend, dass er Schrift mit diesem Naauf die Knie sank ... men erschien 1914. Dieses große Licht ist Kennengelernt hatten der Kern der Mysterien. sich Taut und er schon Ihn wollen wir auch zwei Jahre zuvor, als heute noch festhalten Scheerbart „Das große und in unseren GlaspaLicht“ veröffentlicht lästen wieder zur Wirhatte. Das Buch war eikung bringen.“ ne Form von mystisch Die „Glasarchitektur“ überhöhter Architekwar eine Folge von turfantasie, die Taut zu durchnummerierten dieser Zeit geradezu Glaubens- und Bezwangsläufig zu kenntnissätzen, durchScheerbart hinführen mischt auch mit konPAUL SCHEERBART musste: „Die eleusinikreten BauanweisunDichter und Visionär, schen Mysterien im algen oder MaterialempFreund von Bruno Taut ten Hellas wirkten vorfehlungen. Heute liest FOTO: BDK man sie in einer Mischung aus Bewunderung für prophetischen Weitblick einerseits und Kopfschütteln über weltfremdes Spinnertum andererseits. Scheerbart hielt es für möglich, dass Glas alles traditionelle Baumaterial ablöst (den „Backstein“, den er wiederholt zum Gegensatz erhebt) und zur Modernisierung der Welt hinführt, nämlich zur Elektrifizierung, zur Energieeinsparung (mit „doppelten Glaswänden“) und zu einer neuen Ästhetik von Mobiliar aus Metall – andererseits aber prinzipiell farbig daherkommt und ein neues „Paradies auf der Erde“ schafft. Taut bat Scheerbart, die Essenz seines Buches in ein paar Merkverse zu fassen, die er auf die umlaufenden Gesimse des Glashauses anbringen ließ. In ihrer Verkürzung von Gedan- kensträngen im Buch haben die Reime etwas unfreiwillig Komisches („Ohne einen Glaspalast ist das Leben eine Last“) oder zugespitzt Simplistisches an sich („Das bunte Glas zerstört den Hass“), aber das Buch erhebt auch Anspruch auf eine Fortschrittsvision. Die beruht allein auf dem Verbund von Glas und Eisenbeton: Fabriken, Paläste, Domen, Villen aus Glas, und ganze Städte getaucht in ein „Farbenlichtmeer“. Zieht man den Mystizismus ab, hat Scheerbart das massenhafte Bauen in Glas und Stahl vorhergesehen und mit dem Siegeszug des elektrischen Lichts in Verbindung gebracht, das die Nacht zum Tag macht und den Himmel überstrahlt: „Die Observatorien muss man in stillen Bergschluchten bauen.“ GKO LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS 10 ❱❱ ZUR PERSON Autodidakt entwirft zwei Bauhäuser EIN Ein Architekt war er nicht, dennoch hat er die Baukunst des Bauhauses in Weimar und Dessau maßgeblich geprägt. Georg Muche entwarf 1922 jenes berühmte „Haus am Horn“ in Weimar, das stilprägend für die moderne Architektur werden sollte. Auch das Stahlhaus in Dessau, das Muche gemeinsam mit dem Gropius-Assistenten Richard Paulick – dem späteren Planer von Halle-Neustadt – 1925/26 entwickelte, war ein Versuch, den Wohnhausbau zu revolutionieren. Während das Musterhaus in der Goethe-Stadt zum Klassiker avancierte, kam das Stahlhaus wegen des ungelösten „Warm-KaltProblems“ über das Experimentalstadium nicht hinaus. Muches BeiGEORG träge zur ArchiMUCHE Bauhaus-Meister tektur müssen in Weimar und umso mehr Dessau FOTO: BPK überraschen, da der 1895 in Querfurt geborene und 1987 in Lindau am Bodensee gestorbene Künstler, Autodidakt war. Mit 17 verließ er die Schule ohne Abitur, ging nach München und, als ihn die bayerische Akademie als Studenten abgelehnt hatte, nach Berlin. Dort nahm ihn Herwarth Walden unter seine Fittiche. In dessen Galerie „Sturm“ erhielt Muche 1916 seine erste Ausstellung. Obwohl ohne Ausbildung, wurde der 21-Jährige im selben Jahr Lehrer für Malerei „Sturm“-Kunstschule. 