Wasserbaugesetz_Botschaft

Regierungsrat des Kantons Thurgau
an den Grossen Rat
Frauenfeld, 31. Mai 2016
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Botschaft zum Gesetz über den Wasserbau und den Schutz vor gravitativen Naturgefahren (WBSNG)
Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
Wir unterbreiten Ihnen die Botschaft und den Entwurf zum Gesetz über den Wasserbau
und den Schutz vor gravitativen Naturgefahren.
I.
Ausgangslage
1. Notwendigkeit der Gesetzesrevision
Das heutige Wasserbaugesetz vom 25. April 1983 (RB 721.1) ist revisionsbedürftig. Die
gesetzlichen und fachtechnischen Rahmenbedingungen für den Hochwasserschutz haben sich seit der Inkraftsetzung erheblich verändert. Des Weiteren hatte auch die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) einen wesentlichen Einfluss auf den Wasserbau, welcher weiterhin eine Verbundaufgabe darstellt. Schliesslich hat der Bund über die entsprechenden Gesetze
neue Aufgaben für die Kantone definiert, wie den Umgang mit den Naturgefahren sowie
den Raumbedarf und die Revitalisierung der Gewässer, welche durch die kantonale
Gesetzgebung aufgenommen werden müssen. Dies führt zu einer Vielzahl von Änderungen und Neuerungen, welche aus systematischen Überlegungen nicht mit einer Teilrevision umgesetzt werden können. Aus diesem Grunde ist das heutige Wasserbaugesetz einer Totalrevision zu unterziehen.
2. Rechtslage im Bund
Grundlage des Wasserbaus ist das Bundesgesetz über den Wasserbau (WBG;
SR 721.100). Das Wasserbaugesetz des Bundes bezweckt den Schutz von Menschen
und erheblichen Sachwerten vor schädlichen Auswirkungen des Wassers, insbesonde-
re vor Überschwemmungen, Erosionen und Feststoffablagerungen (Art. 1 Abs. 1 WBG).
Gemäss Art. 2 WBG ist der Hochwasserschutz Aufgabe der Kantone. Daneben hat
aber auch das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20)
Auswirkungen auf den Wasserbau. Bestand früher vor allem ein Bedarf an Regelungen
über Korrektion und Unterhalt von Fliessgewässern, kommt den Gewässern aufgrund
der neuen bundesrechtlichen Erlasse insbesondere als Lebensraum grosse Bedeutung
zu. Beim zeitgemässen Hochwasserschutz stehen Verbauung und Verlegung von
Fliessgewässern nicht mehr im Vordergrund. Sie sind vielmehr nur noch unter ganz bestimmten Voraussetzungen zulässig. Art. 37 Abs. 2 GSchG verlangt, dass bei Eingriffen
in das Gewässer dessen natürlicher Verlauf möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden muss. Gewässer und ihre Ufer müssen so gestaltet werden, dass sie einer
vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können, die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischen Gewässern weitgehend erhalten bleiben und eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann. Schliesslich haben die Kantone gestützt auf Art. 38a GSchG für die Revitalisierung von Gewässern zu sorgen. Sie berücksichtigen dabei den Nutzen für die Natur und die Landschaft sowie die wirtschaftlichen
Auswirkungen, die sich aus der Revitalisierung ergeben. Die Ziele des modernen Wasserbaus liegen daher, neben der Gewährleistung des Hochwasserschutzes, immer
mehr in der Erhaltung und Wiederherstellung naturnaher Gewässer. Konsequenz dieser
bundesrechtlichen Vorgaben ist, dass der Hochwasserschutz heute in erster Linie durch
den ordnungsgemässen Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen zu gewährleisten ist (Art. 3 Abs. 1 WBG). Bauliche Massnahmen folgen erst an
zweiter Stelle (Art. 3 Abs. 2 WBG).
Der Auftrag zum Schutz vor den weiteren gravitativen Naturgefahren, d.h. Lawinen,
Rutschungen und Steinschlag leitet sich aus dem Bundesgesetz über den Wald (WaG;
SR 921.0) ab (Art. 1 Abs. 2 WaG). Gemäss Art. 19 WaG sichern die Kantone - wo es
der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten erfordert - die Anrissgebiete
von Lawinen sowie Rutsch-, Erosions- und Steinschlaggebiete und sorgen für den forstlichen Bachverbau. Schliesslich bezweckt auch das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG; SR 700) in allgemeiner Art und Weise den Schutz vor Naturgefahren. Art. 2
RPG verlangt vom Bund, den Kantonen und den Gemeinden, dass sie die für ihre
raumwirksamen Aufgaben nötigen Planungen erarbeiten und aufeinander abstimmen.
Es ist Sache der Kantone, festzulegen, wie sich ihr Raum entwickeln soll. Dabei gibt es
nicht nur eine siedlungs- und eine verkehrspolitische Entwicklung, man muss auch damit rechnen, dass die Naturgefahrensituation sowie das mit Naturgefahren verbundene
Risiko sich im Laufe der Zeit verändern. Dagegen sind Massnahmen zu ergreifen. Welche im Lichte der angestrebten Entwicklung die richtigen Massnahmen sind, bedarf einer gesamthaften Betrachtung. Unbestritten ist, dass bei der Ausscheidung von Bauzonen das Gemeinwesen für einen gewissen Schutz der Sicherheit und Gesundheit sorgen soll. Für den Bezug zwischen dem Schutz vor Naturgefahren und der Nutzungsplanung, namentlich der Ausscheidung von Bauzonen, ist Art. 15 RPG heranzuziehen.
Danach muss sich das Land für die Überbauung eignen. Besteht eine erhebliche Gefährdung, so spricht dies gegen eine Eignung.
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Die Verpflichtung zur Erstellung von Gefahrenkarten ergibt sich aus Art. 27 Abs. 1 lit. c
der Verordnung über den Wasserbau (WBV; SR 721.100.1). Gemäss Art. 21 WBV bezeichnen die Kantone die Gefahrengebiete. Sie berücksichtigen die Gefahrengebiete
und den Raumbedarf der Gewässer bei ihrer Richt- und Nutzungsplanung sowie bei ihrer übrigen raumwirksamen Tätigkeit.
Des Weiteren haben die Kantone gestützt auf Art. 36a GSchG jenen Raumbedarf der
oberirdischen Gewässer festzulegen, der für die Gewährleistung der natürlichen Funktionen der Gewässer, des Schutzes vor Hochwasser und der Gewässernutzung erforderlich ist. Die Kantone sorgen dafür, dass der Gewässerraum bei der Richt- und Nutzungsplanung berücksichtigt sowie extensiv gestaltet und bewirtschaftet wird. Die entsprechenden Ausführungsbestimmungen, namentlich mit Bezug auf Bemessung, Gestaltung und Bewirtschaftung des Gewässerraumes finden sich in Art. 41a ff. der Gewässerschutzverordnung (GSchV; SR 814.201).
II. Die wichtigsten Revisionspunkte im Überblick
1. Naturgefahren
Unter gravitativen Naturgefahren versteht man Gefahren, deren Massenverlagerung der
Schwerkraft folgt, also Hochwasser, Murgänge, Rutschungen, Steinschlag und Felssturz. Im Kanton Thurgau werden diese Naturgefahren im Wasserbaugesetz (WBG) geregelt. Lediglich die Bestimmungen zur planerischen Umsetzung in der Nutzungsplanung sind im Planungs- und Baugesetz (PBG; RB 700) angesiedelt. Der Grund für die
zentrale Regelung im WBG liegt darin, dass das Hochwasser im Kanton Thurgau die
bedeutendste Naturgefahr darstellt. Die Regelung dieser Naturgefahr wie auch der weiteren gravitativen Naturgefahren im WBG drängt sich damit auf. Aus diesem Grunde ist
in der Vorlage den gravitativen Naturgefahren ein eigener Titel gewidmet. Auch im Titel
des Gesetzes werden die gravitativen Naturgefahren ausdrücklich erwähnt. Auf diese
Weise wird den Rechtssuchenden das Auffinden der Materie erleichtert.
2. Gewässerraum
2.1. Ausgangslage
Der Bund verpflichtet die Kantone in Art. 36a GSchG, den Raumbedarf der oberirdischen Gewässer festzulegen. Der Bund formuliert seine Bestimmungen über den Gewässerraum im GSchG bzw. der dazugehörenden Verordnung. Aus systematischen
Überlegungen werden auf kantonaler Stufe diese Bestimmungen jedoch in das WBG
aufgenommen, da der Raumbedarf der Gewässer, namentlich im Zusammenhang mit
dem Hochwasserschutz aber auch im Zusammenhang mit Revitalisierungen mit entsprechenden wasserbaulichen Massnahmen verknüpft ist.
Die Umsetzung des Gewässerraumes ist kontrovers. Auf Bundesebene sind diverse
Vorstösse eingegangen, welche auf eine Lockerung der Bestimmungen über den Ge3/38
wässerraum hinzielen und mehr Handlungsspielsraum bei der Umsetzung ermöglichen
wollen. Ein besonderer Fokus liegt dabei bei der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung
des Gewässerraumes. Die mit Bezug auf den Gewässerraum noch offenen Punkte betreffen allerdings Umsetzungsfragen, welche den Gewässerraum, d.h. dessen Ausscheidung und Nutzung nicht grundsätzlich in Frage stellen. Die auf Bundesstufe teils
noch pendenten Vorstösse rechtfertigen es somit nicht, mit der Umsetzung des Gewässerraumes auf kantonaler Stufe weiter zuzuwarten. Es ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass mit dem vorliegenden Gesetz lediglich die Instrumente für die Umsetzung
des Gewässerraumes auf kantonaler Stufe verankert werden. Die Breite des Gewässerraumes bemisst sich dagegen nach den Vorgaben des Bundes (Art. 41a und Art. 41b
GSchV). Gleiches gilt für die Nutzung (Art. 41c GSchV). Im vorliegenden Gesetz erfolgt
daher in dieser Hinsicht lediglich ein Verweis auf das Bundesrecht. Allfällige noch kommende Anpassungen der GSchV haben somit nicht zur Folge, dass auch die Vorlage
überarbeitet werden muss.
2.2. Umsetzungskonzept
Um den Gewässerraum in der Nutzungsplanung festlegen zu können, muss zuerst die
erforderliche Breite des Gewässerraumes ermittelt werden. Die rechnerische Festlegung, basierend auf den Vorgaben des Bundes in der GSchV, ist durch den Kanton für
alle Gewässer im Kanton Thurgau ermittelt worden. Das rechnerische Ergebnis ist nun
in einem zweiten Schritt durch die Gemeinden zu plausibilisieren, indem bspw. überprüft wird, ob der theoretisch errechnete Raum für die Gewährleistung des Hochwasserschutzes und den Zugang für den Unterhalt erhöht werden muss oder - da in dicht
überbautem Gebiet - verringert werden kann. Das Ergebnis der Plausibilisierung wird
durch den Kanton überprüft und bildet im Anschluss die behördenverbindliche Grundlage für die Umsetzung in den Nutzungsplanungen und als Instrument zur Prüfung von
Bau- und Planungsprojekten.
Gemäss der kantonalen Regelung in § 76 PBG haben Bauten und Anlagen entlang der
Gewässer fixe Abstände einzuhalten. Die neue Bundesregelung geht von einem anderen Ansatz aus. Der Gewässerraum ist individuell festzulegen, wobei die Art. 41a und
41b GSchV vorschreiben, wie dieser Gewässerraum zu berechnen ist. Bei Fliessgewässern gelten sodann nicht mehr zwingend gleiche Abstände auf beiden Seiten, d.h.
das Gewässer muss bei der Festlegung des Gewässerraumes nicht unbedingt in dessen Mitte liegen.
Gemäss den Vorgaben von Art. 36a GSchG sorgen die Kantone dafür, dass der Gewässerraum bei der Richt- und Nutzungsplanung berücksichtigt wird. Die Nutzungsplanung ist im Kanton Thurgau Sache der Gemeinden. Entsprechend ist auch der Gewässerraum im Rahmen der Nutzungsplanung durch die Gemeinden auszuscheiden. Die
raumplanerische Festlegung des Gewässerraumes erfolgt mittels Gewässerraumlinien
im Rahmen eines Gewässerraumlinienplans (vgl. § 34). Bei den Gewässerraumlinien
handelt es sich um Baulinien im technischen Sinn. Entsprechend wird für das Verfahren
zur Festlegung auf die entsprechenden Bestimmungen des PBG (§§ 29 ff. PBG) verwiesen. In diesem Verfahren können die Betroffenen ihre Interessen geltend machen.
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Die Nutzung und Bewirtschaftung des Gewässerraumes richtet sich nach Art. 41c
GSchV. Davon abweichende kantonale oder kommunale Vorschriften sind unzulässig,
weshalb sich das WBG mit einem entsprechenden Verweis begnügt.
Wo auf die Festlegung des Gewässerraumes verzichtet werden kann, bleiben die Vorschriften des PBG bzw. der dazugehörigen Verordnung (PBV; RB 700.1) über den Gewässerabstand vorbehalten. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass in jenen Fällen, wo
der Gewässerraum mittels Gewässerraumlinien grundeigentümerverbindlich festgelegt
wurde, die Gewässerabstandsvorschriften des PBG bzw. der PBV hinfällig werden. Die
Gewässerraumlinien ersetzen im massgeblichen Abschnitt somit die heute geltenden
Gewässerabstandsvorschriften.
Gemäss Art. 41a Abs. 5 lit. b GSchV kann auf die Festlegung eines Gewässerraumes
bei eingedolten Gewässern verzichtet werden, vorausgesetzt es stehen keine überwiegenden Interessen entgegen. Eine davon abweichende Regelung ist im Kanton Thurgau nicht vorgesehen. Wie bereits erwähnt, gilt weiterhin der Abstand nach PBG, falls
kein Gewässerraum festgelegt wird. Dieser reicht zur Sicherung des Raumes für allfällige Ausdolungen.
Rechtskräftige Baulinien, die den Gewässerabstand für Bauten und Anlagen regeln,
sind auf ihre Übereinstimmung mit den Vorgaben von Art. 41a und 41b GSchV zu überprüfen und unter Umständen aufzuheben bzw. durch die Gewässerraumlinien zu ersetzen. Das schadlose Ableiten von Hochwasser ist eine der Hauptfunktionen des Gewässerraumes. Dieser Zweckgedanke stand jedoch bei der Ausscheidung von Baulinien
entlang von Gewässern nicht unbedingt im Vordergrund. Die heutigen Baulinien vermögen somit nicht in jedem Fall dem Sinn und Zweck des Gewässerraums zu genügen.
