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Flimser Bergsturz und Caumasee
Version vom 02.06.2016
1 Vorbemerkung
Im Zusammenhang mit der Nordumfahrung Flims sank der Caumasee
um 160 bis 180 cm ab. Die im Tunnel abgeleitete jährliche Wassermenge
beträgt rund 15 Millionen m3. Im durchfahrenen Fels wurde im Juli 2002 im
Raum Kirche in 90 m Tiefe eine mächtige Quelle angeschnitten welche den
Weiterbau in Frage stellte (info TBA Nr. 49 Bild 9). Der Sommeranstieg des
Caumasees hörte abrupt auf (info TBA 2004). Aus konkreten Beobachtungen
wusste ich, dass dieses Wasser dem See fehlen würde. Ich sprach im
Tiefbauamt vor. Das löste eine lange Reihe von Expertisen aus die alle
widerlegbar sind.
Die sehr umfangreiche Literatur zum Thema ist mir bekannt. Ich stellte aber
fest, dass sie zur Sprache der Natur im Widerspruch steht. Ich will nicht
argumentativ vorgehen. Die Natur soll zu Wort kommen. Ich studierte
die Topografie, die Jahresrhythmen der Wässer, ihre Temperatur und
Fliessgeschwindigkeiten. Der untrennbare Zusammenhang zwischen
Geologie und Hydrologie wurde mir dabei bewusst. Ich fragte mich warum
am Caumasee die grossen Felsköpfe am Rand und an den Abhängen des
Sees stehen und nicht die Mulde füllen.
Hingewiesen wird auf die von der Gemeinde Flims in Auftrag gegebenen
Berichte SISKA (Schweiz. Institut für Speläologie und Karstforschung). Die
Frage war, ob das durch eine Gemeindeinitiative gesperrte Tunnelwasser
turbiniert werden dürfe. Der im Jahre 1994 vom Bundesamt für Umwelt und
Landschaft (BUWAL) herausgegebene Bericht Nr. 17 „Zur Hydrologie des
Bergsturzgebietes im Raum Flims“ enthält wertvolle Messdaten. Die
Schlussfolgerung aber, wonach der zu durchfahrende Fels nördlich von Flims
kein Wasser führe, erwies sich als verhängnisvoll falsch.
2 Die Bergsturzlandschaft die keine ist
Das Becken des Caumasees hat eine vielfältige Topografie mit
leichten Erhebungen und Mulden und insbesondere mit einem bis 30 m tief
abfallenden Graben im Süden; parallel dazu verlaufen niedrige Felsrippen in
einer weiten Mulde am Fuss des Muttahangs. Dieser besteht nicht aus
„Lockergestein“ wie es die Literatur darstellt (Bild 500). Der grosse Stein nahe
dem Restaurant ist autochthon (Bild 1B). Ganze Uferparten bestehen aus
anliegendem Fels mit aufragenden Felsköpfen.
Das Gelände im Osten des Sees weist alle Merkmale eines Bergtals
auf, eindeutig erkennbar in der „Excursionskarte der Kuranstalt Flims“ 1: 10
000 aus dem Jahr 1888. (In der Widergabe verkleinert auf rund 1: 20 000)
Markante felsige Höhen mit autochthonen Felsköpfen zuoberst oder in den
Abhängen, weite eingeschwemmte Mulden und insbesondere eine 100 m
hohe, lange Felsflanke südlich der tief eingeschnittenen „Val Vallatscha“
kennzeichnen die Landschaft. Die fast ebenen oberen Flächen der
Wiesenlandschaft Rens finden ihre Fortsetzung im „Uaul Pintg“ und in der
Landschaft „Unt.Waldhäuser“. Die grössten autochthonen Felsblöcke im
Wald östlich Rens sind in der Karte eingetragen; z.B. der Kletterfels (Bilder
277, 301). Der im Quintnerkalk eingegrabene Flem östlich „Punt la Reisga“
findet seine Fortsetzung in der tief im harten Malm verlaufenden Schlucht bei
1
Felsbach. Nördlich davon erscheinen die stark zerklüfteten und von Bächen
aufgeschlossenen Quintnerkalkfelsen unterhalb Fidaz: „Il Bord“.
