Studie | Digitalisierung der Aerospace Supply Chain

STUDIE >>> DIGITALISIERUNG DER AEROSPACE SUPPLY CHAIN
Komplexe Aerospace Supply Chain Netzwerke erfolgreich steuern
Herausforderungen und Lösungsansätze
Einführung und Überblick
Im Rahmen der Supply Chain Excellence Initiative der Luftfahrtverbände (s. Rückseite) wurde im Mai 2016 diese Umfrage durchgeführt. Wir freuen uns, diese erste, vorläufige Auswertung zur ILA 2016 veröffentlichen zu können. Sie
beleuchtet den derzeitigen Status sowie die künftigen Herausforderungen bezüglich der Digitalisierung der Supply
Chain. Es nahmen über 60 Unternehmen verschiedenster Größenordnung an dieser Standortbestimmung teil – der
überwiegende Teil aus kleinen und mittleren Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern und Stammsitz in
Deutschland. Deren internationale – wenngleich europalastige – Vernetzung ist sowohl im Einkauf als auch im Verkauf erwartungsgemäß hoch und deckt das gesamte Portfolio ab: vom Rohmaterial über Single Parts, Assemblies bis
hin zu Kabinenausstattung Equipments und Triebwerkskomponenten an die zivile, militärische Luft- und Raumfahrt.
Auffallend ist der niedrige Digitalisierungsgrad: Derzeit wickelt nur ein gutes Viertel der befragten Unternehmen
Lieferprozesse sowohl mit Kunden als auch mit Lieferanten auf elektronischem Wege ab. Der Handlungsbedarf in
diesem Feld ist jedoch erkannt: Mehr als 75% der befragten Unternehmen wünschen sich – auch im Hinblick der sich
ändernden Herausforderungen – eine stärkere Prozessintegration ihrer Lieferkette. Hierbei sind Themen wie eine
Verbesserung der Maßnahmenverfolgung, Bauabweichungen und Pünktlichkeitsmanagement (On-Time Delivery –
OTD) die drei Top-Handlungsfelder.
Als Schlüsselelemente für die weitere Digitalisierung werden die Themen Datensicherheit sowie Investitionen und
laufende Kosten der digitalen Infrastruktur genannt. Dabei sehen mehr als 80% der Befragten die Notwendigkeit zu
standardisierten, industrieweiten Lösungen.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern mit dieser vorläufigen Auswertung für das große Interesse und freuen uns
über weitere Kommentare und Meinungen zu diesem Thema an [email protected]. Mehr als zwei Drittel aller
Teilnehmer gaben ihre Kontaktdaten an – ein Zeichen für uns, im Dialog zu bleiben.
STUDIE >>> DIGITALISIERUNG DER AEROSPACE SUPPLY CHAIN
Die Digitalisierung der Supply Chain ist auf dem Vormarsch –
jedoch...
… ist noch beträchtliches Potential zu heben. Erst ein Viertel (26%) der Unternehmen haben sowohl ihre In- als auch
Out-bound Supply Chain weitgehend digitalisiert. Hierbei
ist die starke Fokussierung auf die Kunden-Schnittstelle
bemerkenswert. Diese ist sicher auch den Digitalisierungsanforderungen seitens der OEMs und der Systemlieferanten geschuldet.
32 %
26 %
arbeiten mit
Kunden und Lieferanten
überwiegend
per Fax, Telefon
und E-Mail
wickeln die Prozesse
mit Kunden und
Lieferanten weitgehend
elektronisch ab
42 %
wickeln zwar die Prozesse mit Kunden
elektronisch ab, arbeiten jedoch in
Richtung Lieferanten überwiegend
per Fax, Telefon und
E-Mail zusammen
Was muss sich ändern, um die Digitalisierung weiter voranzutreiben?
Für eine stärkere Digitalisierung der Supply Chain ist Datensicherheit das Top Thema. Es folgen tragbare Kosten und
Investitionen sowie der Wunsch, dass alle Beteiligten über die gleiche Transparenz und Fähigkeit zur Datenanalyse
verfügen. Ebenso erfahren industrieweite und standardisierte Lösungen mit rund 80% eine klare Befürwortung.
Für die heutigen Herausforderungen zur Abwicklung von Kundenprozessen fühlen sich rund drei Viertel der Befragten gut aufgestellt. Anders bei den zukünftigen Herausforderungen: Eines von drei Unternehmen sieht hier Handlungsbedarf. Die Wettbewerbsnachteile für diese meist kleinen und mittelständischen Unternehmen sind hierbei nur
ein Aspekt. Das steigende Risiko für Unterbrechungen in der Lieferkette kann sich jedoch mit viel dramatischeren
Auswirkungen bis zu den OEMs fortpflanzen, wenn nicht entsprechend gegengesteuert wird.
Stärkere SC-Digitalisierung nur möglich, wenn elementare Daten geschützt werden
Stärkere SC-Digitalisierung nur möglich, wenn Kosten für KMUs tragbar sind
Stärkere SC-Digitalisierung nur möglich bei gleicher Transparenz & Datenanalyse für alle
Stärkere Integration in die Prozesse unserer Kunden ist wünschenswert
Stärkere SC-Digitalisierung nur möglich, wenn es industrieweite Initiativen gibt
Für heutige Herausforderungen zur Kunden-Prozessabwicklung gut aufgestellt
Wir profitieren von einer stärkeren Integration unserer Lieferanten
Stärkere Digitalisierung nur möglich, wenn alle auf diesselbe Lösung setzen
Für zukünftige Herausforderungen zur Kunden-Prozessabwicklung gut aufgestellt
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Das hohe Engagement der Teilnehmer an der Umfrage wurde auch bei den offenen Fragen deutlich, denn alle
nutzten diese Möglichkeit.
