Bernhard Moshammer Lukas Tockner

04/2016
Bernhard Moshammer
Lukas Tockner
Mietensteigerungen in Wien und Österreich
1
Diese Studie basiert auf Mikrozensus-Sonderauswertungen der Statistik Austria für
die Arbeiterkammer Wien.
1. Hauptwohnsitze der Haushalte in Österreich
Eigentum
10%
Hauptmiete
49%
41%
Sonstige
Rechtsverhältnisse
In Österreich gab es 2014 3,77
Mio. Hauptwohnsitze 49% (1,87
Mio.)
davon
standen
im
Eigentum der Bewohner, 41%
(1,53
Mio.)
lebten
zur
Hauptmiete und 10% (367 Tsd.)
wurden
als
sonstige
Rechtsverhältnisse kategorisiert.
Sonstige
Rechtsverhältnisse
sind zur Untermiete sowie in
Dienst- und Naturalwohnungen
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Wohnende, sowie Verwandte von EigentümerInnen.
In dieser Studie werden die Hauptmietwohnungssegmente – Gemeinde,
Gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV)1 und private Vermieterinnen und Vermieter
– betrachtet. Sonstige Rechtsverhältnisse werden nicht berücksichtigt.
19%
Gemeindewohnung
41%
GBV-Wohnung
40%
Privat
Die
Analyse
erfolgt
nach
Gebäudeeigentümertyp.
Von den 1,53 Mio. Haushalten in
Hauptmiete lebten 19% in
Gemeindewohnungen, 40% in
Wohnungen
gemeinnütziger
Bauvereinigungen und 41% in
privaten Mietwohnungen.
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Rechtsverhältnis am Hauptwohnsitz in Österreich 2014
Wohnungseigentum
2,9%
Gemeindewohnung
1,0%
GBV
Privat
sonstige
B
Hauseigentum
70,2%
13,4%
3,7%
8,7%
K
52,0%
6,7%
3,8%
17,7%
10,0%
9,8%
NÖ
56,1%
7,5%
3,4%
13,9%
7,7%
11,4%
OÖ
45,3%
7,2%
1,0%
21,8%
9,9%
14,9%
S
36,9%
15,9%
1,4%
15,0%
19,1%
11,6%
St.
47,0%
11,7%
3,4%
13,2%
15,7%
9,0%
T
40,4%
16,7%
3,8%
9,9%
17,4%
11,8%
V
43,6%
16,8%
2,2%
9,5%
19,9%
8,0%
W
6,1%
13,7%
24,5%
19,4%
31,9%
4,4%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
1
Umgangssprachlich häufig als „Genossenschaftswohnungen“ bezeichnet.
2
In Österreich gibt es in punkto Wohnverhältnisse zwei Extrempole. Der
Eigentumsanteil (Haus- und Wohnungseigentum zusammen) ist im Burgenland mit
Abstand am höchsten, während er in Wien am niedrigsten ist. In Wien ist hingegen
der Anteil der Gemeindewohnungen mit 24,5% aller Hauptwohnsitze am höchsten.
Seit 2014 wird im Mikrozensus von der Statistik Austria ein neues
Hochrechnungsverfahren angewandt, die vergangenen Werte wurden bis 2004
zurückreichend revidiert. Die in vergangenen AK Studien dargestellten Werte können
somit von den hier genannten Zahlen abweichen. Des Weiteren sind die hier
dargestellten Werte nach Quadratmetern gewichtet, dies kann zu leichten
Abweichungen von den publizierten Daten der Statistik Austria führen, da diese
Durchschnittswerte ohne Gewichtungen verwendet.