Der Flimserstein kann nicht ausgebrochen sein. Die grosse Vielfalt der
einzelnen Felsabschnitte und der kaum definierbare gestufte und terrassierte
Übergang der Wände auf die Alp sprechen eine deutliche Sprache: (Bilder
Anliker 2. Aufl. S. 132,138, 138). Die Felswand dreht nach der Flanke
Darblauna nordwäts (Bild Anliker 101). Erst in diesem Westteil gibt es eine
Abbruchkante in den aufliegenden Massen. Diese reichten bis an den
Cassongrat und brachen auf eine Länge von 500 m aus. (Vgl. Kap. 3)
Die Moräne des Vorderrheingletschers ist ab dem Lag Prau Pulté mit
kleinen Unterbrechungen bis an den Steilhang über dem Caumasee (Lifthang)
begehbar. Sie liegt auf den steilen autochthonen Abhängen von Flims
Waldhaus bis zur „Val da Porcs“ auf. Ihre Nordseite fällt tief und steil ab. Die
Südseite läuft sanft aus. Der Pultébach durchschneidet ihren groben Schutt
(Vgl.Luftbild). Im Seebecken liegt ihr Fuss rund 15 m höher als der heutige
Seespiegel. Die weite Caumamulde die sich stellenweise bis an den Fuss des
Muttahangs hinzieht lag unter Wasser weshalb es nirgends Gletscherschliff
gibt. Der Caumasee liegt nicht im Bergsturzschutt sondern auf
festem Grund.
3 Das Flemtal
Nach der neuesten Lehre -sehr summarisch skizziert- brachen vor 8000
Jahren gewaltige Felsmassen am Flimserstein aus und füllten das Rheintal
auf. Insbesondere glitt am Cassonshang der westliche Flimserstein ab, der bis
ins Segnesgebiet reichte. Die weite Flimser Landschaft entstand weil die
Sturzmasse eine riesige vom Vorderrheingletscher ausgestossene Mulde
auffüllte und den Rhein bei Conn staute. Der gewaltige Druck des
aufgestauten „Ilanzer Sees“ bewirkte einen Dammbruch, der den oberen Teil
der Sturzmasse mitriss und den Weg für eine rasche Erosion der Schlucht
freimachte.
Übersehen wird, dass Flims in einem Seitental des Vorderrheintals liegt. Der
Flem entspringt im Segnesgebiet und mündet nach der Schlucht von Pintrun
im Rhein. Die Segnesschlucht ist ein Einschnitt im Qintnerkalkrücken
zwischen dem Laaxerbach im Westen und der ausgebrochenen Flimsermulde
im Osten. (Vgl. Landschaftsbild) Die Schlucht bestand schon lange vor dem
Bergsturz. Der Flem fliesst auf der Sockelplatte die mit grobem Geröll bedeckt
ist. In der linken Flanke ragt eine grosse Felspartie umgeben von kiesigen
Abhängen vor (Bild 224). Ein gewaltiger erratischer Block der
Überlagerungsmassen von Cassons liegt im Schluchtgrund; (Bild 223) die
Flanke dahinter weist festgepacktes Bachgeröll aus. Dieses zeugt von riesigen
Wassermassen die einst das Flemtal aus dem Raum Runca einschwemmten.
Der grosse Felskopf steht am Schluchtanfang (Bild 232). Die Blocklandschaft
Runca oberhalb des Steilabfalls der Schucht besteht aus autochthonen
Felsköpfen und reicht bis in den Raum Staderas (Bild 323, 319, 170).
Die bizarre Blockandschaft im unteren Segnesboden lag einst unter
dem aufgestauten Wasser (Bild 0454). Eine gleiche Landschaft gibt es auf
der benachbarten Alp Nagens (0466). Jene des Segnesbodens ersteckt sich
nach der Geländekante über die ganze Alp Platta, geschliffen vom Gletscher
(Bild 0461).