Dies führt dazu, dass bestehende Baulinien nicht einfach unbesehen übernommen
werden können. Des Weiteren können bestehende Baulinien auch nicht stillschweigend
in Gewässerraumlinien „umgewandelt“ werden. Da die Gewässerraumlinien andere
Rechtsfolgen haben als die bisherigen Gewässerabstandslinien, muss ein entsprechendes Verfahren durchgeführt werden, auch wenn die Gewässerraumlinie letztlich
von der Lage her mit jener einer bestehenden Baulinie identisch ist.
Die Frist, bis wann der Gewässerraum festgelegt werden muss, ergibt sich aus Abs. 1
der Übergangsbestimmung zur Änderung der GSchV vom 4. Mai 2011, ist mit anderen
Worten durch den Bundesgesetzgeber geregelt. Demzufolge haben die Kantone den
Gewässerraum bis zum 31. Dezember 2018 festzulegen, wobei gemäss Aussage des
BAFU eine behördenverbindliche Festlegung bis zu diesem Datum genügt. Solange der
Gewässerraum nicht festgelegt ist, gilt Abs. 2 der erwähnten Übergangsbestimmung.
Dieser kommt direkt zur Anwendung, d.h. geht den kantonalen Gewässerabstandsvorschriften des PBG bzw. der PBV vor, soweit letztere nicht strenger sind. Mit Schreiben
vom 12. März 2012 hat allerdings der Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt BAFU
bestätigt, dass mit der Anwendung der Mindestabstände von Bauten und Anlagen gemäss PBG Gewässerräume resultieren, die in der überwiegenden Anzahl der Fälle die
Anforderungen an den Gewässerraum gemäss Übergangsbestimmung zur Änderung
der GSchV vom 4. Mai 2011 erfüllen. Grundsätzlich kann daher § 76 Abs. 1 PBG bis
zur definitiven Festlegung des Gewässerraumes angewendet werden. Mögliche Aus5/38
nahmen für Bauten und Anlagen innerhalb des Gewässerabstandsbereiches beurteilen
sich jedoch nach Art. 41c GSchV.
2.3. Vorgehen bei Bauvorhaben im Gewässerraum
Gemäss heutigem PBG obliegt die Erteilung der Baubewilligung für Bauten und Anlagen innerhalb des Gewässerabstandes der Gemeinde. Die Unterschreitung des Gewässerabstandes bedarf jedoch einer Zustimmung des Kantons (§ 93 PBG i.V.m. § 44
Abs. 6 PBV). Diese Praxis wird beibehalten. Aus diesem Grunde ist für die Erteilung einer Baubewilligung innerhalb des Gewässerraumes grundsätzlich die Gemeindebehörde zuständig. Erforderlich ist aber wiederum die Zustimmung des Kantons.
Keine Änderung erfährt die Zuständigkeit zur Erteilung von Baubewilligungen für Bauten
und Anlagen, die sich innerhalb des Hochwasserprofils befinden. Solche Vorhaben sind
unabhängig der Festlegung des Gewässerraumes wie bis anhin im Verfahren nach § 15
des Wassernutzungsgesetzes (WNG; RB 721.8) zu beurteilen. Die Zuständigkeit zur
Erteilung der entsprechenden Konzession/Bewilligung liegt somit beim Kanton.
2.4 Weiteres Vorgehen
Wie bereits erwähnt, sind mit Bezug auf den Gewässerraum auf Bundesebene noch
Vorstösse hängig. Ferner sind im laufenden Jahr noch weitere Änderungen der GSchV
zu erwarten. Sobald Klarheit herrscht, wird der der Vernehmlassungsvorlage beigelegene Bericht des Departementes für Bau und Umwelt „Die Umsetzung der Vorschriften
über den Gewässerraum im Kanton Thurgau“ durch die Arbeitsgruppe überarbeitet. Bis
dahin wird die Ausscheidung des Gewässerraumes prioritär im Siedlungsgebiet vorgenommen und ausserhalb des Siedlungsgebietes nur auf Wunsch der Gemeinden oder
bei konkreten Korrektionsprojekten.
3. Verfahren und Zuständigkeiten
Die Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass die Verfahren im heutigen WBG nur
sehr rudimentär geregelt sind. Die Verfahren werden nun detaillierter umschrieben, wobei mit Ausnahme der Meldepflicht von Unterhaltsarbeiten bei Bächen keine neuen Verfahren geschaffen, sondern die bestehende Praxis rechtlich verankert wird. In diesem
Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass auf die Unterscheidung zwischen „normalem“ und „baulichem“ Unterhalt inskünftig verzichtet wird. Der Grund liegt darin, dass
beim baulichen Unterhalt Eingriffe stattfinden, die in aller Regel öffentliche und unter
Umständen auch private Interessen tangieren und nicht ohne entsprechendes Verfahren mit öffentlicher Auflage durchgeführt werden können. Die bundesrechtlichen Vorschriften über die Fischerei sowie den Natur- und Heimatschutz lassen es nicht zu, bestimmte Sachverhalte auf kantonaler Stufe als nicht bewilligungspflichtig zu erklären.
Das neu geschaffene Meldeverfahren genügt für diese Massnahmen somit nicht. Aus
diesem Grunde werden Unterhaltsmassnahmen, die den Rahmen des reinen Unterhaltes sprengen, neu unter die Korrektionsmassnahmen subsumiert.
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Die Zuständigkeiten wurden im Wesentlichen beibehalten bzw. mit Blick auf die Regelung bei Seen und Weihern konkretisiert. Die Aufgabenteilung zwischen Kanton und
Gemeinden hat sich bewährt und ist eingespielt. Daran soll nichts geändert werden.
4. Finanzierung
Der Wasserbau stellt eine Verbundaufgabe dar. Dementsprechend sind auch die finanziellen Aufwendungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden aufzuteilen.
Gemäss bisheriger Regelung trägt der Kanton die Kosten für Unterhalt und Korrektion
der Flüsse und die Gemeinden tragen die Kosten für Unterhalt und Korrektion der Bäche. An dieser grundsätzlichen Kostenverteilung wird nichts geändert. Sie entspricht im
Übrigen auch der Zuständigkeit für die Durchführung der entsprechenden Massnahmen. Unverändert bleibt sodann, dass sich die Gemeinden an den Kosten für den Unterhalt und die Korrektion der Flüsse zu beteiligen haben. Im Gegenzug richtet auch der
Kanton weiterhin Beiträge für den Unterhalt und die Korrektion der Bäche aus.
Beim Unterhalt der Bäche und Flüsse bemisst sich fortan nicht nur der Gemeindeanteil,
sondern auch der Kantonsanteil nach einem fixen Prozentsatz. Dieser beträgt 25% der
Kosten, wobei bei der Kostenbeteiligung der Gemeinden am Unterhalt der Flüsse bei
ausserordentlicher Härte auch davon abgewichen werden kann.
Der Kantonsbeitrag für die Korrektion der Bäche beträgt gemäss bisherigem Recht zwischen 10 und 50% der Kosten, wobei davon vorgängig die Bundesbeiträge in Abzug
gebracht werden. Diese belaufen sich auf zwischen 35 und 60% der Projektkosten. Seit
der Einführung der NFA erfolgen die Bundesbeiträge mehrheitlich in Form von sogenannten Pauschalbeiträgen. Projektbezogene Subventionen des Bundes erfolgen nur
noch in Einzelfällen. In den Kantonsbeiträgen, welche inskünftig an die Korrektion der
Bäche ausgerichtet werden, sind aus diesem Grunde entsprechende Bundesbeiträge
bereits eingerechnet. Im neuen Kostenmodell betragen die Beiträge des Kantons 60%.
Die Beiträge werden auf bis zu 80% der Kosten erhöht, sofern es sich um Revitalisierungsmassnahmen mit einem grossen ökologischen Nutzen für Natur und Landschaft
handelt oder eingedolte Gewässer geöffnet werden.
Die Beiträge der Gemeinden an die Korrektion der Flüsse belaufen sich auf 5%. Dieser
Prozentsatz ermittelt sich aufgrund einer Aufstellung der letzten grossen Flussprojekte
sowie des dabei festgelegten Gemeindeanteils. Sind mehrere Gemeinden vom Projekt
betroffen, so beträgt deren Anteil gesamthaft 5%. Wie die Aufteilung unter den Gemeinden erfolgt, wird in der Verordnung genauer geregelt. Entsprechend den Erfahrungen
aus Flusskorrektionsprojekten der letzten Jahre werden für die Aufteilung insbesondere
folgende Kriterien herangezogen: Hochwassergefährdung, das heisst Schadenpotential
in der jeweiligen Gemeinde, Gemeindefläche innerhalb des Planungsperimeters, Anstosslänge an das Gewässer, wobei hierbei die Pflichtstrecken Dritter nicht berücksichtigt werden, sowie Nutzen des Projektes für die betroffenen Gemeinden mit Bezug auf
Ökologie bzw. Freizeitnutzung.
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Eine Beteiligung der Grundeigentümer bzw. Anstösser an den Kosten für den Unterhalt
und die Korrektion ist, wie bis anhin, grundsätzlich nicht vorgesehen. Eine Kostenbeteiligung erfolgt nur in Ausnahmefällen bspw. als Ausgleich für besondere Vorteile sowie
beim Unterhalt der eingedolten Bäche bzw. im Falle von Pflichtstrecken (vgl. § 38).
Unter dem Begriff der „Kosten“ werden die Gesamtkosten des Projektes bzw. der Massnahmen vor Abzug von allfälligen Bundessubventionen jedoch nach Abzug von allfälligen Beiträgen Dritter verstanden (vgl. nachfolgende Beispiele). Die Gesamtkosten beinhalten die Baukosten gemäss Kostenvoranschlag, die notwendigen Aufwendungen für
die Planung, die Kosten für den Landerwerb, die Kosten für Vermessung und Vermarkung sowie einen angemessenen Zuschlag für die internen Aufwendungen. Der Begriff
der Kosten wird in der Verordnung definiert.
Eine Gegenüberstellung des bisherigen mit dem neuen Modell hat ergeben, dass wesentliche finanzielle Konsequenzen aufgrund dieser Änderungen weder für den Kanton
noch die Gemeinden zu erwarten sind.
Im Folgenden zwei (fiktive) Beispiele für einen Kostenteiler je nach bisherigem und
nach neuem System:
Bachprojekt mittel, bisheriges System
Bruttokosten 1
Abzüglich Kosten Dritter
750‘000.50‘000.-
Pflichtstrecke
Bruttokosten 2
Abzüglich Anteil Bund aus PV
700‘000.210‘000.-
30% von Bruttokosten 2
Nettokosten
490‘000.-
Anteil Kanton
171‘500.-
Anteil Gemeinde
318‘500.-
35% von Nettokosten
Bachprojekt mittel, neues System
Bruttokosten 1
Abzüglich Kosten Dritter
750‘000.50‘000.-
Nettokosten
700‘000.-
Anteil Kanton *)
420‘000.-
Anteil Gemeinde
280‘000.-
*)
Pflichtstrecke
60 % von Nettokosten
Soweit der Bund projektbezogene Beiträge ausrichtet, sind diese in den Beiträgen des Kantons enthalten, z.B.:
Anteil Bund = 35% = 245‘000.Anteil Kanton = 25% = 175‘000.-
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Flussprojekt klein, bisheriges System
Bruttokosten 1
Abzüglich Kosten Dritter
750‘000.50‘000.-
Pflichtstrecke
Bruttokosten 2
Abzüglich Anteil Bund aus PV
700‘000.245‘000.-
35% von Bruttokosten 2
Nettokosten
455‘000.-
Anteil Gemeinde
Anteil Kanton
22‘750.-
5% von Nettokosten
432‘250.-
Flussprojekt klein, neues System
Bruttokosten 1
Abzüglich Kosten Dritter
750‘000.50‘000.-
Nettokosten
700‘000.-
Anteil Gemeinde
35‘000.-
Anteil Kanton *)
665‘000.-
*)
Pflichtstrecke
5 % von Nettokosten
Soweit der Bund projektbezogene Beiträge ausrichtet, sind diese im Anteil des Kantons enthalten
5. Allgemeine Bemerkungen
Einige Bestimmungen werden ersatzlos aufgehoben. Dies sind die §§ 4, 17, 25, 26 und
30 des heutigen Gesetzes. Zu § 4 ist zu bemerken, dass die in den letzten Jahren
durchgeführten Meliorationen gezeigt haben, dass für diese Bestimmung kein Bedarf
herrscht. Damit ist sie aufzuheben. Die Bepflanzung ist inskünftig im Unterhaltskonzept
geregelt. Weitere Bestimmungen sind daher im Gesetz überflüssig (§ 17). Die Eindolungen bzw. deren Zulässigkeit sind abschliessend in Art. 38 GSchG geregelt. Auch
§ 25 ist daher aufzuheben. Aufzuheben ist sodann auch § 26, da bereits diverse eidgenössische Gesetze wie die Direktzahlungsverordnung (DZV; SR 910.13), die Chemikalien-Risikoreduktions-Verordnung (ChemRRV; SR 814.81) sowie die GSchV Bewirtschaftungsvorschriften für den Uferbereich vorsehen. Schliesslich ist fast 30 Jahre nach
Inkrafttreten des WBG für die Übergangsbestimmung von § 30 kein Bedarf mehr vorhanden. Auch auf diese Bestimmung kann daher im revidierten WBG verzichtet werden.
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III. Finanzielle und personelle Auswirkungen der Revision
Wie bereits unter vorstehender Ziff. 4. ausgeführt, ergeben sich mit dem neuen Finanzierungsmodell keine wesentlichen finanziellen Veränderungen. Hingegen hat die Revision des WBG personelle Auswirkungen für den Kanton. Der Kanton ist zuständig für
die Erarbeitung der für den Vollzug des Gesetzes erforderlichen Grundlagen (§ 2
WBG). Des Weiteren müssen die Gemeinden bei der Umsetzung der Naturgefahrenkarten in die Nutzungsplanung und bei der Abgrenzung des Gewässerraumens mittels
Gewässerraumlinien begleitet und die revidierten Planungsinstrumente anschliessend
überprüft und genehmigt werden. Weitere personelle Ressourcen werden durch die
Planung und Umsetzung der Massnahmen für die Revitalisierung gebunden. Diese zusätzlichen Aufgaben betreffen in erster Linie das Amt für Umwelt. In einem gewissen
Bereich führen die Änderungen auch beim Amt für Raumentwicklung zu Mehraufwand,
vor allem in der Phase der Umsetzung der Naturgefahrenkarten sowie der Festlegung
der Gewässerraumlinien. Die personellen Auswirkungen werden auf ein bis zwei zusätzliche Stellen im Amt für Umwelt geschätzt. In diesem Zusammenhang ist auf die
Feststellung des Bundes in Kapitel 4.2 des „Berichts der Kommission für Umwelt,
Raumplanung und Energie des Ständerates“ vom 12. August 2008 hinzuweisen (Parlamentarische Initiative Schutz und Nutzung der Gewässer, 07.492), wonach die personellen Auswirkungen in den hauptbetroffenen Kantonen im Mittelland auf je eine zusätzliche Stelle für die Planung und Umsetzung der Massnahmen für die Revitalisierungen
geschätzt werden. Ohne zusätzliche personelle Ressourcen ist mit anderen Worten die
zeitgerechte Umsetzung der Vorgaben des Bundesrechts nicht gewährleistet.