Hauptwohnsitze der Haushalte in Wien 2014
4%
Eigentum
20%
Gemeindewohnung
32%
Hauptmiete
42%
GBV-Wohnung
Sonstige
Rechtsverhältnisse
76%
Privat
26%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
In Wien stehen nur 20% der Hauptwohnsitze im Eigentum ihrer Bewohnerinnen und
Bewohner. 76% der Wiener Haushalte wohnen zur Hauptmiete und rund 4% in
sonstigen Wohnverhältnissen. 2014 lebten 42% aller Hauptmiethaushalte in privaten
Mietwohnungen, 32% in Gemeinde- und 26% in GBV-Wohnungen.
In den nachfolgenden Auswertungen wird bei privat vermieteten Wohnungen nach
ihrem Errichtungsdatum unterschieden. Bei vor 1945 errichteten Wohnungen handelt
es sich um die umgangssprachlichen Altbauten. Für Sie gilt, bis auf einige wenige
Ausnahmen, das Mietrechtsgesetz (MRG) mit seinen Richtwertmieten.
2. Mietpreisentwicklung in Wien
Entwicklung der Bruttomieten in Wien (Euro pro Quadratmeter)
Die Bruttomiete setzt sich aus dem Nettohauptmietzins und den Betriebskosten
zusammen, zu dem enthält sie 10% Umsatzsteuer (USt.).
Bruttomieten pro m² in Wien im Hauptmietwohnungsbestand
GBV
Gemeinde
Privat ges.
Priv. vor 45
Priv. nach 45
Insgesamt
2014
6,48
6,25
8,02
7,42
10,02
7,09
2008
5,60
5,34
6,01
5,60
7,53
5,71
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
3
2014 haben die Wienerinnen und Wiener durchschnittlich 7,09 Euro Bruttomiete pro
Quadratmeter bezahlt. Gegenüber 2008 ist das ein Anstieg um 24% und somit
doppelt so hoch wie Steigerung des allgemeinen Preisniveaus (VPI) im
Vergleichszeitraum. Dieser Mietenanstieg ging vor allem vom privaten Sektor aus
(das wird sich auch bei der bundesweiten Betrachtung zeigen). In Wien stiegen die
Mieten bei den privaten Vermietern binnen sechs Jahren von 6,01 Euro pro
Quadratmeter auf 8,02 Euro pro Quadratmeter, ein Plus von 34%. Wenn auch von
unterschiedlichen Niveaus ausgehend, zeigen sich bei der Betrachtung des privaten
Sektors differenziert nach Alt- und Neubau beim Preisanstieg praktisch keine
Unterschiede.
Wien
2008 - 2014 Bruttomieten
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
34%
32%
33%
24%
16%
17%
12%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Im gemeinnützigen Segment betrug die durchschnittliche Bruttomiete 2014 6,48 Euro
pro Quadratmeter und ist damit in den letzten sechs Jahren um 16% gestiegen. Bei
den Gemeindewohnungen betrug der Anstieg mit plus 17% geringfügig mehr, als im
gemeinnützigen Segment. Die Mieten lagen mit durchschnittlich 6,25 Euro pro
Quadratmeter im Schnitt um 23 Cent pro Quadratmeter unter dem Niveau von
Wohnungen gemeinnütziger Bauvereinigungen.
Entwicklung der Bestandshauptmietzinse inkl. Umsatzsteuer in Wien (Euro pro
m²)
Priv. vor 45
Priv. nach 45
GBV Gemeinde Privat ges.
Insgesamt
2014 4,62
3,85
5,91
5,35
7,76
4,97
2008 3,85
3,29
4,14
3,80
5,41
3,82
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Der Anstieg der Bruttomieten wird von den Nettohauptmietzinsen getrieben (ein
Trend der sich übrigens auch bei der gesamtösterreichischen Betrachtung zeigen
wird). Im privaten Sektor stiegen die Hauptmieten in den letzten sechs Jahren um
43%, das ist mehr als drei Mal so stark wie die Inflationsrate. In punkto Anstieg lassen
sich im privaten Sektor auch kaum Unterschiede zwischen vor und nach 1945
errichteten Gebäuden ausmachen.