Der obere Segnesgletscher fiel im hintersten Teil des Cassonshangs sehr
steil auf die Alp Platta ab wo er sich staute. Er hinterliess eine glatt
2
geschliffene Fläche im sehr steilen Abhang. Die aufgeworfenen Schuttmassen
beim Deschwald sind wohl die Endmoränen beider Gletscher. Die Felsmassen
die am Crap la Tgina ausbrachen liegen am Ende der sehr kurzen Sturzbahn
auf der Alp Platta. Der Flem durchfliesst sie. Östlich davon liegt im ganzen
Hang Quintnerkalk hoch auf. Die Bäche schliessen ihn bis auf die
Sockelplatte auf. Nur in der schmalen Sturzbahn der Cassonsmassen wurde
er mitgenommen. (Vgl.Landschaftsbild)
Die Überlagerungsmassen am westlichen Flimserstein reichten bis zum
Grat, wo sie auf Verucanoschlamm-Auflagen und auf eine Länge von rund
500 m ausbrachen. Die Zone ist heute noch stark wasserführend und nur
mühsam begehbar. Die ausgebrochene Wand ist 200 m hoch. Ihr Fuss lag auf
dem Quintnerkalk auf. (Bild Lücke 042 und 0482.) Die vorschiessende
Masse hinterliess im Quintnerkalk den bis 100 m hohen Längsriss zwischen
Vorderberg und Hinterberg. Sie vergrösserte sich noch durch den rund 100 m
hohen Ausbruch am Ault Tarschlims Pt. 1553. Die Masse liegt zu Kies
zermalmt am Gegenhang bei der Laaxerbrücke. Eine Grossbaustelle
schloss sie im Jahre 2014 tief auf. Längs der Strasse nach Salums erreicht die
Schuttflanke eine Mächtigkeit von über 100 m. Die Mulde „Val Verena“
entstand hinter der aufgeworfenen Flanke.
Die links am Muttahang vorschiessende Masse überfuhr die Schluchtkante
bei Conn auf 1150 m ü.M. wo ihr grober Schutt erkennbar ist. Er liegt zu Kies
zermalmt in der Schluchtflanke und überworfen auf dem Plateau von
Versam (Vgl. Ablagerungskarte).
Die Moräne des Vorderrheingletschers in Staderas beweist, dass der
Bergsturz von Cassons ein eng begrenztes Ereignis ist. Sie ist zwischen
Laaxerbach und Lag Prau Pulté auf eine Breite von nur 500 m weggefegt. Die
durch das Gelände stark gebündelten gewaltigen Massen schossen mit
ungeheurer Wucht vor. Wäre der ganze Cassonshang ausgebrochen lägen die
Massen im Westen des Hangs zusammen mit jenen von Crap La Tgina auf
der Alp Platta. Der Rest wäre vom „Crap Tarschlims“ nach Osten
gelenkt worden und läge wohl östlich von Conn.
4 Der aufgestaute Rhein - Die Rheinschlucht
Aufliegender Quintnerkalk bedeckt alle Abhänge südlich und östlich von
Salums. Die grösste Mächtigkeit erreichte er im Abschnitt Conn / Versam. Die
ursprüngliche Stauhöhe des Rheins ist durch die Lage der Moräne von
Staderas auf 1100 m ü.M. bestimmt. Der See reichte demnach bis
Disentis. Der aufliegende Gletscher löste sich darin auf. Das Engnis
von Danis Tavanasa war randvoll mit Wasser gefüllt und hemmte den
Wasserfluss. Die weite Landschaft von Trun muss eine
Ablagerungsmulde sein. Die grossen Aufschwemmungen im Lugnez
dürften auch mit dem aufgestauten Rhein zusammenhängen. Die Terrassen
von Versam und Conn liegen 100 m tiefer als der ursprüngliche Sperriegel.
Beide sind weiträumig eingeschwemmt. Im Wald östlich von Conn verläuft
ein tiefer Graben in Richtung Trinserebene. Er zeugt vom Abfluss grosser
Wassermassen.