1920 von Walter Gropius an das Bauhaus nach Weimar berufen, leitete Muche zunächst die Klasse für Holzschnitzerei, von 1921 bis 1927 die Webereiklasse. Im Jahr 1923 war er Vorsitzender des Ausschusses für die erste Bauhaus-Ausstellung, in deren Mittelpunkt das von ihm entworfene „Haus am Horn“ stand. KAG Wie vor 80 Jahren Das Mutterhaus der Diakonissen in Elbingerode von Godehard Schwethelm ist ein Gesamtkunstwerk. VON KAI AGTHE E s ist nicht Bauhaus, es ist Schwethelm.“ Das pflegte der Architekt Godehard Schwethelm zu entgegnen, wenn Besucher des von ihm entworfenen Diakonissen-Mutterhauses in Elbingerode Parallelen zur architektonischen Ästhetik der Weimarer und Dessauer Designschule zogen, sagt Reinhard Holmer. Der 59-jährige Theologe steht der Einrichtung als Direktor vor, ihm zur Seite Schwester Kerstin Malycha als Oberin. Unter allen Entwürfen sei der Gebäudekomplex des DiakonissenMutterhauses Schwethelms „liebstes Kind“ gewesen, weiß Holmer zu berichten. Daran habe der auf Krankenhausbauten spezialisierte Architekt, der in der Bundesrepublik lebte und seinen Lebensabend in der Schweiz verbrachte, bei Besuchen im Harz 1980 und 1983 immer wieder gern erinnert. Wer sich durch das DiakonissenMutterhaus in Elbingerode führen lässt – was bis einschließlich Oktober an jedem ersten Sonntag im Monat ab 11 Uhr möglich ist – wird verstehen, warum Schwethelm (1899-1992) besonders an diesem Entwurf hing: Zwischen 1932 und 1934 im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet, ist das Mutterhaus ein Gesamtkunstwerk, in dem Schwethelm – der zusammen mit seiner Frau Isolde auch das InnenDesign entwarf – nichts dem Zufall überließ: Vom Baukörper bis zu den Lampen und Türklinken – für alles zeichnete der junge Architekt verantwortlich. ❱❱ Begeisterter Landesvater Schwethelm hatte damals als Referenzobjekt die Heilstätte für an Tuberkulose erkrankte Kinder vorzuweisen, die nach seinen Entwürfen zwischen 1929 und 1931 im Städtchen Harzgerode errichtet wurde. Dass das Mutterhaus in Elbingerode nun ein Korrespondenzstandort der Ausstellung „Große Pläne!“ ist, hat eine Vorgeschichte, sagt Holmer. Noch in seiner Funktion als Wirtschaftsminister SachsenAnhalts war Reiner Haseloff (CDU) hier zu Gast. Später machte er auf einer Sommertour, nunmehr Ministerpräsident, Station in der Herberge, die ein Wohnhaus für die Schwesternschaft ist, aber auch Quartiergäste aufnimmt. Begeistert von der Anlage, sagt Holmer, habe Haseloff Claudia Perren, der Direktorin der Stiftung Bauhaus Dessau, empfohlen, sich Schwethelms Bau anzusehen. Die kam und war ähnlich fasziniert wie der Landesvater: „Ihr Haus ist die Ausstellung“, erklärte Perren dem Hausherrn im Vorfeld der „Große Pläne!