Der Vollzug des Gesetzes bringt auch für die Gemeinden einen zusätzlichen Aufwand.
Zu nennen ist einerseits deren Mitwirkung bei der Erarbeitung der Grundlagen gemäss
§ 2. Andererseits müssen die Naturgefahrenkarten in die Nutzungsplanung umgesetzt
und die Gewässerraumlinien ausgeschieden und in diesem Zusammenhang die bestehenden Baulinien überprüft werden. Es ist davon auszugehen, dass diese Prozesse in
die als Folge der PBG-Revision angelaufenen bzw. anstehenden Kommunalplanungsrevisionen integriert werden.
IV. Anpassung der kantonalen Gesetzgebung
Das Gesetz über den Wasserbau und den Schutz vor gravitativen Naturgefahren beschlägt eine eigenständige Materie. Aufgrund der Umsetzung der Bestimmungen über
den Gewässerraum ergeben sich allerdings Anpassungen beim PBG. Die Gewässerraumlinien ersetzen, soweit festgelegt, die heute geltenden Gewässerabstandsvorschriften nach PBG. Der Gewässerabstand, so wie er heute bekannt ist, gilt nur noch in
jenen Fällen, wo kein Gewässerraum festgelegt ist. Abweichungen vom Gewässerabstand nach PBG bleiben jedoch weiterhin im Rahmen von § 93 PBG möglich. Dies führt
zu Anpassungen bei § 76 Abs. 1 bzw. § 93 Abs. 1 PBG.
Eine weitere Anpassung betrifft § 24 Abs. 1 PBG. Korrektionen von Fliessgewässern
(bspw. die Verlegung eines Baches oder eine Ausdolung) sollen mittels Gestaltungsplan vorgespurt werden können (vgl. § 20). Da die Aufzählung des möglichen Inhaltes
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eines Gestaltungsplans gemäss § 24 Abs. 1 PBG abschliessend ist, muss hierfür die
Aufzählung entsprechend ergänzt bzw. aus systematischen Überlegungen geändert
werden.
Die übrigen Anpassungen sind marginal und mehrheitlich redaktioneller Natur.
V. Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens
Am 5. Dezember 2013 eröffnete das Departement für Bau und Umwelt im Auftrag des
Regierungsrates ein externes Vernehmlassungsverfahren. Dieses dauerte bis zum 14.
März 2014. Das Ergebnis präsentiert sich im Überblick wie folgt:
Total versandte Einladungen zur Stellungnahme
Eingegangene Antworten je Kategorie:
A. Gemeinden
B. Politische Parteien
C. Ämter und Gerichte
D. Vereine und Verbände
E. Regionalplanungsgruppen
F. Ingenieure- und Planungsbüros
G. Sonstige und ausserkantonale Stellen
Total eingegangene Stellungnahmen
108
23
6
10
11
0
1
1
52
Den eingegangenen Stellungnahmen kann entnommen werden, dass die Ziele und die
allgemeine Stossrichtung des Gesetzesentwurfs grundsätzlich begrüsst werden.
1. Kontrovers beurteilte Themenkreise
In Einzelfragen wurde die Vorlage kontrovers, d.h. widersprüchlich beurteilt. Die Überprüfung ergab, dass die vorgesehenen Regelungen einen sachgerechten Kompromiss
zwischen den unterschiedlichen Interessen darstellen. Kontrovers behandelte Themenkreise waren insbesondere:
• Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden
Die Gesetzesrevision hat unbestrittenermassen auch Auswirkungen auf die Gemeinden. Dies wurde vereinzelt bemängelt. Es gilt jedoch zu beachten, dass Aufgaben,
welche sich aus der Umsetzung der Bundesgesetze ergeben, auch von den Gemeinden übernommen werden müssen. Andernfalls müsste die Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemeinden beim Wasserbau grundlegend neu geregelt werden.
Eine Neuordnung in diesem Bereich ist aber offensichtlich nicht erwünscht, kommt
doch gerade auch von Seiten der Gemeinde der Einwand, die Gemeinden würden
bei der Revision zu wenig wahrgenommen. An der bisherigen Aufgabenteilung zwi-
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schen Kanton und Gemeinden wird daher nur sehr wenig geändert. Des Weiteren ist
darauf hinzuweisen, dass die Gemeinden bei der Erstellung der Grundlagen gemäss
Art. 2 in geeigneter Weise mitwirken.
• Thurvorlandnutzung
Vor allem aus den Kreisen der Landwirtschaft wird befürchtet, dass die Bestrebungen für mehr Ökologie beim Wasserbau bzw. die Umsetzung der Bestimmungen
über den Gewässerraum einseitig zu Lasten der landwirtschaftlichen Nutzfläche gehen könnte. Andere Seiten stellen sich auf den Standpunkt, dass die Thurlandnutzung zu intensiv sei und nicht mit den Bestimmungen zum Gewässerraum korrespondiere. Diese Kontroverse hat das DBU bewogen, im Zusammenhang mit der
Überarbeitung des Thurrichtprojektes 1979 beim Bund anzufragen, ob Spielraum für
eine differenzierte Betrachtung möglich sei. Gemäss Auskunft der massgebenden
Bundesämter gelten die Bewirtschaftungsvorgaben der GSchV jedoch uneingeschränkt auch für das Thurvorland. Die Möglichkeiten für eine Sonderlösung für die
Thur ist derzeit jedoch immer noch Gegenstand von Verhandlungen mit den zuständigen Bundesbehörden.
• Zuständigkeit für den Unterhalt der eingedolten Bäche bzw. Kostenbeteiligung der
Grundeigentümer
Der Unterhalt der Gewässer ist für den Hochwasserschutz von grosser Bedeutung.
Die Verantwortung für die korrekte Umsetzung von entsprechenden Massnahmen
liegt daher - je nach Gewässer - entweder beim Kanton oder bei den Gemeinden und
soll nicht an die Grundeigentümer delegiert werden. Dies entspricht im Übrigen auch
der heutigen Aufgabenteilung. Sie hat sich bewährt und soll beibehalten werden.
Auch die Verantwortung für den Unterhalt der eingedolten Bäche obliegt daher der
Gemeinde. Allerdings sollen die Grundeigentümer gewissermassen als Ausgleich für
den Vorteil, der ihnen aus der Eindolung entsteht, an den Kosten für den Unterhalt
beteiligt werden.
2. Auswirkungen auf die Gesetzesvorlage (Zusammenfassung)
2.1. Berücksichtigte Anliegen
Es wurden Verbesserungen vorgeschlagen, die in der überarbeiteten Vorlage berücksichtigt werden konnten, entweder im Gesetz selbst oder in der Botschaft:
• Kriterien für Bachabgrenzung
Es wurde um Klärung ersucht, welche Kriterien einen eingedolten Bach als Fliessgewässer definieren. Das Amt für Umwelt hat für die Beurteilung der Frage, ob es
sich bei einem bestimmten Abschnitt um ein Fliessgewässer oder um eine Entwässerungsanlage handelt, einen Leitfaden entwickelt. Gemäss diesem Leitfaden sind folgende Kriterien zu beachten:
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-
Einzugsgebietsgrösse von in der Regel mindestens 3-5 ha;
-
Entwässerung mehrerer Grundstücke;
-
Einigermassen permanente Wasserführung, evtl. Quellzufluss (seltenes Trockenfallen);
-
Bestätigung durch alte Pläne (z.B. Meliorationspläne) und Karten;
-
Beschaffenheit des Gerinnes (kiesig-sandige Sohle, Vegetation);
-
evtl. Durchmesser der Leitung (Fliessgewässer ≥ 20 cm).
Diese Kriterien wurden in der Vergangenheit konsequent angewendet und in einem
Rechtsfall durch das Verwaltungsgericht bestätigt. Sie werden in die Verordnung
aufgenommen.
• Streichen von § 7 des Vernehmlassungsentwurfs
Die Möglichkeit bzw. die Verpflichtung zur Zusammenarbeit der Gemeinden ergibt
sich bereits aus dem Gesetz über die Gemeinden (GOG; RB 131.1). Auf § 7 des
Vernehmlassungsentwurfs kann daher verzichtet werden.
• Neophyten
Die Bekämpfung der Neophyten ist bereits heute im Pflichtenheft der Unterhaltskonzepte enthalten. Entsprechend der Bedeutung dieser Aufgabe rechtfertigt es sich jedoch, sie auf Gesetzesstufe zu verankern. Dies führt zu einer Anpassung von § 8
Abs. 2.
• Totholz
Es wurde bemängelt, dass der Umgang mit dem Totholz aus dem Gesetzesentwurf
nicht schlüssig hervorgehe. Totholz in Gewässern ist aus ökologischer Sicht sehr
wertvoll. Aus diesem Grunde ist es nicht erwünscht, sämtliches Schwemmholz aus
den Gewässern zu entfernen. Bei Fliessgewässern können jedoch grosse
Schwemmholzansammlungen die Hochwassersicherheit gefährden. Das Entfernen
von solchen Ansammlungen gehört somit zum Unterhalt und ist - entsprechend der
allgemeinen Aufgabenverteilung bei den Fliessgewässern - bei den Flüssen durch
den Kanton und bei den Bächen durch die Gemeinden zu besorgen. Bei Seen und
Weihern spielt das Schwemmholz bei der Hochwassersicherheit nur eine untergeordnete Bedeutung. Hier überwiegt eindeutig der ökologische Nutzen des Totholzes.
Schäden durch Schwemmholz können aber auch hier auftreten. Es besteht insbesondere beim Bodensee und Untersee die Gefahr der Beeinträchtigung der öffentlichen Schifffahrt oder von Schilfbeständen. Solche Schwemmholzmengen treten in
erster Linie nach Hochwasserereignissen im Einzugsgebiet des Gewässers auf. Je
nach Wind- und Strömungsverhältnissen führt dies zu namhaften Schwemmholzteppichen. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass deren Beseitigung für die betroffenen Gemeinden zu einem unverhältnismässigen Aufwand führt.
Der Kanton wird daher inskünftig für deren Bewältigung besorgt sein, wobei sich die
betroffenen Gemeinden an den entstandenen Kosten zu beteiligen haben (vgl. auch
nachstehende Erläuterungen zu §§ 8 Abs. 2 Ziff. 3, 31 und 47).
13/38
2.2. Nicht berücksichtigte Anträge
Einige Anträge in der Vernehmlassung konnten nicht berücksichtigt werden. Die Gründe
liegen zum einen im übergeordneten Recht. Zum anderen würden verschiedene Zusatzbegehren zu weiteren erheblichen finanziellen Mehrbelastungen für Kanton und
Gemeinden führen. Zu den nicht berücksichtigten Anliegen gehören u.a. folgende Begehren:
• Zeitpunkt der Revision
Es wurde vorgebracht, es solle zugewartet werden, bis auf Bundesebene Klarheit
über die parlamentarischen Vorstösse den Gewässerraum betreffend herrsche. Dem
ist entgegenzuhalten, dass die Revision mehr als nur die Umsetzung der Bestimmungen über den Gewässerraum zum Inhalt hat. Zu nennen ist namentlich der Bereich der Naturgefahren. Pendenzen beim Gewässerraum rechtfertigen es mit anderen Worten nicht, die im Übrigen anstehende Umsetzung der Bundesvorgaben zu
sistieren. Des Weiteren ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass die mit Bezug
auf den Gewässerraum noch offenen Punkte Umsetzungsfragen betreffen, welche
jedoch den Gewässerraum, d.h. dessen Ausscheidung und Nutzung nicht grundsätzlich in Frage stellen. Die auf Bundesstufe teils noch pendenten Vorstösse rechtfertigen es somit nicht, mit der Umsetzung weiter zuzuwarten. Des Weiteren ist daran zu
erinnern, dass mit dem vorliegenden Gesetz lediglich die Instrumente für die Umsetzung des Gewässerraumes auf kantonaler Stufe verankert werden. Im Übrigen wird
auf das Bundesrecht verwiesen. Allfällige weitere Anpassungen der GSchV haben
somit nicht zur Folge, dass auch die Vorlage überarbeitet werden muss (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ausführungen unter Ziff. II. 2.1.).
• Im Entwurf werden zu viele Themen vermischt
Sämtliche Themen, d.h. Wasserbau, Naturgefahren und Gewässerraum stehen in direktem Zusammenhang mit den Gewässern. Der Wasserbau dient dem Schutz vor
den schädlichen Einwirkungen des Wassers. Daher macht es Sinn, auch die weiteren gravitativen Naturgefahren in diesem Gesetz zu regeln. Einzig bei der Umsetzung des Gewässerraumes kann man sich fragen, ob man diese Thematik nicht andernorts regeln will, vor allem weil hier auch raumplanerische Aspekte zu beachten
sind. Im PGB wäre die Materie jedoch genauso „fremd“ wie im WBG, so dass sich
die Regelung im Rahmen der vorliegenden Totalrevision ohne weiteres rechtfertigt.