Die Erosionsmassen der Schlucht bildeten die grosse
Aufschwemmungsebene im Raum Bonaduz, Reichenau, Tamins,
Rhäzüns. Alle vier Ortschaften liegen auf 660 m ü.M. Vorder- und Hinterrhein
erodierten den Rand der Ebene von Bonaduz; die Schwemmbänke zeugen
davon. Die Taminser Aufschwemmungen wurden vom Rhein und vom
3
Lavoitobel abgetragen; westlich des Tobels aber bestehen sie auf gleicher
Höhe wie im Dorf. Die Aufschwemmungen von Bonaduz steigen westwärts
über eine Distanz von 2 km auf 700 m ü.M. an. Auf diesem Niveau entstand
jenseits der Rheins die Schwemmebene „Dabi“ unterhalb Trin.
Die Aufschwemmungsebene entstand weil sich die gewaltigen
Wassermassen von Vorder-und Hinterrhein vor dem Engnis von Reichenau
stauten. Die Felswand längs des Rheins (Bild Stenna 029) und zwei rund 700
m hohe Querriegel im Süden verengen das Tal und verzögerten den Abfluss
des Wassers. Die gewaltige Kiesgrube von Reichenau liegt zwischen den
Querriegeln. Sie schliesst Sand und Kies auf, an einzelnen Stellen Sandstein
(Stenna Bild 027). Die Ablagerungskarte vermerkt auf dem noch nicht
abgegrabenen Teil der Kiesmasse und auf der Anhöhe südlich und östlich
davon sowie in der 60 m tiefer liegenden Emserebene und am Abhang östlich
von Tamins Schutt des Taminser Bergsturzes. Das verwirrt. Die Sturzmasse
hätte sich am Fuss des 60 m hohen Bergrückens stauen müssen und in der
Kiesgrube hätte man auf Schuttmasse stossen müssen; auch fragt man sich
weshalb Schutt auf den Abhängen nördlich des Rheins liegen soll und die
sehr grossen „Emser Tumas“ (Tuma: Romanisch, felsiger Hügel) Sturzmasse
sein sollen. Betrachtet man die Topografie des Kunkelstals mit einer Folge
von hohen Querriegeln und gesamthaft mit kleinem Gefälle darf man sich
fragen, ob es den Taminser Bergsturz gegeben hat (Kartenausschnitt Tamins).
Mit dem Rückgang der Wassermassen am Ende der Eiszeit nahm die
Stauwirkung bei Reichenau ab. Vorder-und Hinterrhein sanken wohl rasch auf
das heutige Niveau ab. Überbrückbar waren die beiden Flüsse im Raum
Reichenau lange nicht. Die einzige frühe Überquerung des Vorderrheins gab
es wahrscheinlich bei der „Ruine Wackenau“ am engsten Schluchtabschnitt
nördlich von Bonaduz nahe der Ortsbezeichnung „Punt veder“.
Als bei Bonaduz das Aufschwemmungsniveau von 700 m ü.M. erreicht war
floss der Rhein bei Versam 65 m höher als heute. Sein Wasser staute sich bis
hinter Ilanz. Es entstanden die grossen Schwemmebenen am Rhein bei
Castrisch, Schluein und Ilanz auf rund 700 m ü.M. Die Erosion der sehr
harten Felsen in den tiefen Lagen der Schlucht von Valendas bis zum
Versamer Tobel kann nur in langen Zeiträumen erfolgt sein.
Die Sturzmassen von Cassons trafen vor 8000 Jahren auf eine fertig
erodierte Schlucht. In der Flanke westlich der Station Versam liegen sie
angepresst mit grossen eingeschlossenen braunen Felsblöcken der
Überlagerungen des Flimsersteins (Bild 256). Auf dem Plateau von Versam
schliesst die Kiesgrube die überworfenen Massen mit eingeschlossenen
Steinen der Moräne von Staderas auf (Bild 267).