“-Schau. Dennoch wird die Geschichte des Schwethelm-Baus in einer kleinen, sehenswerten Schau erläutert. Die Geschichte des Mutterhauses, das den Namen „Neuvandsburg“ trägt, beginnt im Ostpreußen des späten 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1900 ins westpreußische Vandsburg übersiedelt, mussten die deutschen Schwestern nach dem Ersten Weltkrieg den nun zu Polen gehörenden Ort verlassen. In Berlin gründeten sie 1920 die Schwesternschaft „Neuvandsburg“ und übernahmen ein Jahr später in Elbingerode das christliche Kurhotel. Zur Erinnerung an die weit im Osten liegenden Ursprünge der Schwesternschaft bekam das Schwethelm-Gebäude den Namen „Neuvandsburg“. „Es soll so dauerhaft wie möglich, so praktisch wie möglich und so ästhetisch wie möglich gebaut werden“, habe Schwethelm gesagt, als er der Direktion des Mutterhauses, damals wie heute aus einer Doppelspitze aus Direktor und Oberin bestehend, seine Pläne für den Neubau präsentierte. Die wurden weitgehend so umgesetzt wie von Schwethelm vorgeschlagen. Es war Schwester Klara Sagert (18841968), die damalige Oberin, die bei dem Projekt den Grundsatz vertrat: „Das Teuerste ist das Billigste.“ Soll heißen: Qualität hat ihren Preis, sorgt aber für eine hohe Wertbeständigkeit. Nach 80 Jahren zeigt sich: Die weitblickende Diakonisse hat Recht behalten. „Das Haus präsentiert sich wie zur Erbauungszeit“, sagt Pfarrer Holmer, dessen Direktorenbüro so erhalten ist, wie es Schwethelm entworfen hat, inklusive eines in die Wandtäfelung eingefügten Waschbeckens. KLASSISCH Das Hallenbad platzierte Schwethelm unter dem Kirchsaal. Als Zeichen seines Respekts stiftete der Architekt das Glasfenster im Treppenhaus. Der abgerundete Erker über dem mit „Neuvandsburg“ beschrifteten Haupteingang ist Teil des Büros der Oberin. FOTOS: CHRIS WOHLFELD ❱❱ Dampf fürs Hallenbad Die aus zwei Gebäuden bestehende Anlage bildet einen annähernd Lförmigen Grundriss. Das Haupthaus besteht aus einem fünfgeschossigen Stahlskelettbau mit Spaltklinkerverblendung und Flachdach. Der angeschlossene zweigeschossige Seitenflügel ist ähnlich konstruiert. Mit farbigen Klinkern und dynamischen Rundungen optisch hervorgehoben sind der Eingangsbereich, das rückseitig liegende Treppenhaus sowie der halbseitig geöffnete Säulengang im Erdgeschoss. Hinzu kommt, versteckt im abschüssigen Gelände, das sogenannte „Maschinenhaus“, mit dem seinerzeit Dampf erzeugt wurde, so dass sich das Haus autark mit Energie versorgen konnte. Da die Hochdruckkessel 24 Stunden arbeiteten, empfahl Schwethelm, den nachts anfallenden Dampf entweder für ein Gewächshaus oder ein Hallenbad zu nutzen. Da sich die Schwesternschaft für letzteres entschied, fügte der Architekt im Keller des Seitenflügels, in dem sich der Kirchsaal mit bis zu 450 Plätzen befindet, ein Schwimmbad ein, dessen Becken 20 Meter lang und sechs Meter breit und an seiner tiefsten Stelle drei Meter tief ist. Die Wände sind gelb, die Säulen braun gefliest. Besonders eindrucksvoll ist die äußere Stirnseite des Kirchsaals. Die fasziniert durch einen apsidialen Abschluss, dem wiederum zwei Rundbauten vorgesetzt sind, die, über eine Freitreppe und eine Ter- rasse zugänglich, den Haupteingang zum Kirchsaal bilden. Schwethelm war bei diesem Auftrag übrigens nicht nur der Nehmende, sondern auch ein Gebender: Das sich über alle Etagen ziehende Bleiglasfenster des Treppenhauses, in dem graue und grüne Glaselemente von schmalen blauen, orange-gelben und schwarzen Scherben ergänzt werden, war, wie eine in das Fenster eingearbeitete Widmung deutlich macht, ein Geschenk des Architekten und seiner Frau an die Schwesternschaft. LAND DER M O D E R N E BAUHAUS DAS Entdeckungsfahrten ROUTE 3 SIEDLUNGSBAU UND ARCHITEKTUR In den 1920er Jahren ist entschieden worden, wie sich Sachsen-Anhalt entwickeln wird - das stürmisch industrialisierte Land musste zu einem modernen Lebensraum entwickelt werden. In Leuna und Merseburg finden sich Zeugnisse davon, ebenso in Dessau und Magdeburg. Und Elbingerode hält eine hochkarätige Entdeckung bereit. Unterwegs auf drei Routen, die von der Stiftung Bauhaus empfohlen werden Sechs Korrespondenz-Standorte, die sich um den Nukleus, das Bauhaus Dessau versammeln das ist das Konzept von „Große Pläne!