4
Am wenigsten stiegen, wenngleich immer noch über der Inflationsrate, die
Nettohauptmietzinse in Gemeindewohnungen, und zwar um 17%. Die Betriebskosten
können mit einem durchschnittlichen Plus von 12% als Preistreiber ausgeschlossen
werden.
Wien
2008 - 2014 Nettohauptmietzins
50%
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
43%
43%
41%
30%
20%
17%
12%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Mietniveau bei Neuvermietungen in Wien 2014/13
Bruttomieten bei Neuvertragsabschlüssen in Wien 2014/13 (Euro pro Quadratmeter):
GBV Gemeinde Privat ges. Priv. vor 45 Priv. nach 45 Insgesamt
Bruttomiete
7,09
7,74
10,69
10,33
11,24
9,46
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
In der Kategorie Neuvermietung werden bei der Statistik Austria nicht nur tatsächliche
Neuvermietungen, sondern auch Eintritte in bestehende Mietverträge2 erfasst. Das
tatsächliche Mietniveau nur für Neuverträge liegt somit über den oben angegebenen
Werten.
2014/13 lag der Bruttomietzins bei allen neu abgeschlossenen Mietverträgen in Wien
bei durchschnittlich 9,46 Euro pro Quadratmeter. Im privaten Sektor lagen die Mieten
zwischen 10,33 Euro pro Quadratmeter in Altbauten und 11,24 Euro pro
Quadratmeter in nach 1945 errichteten Gebäuden. Mieterinnen und Mieter von GBVWohnungen zahlten im Schnitt 7,09 Euro pro Quadratmeter und in
Gemeindewohnungen 7,7 Euro Miete pro Quadratmeter.
Neumieterinnen und Neumieter privater Wohnungen zahlen durchschnittlich 38,1%
mehr Miete als Neumieterinnen und Neumieter von Gemeindewohnungen.
2
Siehe § 12 und § 14 MRG
5
Anteil der Befristungen in Wien
Gesamt
Unbefristet
Befristet
Wien
Befristungen bei Bestandsverträgen (in Tsd.)
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
621
635
634
622
644
656
665
566
575
573
557
551
562
569
55
60
61
66
93
95
95
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
In absoluten Zahlen gab es 2014 um 44 Tsd. Haushalte mehr als 2008. Dieser
Anstieg erfolgt praktisch ausschließlich im Segment der befristeten Mietverträge.
Während sich die Zahl der unbefristeten Mietverträge in den letzten sechs Jahren um
0,5%, das sind 3 Tsd. Haushalte erhöhte, hat sich die Zahl der befristeten
Mietverträge mit plus 45 Tsd. (rd. 73%) fast verdoppelt.
Wien
Befristungen bei Bestandsverträgen
befristet
unbefristet
9%
9%
10%
11%
15%
14%
14%
91%
91%
90%
89%
85%
86%
86%
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Wie sich in obigem Balkendiagramm zeigt, steigt der Anteil befristeter Mietverträge
bei Bestandsverträgen stetig. Mittlerweile sind 14% aller Bestandsverträge befristet.
Da die Gemeinde Wien ausschließlich unbefristet vermietet und auch gemeinnützige
Bauvereinigungen in der Regel unbefristet vermieten wird dieser Anstieg vom
privaten Sektor getrieben.
6
in Tsd.
Gesamt
Unbefristet
Befristet
Wien
Befristungen bei privaten Neuverträgen (in Tsd.)
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
25,2 27,3
22,1
28,6 26,9 35,2 29,9
13,4 13,4
9,4
13,7 12,4 15,0 9,3
11,8 13,8
12,7 14,9 14,5 20,3 20,6
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Die Zahl der in Wien im privaten Sektor abgeschlossenen Neuverträge lag in den letzten sechs
Jahren zwischen 22,1 Tsd. 2009 und 35,2 Tsd. 2012. Die Zahl der unbefristeten Neuverträge hat mit
9,3 Tsd. 2013 den Tiefstwert in absoluten Zahlen erreicht. Gegenüber 2007 ist das ein Rückgang um
mehr als 30%. Im Vergleich dazu hat sich die Zahl der befristeten Neuverträge in sechs Jahren von
11,8 Tsd. 2007 auf 20,6 Tsd. 2013 fast verdoppelt.