Die bis 300 tiefe und 1 km breite Schlucht zeigt ein vielfältiges Bild. Es gibt
senkrecht abfallende Wände (Bild 21), gestuft aufsteigende Abschnitte mit
schmalen Türmen und Scheiben (Bild 17) aber auch bewaldete kiesige
Abhänge (Bild 16). Östlich des Versamertobels fliesst der Rhein in einem
tiefen Graben (237).
5 Die ausgebrochene Mulde von Flims
Die weite Flimser Mulde entstand weil hier der hoch aufliegende Quintnerkalk
stellenweise bis auf die Sockelplatte des Flimsersteins ausbrach. Diese fällt
am Rand des alten Dorfes bis 250 m tief ab. Der Waldhausrücken blieb vom
Ereignis unberührt. Hier ducken sich die „Waldhäuser“ zwischen gewaltigen
4
autochthonen Felsköpfen wie sie im ganzen Flimser- und Crestawald in
grosser Zahl vorkommen (Bild Flims um 1880).
Das älteste Bild der Flimser Landschaft zeichnete der Holländer Jan
Hackaert im Jahre 1655. Es zeigt eine beinahe „nackte“ Landschaft und
erfasst eine heute durch Wald verdeckte Topografie erstaunlich genau. Im
Vordergrund erscheint die unruhige Topografie des Flemtals. Am rechten
Bildrand ist die “Val Serris“ sehr tief im Quintnerkalk von Fidaz
eingeschnitten. (An ihrem Südende durchschneidet die Kantonsstrasse seine
stark gerissenen Wände bei der grossen Kiesgrube Vallorca.) Westwärts der
Val Serris brach die Flimser Mulde aus. Die Ausbruchstellen sind klar
erkennbar bei der Kirche Fidaz und insbesondere bei Scheia. In der weiten
Zone Darblauna brachen die aufliegenden Quintnerkalkmassen bis auf die
Socklplatte des Flimserstein aus. Die Wildbbäche schliessen sie auf. Die zwei
grossen Ausbrüche von Preuls rissen 200 m mächtige Massen mit. Die wilde
Schlucht „Val Tgiern“ durchschneidet den 100 m hohen Stufenriss von
Spalegna.
Die Luftaufnahme O. Bieder 1920 ergänzt das Bild Hackaert. Das Dorf
präsentiert sich nach 300 Jahren kaum verändert. Die Schwemmulde ist
durch den Flem und durch die „Val Sulé“ aufgeschnitten. Der besonders tiefe
Einschnitt des Flem zeugt davon, dass die gewaltigen Wassermassen die
einst vom Plateau Runcs beidseits der späteren Schlucht die Flimser Mulde
sehr tief einschwemmten. In der Nordwestecke des alten Dorfes entspringt
der Bach „Davos“ in einer sehr reichen Quellzone. Der in ihrer Fortsetzung
nach Norden verlaufende Graben führt durch nicht ganz ausgebrochenen
Quintnerkalk. Eine Sondierbohrung stiess hier auf einen Wasserlauf mit 14 m
Leitermächtigkeit. Die Fortsetzung führt zur Val Tuff am linken Rand des
Stufenrisses von Spalegna. Der Bach floss bis gegen Ende des 19. Jh. offen.
Der Davosbach folgt auf der leicht abfallenden Sockelplatte
eingeschnitten am Rand der Aufschwemmungen. Dort wo die vielen
Quellbäche im äusseren Dorf anfallen ist die steil abfallende Sockelplatte weit
aufgeschlossen. Der Bach dreht hier nach Süden und erreicht als „Val Sulé“
den Flem. Nach dem Tunnelbau wurde er zum Rinnsal. Die in die Wiesen
ob der Kirche vorragende weite Erhebung weist viele autochthone
Felsköpfe auf, der grösste in der Luftaufnahme klar erkennbare Kopf (Crap
Gries) hat einem Basisumfang von rund 150 m. Die Ablagerungskarte sieht
hier Alluvionen. Das Bild Flims um 1955 spricht für sich. Zum Bild Flims um
1911: Die westlich von Scheia ausgebrochenen Massen legten eine
weiträumige Felskopflandschaft im Weidegebiet Plaids frei. Die neu gebaute
Fidazerstasse durchschneidet durchgehend eine stark gerissene
Quintnerkalkschicht.