“. Mitarbeiter der Stiftung Bauhaus Dessau haben mehrere Reiserouten zusammengestellt, die sich als Angebote verstehen, sich die einzelnen Ausstellungen systematisch zu erschließen. Drei der Routen von fünf stellen wir Ihnen hier vor - auswählen müssen Sie selbst. Parallel dazu hat die Stiftung Bauhaus auch ein umfangreiches Begleitprogramm aufgelegt, das Sie zu thematischen Führungen oder Vorträgen in die „Salons der Großen Pläne“ einlädt. Burg Giebichenstein, Kunsthochschule Halle Neo Luna Park - Vergnügen suchen, Vergnügen gestalten, am 16. und 17. Juli (Jahresausstellung), 10 – 18 Uhr Magdeburg Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen Xanti Schawinsky, Retrospektive, 21. Juni bis zum 25. Sept., Di bis Fr 10 – 17 Uhr, Sa bis So 10 – 18 Uhr Kulturhistorisches Museum Merseburg 100 Jahre Leuna - Alltag, Krisen, Welterfolge, bis zum 31. Oktober Dessau Magdeburg Stiftung Bauhaus Dessau Große Pläne! Moderne Typen, Fantasten und Erfinder - bis zum 6. Januar 2017 Magdeburg Quedlinburg Halle Merseburg 9 Kulturhistorisches Museum Magdeburg Bunte Stadt – Neues Bauen. Die Baukunst von Carl Krayl, vom 28. Oktober bis zum 12. Februar, Di bis Fr 10 - 17 Uhr und Sa bis So 10 - 18 Uhr Leuna ROUTE 2 Dessau 38 HÖHENFLÜGE Feininger-Galer in Quedlinburg ie ASTIAN, BAUER Motorflugzeuge und Pilotenraketen - die 1920er Jahre waren eine Zeit der technischen Visionen. Auf dieser Reiseroute besuchen Sie in Dessau und Magdeburg die damaligen Wirkungsstätten der Luftund Raumfahrt-Visionäre. Beginnen Sie in Dessau, über dessen Stadtgebiet damals die Junkers-Maschinen dröhnten. Der Flugzeugtyp F 13 war das erste Passagierflugzeug aus Ganzmetall. Dessau FOTOS: ANDERS, SEB Halle – Anzeige – Merseburg Elbingerode Quedlinburg Lyonel Feininger: Paris 1912, Die Rückkehr eines verschollenen Gemäldes, 24. Oktober bis zum 29. Januar, Mo, Di, Do bis So und feiertags 10 – 18 Uhr Diakonissen-Mutterhaus Das Diakonissen-Mutterhaus – Bleibendes Zeugnis einer gelebten Idee, bis zum 31. Oktober 14 Hier liegt der Schwerpunkt auf Menschen mit Eigenarten: Beginnen Sie Ihre Tour zu den Fantasten und Visionären im Technikmuseum „Hugo Junkers“ in DessauRoßlau. Von dort bis zum Bauhaus Dessau ist es nur ein Katzensprung. Halle, Merseburg und Leuna könnten sich anschließen - falls Sie nicht zuvor über Elbingerode und Quedlinburg nach Magdeburg reisen wollen. Halle Kunstmuseum Moritzburg Halle Stadt Leuna - Gartenstadt 100, 29. März — 17. September Elbingerode 2 6 MODERNE TYPEN Lyonel-Feininger-Galerie. Museum für grafische Künste 80 Jahre Feininger in Quedlinburg. 1936 – 1956 – 1986 – 2016. 