• Biberproblematik
Des Weiteren wurde bemängelt, der Entwurf befasse sich nicht mit der Biberproblematik. Dabei wird übersehen, dass die Biberproblematik nicht den Fachbereich des
Wasserbaus, sondern den Fachbereich der Jagd- und Fischerei tangiert. Es ist in
diesem Zusammenhang auf das „Konzept Biber Thurgau“ vom November 2013 zu
verweisen. Darin werden die mit der Rückkehr des Bibers verbundenen Auswirkungen auf die Landschaft sowie die daraus entstehenden Konflikte durchleuchtet. Das
14/38
„Konzept Biber Thurgau“ liefert die Grundlage für das zukünftige Zusammenleben
von Mensch und Biber im Kanton Thurgau. Vorrang hat dabei die Sicherung einer
selbsterhaltenden Biberpopulation im Kanton sowie die Minimierung von Konfliktund Schadensfällen durch den Biber an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen sowie an Infrastrukturanlagen. Die Biberproblematik ist mit anderen Worten bereits an
anderer Stelle ausführlich behandelt. Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle
sodann darauf hinzuweisen, dass es sich beim Biber um ein geschütztes Tier handelt. Eingriffe in Biberbauten - wie vereinzelt vorgeschlagen - sind daher grundsätzlich unzulässig. Ausnahmen richten sich nach dem Bundesgesetz über die Jagd und
den Schutz wildlebender Säugetieren und Vögel (JSG; SR 922.0) bzw. nach dem
Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz (NHG; SR 451). Auch das Entschädigungsverfahren für die Vergütung von Biberschäden richtet sich nach dem
JSG und der dazugehörigen Bundesverordnung (JSV; SR 922.01) sowie nach dem
kantonalen Gesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel
(JG; RB 922.1). Gemäss den geltenden Rechtsgrundlagen werden durch Biber verursachte Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen und Wald durch Bund und Kanton
vergütet. Entschädigungsberechtigt sind jedoch nicht Schäden an Infrastrukturanlagen oder Kosten für Präventionsmassnahmen. In diesem Bereich besteht Handlungsbedarf zur Überprüfung und allfälliger Anpassung der Rechtsgrundlagen. Allerdings hat der Nationalrat am 17. Juni 2014 die Motion Piller Carrard Valérie
(12.4231), die eine dementsprechende Änderung des JSG verlangte, deutlich abgelehnt. Am 22. Oktober 2014 hat daraufhin der Grosse Rat des Kantons Thurgau die
Motion Koch für erheblich erklärt. Demzufolge soll der Regierungsrat beim Bund eine
Standesinitiative zur Änderung des Jagdgesetzes einreichen. Dies ist erfolgt. Die
ständerätliche Kommissionen für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-S) beantragt allerdings gemäss Medienmitteilung vom 5. Februar 2016, der Standesinitiative des Kantons Thurgau keine Folge zu geben. Von einer entsprechenden Regelung ist man mit anderen Worten noch weit entfernt. Trotzdem wäre es - wie bereits
erwähnt - aus systematischen Überlegungen falsch, mit einer Regelung im WBG in
die Bresche zu springen, zumal die Schäden an den wasserbaulichen Anlagen nur
einen Teil der biberbedingten Schäden ausmachen.
• Abschaffung der Verfahrensvorschriften für den Unterhalt bzw. Verzicht auf das neu
eingeführte Meldeverfahren
Die Meldepflicht stellt gegenüber der heutigen rechtlichen Regelung eine Vereinfachung dar. Gemäss § 23 (Eingriffsverbot) sind sämtliche Eingriffe im Hochwasserprofil, in wasserbauliche Anlagen und in die Ufervegetation untersagt. Dieses Eingriffsverbot bzw. das daran geknüpfte Bewilligungsverfahren wird nun - entsprechend der
gelebten Praxis beim Bachunterhalt - vereinfacht. Ein gänzlicher Verzicht auf jegliches Verfahren ist jedoch in Anbetracht der Wichtigkeit des Unterhaltes für den
Hochwasserschutz nicht gerechtfertigt. Die Unterhaltskonzepte allein bieten noch
keine ausreichende Gewähr für einen guten Unterhalt bzw. die korrekte Umsetzung
der darin vorgesehenen Massnahmen. Des Weiteren entsteht daraus keine unnötige
„Bürokratie“. Die Meldung erfolgt in der Regel mit einem einseitigen Formular. Der
Aufwand für beide Seiten hält sich damit in Grenzen.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass jene Massnahmen, welche bis anhin als
15/38
„baulicher Unterhalt“ bezeichnet wurden, neu unter den Begriff der Korrektion subsumiert werden. Der Grund liegt darin, dass diese Unterhaltsarbeiten öffentliche und
unter Umständen auch private Interessen tangieren und nicht ohne entsprechendes
Verfahren mit öffentlicher Auflage durchgeführt werden können. Die bundesrechtlichen Vorschriften über Fischerei sowie Natur- und Heimatschutz lassen es nicht zu,
bestimmte Sachverhalte auf kantonaler Stufe als nichtbewilligungspflichtig zu erklären. Das neu geschaffene Meldeverfahren genügt für diese Massnahmen somit nicht.
• Am generellen Gewässerabstand für Bauten und Anlagen gemäss § 76 PBG ist festzuhalten
Es trifft zu, dass der Gewässerraum bei gewissen Fliessgewässern geringer ist, als
der „Raum“, der aus der Kumulation der Gewässerabstände nach PBG entsteht. Der
Gewässerraum dient jedoch in erster Linie der Gewährleistung folgender Funktionen:
den natürlichen Funktionen der Gewässer, dem Schutz vor Hochwasser und der
Gewässernutzung (vgl. Art. 36a GSchG). Diesen Anforderungen vermögen die Bestimmungen zur Festlegung des Gewässerraumes genüge zu tun. Sollen grössere Abstände - namentlich aus raumplanerischen Überlegungen - vorgesehen werden, so
hat dies auf planerischem Wege zu geschehen, bspw. durch das Ausscheiden von
Freihaltezonen entlang von Gewässern oder aber auch weiterhin von Baulinien im
Sinne des PBG. Dagegen macht es keinen Sinn, überall dort, wo Gewässerraumlinien ausgeschieden sind, weiterhin auch den Gewässerabstand nach PBG beizubehalten. Mit einem solchen Automatismus entstünde bloss ein komplexes und teilweise auch sich überschneidendes Nebeneinander von Bestimmungen von ähnlichem,
aber nicht identischem Inhalt. Eine Entflechtung ist hier dringend angezeigt. Die Gewässerraumlinien lösen daher grundsätzlich den Gewässerabstand nach PBG ab.
Daran ist festzuhalten.
• Verzicht auf die Bestimmungen betreffend die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen
Der Hochwasserschutz liegt zweifellos im öffentlichen Interesse. Der Bund verpflichtet die Kantone, hierfür besorgt zu sein und dabei auch der Bedeutung der Gewässer
als Lebensraum hinreichende Beachtung zu schenken. Die Umsetzung dieser Massnahmen kollidieren unter Umständen mit privaten Interessen. Auf die Aufnahme von
Bestimmungen über öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen im Gesetz kann
daher nicht verzichtet werden. Der Rahmen dieser potentiellen Beschränkungen
reicht von einem blossen Zutrittsrecht für die Behörden über (vorübergehende) Verfügungs- und Nutzungsbeschränkungen bis zum vollständigen Übergang des Eigentumsrechts an den Staat. Selbstverständlich werden Rechte Dritter nur dort beschränkt, wo ein öffentliches Interesse dies gebietet und der Grundsatz der Verhältnismässigkeit gewahrt bleibt. Des Weiteren sind diese Beschränkungen, soweit sie
derart intensiv sind, dass sie einer Enteignung gleichkommen, zu entschädigen (vgl.
§ 49 Abs. 2). Auch Schäden sind zu ersetzen (§ 48 Abs. 2).
Es ist zwischen der formellen Enteignung (hier wird ein vermögenswertes Recht entzogen und in der Regel auf den Enteigner übertragen) und den öffentlich-rechtlichen
Eigentumsbeschränkungen zu unterscheiden. Letztere unterteilen sich wiederum in
die materielle Enteignung (hier bleibt die Trägerschaft der vermögenswerten Rechte
16/38
unverändert, die Verfügungs- oder Nutzungsbefugnisse werden aber derart beschränkt, dass sich dies wie eine Enteignung auswirkt) und die entschädigungslosen
öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen (auch hier bleibt die Trägerschaft
der vermögenswerten Rechte unverändert, im Gegensatz zur materiellen Enteignung
wird die Verfügungs- oder Nutzungsmöglichkeit aber nicht so intensiv eingeschränkt,
dass dies einer Enteignung gleichkäme). Bei formeller und materieller Enteignung ist
eine Entschädigung geschuldet. Die anderen öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen sind entschädigungslos. Die formelle Enteignung ist in § 50 geregelt.
Hier ist in jedem Falle Ersatz geschuldet. Bei der formellen Enteignung geht die Initiative vom Enteigner aus. Er (bzw. das entsprechende Gemeinwesen) leitet das Enteignungsverfahren ein. Bei den anderen Eingriffen in das Eigentum handelt es sich
um Beschränkungen der Nutzungs- und Verfügungsbefugnisse. Ob eine Entschädigung geschuldet ist oder nicht, bestimmt sich nach der Schwere des Eingriffs. Diese
Frage ist durch die Enteignungskommission zu beantworten. Gemäss § 16 Abs. 1
des EntG vom 27. Februar 1984 sind Entschädigungsansprüche aus enteignungsähnlicher Eigentumsbeschränkung gegenüber demjenigen Gemeinwesen geltend zu
machen, von dem die Eigentumsbeschränkung ausgeht. Bei der materiellen Enteignung geht die Initiative mit anderen Worten vom Enteigneten aus. Dieser hat das
Enteignungsverfahren einzuleiten, d.h. dieser muss klagen. Selbstverständlich kann
aber auch hier ein Klageverfahren verhindert werden, wenn sich das Gemeinwesen
und die Grundeigentümer anderweitig einigen. In der Praxis ist es denn auch so,
dass entsprechende Entschädigungsansprüche zunächst beim Kanton geltend gemacht werden und die Klage erst eingereicht wird, wenn keine Einigung erzielt werden kann. Der Vollständigkeit halber ist an dieser Stelle sodann darauf hinzuweisen,
dass von entsprechenden Verfügungs- und Nutzungsbeschränkungen für Korrektionen und Unterhalt ohnehin in erster Linie Land im Gewässerraum betroffen ist, für
welches sich Nutzungsbeschränkungen bereits heute aufgrund der Bewirtschaftungsvorgaben der DZV und der ChemRRV ergeben.
Auf die weiteren Vorbringen in den Vernehmlassungen wird, soweit erforderlich, im
Rahmen der nachfolgenden Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen bzw. den
vorstehenden allgemeinen Ausführungen eingegangen.
VI.
Anpassung der Vernehmlassungsvorlage
Gemäss konstanter Praxis des Kantons Thurgau werden die Kosten für Flusskorrektionen als gebundene Ausgaben im Sinne von § 5 des Gesetzes über den Finanzhaushalt
des Staates (FHG; RB 611.1) betrachtet. Dies hat zur Folge, dass gegen entsprechende Budgetpositionen keine Referendumsmöglichkeiten bestehen. Jüngstes Beispiel
dieser Praxis ist der vom Grossen Rat mit dem Budget 2015 als gebundene Ausgabe
beschlossene Objektkredit über Fr. 27,78 Mio. für das Hochwasserschutzprojekt Weinfelden-Bürglen (Bauprojekt 2014). Nachdem Hochwasserschutzprojekte als Folge geänderter Bundesvorgaben zunehmend auch ökologische Aspekte zu berücksichtigen
haben, wurden in jüngster Zeit aber Stimmen laut, die eine referendumsrechtliche Unterscheidung zwischen reinen Hochwasserschutzmassnahmen und ökologisch motivierten Bestandteilen der Korrektion fordern. Die Verflechtungen zwischen Hochwasser17/38
schutz und Ökologie sind im modernen Wasserbau aber so eng, dass klare Grenzziehungen nicht möglich sind. Um klare Rechtsverhältnisse zu schaffen, soll daher die bisherige Praxis im Gesetz festgeschrieben werden. Mit dem neuen § 17 WBG wird klargestellt, dass der Grosse Rat mit dem Voranschlag abschliessend über Kredite für
Flusskorrektionen entscheidet. Vorhaben von besonderer Bedeutung können ihm separat unterbreitet werden. Die Formulierung lehnt sich praktisch wörtlich an § 15 Abs. 1
des Gesetzes über Strassen und Wege (StrWG; RB 725.1) an.
VII.
Erläuterung zu den einzelnen Bestimmungen
1.
Geltungsbereich und Grundlagen
§1
Geltungsbereich (neu)
Diese Bestimmung definiert den Geltungsbereich des Gesetzes. Die Nutzung der Gewässer richtet sich nach dem Wassernutzungsgesetz (WNG; RB 721.8). Wichtig ist dabei die Nennung der gravitativen Naturgefahren. Unter gravitativen Naturgefahren versteht man Gefahren, deren Massenverlagerung der Schwerkraft folgend erfolgt, also
Hochwasser, Murgänge, Rutschungen, Steinschlag und Felssturz. Das Gesetz befasst
sich mit anderen Worten nicht mit den weiteren Naturgefahren wie bspw. den meteorologischen Naturgefahren (Sturm, Regen, Hagel, Schnee etc.) oder den tektonischen
Naturgefahren (Erdbeben). Nicht speziell zu erwähnen ist dagegen die Renaturierung,
da der Wasserbau dies per definitionem miterfasst (vgl. § 3 Abs. 1 „Wiederherstellung
naturnaher Gewässer“).
§2
Grundlagen (neu)
Diese Bestimmung regelt gestützt auf die planerischen Vorgaben des Bundes die Erarbeitung der für den Vollzug des Gesetzes notwendigen wissenschaftlichen bzw. technischen Grundlagen in allgemeiner Form. Zuständig für die Erarbeitung dieser Grundlagen ist der Kanton. Der Grund liegt im Fachwissen, das bei den kantonalen Fachstellen
vorhanden ist. Des Weiteren kann mit der Zuständigkeit des Kantons eine übergeordnete und koordinierte Sichtweise (Gewässer liegen oftmals in verschiedenen Gemeinden,
d.h. es bedarf einer einzugsgebietsbezogenen Betrachtungsweise) sowie ein einheitlicher Vollzug sichergestellt werden. Die Gemeinden wirken mit. Sie haben bei der
Grundlagenerarbeitung, bei der Festlegung der Zielvorgaben und der Lösungsansätze
ihre Kenntnisse und Informationen sowie ihre Absichten einzubringen. Es wird ihnen die
Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Mitwirkung der Grundeigentümer ist
dagegen auf dieser Stufe nicht vorgesehen. Die Grundeigentümer können ihre Interessen auf der Stufe „Korrektionsprojekt“ bzw. „Umsetzung in die Nutzungsplanung“ einbringen, d.h. im Rahmen der grundeigentümerverbindlichen Umsetzung dieser Instrumente.
18/38
2.
Wasserbau
2.1.
Allgemeine Bestimmungen
§3
Grundsatz (bisher § 1)
In Abs. 1 wird der Zweck des Wasserbaus moderner umschrieben. Des Weiteren wird
betont, dass naturnahe Gewässer zu erhalten oder - entsprechend der Verpflichtung
von Art. 38a GSchG - wiederherzustellen sind. Auch der Kantonale Richtplan beinhaltet
als Planungsgrundsatz die Revitalisierung der Gewässer (vgl. KRP, Stand Juni 2009,
Kap. 2.9). Bei den „erheblichen Sachwerten“ handelt es sich um Sachwerte, welche im
Schadensfall zu einem ökonomischen Verlust von gewisser Tragweite führen, d.h. Gebäude, Infrastrukturanlagen, Fahrnis, landwirtschaftliche Kulturen, Betriebsausfälle etc.