Wien
Befristungen bei privaten Neuverträgen
befristet
unbefristet
53%
49%
43%
48%
46%
43%
47%
51%
57%
52%
54%
57%
2007
2008
2009
2010
2011
2012
31%
69%
2013
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Der Anteil befristeter privater Neuverträge nimmt, mit Ausnahme des Ausreißers 2009
stetig zu, trotz der im Zeitverlauf schwankenden Zahl der Neuvermietungen (siehe
oben). Noch 2007 war die Mehrheit aller im privaten Segment abgeschlossenen
Mietverträge unbefristete. Mittlerweile sind mehr als zwei Drittel aller im privaten
Sektor abgeschlossenen Mietverträge befristet.
3. Bestandsmieten in Österreich
Die Daten untermauern was viele Österreicherinnen und Österreicher schon geahnt
hatten: Die Mieten sind in den letzten Jahren deutlich stärker als die Inflationsrate und
die Löhne gestiegen!
7
Österreich
2008 - 2014 Brutto-, Nettohauptmietzins, Betriebskosten
30%
25%
25%
22%
20%
13%
15%
12%
13%
12%
10%
5%
0%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
In der obigen Abbildung sind der Anstieg der Bruttomieten, der Nettohauptmietzinse
(NettoHMZ), der Betriebskosten, der Verbraucherpreise, des Medianlohns und der
Baukosten (BKI) dargestellt. Die Bruttomieten sind in den letzten sechs Jahren um
durchschnittlich 22% angestiegen, während die Inflationsrate 12% betrug und die
Medianlöhne um 13% gestiegen sind. Die Baukosten sind im Vergleichszeitraum mit
12% ebenso stark wie die Inflation gestiegen und können somit als möglicher
Kostentreiber ausgeschlossen werden.
Mietensteigerungen in Österreich in den letzten sechs Jahren (Euro pro
Quadratmeter)
2008
2014
Anstieg
Bruttomieten
Betriebskosten
3
Nettohauptmietzinse
5,54
6,75
21,9%
1,63
1,84
13,4%
3,91
4,90
25,4%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Es zeigt sich, dass der Mietenanstieg praktisch ausschließlich vom
Nettohauptmietzins (+25%) ausgeht. Der Nettohauptmietzins lag 2014 bei
durchschnittlich 4,90 Euro pro Quadratmeter. Die Betriebskosten sind zwischen 2008
und 2014 um 13,4% von 1,63 Euro pro Quadratmeter auf 1,84 Euro pro
Quadratmeter gestiegen. Ein in etwa nur halb so starker Anstieg wie der des
Nettohauptmietzinses.
3
Betriebskosten im Sinne des § 21 MRG, das heißt Müllentsorgung, Wasser, Abwasser,
Verwaltungsgebühren, Versicherungskosten, Hausbetreuung und Ähnliches.
8
Entwicklung der Bestandsbruttomieten in Österreich (Euro pro Quadratmeter)
GBV
Gemeinde
Privat ges.