30 Jahre Lyonel-Feininger-Galerie, vom 25. Juni bis zum 19. September Leuna SachsenAnhalt ❱❱ Weitere Reisetipps finden Sie auf: www.grosse-plaene.de/reiserouten ROUTE 1 11 Stiftung Bauhaus Große Pläne! Moderne Typen, Fantasten und Erfinder, bis zum 6. Januar Technikmuseum „Hugo Junkers“ Hugo Junkers. Visionär, Erfinder, Unternehmer, Förderer der Moderne bis zum 31. Oktober, täglich 10 – 16 Uhr Magdeburg „Hugo Technikmuseum au ss De in s“ Junker Hochschul GiebichensteienBurg in Halle Technikmuseum Magdeburg Magdeburger Pilotenrakete, Himmelsstürmer, Visionäre, Erfinder - Dauerausstellung, bis zum 31. Oktober Di bis So 10 – 17 Uhr, vom1. November bis zum 31. März: Di bis So 10 – 16 Uhr – Anzeige – – Anzeige – – Anzeige – Die Burg der Moderne Die Moritzburg in Halle (Saale) steht für 500 Jahre Baugeschichte und 130 Jahre Museumsgeschichte. Sie ist nicht mehr Burg und noch nicht Schloss und beherbergt seit 1904 das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt. gründete Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe. Zu diesem Zweck wurde ab 1904 das ehemalige Talamt – Sitz des Salzgrafen, des Vogtes der erzbischöflichen Verwaltung, später Sitz der Pfännerschaft, der Besitzer der halleschen Salzquellen – in der Burg als Ausstellungshaus für das Museum in einem historisierenden Nachbau errichtet. Noch heute enthält dieser Gebäudeteil die wertvollen originalen historischen Repräsentationsräume, das Festzimmer und das Gerichtszimmer, einzigartige Beispiele der Raumausstattung um 1600. Bis 1913 entstanden unter dem ersten Direktor des Museums, Max Sauerlandt, als Erweiterung des Museums neue Räumlichkeiten zwischen Talamt und Eingangstorturm. In Letzterem hatte 1929 bis 1931 Lyonel Feininger ein Atelier und schuf seinen weltberühmten Halle-Zyklus. Unter Max Sauerlandt und seinem Nachfolger Alois Schardt entstand bis 1933 neben den historischen Sammlungen eine Kunstsammlung zur Moderne, die die Moritzburg zu einem der wichtigsten deutschen Museen machte. Die Kunst- und Kulturpolitik der Nationalsozialisten bereiteten dieser Entwicklung mit der Aktion „Entartete Kunst“ ein jähes Ende. Nahezu die gesamte Sammlung der Moderne fiel ihr zum Opfer. Nach dem Krieg versuchte man, Werke der klassischen Moderne nach Halle zurückzuholen, was in einigen Fällen gelang, aber erst nach 1990 durch gezielte Rückerwerbungen fortgeführt werden konnte. Mit der Sanierung des Talamtes um 2000 erwuchs auch der Traum von einer musealen Nutzung des nach wie vor ruinösen Westflügels wie auch des Nordflügels der Moritzburg. 2008 konnten diese beiden Gebäudeteile nach Entwürfen des spanischen Architektenduos Sammlungspräsentationen im Westflügel Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano ihrer musealen Bestimmung übergeben werden. Seitdem verbindet die Moritzburg Baukunst vergangener Epochen mit architektonischen Visionen des 21. Jahrhunderts. Im Inneren zeigt das Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt in schwebenden Kuben und weiten Sälen in wechselnden Präsentationen die eigenen Sammlungen vornehmlich aus Mittelalter bis Barock, dem 19. Jahrhundert, der Moderne und der Gegenwart sowie die einmalige Brücke-Sammlung von Professor Hermann Gerlinger. Mit weit beachteten Sonderausstellungen wie „Zurück in Amerika: Lyonel Feininger 1937–1965“ (2009), „Emil Nolde. Farben heiß und heilig“ (2013) oder der ersten deutschen Retrospektive des amerikanischen Fotografen Nickolas Muray (2015) macht das Museum immer wieder auf sich aufmerksam. Gemäldesammlung 18.–21. Jahrhundert Grafisches Kabinett 15.–21. Jahrhundert Sammlung Plastik 12.–21. Jahrhundert Sammlung Fotografie 19.–21. Jahrhundert Sammlung Kunsthandwerk 700 v. Chr.