Auch der Begriff der „naturnahen Gewässer“ ist auslegungsbedürftig: Naturnahe Gewässer verändern sich ständig und sind hochgradig vernetzt. Das Flussbett bildet zusammen mit der Aue sowie dem Land-Wasser-Übergangsbereich eine dynamische
Einheit, den Flusskorridor. Naturnahe Fliessgewässer sind zudem eng mit dem Gewässergrund verzahnt und in Fliessrichtung durchgängig. Naturnahe stehende Gewässer
weisen Uferabschnitte auf, die in naturnahe Lebensräume zurückgeführt wurden, in denen wieder natürliche biologische Prozesse stattfinden können.
In Abs. 2 wird die Hierarchie der Massnahmen definiert (Unterhalt, raumplanerische
Massnahmen, Korrektion). Der Schutz vor den schädlichen Einwirkungen des Wassers
erfolgt in erster Linie durch den Unterhalt der Gewässer und in zweiter Linie durch
raumplanerische Massnahmen. Diese Massnahmen haben den Vorrang. Kann damit
kein ausreichender Schutz sichergestellt werden, sind Korrektionsmassnahmen zu ergreifen.
2.2.
Flüsse und Bäche
2.2.1. Allgemeines
§4
Flüsse (bisher § 2)
Die Einstufung bzw. Unterscheidung Flüsse/Bäche, welche seit dem Inkrafttreten des
Wasserbaugesetzes vom 25. April 1985 in dieser Form gilt, wird grundsätzlich beibehalten. Eine Änderung erfolgt beim Seerhein. Die Insel Langenrain ist in den neuen Landeskarten nicht mehr als solche, sondern als Triboltinger Bol benannt. Des Weiteren erscheint der Verweis auf die Insel als Abgrenzung des Seerheins ungenau, weshalb neu
auf die Gemeindegrenze Gottlieben/Ermatingen Bezug genommen wird. Auch betreffend die Goldach erfolgt eine Konkretisierung (vgl. in diesem Zusammenhang auch
Übereinkunft betreffend die Korrektion der Goldach bei Horn, RB 721.21).
§5
Bäche (bisher § 3)
Unter dieser Bestimmung erfolgt - in Abgrenzung zum Bach - eine Definition der Ent19/38
wässerungsanlage. Das Amt für Umwelt hat für die Beurteilung der Frage, ob es sich
bei einem bestimmten Abschnitt um ein Fliessgewässer oder um eine Entwässerungsanlage handelt, einen Leitfaden entwickelt. Gemäss diesem Leitfaden sind folgende Kriterien zu beachten:
- Einzugsgebietsgrösse von in der Regel mindestens 3-5 ha;
- Entwässerung mehrerer Grundstücke;
- Einigermassen permanente Wasserführung, evtl. Quellzufluss (seltenes Trockenfallen);
- Bestätigung durch alte Pläne (z.B. Meliorationspläne) und Karten;
- Beschaffenheit des Gerinnes (kiesig-sandige Sohle, Vegetation);
- evtl. Durchmesser der Leitung (Fliessgewässer ≥ 20 cm).
Diese Kriterien wurden in der Vergangenheit konsequent angewendet und in einem
Rechtsfall durch das Verwaltungsgericht bestätigt. Sie werden in die Verordnung aufgenommen.
§ 6 Bachabgrenzung (bisher § 3 bzw. neu)
Als Resultat des Entscheids des Verwaltungsgerichtes VG.2009.114/E betreffend
Bachabgrenzung wird das Verfahren zur Abgrenzung Bach/Entwässerungsanlage konkretisiert. Den Betroffenen muss Gelegenheit geboten werden, sich am Verfahren zu
beteiligen. Dies erfolgt, wo der Kreis der Betroffenen begrenzt und bekannt ist, durch
persönliche Mitteilung. In den anderen Fällen durch Publikation im Amtsblatt. Des Weiteren wird festgehalten, dass eine Abgrenzung nur dann von Amtes wegen erfolgt,
wenn öffentliche Interessen dies gebieten. In den übrigen Fällen erfolgt eine Bachabgrenzung auf Gesuch eines Betroffenen oder der Gemeinde.
§7
Interkantonale Gewässer (neu)
Für die interkantonale Zusammenarbeit wird im Gesetz eine Grundlage geschaffen. Da
eine solche Zusammenarbeit vor allem auch für Bäche notwendig ist, wird ausdrücklich
auch den Gemeinden die Kompetenz zur Schliessung von interkantonalen Übereinkünften zugesprochen. Verträge der Gemeinden mit ausserkantonalen Stellen bedürfen allerdings der Genehmigung des Kantons. Damit werden eine einheitliche Praxis sowie
die Wahrung der Interessen des Kantons sichergestellt.
2.2.2. Unterhalt
§8
Grundsatz (bisher § 5)
Der Unterhalt wird verständlicher umschrieben. Mit Blick auf die Bedeutung des Unterhaltes für die Hochwassersicherheit wird neu klargestellt, dass nicht nur Gerinne und
20/38
Ufer, sondern auch Dämme und weitere Anlagen des Hochwasserschutzes in einem
guten Zustand zu erhalten sind. Des Weiteren wird die Aufzählung der Massnahmen,
welche als Unterhalt gelten, aufgrund der Erfahrungen aus der Praxis bereinigt.
Hinweis zu Abs. 2 Ziff. 2:
Unter Wuhrwegen sind jene Wege entlang der Gewässer zu verstehen, welche zur Gehölzpflege bzw. zum Unterhalt der Gewässer benötigt werden. Da diesen Wegen in der
Praxis weiterhin eine Bedeutung zukommt, wird an diesem Begriff festgehalten.
Hinweis zu Abs. 2 Ziff. 3:
Unter „grossen Schwemmholzansammlungen“ ist eine Anschwemmung von Holz zu
verstehen, welche mit Bezug auf die Hochwassersicherheit zu kritischen Situationen
führen kann. Daraus folgt, dass nicht jegliches Holz entfernt werden soll. Totholz in Gewässern ist aus ökologischer Sicht sehr wertvoll. Ein entsprechendes Ausräumen der
Gewässer ist nicht erwünscht (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ausführungen zu
§§ 31 und 47 sowie unter Ziff. V Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens).
Hinweis zu Abs. 2 Ziff. 5:
Zur Ufervegetation gehören Ufergehölze, Wald und andere Bestockungen sowie Schilf
etc. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis anzubringen, dass Unterhaltskonzepte
unter anderem auch die standortgerechte Bepflanzung (vgl. § 10 Abs. 1 Ziff. 5) festlegen. Die Ufer sind somit grundsätzlich standortgerecht zu bepflanzen. Bei dieser Bestimmung geht es aber generell um die Pflege der vorhandenen Ufervegetation. Auch
die Pflege nicht standortgerechter Ufervegetation (sofern es sich hier nicht um Neophyten handelt) muss sichergestellt sein.
Hinweis zu Abs. 2 Ziff. 7:
Das Entfernen von lokalen Auflandungen umfasst auch das Freihalten von Einläufen,
von Drainagen und Entwässerungsanlagen.
Hinweis zu Abs. 2 Ziff. 9:
Die Bekämpfung der Neophyten ist bereits heute im Pflichtenheft der Unterhaltskonzepte (vgl. § 10) enthalten. Entsprechend der Bedeutung dieser Aufgabe rechtfertigt es sich
jedoch, sie auf Gesetzesstufe zu verankern.
§9
Zuständigkeit (bisher § 6)
Die Zuständigkeiten beim Unterhalt der Flüsse und Bäche bleiben gleich wie im heutigen Gesetz. Das Mähen der Uferböschungen und der Dämme ist weiterhin Sache der
Anstösser. Auch die Verpflichtung zur Entfernung von Abfall aus Fliessgewässern verbleibt bei den Gemeinden. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass statt
des Begriffs „Unrat“ neu der Begriff „Abfall“ verwendet wird. Vernachlässigen die Gemeinden ihre Unterhaltspflichten, richten sich entsprechende Sanktionen inskünftig
21/38
nach § 53.
Aus verschiedenen Kreisen wurde angeregt, der Unterhalt der eingedolten Bäche solle
inskünftig den Grundeigentümern auferlegt werden, da diese durch die Eindolung einen
wesentlichen Vorteil erfahren. Unklar wäre jedoch bei einer solchen Lösung, wie das
Verfahren auszugestalten und wie die Beiträge von Dritten zu würdigen wären. Aus diesem Grunde ist davon abzusehen. Um der besonderen Situation bei Eindolungen gerecht zu werden, wird nun neu allerdings die Verpflichtung der Grundeigentümer zur
Leistung eines namhaften Beitrags an den Unterhalt von Eindolungen in das Gesetz
aufgenommen (vgl. § 27 Abs. 2).
§ 10 Unterhaltskonzept (bisher § 6a)
Der Unterhalt ist für die Hochwassersicherheit von zentraler Bedeutung. Entsprechend
ist dem Unterhalt ein hoher Stellenwert beizumessen. Dessen Qualität lässt sich - wie
die Erfahrungen in jenen Gemeinden, welche die Bestimmung bereits umgesetzt haben
zeigen - mit dem Unterhaltskonzept verbessern. Es hat sich mit anderen Worten in der
Praxis bewährt, weshalb der heutige § 6a im Wesentlichen unverändert übernommen
wird. Als weiterer Inhalt wird unter Abs. 1 Ziff. 5 allerdings neu die standortgerechte Bepflanzung erwähnt. Der Umfang der Arbeiten wird in der bereits vorhandenen und den
Gemeinden zur Verfügung gestellten Vollzugshilfe des Amtes für Umwelt „Unterhaltskonzept Bäche“ näher umschrieben. Unterhaltskonzepte werden durch das Amt für
Umwelt einer formlosen fachlichen Überprüfung unterzogen. Ein eigentliches Genehmigungsverfahren findet nicht statt.
§ 11 Informations- und Meldepflicht (bisher § 7 bzw. neu)
Das Verfahren beim Unterhalt wird detaillierter geregelt. Es wird eine generelle Meldepflicht sämtlicher Unterhaltsarbeiten eingeführt. Die Unterhaltsmassnahmen dürfen
ausgeführt werden, wenn sie dem Unterhaltskonzept gemäss § 10 entsprechen. Bis
zum Vorliegen des Unterhaltskonzeptes bedürfen Unterhaltsmassnahmen der vorgängigen Bewilligung des Kantons (vgl. § 56). Die Meldepflicht stellt gegenüber der heutigen Lösung eine Vereinfachung dar. Heute bedürfen gestützt auf § 23 WBG (Eingriffsverbot) sämtliche Eingriffe der Bewilligung. Dieses Eingriffsverbot bzw. das daran geknüpfte Bewilligungsverfahren wird nun - entsprechend der gelebten Praxis - vereinfacht. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass das Unterhaltskonzept allein noch
keine Gewähr für einen guten Unterhalt bietet. Aus diesen Gründen kann auf die Meldepflicht nicht verzichtet werden. Der Aufwand für die Meldung ist im Übrigen für beide
Seiten gering. Die Meldung erfolgt in der Regel mit einem einseitigen Formular.
Der Verweis auf Bewilligungen nach Waldgesetz bezieht sich in erster Linie auf die Bewilligung nach § 25 Abs. 1 des Waldgesetzes (WaldG; RB 921.1).
Beitragspflichtige müssen sich gegen die Auferlegung der Kosten zur Wehr setzen können. Dies erfolgt jedoch erst im Rahmen der Schlussabrechnung (vgl. § 30). Vorher
22/38
ergeht lediglich eine Anzeige, dass die Unterhaltsmassnahmen ausgeführt werden. Der
Zeitpunkt der Meldung wird im Gesetz bewusst offen gelassen. Damit soll den Behörden ermöglicht werden, von Fall zu Fall angemessen auf die jeweilige Situation reagieren zu können. Die Anzeige erfolgt praxisgemäss im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit den betroffenen Grundeigentümern, wobei die einzelnen Massnahmen
gleich vor Ort erläutert werden können. Gegen die Arbeiten an sich besteht kein
Rechtsmittel. Die Beitragspflichtigen können sich mit anderen Worten nicht gegen die
Unterhaltsmassnahmen wehren, sondern nur, dass sie an diesen Kosten beteiligt werden. So kann namentlich vorgebracht werden, dass keine Kostenbeteiligungspflicht besteht oder dass die Massnahmen und die daraus entstandenen Kosten unverhältnismässig seien. Würde den Betroffenen auch bei Unterhaltsarbeiten ein weitreichendes
Mitspracherecht eingeräumt, bestünde die Gefahr, dass dringende Arbeiten nicht rechtzeitig ausgeführt werden. Es gilt zu beachten, dass Unterhaltsarbeiten oftmals nur zu
bestimmten Zeiten im Jahr durchgeführt werden können.
2.2.3. Korrektion
§ 12 Grundsatz (bisher § 8)
Die Definition der Korrektion wird im Wesentlichen beibehalten, im Einzelnen jedoch
etwas moderner gestaltet. Des Weiteren wird im Sinne der kantonalen Rechtsprechung
bzw. im Sinne der Revision des GSchG die Aufzählung um Revitalisierungen im Sinne
von Art. 4 lit. m GSchG ergänzt.
Des Weiteren wird die Aufzählung der Massnahmen, welche als Korrektion gelten, um
jene Unterhaltsarbeiten, die bis anhin als baulicher Unterhalt bezeichnet wurden, erweitert (Ziff. 5). Der Grund liegt darin, dass diese Unterhaltsarbeiten öffentliche und unter
Umständen auch private Interessen tangieren und nicht ohne entsprechendes Verfahren mit öffentlicher Auflage durchgeführt werden können. Die bundesrechtlichen Vorschriften über Fischerei sowie Natur- und Heimatschutz lassen es nicht zu, bestimmte
Sachverhalte auf kantonaler Stufe als nichtbewilligungspflichtig zu erklären. Das in § 11
Abs. 1 neu geschaffene Meldeverfahren genügt für diese Massnahmen somit nicht. Aus
diesem Grunde werden Unterhaltsmassnahmen, die den Rahmen des reinen Unterhaltes sprengen, neu unter die Korrektionsmassnahmen subsumiert.
§ 13 Zuständigkeit (bisher § 9)
Die Zuständigkeiten haben sich bewährt und sollen beibehalten werden. Flusskorrektionen obliegen weiterhin dem Kanton und Bachkorrektionen der Gemeinde.