Priv. vor 45
Priv. nach 45
Insgesamt
2014
6,12
6,05
7,62
7,12
8,14
6,75
2008
5,25
5,09
5,97
5,50
6,52
5,54
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Österreich
2008 - 2014 Bruttomieten
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
28%
17%
19%
29%
25%
22%
12%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Wie die obige Grafik zeigt, haben sich die Bruttomieten in allen Segmenten deutlich
über der Inflationsrate entwickelt. Die Mieten in GBV- und Gemeindewohnungen
lagen 2014 mit 6,12 Euro bzw. 6,05 Euro Miete pro Quadratmeter unter dem
Durchschnitt von 6,75 Euro pro Quadratmeter. In den letzten sechs Jahren sind die
Mieten in diesen Segmenten jeweils um etwas weniger als einen Euro pro
Quadratmeter gestiegen. In Prozent betrug der Anstieg im gemeinnützigen Segment
17% und bei Gemeindewohnungen 19%. Im privaten Sektor hingegen sind die Mieten
in den letzten sechs Jahren um 28% angestiegen und liegen nun bei durchschnittlich
7,62 Euro pro Quadratmeter. Zwar ist das Mietniveau in vor 1945 errichteten
Gebäuden mit 7,12 pro Quadratmeter unter dem Durchschnitt dieses Sektors,
allerdings fiel der Anstieg mit 29% stärker aus als in nach 1945 errichteten
Mietwohnungen mit freiem Mietzins. Wer privat wohnt, zahlt im Durchschnitt 25%
mehr Miete als im gemeinnützigen Wohnbau.
9
Entwicklung der Nettomieten in Österreich
Österreich
2008 - 2014 Nettohauptmietzinse
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
36%
33%
29%
19%
25%
19%
12%
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Die Nettomieten stiegen zwischen 2008 und 2014 um durchschnittlich 25% und damit
mehr als doppelt so stark wie das Preisniveau. Am stärksten fiel der Anstieg bei privat
gemieteten Wohnungen, mit durchschnittlich 33%, aus und hier wiederum besonders
stark in vor 1945 (und unter die volle Anwendung des MRG fallenden) errichteten
Gebäuden mit 36%, aus.
Anteil der Befristungen in Österreich
Österreich
Befristungen bei Bestandsverträgen (in Tsd.)
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
203
208
210
231
265
272
287
Unbefristet
1.197
1.223
1.243
1.239
1.223
1.238
1.246
Gesamt
1.399
1.431
1.453
1.470
1.488
1.510
1.533
Befristet
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Von den 1,53 Mio. Hauptmieterinnen und Hauptmietern 2014, hatten 81 % (1,25 Mio.)
unbefristete und 19% (287 Tsd.) befristete Mietverträge. Zum Vergleich, im Jahr 2008
hatten noch 86% (1,2 Mio.) der Mieterinnen und Mieter unbefristete und 14% (203
Tsd.) befristete Mietverträge. In den letzten sechs Jahren hat der Anteil der
Befristungen somit um 5 Prozentpunkte zugenommen. Während zwischen 2008 und
2014 die Zahl der Mieterinnen und Mieter um 9,6% zunahm, stieg die Zahl derer, die
nur befristete Mietverträge haben um 34,2%. Da unbefristete Mietverträge nicht in
befristete Mietverträge umgewandelt werden können, geht dieser Anstieg nur von den
Neuvermietungen aus.
10
Österreich
Befristungen bei Bestandsverträgen
befristet
unbefristet
14%
15%
14%
16%
18%
18%
19%
86%
85%
86%
84%
82%
82%
81%
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
2013 wurden 90% aller lediglich befristeten Neuverträge im privaten Sektor
abgeschlossen. Viele Gemeinden und gemeinnützige Bauvereinigungen vergeben
fast ausschließlich unbefristete Mietverträge. Während 2007 noch 62% der neu
abgeschlossenen Mietverträge unbefristet und 38% befristet waren, waren 2013 nur
noch 55% der Neuverträge unbefristet und 45% der Neuverträge befristet. Somit hat
der Anteil der befristeten Neuverträge in sechs Jahren um sieben Prozentpunkte
zugenommen. Aus diesem Grund, wird nun auf die Befristungen im privaten Sektor
näher eingegangen.
Österreich
Befristungen bei privaten Neuverträgen (in Tsd.)