–21. Jahrhundert Landesmünzkabinett vormünzliche Zahlmittel, Münzen, Papiergeld und Medaillen von der Antike bis in die Gegenwart Sammlung Hermann Gerlinger ca. 1.000 Werke der Künstlervereinigung Die Brücke Nachlass Einar Schleef der bildkünstlerische Nachlass des Regisseurs und Schriftstellers mit ca. 7.000 Gemälden und Arbeiten auf Papier Kunstbibliothek ca. 80.000 Titel Innenhof der Moritzburg mit Blick auf Nordflügel und Foto: © Marcus-Andreas Mohr Maria-Magdalena-Kapelle, Foto: © Falk Wenzel Félix Vallotton: La Blanche et la Noire, 1913, Hahnloser/Jaeggli Stiftung, Winterthur, Foto: Reto Pedrini, Zürich HALLE KUNSTMUSEUM MORITZBURG SAALE www.magiedesaugenblicks.com Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) Ernst Ludwig Kirchner: Im Park (Ausschnitt), 1906, Öl auf Karton auf Hartfaser aufgezogen, 49,5 x 70 cm, Foto: Archiv Gerlinger Die spätgotische Vierflügelanlage wurde um 1500 auf Geheiß Ernsts von Sachsen als Residenz der Erzbischöfe von Magdeburg errichtet und markiert baugeschichtlich einen wichtigen Schritt zwischen Gotik und Renaissance. Von 1514 bis 1541 nutzte sie Kardinal Albrecht als Residenz und ließ sie prächtig ausstatten. Hier und im benachbarten Komplex von Neuer Residenz und Stiftskirche etablierte er sein sogenanntes Hallesches Heilthum. 1637 wurde das Ensemble durch einen Brand so schwer beschädigt, dass die Moritzburg über die nächsten Jahrhunderte in großen Teilen nur als Ruine existierte. Erst im ausgehenden 19. Jahrhundert begann mit der Weihe der Maria-Magdalena-Kapelle im Jahr 1899 die Wiedererrichtung des Nordflügels. Um 1900 beschloss die Stadt Halle (Saale) eine Nutzung des Südflügels für das 1885 ge- Wissenswertes zu den Sammlungen Die Sammlungen des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale) umfassen ca. 220.000 Objekte und erstrecken sich über einen Zeitraum von der Antike bis zur Gegenwart mit Schwerpunkt auf der Kunst des 19. bis 21. Jahrhunderts, darunter Werke von: Caspar David Friedrich, Carl Blechen, Anselm Feuerbach, Hans von Marées, Max Klinger, Max Slevogt, Lovis Corinth, Gustav Klimt, Max Beckmann, Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Emil Nolde, Otto Mueller, August Macke, Franz Marc, Wassily aLissitzky, Erich Buchholz, Walter Dexel, Georg Schrimpf, Christian Schad, Wilhelm Lehmbruck, Gerhard Marcks, Ernst Barlach, Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Willi Sitte, Bernhard Heisig, A. R. Penck, Hermann Glöckner, Hermann Bachmann, Herbert Kitzel, Moritz Götze, Horst Antes, Per Kirkeby, Ulrike Grossarth. SAM M LU N N G H E R MA N Édouard Henri Henri Pierre Die Sonderausstellung „Magie des Augenblicks. Van Gogh, Cézanne, Bonnard, Vallotton, Matisse. Meisterwerke aus der Sammlung Arthur und Hedy HahnloserBühler“ (noch bis 11. September 2016) bietet die einmalige Gelegenheit, eine einzigartige Sammlung zu erleben. Das Ehepaar Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler aus Winterthur bei Zürich trug zwischen 1906 und 1936 mit großem Sachverstand und viel Enthusiasmus eine Kollektion zeitgenössischer französischer Kunst zusammen. In ihrer Konzentration auf den Post-Impressionismus und Fau- Auguste Aristide vismus schlägt sie den Bogen von den Vätern der Moderne, wie van Gogh und Cézanne, über die Mitglieder der Künstlergruppe der Nabis, wie Bonnard, Denis, Vallotton, bis hin zu Arbeiten