Der Ausbruch der Flimser Mulde muss gleichzeitig mit dem
Ausbruch am Cassonshang erfolgt sein. Mit dem Auftauen des
Permafrosts entstand eine wasserführende Schicht im östlichen Cassonshang
und am Fuss der Felsflanke Darblauna, wo die „Bruchzone Darblauna“ endet.
(Hydrogeologische Karte der Schweiz, Panixerpass, 1985) Vgl. Bild Anliker. Es
setzte wohl eine lange dauernde Kriechbewegung ein welche im
trockenen, stabilen Ausserberg ( Spalegna, Naraus, Preuls) enorme
Spannungen aufbaute die zu Stufenrissen und Teilausbrüchen führten als die
Massen explosionsartig ausbrachen und mit rasender Geschwindigkeit
vorschossen, die Luft unter sich begrabend. Sie folgten der Ostrichtung
des Flemtals, überfuhren den Rheingraben, warfen auf der
Schwemmebene westlich von Bonaduz die 100 m hohe sehr lange
5
Schuttflanke „Plaunca da Zault“ auf und überwarfen sich dahinter auf
den aufsteigenden Abhängen. Der höchste Schuttberg „Crest Aulta“
erreicht 987 m. Nahe dem Rhein gleich westlich von Bonaduz wurde der
riesige „Bot Tschavir“ auf 700 m ü.M. abgelagert. Der ostwärts
anschliessende flache „Bot Danisch“ liegt 20 m tiefer auf einer
Schwemmstufe (Bild Tamins 233). Kleinere Schutthügel liegen nahe dem
Rhein. (Vgl.Ablagerungskarte) Die Sturzmassen füllten die Schlucht von
Pintrun. Es entstand der Trinsersee der später zur Trinserebene
wurde. (Vgl. Landschaftsbild)
6 Die Hydrogeologie des Caumasees
Der Caumaseee hat einen auffallenden Jahresrhythmus: Der
Wasserstand im Sommer kann 6 m höher sein als im Winter. Die
Höchststände im Sommer variierten vor dem Tunnelbau von 6 m bis 9.40 m.
Der mittlere Wasserstand in den 27 Jahren vor dem Tunnelbau war 8.20 m.
Das Wasser ist 5 Jahre alt (Mischwasser). Der See gefriert auch im kältesten
Winter nie.
Die Frage ist, wo das Wasser herkommt und wieso die Temperaturen
so hoch sind. Der BUWAL Bericht stellt ein Herkunftsgebiet in Höhen über
1800 m ü.M. fest; wo die Höhen sind lässt er offen. Alt werde es
wahrscheinlich in den Felssturzmassen. Aber diese gibt es nicht. Nach
langjähriger Beobachtung formulierte ich die folgende Hypothese: Alles am
Flimserstein anfallende Wasser sinkt im Fels ab und sammelt sich in Klüften
und grossen Hohlräumen. Je nach Absinktiefe und Durchlaufzeit ist es älter
oder jünger bzw. wärmer oder kälter. Das neue Wasser schiebt das alte
weiter. Ein emeritierter Hochschullehrer stimmte mir spontan zu: „Natürlich,
Siphonsystem“! Es zählt das im gleichen Jahr anfallende Schmelzwasser
oder Regenwasser.
Der See ist unterschiedlich warm. Eine Messreihe vom Juli 1985
durchgeführt an 7 Stellen zeigt erstaunliche Resultate. Die Temperaturen in 3
m Tiefe variierten von 16.1 bis 17.3 Grad, in 9 m Tiefe von 8.5 bis 9.1 Grad.
Die Messungen im tiefen Graben ergaben In 11 m und in 13 m Tiefe 8.3 Grad,
in 15 m und in 16.5 m Tiefe 8.2 Grad. Leider mass man die Temperatur am
Grund nicht. Eine Auswertung der Messungen gibt es weder im BUWAL
Bericht noch in den SISKA Berichten.