§ 14 Gemeindeübergreifende Bachkorrektionen (neu)
Beim Hochwasserschutz stehen in jüngerer Zeit vermehrt Probleme an, die sich nicht
durch lokale Massnahmen lösen lassen. Es ist das ganze Einzugsgebiet eines Gewäs23/38
sers zu betrachten. Für solche Fälle wird neu die Möglichkeit geschaffen, dass der Kanton bei gemeindeübergreifenden Bachkorrektionsprojekten von regionaler Bedeutung
für die Planung oder Durchführung zuständig sein kann, falls die Gemeinden diesem
Vorgehen zustimmen. Die Kostentragung richtet sich in diesen Fällen nach § 24, d.h.
erfolgt analog der Kostentragung bei den Bächen. Damit ergeben sich weder für den
Kanton noch für die Gemeinden finanzielle Konsequenzen. Mit Abs. 3 wird klargestellt,
dass die Zuständigkeit für den Unterhalt der betroffenen Bachabschnitte bei den jeweiligen Gemeinden verbleibt.
§ 15 Projekt (bisher § 10)
Abs. 1 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 10 Satz 1. Welche Unterlagen mit
dem Projekt im Detail zu erarbeiten sind, wird neu in der Verordnung geregelt.
§ 16 Genehmigung von Bachkorrektionen (bisher § 10)
Bachprojekte sind nach Rechtskraft des Projektes und des Kostenteilers durch den
Kanton zu genehmigen. Im Rahmen dieser Genehmigung prüft der Kanton, ob das Projekt den Grundlagen von § 2 entspricht. Des Weiteren wird der Kantonsbeitrag festgelegt. Vor der öffentlichen Auflage ist das Bachprojekt dem Kanton zur Vorprüfung einzureichen. Eine positive Vorprüfung durch den Kanton steht allerdings immer unter dem
Vorbehalt des Rechtsmittelverfahrens. Es ist mit anderen Worten nicht auszuschliessen, dass ein Bachprojekt trotz positiver Vorprüfung durch den Kanton aufgrund der
Einwände Betroffener zu überarbeiten ist.
§ 17 Baubeschluss über Flusskorrektionen (neu)
Mit dieser neuen Bestimmung wird klargestellt, dass der Grosse Rat mit dem Voranschlag abschliessend über Kredite für Flusskorrektionen entscheidet. Vorhaben von besonderer Bedeutung können ihm separat unterbreitet werden. Damit wird die bisherige
Praxis im Gesetz festgeschrieben.
§ 18 Verfahren (bisher § 11)
Das Verfahren ist bis anhin sehr oberflächlich geregelt und wird nun neu detaillierter
umschrieben. Es werden keine eigentlichen Änderungen eingeführt, sondern die gelebte Praxis wird rechtlich verankert. Vor allem wird klar gestellt, dass sowohl gegen das
Projekt als auch gegen den Kostenteiler Einsprache erhoben werden kann und dass die
Auflage auch den Beitragspflichtigen mitzuteilen ist. Einspracheberechtigt ist, wer durch
das Projekt oder den Kostenteiler berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse hat. Diese Formulierung entspricht dem Wortlaut von § 103 Abs. 1 PBG, weshalb sich Auslegung und Praxis an jener Bestimmung orientieren. Die Legitimation der Umweltschutzverbände richtet sich nach Art. 55 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG;
24/38
SR 814.021) bzw. nach Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz
(NHG; SR 451) und § 24 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Natur und der
Heimat (NHG TG; RB 450.1).
Des Weiteren wird ausdrücklich geregelt, wie bei Projektänderungen (bspw. in Folge einer Einsprache) zu verfahren ist. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Gemeinden Projektänderungen auf jeden Fall dem Kanton mitzuteilen haben. So kann abgeschätzt werden, ob das Projekt immer noch den Grundlagen gemäss § 2 entspricht
oder ob - entgegen der Auffassung der Gemeinde - die Änderungen eine nochmalige
Auflage erfordern. Schliesslich wird festgehalten, dass das Einspracheverfahren kostenlos ist. Anders als im Baubewilligungsverfahren wurden bis anhin keine Erfahrungen mit
querulatorischen oder trölerischen Einsprachen gemacht. Die Parteientschädigung richtet sich nach § 80 Abs. 5 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRG;
RB 170.1).
§ 19 Baubeginn (neu)
Diese Bestimmung ist neu und ebenfalls aus der Erfahrung mit Hochwasserschutzprojekten entstanden. Es wird generell geregelt, dass mit den Bauarbeiten erst begonnen
werden kann, wenn das Projekt und der Kostenteiler in Rechtskraft erwachsen sind. Bei
Bachprojekten ist darüber hinaus die Genehmigung des Kantons erforderlich. Ferner
wird die Möglichkeit des vorzeitigen Baubeginns bei Dringlichkeit bzw. ausgewiesenem
Schutzdefizit ausdrücklich im Gesetz verankert.
§ 20 Verhältnis zum Baulinien- und Gestaltungsplan
Der Gestaltungsplan dient gemäss § 23 PBG unter anderem der architektonisch guten,
auf die bauliche und landschaftliche Umgebung und die besonderen Nutzungsbedürfnisse abgestimmten Bebauung, Verdichtung oder Erneuerung. Im Nichtbaugebiet dient
der Gestaltungsplan vornehmlich der Landschaftsgestaltung. Mit Blick auf diesen Zweck
drängt es sich auf, dass auch Korrektionen von Fliessgewässern (bspw. die Verlegung
eines Baches oder eine Ausdolung) mittels Gestaltungsplan vorgespurt werden können.
Zum gleichen Zwecke sollen Baulinien ausgeschieden werden können. Ist die Lage eines Fliessgewässers durch einen Baulinien- oder Gestaltungsplan festgelegt, soll davon
aus Gründen der Planungssicherheit im Projekt nur insoweit abgewichen werden können, als der Plan in den wesentlichen Zügen nicht geändert wird.
Da die Aufzählung des möglichen Inhaltes eines Gestaltungsplanes gemäss § 24
Abs. 1 PBG abschliessend ist, muss hierfür die Aufzählung entsprechend ergänzt werden (vgl. Ausführungen unter Ziff. IV. Anpassung der kantonalen Gesetzgebung).
2.2.4. Finanzierung
§§ 21-23 Flüsse, Beiträge der Gemeinden an die Kosten für den Unterhalt und an die
Kosten für Korrektionen (bisher § 12)
25/38
Der Wasserbau stellt eine Verbundaufgabe dar. Dementsprechend sind auch die finanziellen Aufwendungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden aufzuteilen. Der Kanton trägt wie bis anhin die Kosten für den Unterhalt und die Korrektion der Flüsse. Die
Gemeinden haben sich an diesen Kosten zu beteiligen. Es findet allerdings eine Vereinfachung statt. Für den Gemeindeanteil wird neu ein fixer Prozentsatz festgelegt. Dieser
beträgt beim Unterhalt 25% der Kosten für die im Gemeindegebiet durchgeführten
Massnahmen und entspricht somit dem Beitrag, welcher der Kanton an den Unterhalt
der Bäche ausrichtet (vgl. auch Ausführungen zu § 24-26). Bei den Korrektionen beträgt
der Anteil 5%. Sind mehrere Gemeinden vom Projekt betroffen, so beträgt deren Anteil
gesamthaft 5%. Wie die Aufteilung unter den Gemeinden erfolgt, wird in der Verordnung
genauer geregelt. Entsprechend den Erfahrungen aus Flusskorrektionsprojekten der
letzten Jahre werden für die Aufteilung insbesondere folgende Kriterien herangezogen:
Hochwassergefährdung, das heisst Schadenpotential in der jeweiligen Gemeinde, Gemeindefläche innerhalb des Planungsperimeters, Anstosslänge an das Gewässer, wobei hierbei die Pflichtstrecken Dritter nicht berücksichtigt werden sowie Nutzen des Projektes für die betroffenen Gemeinden mit Bezug auf Ökologie bzw. Freizeitnutzung. Der
Anteil von 5% entspricht dem Durchschnitt der in den letzten Jahren festgelegten Gemeindeanteile. Von finanziellen Konsequenzen aufgrund dieser Änderung ist somit nicht
auszugehen.
§§ 24-26 Bäche, Beiträge des Kantons an die Kosten für den Unterhalt und an die
Kosten für Korrektionen (bisher § 13-13b)
Der Wasserbau stellt eine Verbundaufgabe dar. Dementsprechend sind auch die finanziellen Aufwendungen zwischen dem Kanton und den Gemeinden aufzuteilen. Die Gemeinden tragen wie bis anhin die Kosten für den Unterhalt und die Korrektion der Bäche. Der Kanton richtet Beiträge aus. Unverändert bleibt der Anteil von 25% beim Unterhalt. Dieser Beitrag wird gesprochen, wenn die Gemeinden ein Unterhaltskonzept erstellt haben und die Massnahmen diesem Konzept entsprechen.
Beiträge an Bachkorrektionen werden geleistet, sofern die Massnahmen den Grundlagen von § 2 entsprechen. Die Beiträge belaufen sich auf 60% der Kosten. Handelt es
sich um Revitalisierungsmassnahmen mit einem grossen ökologischen Nutzen für Natur
und Landschaft oder werden eingedolte Gewässer geöffnet, erhöht sich der Beitrag auf
bis zu 80%. Diese Zusatzfinanzierung wird mit anderen Worten bei jenen Projekten gewährt, welche über das Minimum an naturnaher Gestaltung hinausgehen und damit
weitergehende ökologische Defizite beseitigen. An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen,
dass die Revitalisierung ein Auftrag aus der Gesetzgebung des Bundes darstellt. Darauf
kann mit anderen Worten nicht verzichtet werden. Demzufolge sind unter diesem Titel
auch Beiträge des Kantons zu sprechen.
Um Doppelzahlungen zu verhindern, bestimmt Abs. 3 dieser Bestimmung, dass projektbezogene Beiträge des Bundes in den Beiträgen des Kantons enthalten sind.
26/38
§ 27 Beiträge Dritter an die Kosten für den Unterhalt (bisher § 14 bzw. neu)
Dritte werden wie bis anhin unter bestimmten Voraussetzungen an den Kosten für den
Unterhalt beteiligt. Die Kostenbeteiligung Dritter beim Unterhalt präsentiert sich wie
folgt: Sind Uferverbauungen im Interesse angrenzender Grundstücke besonders gestaltet worden (bspw. aufgrund von Einsprachen während der öffentlichen Auflage des Korrektionsprojektes wurde statt eines Dammes eine Plexiglasmauer erstellt), können den
Grundeigentümern oder Anstössern die zusätzlichen Unterhaltskosten im Verhältnis
zum Vorteil überbunden werden. Die Höhe der Kostenbeteiligung Dritter lässt sich im
Gesetz nicht abschliessend festlegen. Wie erwähnt, variiert sie je nach Vorteil, der dem
Dritten aus der besonderen Gestaltung der Uferverbauung entsteht. Die Verpflichtung
zur Übernahme der zusätzlichen Unterhaltskosten ist im Grundbuch anzumerken.
Der Unterhalt der eingedolten Bächen obliegt - wie bis anhin - den Gemeinden. Neu ist
allerdings die grundsätzliche Verpflichtung des Grundeigentümers, sich an den Kosten
für den auf seinem Grundstück durchgeführten Unterhalt der eingedolten Bäche im Umfang von 40% zu beteiligen und zwar unabhängig davon, ob sich der Bach im Baugebiet
oder Nichtbaugebiet befindet (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ausführungen zu
§ 9). Damit wird der Vorteil, der dem Grundeigentümer durch die Eindolung entsteht,
abgegolten. Es gilt zu beachten, dass Eindolungen in aller Regel erfolgten, um die Nutzung des Grundstückes zu erhöhen, d.h. im Interesse der Grundeigentümer. Die Hochwassersicherheit hat dabei, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Rolle gespielt.
§ 28 Beiträge Dritter an die Kosten für Korrektionen (bisher § 14 bzw. neu)
Dritte werden wie bis anhin unter bestimmten Voraussetzungen an den Kosten für Korrektionen beteiligt. Bringt eine Korrektion einem Dritten besondere Vorteile, sind diesem
die Kosten im Verhältnis zum Vorteil aufzuerlegen. Ein besonderer Vorteil liegt insbesondere vor, wenn Massnahmen im Hinblick auf die konkreten Interessen Dritter in Abweichung vom eigentlich Notwendigen gestaltet wurden (bspw. aufgrund von Einsprachen während der öffentlichen Auflage des Korrektionsprojektes wurde statt eines
Dammes eine Plexiglasmauer erstellt). Die Höhe der Kostenbeteiligung Dritter lässt sich
im Gesetz nicht abschliessend festlegen. Wie erwähnt, variiert sie je nach Vorteil, der
dem Dritten aus der Abweichung vom eigentlich Notwendigen entsteht. In der Regel
werden dem Dritten die Mehrkosten auferlegt, d.h. die Differenz zwischen dem aufgelegten Projekt und den Wünschen des Dritten.
Auf den Hinweis auf das gesetzliche Grundpfandrecht für Beiträge Dritter wird verzichtet. Stattdessen wird in den Übergangsbestimmungen § 68 des Einführungsgesetzes
zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG ZGB; RB 210.1) angepasst.
§ 29 Anlagen (bisher § 15 und 27 bzw. neu)
Diese Bestimmung regelt generell die Kostenbeteiligung Dritter, wenn deren Anlagen
Unterhalt oder Korrektion erschweren oder verunmöglichen, falls hierfür keine Pflicht27/38
strecken gemäss § 38 ausgeschieden werden wie bspw. bei Leitungen oder ähnlichem.
Bei Rohrleitungen gehen unter Vorbehalt abweichender Vereinbarungen diese Kosten
allerdings gestützt auf Art. 29 Abs. 1 des Bundesgesetzes über Rohrleitungsanlagen
zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn- oder Treibstoffe (RLG; SR 746.1) zu
Lasten des Projektes. Umso wichtiger ist es, die Bewilligung solcher Anlagen (soweit
überhaupt in der Kompetenz des Kantons) inskünftig mit der Auflage zu verbinden, dass
die Kosten der Verlegung zu Lasten der Inhaber der Anlage gehen.
§ 30 Abrechnung (neu)
In dieser Bestimmung wird der Rechtsschutz im Zusammenhang mit der Schlussabrechnung neu ausdrücklich im Gesetz geregelt.
2.3.
