1994 Terrassenhäuser in der Appenhalten

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M
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Oliver Schwarz Architekt eth sia bsa
Margreth Blumer Architektin eth sia
Natalina Di Iorio Architektin eth sia
OSMB Architekten AG
1994 Terrassenhäuser in der Appenhalten, Meilen
Bauherrschaft: Gustav und Peter Herzog
Auftragsart: Studienauftrag 1. Preis
Projektierung und Ausführung: 1994
Projektentwicklung: Oliver Schwarz Architekten, Oliver Schwarz
Projektleitung: Christian Krebs
Anlagekosten:chf 7 Mio
Kap Sunion
Hochparterre 1995
Westfassade der Terrassenhäuser
Die Aussicht ist atemberaubend. Wer auf
dem breiten Deck steht, meint zu fliegen.
Mit seinen Terrassenhäusern in Meilen
hat der Architekt Oliver Schwarz ein Manifest für ein Lebensgefühl gebaut: Die
Passagiere der ersten Klasse blicken im
Abendlicht auf Kap Sunion.
‘Die Horizontale der Panoramas und
die Sonnenlage sind das Kapital dieses
Ortes, das soll jeder Wohnung zustehen‘, beschreibt der Architekt Oliver
Schwarz sein Programm. In Meilen,
steuergünstig und goldküstig, war ein
Stück Hang in einer ruhigen Villensiedlung übrig geblieben. Hier konnten nur
Edelsitze entstehen. Doch nimmt die
neue Terrassensiedlung keine Notiz
von ihren nieder-teuren Nachbarn. Sie
schlägt einen radikal anderen Ton an,
den der gelassenen Grosszügigkeit der
Weltbürger.
In den 30 Grad steilen Hang stossen
Fortsetzung Seite 2
1
Die Terrassen
sind nach drei
Seiten ausgerichtet und
durch eine
Aussentüre
abgesichert.
Treppe
Aussenlift
Wohnung 6
Wohnung 5
Wohnung 4
Wohnung 3
Wohnung 2
Wohnung 1
Einfahrt
Tiefgarage
In der Appenhalten
Oben:
Grundriss und Lage.
Die Erschliessung der Terrassenhäuser erfolgt oberirdisch
über die Aussentreppe und
den Waren-/Personenlift.
Die Stahlkonstruktion ermöglicht
ein präzises und
elegantes Erscheinungsbild.
Oben:
In steiles, felsiges
Gelände gebaut.
Links:
Abendstimmung
über den Terrassen der 4. und 5.
Wohnung.
Fortsetzung von Seite 1
sechs horizontale Schichten, die am
Fuss mit einem Garagengebäude verankert werden. Jede Schicht enthält eine
identische Wohnung und liegt zwischen
zwei Horizontalebenen, die mit umlaufenden, scharfen Dachrändern betont
und herausgehoben werden.Ein Schräglift erschliesst die in zwei Gruppen zu
drei Wohnungen unterteilte Siedlung.
Jede Wohnung hat eine Gesamtfläche
von rund 400m2 und ist in vier hintereinander liegende Zonen geteilt. Gegen
Norden in den Hang eingegraben, zuerst ein hausbreiter 90m2 grosser Allzweckraum, worin vom Weinkeller über
den Bastelraum bis zur Sauna alles
Platz findet. Dann folgt die Zone der
Santär- und Nebenräume, an die sich
die eigentlichen Wohnräume mit 182m2
anschliessen. Davor, mit Sicht von
West nach Ost liegt die 137m2 grosse
Terrasse.
Dem Grundriss ist heute noch die Auseinandersetzung mit dem Baureglement
anzusehen, oder anders herum: Was
zählt zur Ausnützung, was nicht?
Entscheidend aber ist die Stimmung:
Die Wohnungen strömen Sérénité
gelassene Heiterkeit aus, Ferienstimmung in gehobener Gesellschaft. Hier
ist nichts Lautes angebracht, nichts
Grelles erträglich. Es ist ganz und gar
unschweizerisch auf diesen Terrassen.
Nichts verteidigt sich und schliesst sich
ab, nichts sucht seinen sicheren Winkel.
Hier herrscht weltläufige Eleganz, man
Fortsetzung Seite 3
2
Die Lärchenholzroste stellen den
Übergang vom
privaten Interieur
zum Aussenraum
her.
Grundriss
der obersten
Wohnung.
Terrasse Süd
Keller
Red. Ankleide
HT
Entrée
Küche
Flur
Wohnen / Essen
Bad
Bad
Zimmer
Zimmer
Zimmer
Aussenplatz Nord
Zur obersten
Wohnung gehört
ein aus dem Fels
gehauener
Natursteinkeller.
Ausblick nach
Süden auf den
Zürichsee.
Fortsetzung von Seite 2
spricht mehrere Sprachen. Niemand
strengt sich über Gebühr an, niemand
steckt in zu engen Kleidern. Wenn es
ein Gegenteil zur sittlich-ländlichen
Provinzarchitektur der Prokuristenhänge
gibt, dann dies. Eigentlich müsste diese
Terrassensiedlung auf ein tief unten
tosendes Meer hinausschauen und nicht
auf den lächelnden Zürichsee. Es ist
Architektur mit weitem Atem.
Da die Aussicht bereits die Hälfte des
Entwurfs ausmacht, findet er auch auf
den Terrassen seinen Höhepunkt. Es
sind eben nicht Terrassen, sondern Lärchenholzdecks, Landeplätze für Landschaft und Sonne. Hier ist man mehr als
draussen, hier hebt man ab. Vermeide
das Detail, genauer, mach es unsichtbar.
Oliver Schwarz reduziert den Formaufwand auf ein Minimum. Türen sind
nicht Löcher in einer Wand, sondern
raumhöhe Lücken zwischen geschlossenen Blöcken. Der Boden bindet alles
zusammen.
Die helle, durchgehende Kalksteinfläche verwirklicht das Thema Fliessender
Raum.‘Bildhauerisch gedacht‘ sei der
Innenraum, was mit Licht modelliert
bedeutet. Es sind Räume für wenige,
formstrenge und niedrige Möbel. Die
Konstruktion ist konventionell, Ortsbetondecken und Backsteinwände. Die
geschlossenen Teile der Fassaden sind
mit stehenden, weiss gestrichenen
Holzschalungen verkleidet, die ebenfalls weissen Fenster sind aus Holz.
Mit besonderer Sorgfalt konstruierte
Schwarz die Vordächer. Die Fenster
mussten raumhoch sein, das heisst
durch einen Fenstersturz, aber auch
kein Storenpaket beeinträchtigt. Eine
Stahlkonsole, die über der Dachisolation
liegt, trägt darum das aussen laufende
I-Profil, damit der Storenkasten vor und
nicht unter der Deckenstirne sitzt.
Der Dampfer der Luxusklasse war nicht
billig. Jenseits aller mittelständischen
Vernunft, wird man einwenden. Das erste
weltläufige Haus an der Goldküste, halte
ich dagegen.
Benedikt Loderer
© OSMB 04 2016
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