Die Messresultate beweisen, dass das Wasser von unten aus
verschiedenen Klüften aufstösst. Die Lehre wonach es im Seebecken
einen Grundwasserstrom gebe, gespeist vom Lag Tiert am Laaxerbach und
vom Flemwasser des Tuleritgsees muss verworfen werden: Die Geologie
verbietet es. Alle Fliessgewässer haben eine Temperatur von 6 Grad. Der
Caumasee ist selbst im Winter wärmer als Bachwasser. Die angeschnittenen
Grossquellen „Kirche“ und „Davos“ hatten 12.5 und 9 Grad (eigene
Messung). In der Wasserzone Davos wurden 2o Grad warme Austritte
gemessen. (Geotechnisches Büro von Moos AG, Zürich, 4. Oktober 2002)
Der See kann in Extremfällen im Sommer bis 15 cm im Tag
ansteigen. Bei ausserordentlichen Regenfällen steigt der Seespiegel nach
wenigen Stunden. Die Zulaufwege sind also kurz. Wenn der Schnee am
Cassonsgrat geschmolzen ist, hört der Anstieg des Sees auf. Das Absinken
beginnt nach einigen Tagen es sei denn, dass in dieser Zeit starke Regenfälle
einsetzen. Bei extremen Regenfällen im September kurz nach dem Tunnelbau
6
stieg der See einen ganzen Meter. Ohne Zweifel ist der Caumasee ein
Grundwasseraufstoss.
Der Wasserspiegel der Grundwassermulde von Flims korreliert mit
jenem des Caumasees. Dazu ein konkretes Messresultat. Eine
Wärmepumpensonde in einer Überbauung im Schwemmland von Flims
stiess im Sommer 2009 in 47 m Tiefe auf die mit viel Wasser bedeckte
Sockelplatte. Eine Bohrung im April des folgenden Jahres traf in gleicher
Tiefe auf eine trockene Felsplatte. Im ersten Fall war der Seestand bei 7.60 m,
im zweiten Fall bei 3 m (Vgl. Profil Vitgé). Auch der Crestasee wird aus
der Flimsermulde gespeist. Umfangreiche Messungen der Gemeinde
Flims beweisen es. Sein Wasser hat die gleichen Eigenschaften wie das
Caumawasser ist aber mit 10 Jahren doppelt so alt. Vor dem Tunnelbau
stiessen die vielen Sommerquellen im Dorf Ende Mai auf,
gleichzeitig mit dem Hauptanstieg des Sees. Ein Geologe aus meinem
Bekanntenkreis interpretierte das so: Wenn das Grundwasser in der Flimser
Mulde hoch aufgefüllt ist staut sich das Bergwasser in den Schichten der
Sockelplatte und treibt auf.
Vor dem Tunnelbau war der Wasserspiegel im Caumasee Ende Mai
bei 4.60 m, nach dem Tunnelbau ist er bei 3 m. Die Ausnahme sind
Winter mit langen Wärmeeinbrüchen. Der durchschnittliche Seespiegel vor
dem Tunnelbau war 8.20 m, nach dem Tunnelbau bei 7 m. Im Jahre 2005
erreichte der See nie gesehene 5.40 m. Das Wasser deckte weite Teile des
Seebeckens nur noch knapp. Der Abfluss des Seewassers erfolgt
nachgewiesenermassen in die Schluchtflanke von Conn. Wenn der See hoch
ist, sind die Wasseraustritte stark und umgekehrt. Es gibt zu jeder Jahreszeit
einen Zufluss und einen Abfluss. Das Wasser im See wird deshalb immer
erneuert.
