Kurzfassung Michael Dähne

Unterwasserschall
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Ergebnisse der Begleitforschung des BfN (Unterwasserschall)
beim Bau des Offshore-Windparks “Butendiek“
Michael Dähne1,3 , Andreas Ruser1, Max Schuster2, Matthias Fischer2, Johannes Baltzer1,
Dietrich Wittekind2, Ursula Siebert1
(1) Tierärztliche Hochschule Hannover, Stiftung, Institut für Terrestrische und Aquatische
Wildtierforschung, Werftstraße 6, 25761 Büsum
(2) DW-ShipConsult, Lise-Meitner-Straße 9, 24223 Schwentinental
(3) Deutsches Meeresmuseum Stralsund, Katharinenberg 14-20, 18439 Stralsund
Die Errichtung von Offshore-Windkraftanlagen hat sich weiterentwickelt. Während zuerst
Pilotprojekte mit wenigen Anlagen realisiert wurden, werden heute durch Rammungen
Fundamente für viele Windfarmen z.T. parallel gebaut. Schweinswale Phocoena phocoena
reagieren auf Rammungen mit Hydraulikhämmern, die impulsive Geräusche unter Wasser
erzeugen, mit starken Vertreibungseffekten in einem Umkreis von bis zu 20 km. Diese Vertreibung ist eine der stärksten Verhaltensreaktionen von Tieren auf Schall. Andere Änderungen des Verhaltens, wie die Unterbrechung von Fressverhalten, Kommunikation, Änderungen der Schwimmrichtung und -geschwindigkeit, erhöhter Puls und Atemfrequenz, sowie Stress können in ihrer Gesamtheit zu einer verringerten Fitness der Gesamtpopulation
führen. Ob dies für die Effekte von Rammungen auf Schweinswale zutrifft ist bisher nicht
nachgewiesen. Die potentiellen Effekte sind dabei abhängig wie viele Rammungen durchgeführt werden, welche weiteren schallinduzierten Effekte wirken und ob Schweinswale in
Gebieten mit hoher biologischer Bedeutung für eine relevante Zeitperiode gestört werden.
Das deutsche Schallschutzkonzept hat Grenzwerte (160 dB re 1 µPa²s Einzelereignispegel
und 190 dB re 1 µPa Spitzenschalldruckpegel) für die Schallbelastung definiert, um sicherzustellen das Schweinswale außerhalb einer Entfernung von 750 m vom Rammort nicht
verletzt werden.
Das Sylter Außenriff wurde nicht zuletzt auf Grund der hohen Schweinswaldichten während
der Paarungs- und Aufzuchtzeit zum Natura 2000 Schutzgebiet erklärt. Schweinswale und
Schalleinflüsse wurden 2013 für zwei Monate während der Errichtung von drei Windparks
in der Umgebung dieses wichtigen Schutzgebietes durchgeführt. Die Untersuchungen wurden 2014, während des Baus der Windparke Butendiek und Amrumbank West fortgeführt.
Butendiek ist der einzige in deutschen Schutzgebieten der Ausschließlichen Wirtschaftszone genehmigte Windpark in Deutschland. Für das Monitoring wurden Schweinswalclicks
mit C-PODs (Schweinswaldetektoren, www.chelonia.co.uk) und Schalleinflüsse mit AMARS
(Autonome Mehrkanal AkustikRekorder, www.jasco.com) erfasst.
Während der Errichtung von Butendiek und Amrumbank West wurde der in die Wassersäule emittierte Schall effektiv durch Schallminderungsmaßnahmen (ICH-NMS, Blasenschleier)
gemindert. Für diese Windparks konnte der gesetzlich vorgegebene Einzelereignispegel
von 160 dB re 1 µPa²s zum überwiegenden Teil eingehalten werden. Somit wurde das Risiko einer Hörschädigung von Schweinswalen gegenüber ungedämmten Rammungen stark
reduziert.
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Unterwasserschall
Die Schweinswalaktivität zeigt jedoch, dass trotz der erheblich reduzierten Schallbelastung
großräumige Vertreibungseffekte beobachtet wurden. Am stärksten waren diese Effekte in
6,5 km Entfernung, sie waren jedoch auch in 13 km Entfernung dokumentierbar. Diese widersprüchlichen Ergebnisse führen zu einer Reihe von offenen Forschungsfragen:
1. Wird Schallminderung im relevanten Frequenzbereich für die betroffene Tierart durchgeführt?
2. Wird der Kontext der Rammungen, zum Beispiel die saisonal variierende Wichtigkeit
eines Gebietes für Fressverhalten und Paarung als Einflussfaktor noch unterschätzt?
3. Werden Schweinswale durch andere Schallquellen, zum Beispiel durch patrouillierende
Schiffe gestört?
4. Werden Schweinswale durch Vergrämung durch Seal Scarer weitreichender vertrieben
als bisher angenommen?
5. Sind die zu Grunde liegenden Analysen aller Windparks vergleichbar und können alle
Messungen mit der gleichen Methode ausgewertet werden?
6. Zeigen Schweinswale ein ähnliches Echoortungs- und Schwimmverhalten während der
Rammungen, wie zu ungestörten Zeiten, oder werden Tauchmuster und Echoortungsaktivität stark beeinflusst?
Zur Beantwortung dieser Fragen sind Langzeitstudien erforderlich, die die Wirkungen unterschiedlicher Faktoren in den biologischen Kontext stellen und verhaltensbiologische Aspekte stärker berücksichtigen.
Anschrift des Vortragenden:
Dr. Michael Dähne
Curator of Marine Mammals
Deutsches Meeresmuseum
Stiftung des bürgerlichen Rechts
Katharinenberg 14 - 20
18439 Stralsund
Email: [email protected]