von Matisse und Marquet. Mit 160 Werken (Gemälden, Aquarellen, Pastellen, Zeichnungen, Druckgrafiken und Bronzegüssen) können die Besucher Meisterwerke jener Künstler kennenlernen, mit denen sich die jungen Expressionisten auseinandersetzten, deren Arbeiten dauerhaft im Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt zu sehen sind. Hier bietet die Gemäldepräsentation „Kraft des Odilon Paul Aufbruchs. Heckel, Kirchner, Mueller, Pechstein, Schmidt-Rottluff. Gemälde 1905–1964“ aus der Sammlung Hermann Gerlinger eine ideale Fortsetzung im Rundgang durch das Museum. Ab 10. Oktober 2016 läuft die Ausstellung „Gewebte Träume. Der Bildteppich in Mitteldeutschland. Reflexionen auf Jean Lurçat“ (bis 29. 01. 2017). Das Erlebnis der farbintensiven figurativen Gobelins des französischen Künstlers Jean Lurçat führte in den späten 1950er Jahren zu einer Neubelebung der Textilen Kunst in Mitteldeutschland. Die Ausstellung Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale), Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Friedemann-Bach-Platz 5 06108 Halle (Saale), Telefon +49 (0) 345 212 59-0, Fax +49 (0) 345 202 99 90, [email protected] Félix Albert Henri de Vincent Kerr-Xavier täglich 10–18 Uhr geöffnet Mittwoch geschlossen M U E LLE R Maurice zeichnet die Spuren nach, die die französischen Vorbilder in der Textilen Kunst der 1960er und 1970er Jahre in Mitteldeutschland hinterließen. Ab 24. Oktober 2016 zeigt das Museum die Ausstellung „Lyonel Feininger: Paris 1912. Die Rückkehr eines verlorenen Gemäldes“ (bis 29. 01. 2017). Im Mittelpunkt stehen das zerstört geglaubte Gemälde „An der Seine, Paris“ (1912) von Lyonel Feininger und Fragen, die sich um das rätselhafte Fragment ranken. Hinzu gesellen sich Werke des Künstlers, die typisch sind für seine stilistische Ausrichtung in der Zeit der Ent- R PE CH STE I R N S C H M I DT- E MÄ LD E OTT LU F F G 190 5 – 196 4 16 K TO B E R 20 2015 – 30. O T S U G U A . 30 I R CH N E R H EC K E L K Meisterwerke aus der Sammlung Arthur und Hedy Hahnloser-Bühler: Vuillard Cézanne Vallotton van Gogh Manguin Matisse Bonnard Rodin Maillol Redon Toulouse-Lautrec Marquet Roussel Denis G E R LI N G E stehung des Werkes vor dem Ersten Weltkrieg – Eine Kabinettausstellung mit besonderem Blick auf die Werkgenese, Werkintegrität und kunsttechnologische Aspekte innerhalb des Œuvres von Lyonel Feininger. In der Sammlung Hermann Gerlinger wird ab 6. November 2016 die Sonderpräsentation „Inspiration des Fremden. Die Brücke-Maler und die afrikanische Kunst“ gezeigt. Weitere Formate, unter anderm zum 100-jährigen Jubiläum der Leuna-Werke oder zum 75. Geburtstag des halleschen Künstlers Wasja Götze, runden das Ausstellungsjahr ab. www.kunstmuseum-moritzburg.de Für die kommenden Jahre sind Expositionen unter anderem zu Alexej von Jawlensky und Georges Rouaualt, zur künstlerischen Fotografie im wiedervereinten Deutschland und Gustav Klimt geplant. „Mit überregional wahrzunehmenden Sonderausstellungen und einer Stärkung der Sammlungen wollen wir in den kommenden Jahren das Renommee weiter ausbauen und vielen Menschen eindrucksvolle Stunden mit der Kunst an einem ganz besonderen Ort bescheren – der Burg der Moderne!“, so Thomas Bauer-Friedrich, Direktor des Kunstmuseums Moritzburg Halle (Saale). kunstmuseum-moritzburg.de
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