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013
Befristet
47,9
50,2
45, 45,7
54,2
52,5
62,5
65,0
Unbefristet
34,8
31,8
28,4
38,7
34,2
35,3
32,6
Gesamt
82,7
82,0
74,1
92,9
86,8
97,8
97,6
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Die Detailbetrachtung zeigt, dass die zunehmende Zahl befristeter Verträge vor allem
vom privaten Sektor ausgeht. Zwischen 2007 und 2013 nahm die Zahl der
Befristungen bei Neuverträgen um 9 Prozentpunkte zu. Waren 2007 noch 58% der
privaten Neuverträge befristet, waren es 2013 67%. Ein Trend der relativ unabhängig
von der Zahl der neu vermieteten Wohnungen ist.
Der Anteil befristeter Mietverträge bei Neuverträgen im privaten Sektor ist zwar in
nach 1945 errichteten Gebäuden weiterhin höher, allerdings ist der Zuwachs im
„Altbausegment“ stärker. Zwischen 2007 und 2013 hat der Anteil befristeter
Neuverträge in Altbauten um 11 Prozentpunkte von 53% auf 64% zugenommen, im
gleichen Zeitraum stieg dieser bei nach 1945 errichteten Gebäuden nur um 6
Prozentpunkte von 62% auf 68%. Zum Vergleich, der Anteil befristeter Mietverträge
bei Neuverträgen lag 2013 in Altbauten bei 64% während er in nach 1945 errichteten
Gebäuden bei 68% lag.
11
Österreich
Befristungen bei privaten Neuverträgen
befristet
unbefristet
42%
39%
38%
42%
39%
36%
33%
58%
61%
62%
58%
61%
64%
67%
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
Quelle: Statistik Austria, Mikrozensus
Konsequenzen/Schlussfolgerungen
Die Entwicklungen, die Tockner (2012) für den Zeitraum 2000 – 2010 festgestellt hat,
setzen sich fort. Die Mieten sind 2008 – 2014 wieder, und hier vor allem im privaten
Sektor, über der Inflationsrate gestiegen. Des Weiteren setzt sich die Zunahme des
Anteils befristeter Verträge im privaten Sektor ebenso fort.
Das hat nachteilige wirtschaftliche Konsequenzen für die Mieterinnen und Mieter. Sie
haben weniger Geld für andere Konsumausgaben zur Verfügung, was auch vom
gesamtwirtschaftlichen Standpunkt her als sehr problematisch zu werten ist. Gstach
(2005) schätzt, dass eine reale gesamtwirtschaftliche Mietensteigerung um 10% das
Konsumniveau um 2% reduziert. Für die Schätzperiode von 10 Jahren (1994 – 2004)
betrug der dadurch verursachte Konsumverlust 4 Mrd. Euro. Damals bedeutete 4
Mrd. Euro Konsumverlust laut Auskunft des WIFO einen Verlust von mind. 30.000
Arbeitsplätzen.
4. Zusammenfassung




Mieten steigen deutlich stärker als das Preisniveau
Weit überproportionaler Anstieg im privaten Sektor
Anstieg geht vom Nettohauptmietzins aus, Betriebskostensteigerungen nicht
maßgeblich
Zahl der Befristungen im privaten Sektor steigt dramatisch
Die Mieten sind in den Jahren 2008 – 2014 deutlich über der Inflationsrate gestiegen.
Besonders deutlich war der Anstieg im privaten Sektor. Im Wiener
Hauptmietwohnungsbestand lag der Anstieg bei GBV- und Gemeindewohnungen
leicht unter, im privaten Sektor hingegen deutlich über dem Bundesschnitt. Bei den
privaten Mietwohnungen in Wien haben die Nettohauptmietzinse binnen sechs
Jahren um durchschnittlich 43% zugenommen, während die Inflationsrate im gleichen
Zeitraum 12% betrug. Österreichweit stiegen die Bestandsnettohauptmietzinse um
durchschnittlich 25%, im privaten Sektor um 33%.
12
Beim Mietpreisanstieg zeigt sich kaum ein Unterschied zwischen Mietwohnungen in
privaten Altbauten und sonstigen privat vermieteten Wohnungen.