Seen und Weiher
§ 31 Uferunterhalt (bisher §§ 20 und 21 bzw. neu)
In § 31 wird in Anlehnung an die Fliessgewässer auch bei Seen und Weihern der Begriff
des Unterhaltes sowie eine Definition desselben eingeführt. Der Uferunterhalt ist grundsätzlich Sache der Grundeigentümer oder Anstösser und zwar bei sämtlichen Seen und
Weihern, das heisst auch beim Bodensee und Untersee. Bis anhin oblag die Uferreinigung beim Bodensee und Untersee den Gemeinden. Mit Blick auf die grosse Anzahl an
Privatgrundstücken entlang dieser Gewässer sowie die damit verbundene beschränkte
öffentliche Zugänglichkeit der Ufer lässt sich jedoch eine solche Lösung nicht länger
rechtfertigen. Bei Missständen hat die Gemeinde auf Kosten der Grundeigentümer oder
Anstösser die entsprechenden Massnahmen zu ergreifen.
Eine spezielle Regelung erfährt die Schwemmholzbeseitigung nach Hochwasserereignissen bei Bodensee und Untersee, soweit sie zur Freihaltung der Gewässer für die
Schifffahrt oder zum Schutz von Schilfbeständen notwendig ist. Diesfalls liegt die Zuständigkeit beim Kanton (vgl. § 47). Eine darüber hinausgehende Entfernung von
Schwemmholz aus Seen und Weihern ist nicht erforderlich. Schwemmholz kommt bei
diesen Gewässern bei der Hochwassersicherheit nur eine untergeordnete Bedeutung
zu. Hier überwiegt eindeutig der ökologische Nutzen des Totholzes (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ausführungen zu § 47 sowie unter Ziff. V Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens).
§ 32 Revitalisierungen (neu)
Revitalisierungen am Bodensee und Untersee obliegen inskünftig der Gemeinde. Aufgrund der Bedeutung dieser Gewässer sowie des öffentlichen Interesses an der Revitalisierung deren Ufer ist es angezeigt, hier eine Zuständigkeit des Gemeinwesens zu statuieren. Für Revitalisierungen ist ein Verfahren durchzuführen, welches sicherstellt,
dass die Interessen Dritter berücksichtigt werden. Das Verfahren entspricht daher je28/38
nem bei Korrektionsprojekten an Fliessgewässern. Die Aufwendungen für Revitalisierungen beim Bodensee und Untersee gehen zu Lasten der Gemeinde. Der Kanton beteiligt sich in analoger Anwendung von § 26 Abs. 2 und 3 an den Kosten. Die Kostenbeteiligung Dritter richtet sich nach § 28.
Massnahmen, welche den reinen Unterhalt sprengen, wie namentlich das Erstellen oder
Ändern von Uferverbauungen oder der bauliche Unterhalt (Unterhaltsarbeiten, welche
mit Eingriffen in die Sohle oder Böschung verbunden sind, die Entfernung von Ufervegetation vorsehen oder zeitlich beschränkte Änderungen des Wasserabflusses zur Folge haben), werden nicht speziell erwähnt. Dasselbe gilt für Revitalisierungsmassnahmen an den übrigen Seen und Weihern, d.h. nicht am Bodensee und Untersee. Für solche Massnahmen statuiert der Gesetzgeber keine Verpflichtung des Gemeinwesens.
Auch die Grundeigentümer oder Anstösser sind zur Vornahme entsprechender Massnahmen nicht verpflichtet. Solche Massnahmen bedürfen jedoch, da sie in der Regel mit
einem Eingriff in das Hochwasserprofil bzw. den Gewässerraum verbunden sind, einer
Bewilligung des Kantons. Je nach Umfang der Arbeiten richtet sich das Verfahren nach
§ 37 oder § 15 WNG.
§ 33 Kantonsbeiträge an Private (neu)
Die Anstösser tragen die Kosten für den erforderlichen Uferunterhalt. Es ist in diesem
Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass viele private Seen und Weiher innerhalb einer Naturschutzzone liegen und die Pflege solcher Objekte bereits gestützt auf das Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat (NHG; RB 450.1) abgegolten
ist (vgl. § 11 Abs. 1 Ziff. 1 der Verordnung des Regierungsrates zum Gesetz zum
Schutz und zur Pflege der Natur und der Heimat; NHV, RB 450.11).
Werden mit Massnahmen zur Uferkorrektion ökologische Defizite beseitigt und eine
massgebliche Aufwertung erreicht, können auf Gesuch hin im Sinne eines Anreizes
Kantonsbeiträge ausgerichtet werden. Die Bestimmung ist bewusst als „KannBestimmung“ formuliert, da auch hier zu beachten gilt, dass für Aufwertungen unter
Umständen bereits gestützt auf das NHG Beiträge geleistet werden und Doppelzahlungen für ein und dieselbe Leistung vermieden werden sollen (vgl. Abs. 2).
3.
Gewässerraum und Wasserbaupolizei
§ 34 Gewässerraumlinien (neu)
Als Ausgangslage für die Festlegung des Gewässerraumes dienen die Grundlagen von
§ 2. Bei der Ausarbeitung dieser Grundlagen wirken die Gemeinden mit (vgl. Ausführungen zu § 2). Damit wird der Einbezug der Interessen der Gemeinden sichergestellt.
In Abs. 2 wird die Möglichkeit zum Verzicht auf die Festlegung des Gewässerraumes
gemäss den Bestimmungen des Bundesrechts explizit erwähnt. Dies ist erforderlich, da
ansonsten der Eindruck entstehen könnte, dass das kantonale Recht strenger ist als
29/38
das Bundesrecht.
Im Zusammenhang mit dieser Bestimmung ist im Übrigen auf die Ausführungen unter
Ziff. II. „Die wichtigsten Revisionspunkte im Überblick“ zu verweisen.
§ 35 Gestaltung und Bewirtschaftung des Gewässerraumes (neu)
Für die zulässige Gestaltung und Bewirtschaftung des Gewässerraumes stellt das Bundesrecht Vorgaben auf. Den Kantonen steht es nicht zu, hierzu eigenständige Bestimmungen zu erlassen. Der Klarheit und besseren Verständlichkeit halber wird an dieser
Stelle auf den entsprechenden Art. 41c GSchV verwiesen.
Bauten und Anlagen im Gewässerraum bedürfen einer Baubewilligung im Sinne von
§ 98 PBG sowie der Zustimmung des Kantons. Durch die Mitwirkung des Kantons wird
eine einheitliche Praxis bei der Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe von
Art. 41c GSchG sichergestellt. Befinden sich die Bauten und Anlagen innerhalb des
Hochwasserprofils, sind sie im Verfahren nach § 15 WNG zu beurteilen.
Im Zusammenhang mit dieser Bestimmung ist im Übrigen auf die Ausführungen unter
Ziff. II. „Die wichtigsten Revisionspunkte im Überblick“ zu verweisen.
§ 36 Hochwasserprofil (bisher § 22 Abs. 2 bzw. neu)
Es erfolgt an dieser Stelle eine Definition des Hochwasserprofils. Dabei ist es nicht
möglich, dieser Bestimmung ein fixes Hochwasser zu Grunde zu legen. Wieviel Wasser
ein Gerinne ableiten muss, richtet sich nach dem Schutzziel der Nutzungen im betrachteten Gewässerabschnitt (vgl. Schutzzielmatrix in Ziff. 1.10 KRP TG vom Juni 2009). In
Abs. 2 wird sodann aufgezeigt, auf wessen Veranlassung bzw. in welchen Fällen das
Hochwasserprofil festzulegen ist. Das Hochwasserprofil für Bodensee und Untersee
wird unverändert direkt in der Verordnung festgelegt.
§ 37 Wasserbaupolizeiliche Bewilligung (bisher § 23)
Eingriffe im Hochwasserprofil und in wasserbauliche Anlagen wie Hochwasserdämme,
Uferverbauungen oder Sohlensicherungen bedürfen der Bewilligung des Kantons. Davon ausgenommen sind Unterhaltsmassnahmen bei Flüssen und Bächen im Sinne der
§§ 8-11 sowie das Entfernen von Abfall aus Seen und Weihern.
Die Behebung des rechtswidrigen Zustandes bei Eingriffen, die ohne Bewilligung ausgeführt werden, ist aus systematischen Überlegungen neu unter dem Titel „Verwaltungszwang und Strafen“ geregelt (§ 52).
30/38
§ 38 Pflichtstrecken (bisher § 24)
Diese Bestimmung entspricht mehrheitlich dem bisherigen § 24. Gestrichen wird allerdings Satz 2 von Abs. 1, wonach für Brücken, Stege und Fähren zusätzlich die Öffnung
für den öffentlichen Verkehr verlangt werden kann. Brücken, Stege, und Fähren bedürfen grundsätzlich einer Konzession bzw. Bewilligung nach Wassernutzungsgesetz
(WNG; RB 721.8), so dass mit der Inkraftsetzung dieses Gesetzes der entsprechende
Vorbehalt im Zusammenhang mit Pflichtstrecken bei wasserbaulichen Bewilligungen
überflüssig geworden ist.
Mit der Änderung von Abs. 2 wird festgehalten, dass bei bestehenden Anlagen eine
Pflichtstrecke angepasst oder festgesetzt werden kann. Eine Verpflichtung hierzu besteht allerdings nicht.
§ 39 Ufervegetation (neu)
Eingriffe in die Ufervegetation werden neu in einer separaten Bestimmung geregelt. Sie
sind gestützt auf Art. 21 Abs. 1 NHG grundsätzlich untersagt. Ausnahmen bedürfen,
soweit sie nicht in einem anderen Verfahren nach diesem Gesetz (namentlich Korrektionsverfahren, vgl. § 12 Abs. 1 Ziff. 5) beurteilt werden, der Bewilligung durch den Kanton. Vorbehalten sind überdies Bewilligungen nach dem Waldgesetz (vgl. § 25 Abs. 1
WaldG).
4.
Gravitative Naturgefahren
§ 40 Grundsatz (neu)
Es wird der Grundsatz statuiert, wonach die notwendigen planerischen oder baulichen
Massnahmen zu ergreifen sind, wo es der Schutz von Menschen, Tieren oder erheblichen Sachwerten vor gravitativen Naturgefahren wie Hochwasser, Murgänge, Rutschungen, Steinschlag und Felssturz erfordert.
§ 41 Naturgefahrenhinweiskarte und Naturgefahrenkarte (neu)
Zur Beurteilung der gravitativen Naturgefahren hat der Kanton gestützt auf § 2 die entsprechenden Grundlagen zu erstellen. Dazu gehören namentlich die Naturgefahrenhinweiskarte sowie die Naturgefahrenkarten. Diese sind behördenverbindlich. Des Weiteren werden die Gemeinden verpflichtet, diese Grundlagen in der Nutzungsplanung zu
berücksichtigen. Die weitere Umsetzung ist im PBG geregelt. Detaillierter wird das Verfahren für die Erarbeitung der Naturgefahrenhinweiskarte und Naturgefahrenkarten an
dieser Stelle nicht umschrieben. Dies wird in der Verordnung ausgeführt. Es ist vorgesehen, die Erstellung und Nachführung der Naturgefahrenkarten und der Naturgefahrenhinweiskarte auf Departementsstufe (Departement für Bau und Umwelt) anzusiedeln, wobei die Erstellung und Nachführung durch das Amt für Umwelt instruiert und
31/38
das endgültige Produkt mittels Departementsentscheid zur Aushändigung an die Gemeinden bzw. Aufschaltung ins Internet (GIS) freigegeben wird. Die Gemeinden wirken
bei der Erstellung der Naturgefahrenkarten mit. Sie werden zu den historischen Ereignissen auf dem Gemeindegebiet befragt und erhalten die Kartenentwürfe zur Vernehmlassung. Eine öffentliche Auflage oder eine Bekanntmachung findet aufgrund der
(Rechts-)Natur der Gefahrenkarten (technisches, wissenschaftliches Instrument mit behördenverbindlicher Wirkung) nicht statt. Eine Mitwirkung der Grundeigentümer ist dagegen auf dieser Stufe nicht vorgesehen. Sie können ihre Interessen bei der Umsetzung der Gefahrenkarten in die Nutzungsplanung einbringen.
§ 42 Hochwasser (neu)
Das Hochwasser stellt die bedeutendste Naturgefahr im Kanton Thurgau dar. Entsprechend ist dieser Thematik im Kanton Thurgau schon seit über hundert Jahren ein separates Gesetz gewidmet. Auch im revidierten Wasserbaugesetz wird diese Problematik
unter §§ 3 ff. ausführlich behandelt. Demzufolge kann im Zusammenhang mit dem
Hochwasser unter dem Titel Naturgefahren auf die entsprechenden Bestimmungen
verwiesen werden.
Neu wird bei dieser Bestimmung die Überwachung der Gewässer im Falle von Hochwasser oder Überschwemmungen klarer geregelt. Zuständig für die Überwachung der
Flüsse ist der Kanton. Die Zuständigkeit zur Überwachung der Bäche sowie von Bodensee und Untersee obliegt den Gemeinden. Diese Aufgabenteilung entspricht dem
Gesetz über die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen (RB 530.1). Zuständig sind
nach dortiger Aufgabenteilung für die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen auf ihrem Gemeindegebiet in erster Linie die Gemeinden (vgl. § 4 des Gesetzes über die
Bewältigung von ausserordentlichen Lagen).
Die Zuständigkeit zur Ergreifung der erforderlichen Hochwasserschutzmassnahmen bei
Flüssen und Bächen, das Verfahren sowie die Finanzierung richten sich nach den entsprechenden Bestimmungen dieses Gesetzes. Die Seen und Weiher werden an dieser
Stelle bewusst nicht erwähnt, da dort keine aktiven Hochwasserschutzmassnahmen
durch das Gemeinwesen zu ergreifen sind.
§ 43 Übrige gravitative Naturgefahren (neu)
Neu zu regeln ist das Vorgehen bei den übrigen gravitativen Naturgefahren wie Murgänge, Rutschungen, Steinschlag und Felssturz. Bis anhin war oftmals unklar, welches
Gemeinwesen für die Ergreifung von entsprechenden Massnahmen zuständig ist. Diese
Unklarheit soll nun beseitigt werden und die Zuständigkeit hinsichtlich dieser Gefahren
den Gemeinden zukommen. Der Grund liegt in der Nähe der Gemeinden zu den Gefahrengebieten und damit verbunden auch deren Kenntnis über vergangene oder aktuelle
Ereignisse bzw. über das Auftreten oder die Entwicklung einer Gefährdung.
Die entsprechenden Massnahmen sollen im Rahmen eines Verfahrens analog § 15 ff.