Die vielen Expertisen nach dem Tunnelbau stifteten viel Verwirrung
weil sie die Sprache der Natur nicht wahrnehmen wollen. Es muss mit
aller Deutlichkeit festgestellt werden, dass der See unmittelbar nach dem
Durchschneiden der Grossquelle „Kirche“ abzusinken begann. Beinahe alle
Dorfquellen verschwanden nach dem Durchfahren der Sockelplatte. Weder
Flem noch Laaxerbach wurden vom Tunnel berührt. Wieso sollen sie
Wasserspender für den See sein? Die Einfärbung des Laaxerbachs „bewies“,
dass das Caumaseewasser aus dem Raum Nagens stammt da alle
Tunnelquellen gefärbtes Wasser führten. Aber alle waren wärmer als das
Nagenswasser. Dieses färbte also die viel reicheren Tunnelquellen ein. Eine
Aufstauung einer angeschnittenen Quelle in der Wasserzone Davos bewirkte
einen starken Anstieg des Lag Tiert: also entzog ihm der Tunnel das Wasser.
Aber es führten alle Tunnelquellen mehr Wasser, was nicht kommentiert
wurde! Die Aufstauung beweist nur, dass die wasserführenden Schichten der
Sockelplatte bis zum Laaxerbach reichen. Aufgestautes Wasser fliesst nicht
rückwärts.
7 Der See kann gerettet werden
Die oben erwähnte Gemeindeinitiative von 2005 verhinderte vorläufig die
Turbinierung des Tunnelwassers. Im Jahre 2012 aber beschloss die
Gemeinde gestützt auf die SISKA Expertisen die Umleitung von Flemwasser
zum Lag Prau Tuleritg und den Bau des Kraftwerks am Crestasee. Das Wasser
erreicht nach der ersten Turbinierung den Flem und wird im Stausee Pintrun
wieder gefasst und den Turbinen beim Rhein zugeführt. Die Gesamtmenge
7
der Tunnelableitungen entspricht 10 Prozent des Volumens der
Stausees Zervreila.
Die Flimser Grundwassermulde endet im Uaul Pign. Zwei
Sondierbohrungen stellten hier vor 20 Jahren zwei sehr grosse Wasserläufe
fest. Ein Rutengänger mit dem ich das Gebiet absuchte ortete mehrere sehr
starke Wasserläufe. Die eine Leitung mit Tunnelwasser kann am Ende des
Tunnels problemlos ohne Pumpen zum „Uaul Pign“ umgeleitet werden und
mit gegebener Vorsicht in die eruierten Klüfte geleitet werden. Es gibt eine
reiche Erfahrung in der Versickerungstechnik. Der Caumasee ist ein
Naturwunder.
8 Historische Andeutungen
Der Zusammenhang zwischen Geologie, Hydrologie und Kulturgeschichte ist
evident. Vor rund 10 000 Jahren begann die Besiedlung des
Alpenraums. In Falera bestand bereits vor rund 4000 Jahren eine
Kalenderstation mit Kenntnissen die nur aus dem Orient stammen konnten.
Der Weg zum Mittelmehrraum war in frühen Zeiten einfacher als später, weil
die grossen Schluchten unter dem Eis lagen. Mit dem Rückgang der
Wassermassen wurde der Rhein bei Castrisch passierbar. Das sehr
wilde Laaxertobel konnte bei Sagogn überschritten werden. Es entstanden
Burg und Siedlung Schiedberg. Der Weg führte nach Tuora und von dort
durch die sehr steile Schluchtflanke nach Conn und danach über Pintrun nach
Trin mit Burg und Heiligtum.
Mit dem Bau einer Brücke bei Laax entstand hier der wichtigste
Passort des Vorderrheinals. Der Flurame „Marcau“ zeugt von einem Markt
bei der Brücke. Schiedberg verlor seine Bedeutung. Die Reste von Burg und
Ort wurden erst vor rund 60 Jahren zufällig entdeckt. Der neue Weg führte
von Laax über die „Waldhäuser“ nach „Marcau“ am Ende der
Flimsermulde mit einer nur noch lückenhaft erkennbaren Burg mit
Heiligtum, Siedlung und Friedhof. Der aufgestaute Trinser See Zwang zum
Umweg über Fidaz nach Trin. Die Burg Belmont schützte ihn. Das erklärt
ihre isolierte Lage. Erst im frühen Mittelalter wurden wichtige Burgen zu
Sitzen von Feudalgeschlechtern. Nach 1100 entstanden christliche Kirchen an
den Orten alter Heiligtümer.
Gilli Schmid
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