Die Betriebskosten sind im gleichen Zeitraum in etwa gleich stark wie die Inflation
gestiegen. Der Baukostenindex zeigt eine ähnliche Entwicklung. Betriebskosten und
Baukosten sind daher nicht für den starken Mietenanstieg verantwortlich.
Der starke Preisanstieg bei privaten Mietwohnungen unabhängig vom Errichtungsjahr
unterstreicht was auch schon Tockner (2015) und Rosifka und Postler (2010)
festgestellt haben: das MRG wird von Vermieterinnen- und Vermieterseite in der
Regel nicht eingehalten.
5. AK Forderungen
Das Ziel, leistbarer Wohnraum für alle ArbeitnehmerInnen, soll durch ein Bündel
folgender Maßnahmen erreicht werden:
Schaffung eines möglichst einheitlichen Mietrechts durch weitgehende
Auflösung der vielseitigen Anwendungsbereiche
Klare Mietzinsobergrenzen: ein bundesweit einheitlicher Basishauptmietzins, der
sich an einer klar definierten Normwohnung orientiert; gesetzlich der Art und der
Höhe nach klar geregelte Zu- und Abschläge, sodass sich Vermieter/Hausverwalter
und Mieter ohne Beiziehung eines Sachverständigen die zulässige Miete ausrechnen
können; Zuschläge sollten nicht „windfall profits“ sein, sondern aus besonderen
Investitionen des Vermieters resultieren.
Weg mit den Befristungen: Befristungen sollen nur noch bei Eigenbedarf zulässig
sein Ziel eines fairen Mietrechts muss sein, den Familien bessere Wohnverhältnisse,
mehr Rechtssicherheit und leistbares Wohnen zu ermöglichen sowie ihnen den Erhalt
der sozialen Netze und des städtischen/schulischen und gesellschaftlichen Umfeldes
zu gewährleisten.
Betriebskosten senken: Grundsteuer und Versicherungskosten aus dem
gesetzlichen Betriebskostenkatalog streichen; die Grundsteuer ist eine
Vermögenssteuer, die mit der Nutzung durch die Mieter nichts zu tun hat. Die Kosten
der Versicherungen stellen ebenfalls keine Betriebskosten im eigentlichen Sinn dar;
die Versicherungsprämien sind den Erhaltungskosten zuzuordnen.
Klare Regeln bei Erhaltungspflichten der Mieterinnen und Mieter: Erhaltungspflicht
bei der Vermieterin oder beim Vermieter, mit Ausnahme von Bagatellreparaturen
Errichtung von mind. 9.000 geförderten Wohnungen pro Jahr in Wien in der
nächsten Dekade
Aufstockung und erneute Zweckbindung der Wohnbauförderungsmittel
Wohnbauinvestitionsbank für den sozialen Wohnbau umsetzen
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Quellen:
Daten:
Sämtliche Daten stammen aus dem Mikrozensus der Statistik Austria, manche dieser Daten sind Teil
einer Sonderauswertung der Statistik Austria für die Arbeiterkammer Wien.
Literatur:
Gstach, Dieter (2005): „Der Einfluss steigender Wohnungsmieten auf den Konsum“, Studie für die AK
Wien, Wien: Kammer für Arbeiter und Angestellte.
Rosifka, Walter und René Postler (2010): „Die Praxis des Richtwertmietzinssystems“, Studie der
Arbeiterkammer Wien, Wien.
Statistik Austria (2015): „Wohnen 2014. Zahlen, Daten und Indikatoren der Wohnstatistik“, Wien.
Tockner, Lukas (2012): „Mietensteigerungen in Österreich und Wien“, Studie der Arbeiterkammer
Wien, Wien.
Tockner, Lukas (2015): „Nettoangebotsmieten in Wiener Altbauten“, Studie der Arbeiterkammer Wien,
Wien.
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