32/38
(Korrektionsprojekte bei Fliessgewässern) beurteilt werden. Auf diese Weise wird das
rechtliche Gehör der Grundeigentümer und allenfalls weiterer Betroffener sichergestellt
und die öffentlichen Interessen werden berücksichtigt. Der Kanton beteiligt sich im Umfang von 60% an den Kosten, soweit diese zweckmässig sind, den technischen, wirtschaftlichen und ökologischen Anforderungen genügen und mit den öffentlichen Interessen aus anderen Sachbereichen koordiniert sind. Auch Dritten kann ein Teil der Kosten überbunden werden, wenn ihnen ein besonderer Vorteil entsteht. Des Weiteren wird
dem Umstand Rechnung getragen, dass Erosionen oder Rutschungen auch auf das
Verhalten von Dritten (Grundeigentümer, Werkeigentümer, Bauherren etc.) zurückgeführt werden können. Ist dies der Fall, sollen auch diese in angemessener Weise an
den Kosten beteiligt werden können.
Des Weiteren sind an dieser Stelle Ausführungen anzubringen zur Frage der Abgrenzung zwischen Massnahmen der Behörden zum Schutz vor gravitativen Naturgefahren
und privaten Objektschutzmassnahmen. Grundsätzlich gilt, dass Massnahmen der Behörden zum Schutz vor gravitativen Naturgefahren umweltgerecht, wirtschaftlich und
zweckmässig sein müssen. Andernfalls müssen die Eigentümer von Bauten und Anlagen in Gefahrengebieten Objektschutzmassnahmen gestützt auf § 21 der Verordnung
des Regierungsrates zum Planungs- und Baugesetz und zur Interkantonalen Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe (PBV; RB 700.1) treffen.
5.
Notarbeiten
§ 44 Organisation (bisher § 18)
Die Vorbereitung auf ausserordentliche Lagen, deren Bewältigung und die Zuständigkeit richten sich nach dem Gesetz über die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen
sowie nach der dazugehörenden Verordnung (Verordnung des Regierungsrates zum
Gesetz über die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen; RB 530.11). Als ausserordentliche Lagen gelten Situationen, in denen die Aufgaben nicht mehr mit den ordentlichen Mitteln und Verwaltungsabläufen bewältigt werden können und die eine rasche
Konzentration der Mittel und die Straffung der Verfahren notwendig machen (§ 2 des
Gesetzes über die Bewältigung von ausserordentlichen Lagen). Die „ordentliche“ Überwachung der Gewässer und Naturgefahrengebiete, die Bewältigung von „ordentlichen“
Ereignissen sowie die Prävention richten sich dagegen nach WBG.
§ 45 Finanzierung (bisher § 19)
Diese Bestimmung regelt neu, welches Gemeinwesen für die Kosten der erwähnten
Notarbeiten aufzukommen hat. Die Kostenverteilung entspricht den unter § 43 definierten Zuständigkeiten.
§ 46 Ausserordentliche Beiträge (bisher § 19a bzw. neu)
Diese Bestimmung entspricht inhaltlich dem bisherigen § 19a bzw. wird um die übrigen
33/38
gravitativen Naturgefahren ergänzt.
§ 47 Schwemmholz (neu)
Bei Seen und Weihern spielt das Schwemmholz bei der Hochwassersicherheit nur eine
untergeordnete Bedeutung. Hier überwiegt eindeutig der ökologische Nutzen des Totholzes. Schäden durch Schwemmholz können aber auch hier auftreten. Es besteht insbesondere beim Bodensee und Untersee die Gefahr der Beeinträchtigung der öffentlichen Schifffahrt oder von Schilfbeständen. Solche Schwemmholzmengen treten in erster Linie nach Hochwasserereignissen im Einzugsgebiet des Gewässers auf. Je nach
Wind- und Strömungsverhältnissen führt dies zu namhaften Schwemmholzteppichen.
Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass deren Beseitigung für die
betroffenen Gemeinden zu einem unverhältnismässigen Aufwand führt. Der Kanton wird
daher inskünftig für deren Bewältigung besorgt sein. Die Gemeinden haben sich allerdings an diesen Kosten im Umfang von 25% zu beteiligen. Dabei sind die von der Gemeinde erbrachten Leistungen anzurechnen (vgl. in diesem Zusammenhang auch Ausführungen zu § 31 sowie unter Ziff. V Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens).
6.
Besondere Bestimmungen
§ 48 Zutritts- und Benutzungsrecht (bisher § 16)
Den zuständigen Behörden steht ein jederzeitiges Zutritts- und vorübergehendes Benutzungsrecht zu, soweit dies für den Vollzug des Gesetzes erforderlich ist. Dies beinhaltet den Zutritt für Kontrollen aber auch für weitere Massnahmen wie Unterhalt oder
Korrektion. Schäden sind zu vergüten, entweder durch Realersatz oder in Form einer finanziellen Entschädigung. Des Weiteren ist das Betreten bzw. die Inanspruchnahme
„möglichst früh“ anzuzeigen. Eine Konkretisierung dieses Zeitraums ist nicht möglich. Je
nach dem, ob es sich bloss um das Betreten bzw. das Befahren oder die vorübergehende Inanspruchnahme geht, sind längere oder kürzere Fristen angezeigt. Es darf darauf vertraut werden, dass die kantonalen Fachstellen diese Bestimmung verhältnismässig umsetzen werden. Bis anhin hat dies in der Praxis zu keinen Beanstandungen
geführt.
Im Übrigen wird die Ergänzung angebracht, dass der für den Vollzug dieses Gesetzes
notwendige Zugang nicht durch Einfriedungen erschwert oder verunmöglicht werden
darf. Mobile Einfriedungen bzw. solche, welche mit einem Tor versehen sind, sind somit
grundsätzlich nicht von diesem Verbot erfasst. Ferner beschränkt sich dieses Verbot auf
jene Gewässer, bei welchen der Kanton oder die Gemeinden für den Unterhalt oder die
Korrektion zuständig sind. Andere Gewässer, namentlich Seen und Weiher, welche
durch die Grundeigentümer zu unterhalten sind, dürfen - vor allem auch mit Blick auf
Sicherheits- und Haftungsfragen - vorbehältlich anderslautender Bestimmungen in anderen Gesetzen eingezäunt werden.
34/38
§ 49 Verfügungs- und Nutzungsbeschränkungen (bisher § 16)
Nebst dem Zutritts- und Benutzungsrecht ist auch eine Duldungspflicht für öffentlichrechtliche Eigentumsbeschränkungen zu statuieren, bei welchen die Nutzungs- und
Verfügungsbefugnisse im Interesse der Allgemeinheit zwar beschränkt werden, ohne
dass dabei allerdings ein Eigentumsübergang stattfindet. Ist die daraus folgende Beschränkung der aus dem Eigentum fliessenden Rechte derart intensiv, dass sie einer
Enteignung gleichkommt, so ist voll zu entschädigen. Andernfalls ist der Eingriff entschädigungslos. Der Entschädigungsanspruch ist im Enteignungsverfahren geltend zu
machen (vgl. zum Ganzen auch Ausführungen unter Ziff. V. Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens).
§ 50 Landerwerb (neu)
Sobald Land nicht bloss vorübergehend, sondern dauernd beansprucht wird, und die
entsprechenden Rechte ganz oder teilweise entzogen und auf das Gemeinwesen übertragen werden sollen, hat dies entweder auf dem Weg des freihändigen Erwerbs, durch
Landumlegung oder nötigenfalls durch Enteignung zu erfolgen. Die Enteignung bildet
dabei die letzte Option. Zunächst wird der freihändige Erwerb oder die Landumlegung
angestrebt. Dies ergibt sich aus der Reihenfolge der Aufzählung. Die Zuständigkeit für
die Einleitung des Enteignungsverfahrens wird in der Verordnung geregelt.
Abs. 3 ist als „Kann-Formulierung“ ausgestaltet. Der Kanton kann, muss aber nicht
Land erwerben und wird dies auch nur nach seinen Möglichkeiten tun. Da der Kanton in
der Folge Grundeigentümer der betroffenen Parzellen ist, hat er dafür zu sorgen, dass
das Land gepflegt und bewirtschaftet wird. In der Regel tut er dies durch den Abschluss
von entsprechenden Verträgen.
§ 51 Materialentnahmen (bisher § 16 Abs. 3)
Das Material im Hochwasserprofil ist der privaten Nutzung entzogen (vgl. § 26 Abs. 1
WNG). Des Weiteren gilt es zu beachten, dass auch gemäss GSchG aus Gründen des
Geschiebehaushaltes kein Material aus Gewässern entnommen werden darf. Vor diesem Hintergrund erscheint es als angemessen, wenn die Grundeigentümer das Material
für Unterhalt und Korrektion unentgeltlich zur Verfügung zu stellen haben. Im Übrigen
entspricht diese Bestimmung inhaltlich dem altem § 16 Abs. 3 und ist einzig aus systematischen Gründen neu als separate Bestimmung ausgestaltet.
§ 52 Grenzen an Bodensee, Untersee und Rhein (bisher § 28)
Diese Bestimmung entspricht in unveränderter Form dem bisherigen § 28. Es wird allerdings auf den Klammerbegriff „Reichsboden“ verzichtet.
35/38
7.
Verwaltungszwang und Strafen
§ 53 Säumnis der Gemeinden (bisher §§ 6 Abs. 4 sowie 9 Abs. 2 bzw. neu)
Die Säumnis der Gemeinden, d.h. die Vernachlässigung von Pflichten sowie die Reaktion des Kantons als Aufsichtsbehörde werden aus systematischen Überlegungen unter
dem neuen Titel „Verwaltungszwang und Strafen“ in allgemeiner Form behandelt.
§ 54 Behebung des rechtswidrigen Zustandes (bisher § 23 Abs. 2)
Auch die Behebung des rechtswidrigen Zustandes im Zusammenhang mit Eingriffen im
Hochwasserprofil, in wasserbaulichen Anlagen oder die Ufervegetation wird aus systematischen Überlegungen unter dem neu geschaffenen Titel „Verwaltungszwang und
Strafen“ geregelt. In der Praxis hat sich zudem gezeigt, dass die Behebung rechtswidriger Zustände klarer und ausführlicher geregelt werden muss.
Im Gewässerraum sind Bauten und Anlagen bewilligungspflichtig. Die Bewilligungspflicht von Bauten und Anlagen sowie Verstösse dagegen sind im PBG geregelt, so
dass bei dieser Bestimmung in der Aufzählung auf die Nennung der Eingriffe in den
Gewässerraum verzichtet werden kann.
Der Begriff der Ufervegetation umfasst auch die Ufergehölze. Da letztere im Kanton
Thurgau Wald im Rechtssinne darstellen (vgl. § 2 Abs. 2 des Waldgesetzes; RB 921.1),
ist die Behebung von unbewilligten Eingriffen in die Ufervegetation, soweit es sich um
Ufergehölze handelt, nicht durch die Gemeinden zu beheben, sondern durch das Forstamt. Aus diesem Grunde erfolgt bei Abs. 2 der Vorbehalt der Zuständigkeiten nach anderen Gesetzen.
§ 55 Strafen (bisher § 29)
Mit der neuen Formulierung wird klargestellt, dass sich nicht nur der Grundeigentümer,
sondern auch weitere Verantwortliche bei einer Widerhandlung gegen § 37 Abs. 1 und
§ 39 Abs. 2 strafbar machen.
8.
Übergangs- und Schlussbestimmungen
§ 56 Unterhaltskonzept
In dieser Übergangsbestimmung wird festgehalten, dass die Gemeinden die Unterhaltskonzepte nach § 10 bis zum 31. Dezember 2018 zu erstellen haben. Das Unterhaltskonzept dient als Beurteilungsgrundlage für die Zulässigkeit von Unterhaltsmassnahmen (vgl. § 11 Abs. 1). Unterhaltsmassnahmen sind dem Kanton zu melden. Bis zum
Vorliegen des Unterhaltskonzeptes bedürfen Unterhaltsmassnahmen der vorgängigen
Bewilligung des Kantons.
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§ 57 Naturgefahrenkarten
Mit dieser Übergangsbestimmung werden die Gemeinden verpflichtet, die Naturgefahrenkarten bis zum 31. Dezember 2018 in die Nutzungsplanung zu überführen. Dies entspricht der Frist zur Anpassung der Rahmennutzungspläne gemäss § 122 Abs. 1 PBG.
Dies macht insofern Sinn, als davon auszugehen ist, dass die Gemeinden die aufgrund
der PBG-Revision erforderlichen Anpassungen dazu nutzen werden, auch die Naturgefahren in die Nutzungspläne zu überführen. In Analogie zum PBG besteht auch hier die
Möglichkeit, die Frist auf begründetes Gesuch hin um höchstens fünf Jahre zu erstrecken.
II. Ziff. 1 Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch
§ 68 Abs. 1
Mit dieser Bestimmung wird ein gesetzliches Grundfpandrecht für die Beiträge Dritter an
die Kosten für Unterhalt und Korrektion eingeführt (vgl. Erläuterungen zu den §§ 27 und
28).
II. Ziff. 2 Planungs- und Baugesetz
§ 24 Abs. 1
Da die Aufzählung des möglichen Inhaltes eines Gestaltungsplanes gemäss § 24
Abs. 1 PBG abschliessend ist, muss aufgrund des neuen § 20 die Aufzählung entsprechend ergänzt werden (vgl. Erläuterungen zu § 20).
§ 76 Abs. 1 und § 93 Abs. 1
§ 76 Abs. 1 und § 93 Abs. 1 PBG regeln den Gewässerabstand bzw. das Unterschreiten des Gewässerabstandes und müssen aufgrund der Umsetzung der Bestimmungen
über den Gewässerraum entsprechend angepasst werden (vgl. Erläuterungen unter
Ziff. II. 2.1. und Ziff. II. 2.2.).
II. Ziff. 3 Wassernutzungsgesetz
§ 2 Abs. 2
Diese Änderung erfolgt aufgrund der geänderten Nummerierung im neuen Gesetz.
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§ 15 Abs. 2
Diese Änderung erfolgt aufgrund der geänderten Nummerierung im neuen Gesetz.
§ 15 Abs. 4
Mit dieser Ergänzung können Pflichtstrecken auch im Zusammenhang mit der Erteilung
von Bewilligungen für Bauten und Anlagen, die für die Ausübung einer konzessionsund bewilligungspflichtigen Nutzung im Sinne des Wassernutzungsgesetzes erforderlich
sind, festgelegt werden (vgl. Erläuterungen zu § 38).
VII. Antrag
Wir ersuchen Sie, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, den
Gesetzesentwurf Ihrer Beratung zu unterziehen und uns über die Beschlüsse in üblicher
Weise zu benachrichtigen.
Der Präsident des Regierungsrates
Der Staatsschreiber
Beilage
Entwurf des Regierungsrates
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