Folgende Schwerpunkte zeigten sich bei der Analyse der Freitext-Antworten:
• Starke Forderung nach Standards: bei Tools, Daten, Prozessen, IT-Schnittstellen und Datensicherheit
• Berücksichtigung von „soften“ Faktoren vom Kooperationswillen bis zur Notwendigkeit des Lernens
• Ausgewogenes Kosten / Nutzen Verhältnis
• Limitierungen in der Digitalisierung komplexer Inhalte und Prozesse (Qualität, Verhandlungen, etc.)
• Planungsproblematiken in komplexen Lieferketten
Unternehmensspezifische Herausforderungen – Wo liegt der Fokus?
Die Basisregel erfolgreichen Lieferketten-Managements „Informationsfluss vor Materialfluss“ wird als die größte
Herausforderung gesehen: 97% der Befragten stimmen der Aussage zu, dass die Anforderungen an Qualität und
Rechtzeitigkeit des Informationsflusses in den nächsten fünf Jahren steigen wird. Zu den Top-5-Herausforderungen
zählen außerdem die Themen „Übernahme von Risiken“ sowie die Triple-C-Themen „Cost, Complexity, Cash“.
Steigende Anforderung an Qualität & Rechtzeitigkeit des Informationsflusses von/zu Kunden
Steigender Kostendruck
Steigende Kundenerwartung zur Übernahme von Risiken
Zunehmende Komplexität durch Konfigurationsvielfalt...
Steigende Anforderungen an das Cash-Management
Kurzfristige Änderungen der Kunden in Bezug auf den Lieferanten
Shift vom strategisch-politischen Mindset zur starken Kostenorientierung
Verkürzung der Lieferzeiten
Kurzfristige Änderungen der Kunden am Produkt
Digitalisierung der Supply Chain – Industrie 4.0
Kurzfristige Änderungen der Kunden in Bezug auf die bestellte Menge
Steigender Innovationsdruck auf Lieferanten
Internationalisierung der Supply Chain
Starkes Volumenwachstum
Steigende Kundenerwartung größere Arbeitspakete zu übernehmen...
Steigende Qualitätsanforderungen der Kunden
Steigende Obsoleszenz-Anforderungen der Kunden
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Effektive Maßnahmen – Was sollte getan werden?
In der engen Vernetzung mit Kunden sehen alle Befragten eine wirkungsvolle Maßnahme, um den Herausforderungen zu begegnen. Die notwendige Bedingung hierfür ist die weitere Digitalisierung der Supply Chain und die
industrieweite Nutzung einer gemeinsamen Supply-Chain-Plattform. Als sehr wichtig erachtet werden außerdem
die gemeinsame Prozessoptimierung und die Qualifizierung der Mitarbeiter.
Enge Vernetzung mit Kunden
Enge Vernetzung mit Lieferanten
Qualifizierung der Mitarbeiter
Gemeinsame Sicht von beiden Seiten der Supply Chain auf Bestelldaten
Digitalisierung der End to End Multi-Tier SC mit Standard IT-Tools & Prozessen
Gemeinsame Prozessoptimierung mit Kunden und Lieferanten
Industrieweite Nutzung einer gemeinsamen Supply-Chain-Plattform
Konsolidierung der Supply Chain | Verkleinerung & Tiering der Lieferantenbasis
Aufbau und Ausdehnung der globalen Präsenz
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
STUDIE >>> DIGITALISIERUNG DER AEROSPACE SUPPLY CHAIN
Ausblick und Empfehlung
Die Aerospace Supply Chain (SC) wird mehr und mehr geprägt von einer internationalen, effizienten Arbeitsteilung,
deren Prozesse, Methoden und Tools die Möglichkeiten der Digitalisierung zukünftig immer intensiver nutzen werden. Dabei findet eine starke Strukturierung und Integration aller Beteiligten entlang der gesamten Lieferkette
statt. Die umfassende Digitalisierung der Supply Chain – das zeigt diese Studie ganz klar – ist nur mit innovativen,
standardisierten Prozessen und kollaborativen IT-Tools möglich.
Erfolgreiche Geschäftsmodelle in der Aerospace-Industrie basieren neben innovativen Produkten und herausragenden Services auf einer optimalen Synchronisierung aller Unternehmensbereiche auf der Basis des S&OP-Prozesses.
Die hierfür erforderliche integrierte Planung und Steuerung der Nachfrage (basierend auf Forecasts und eingegangenen Bestellungen) und des Liefervermögens (basierend auf den betrieblichen Fähigkeiten) sowie die schnelle
Reaktion auf Risiken und Chancen benötigt relevante, rechtzeitig vorhandene, hochqualitative und abgeglichene
Daten, um den betrieblichen und den unternehmensübergreifenden Entscheidungsprozess zu unterstützen. Ein solides, durchgängiges Informationsmanagement auf stringenter Datenbasis ist ohne weitere Digitalisierung der SC in
komplexen Lieferketten nicht machbar.
OEMs stellen hohe Anforderungen an integrationsfähige und vollständige Daten zur Führung einer effizienten, agilen und stabilen SC. Für KMUs sollten die Tier-1 eine Moderatorenfunktion einnehmen, damit die Komplexität der
Supply Chain auf ein „verdaubares“ Maß reduziert wird. Hierfür bedarf es zum einen leistungsfähiger Schnittstellen
zwischen den IT-Systemen, zum anderen müssen diese praxisnah entwickelt und nahtlos in die Geschäftsprozesse
integriert werden. KMUs benötigen Standards, um nicht in der Komplexität von Bezeichnungen, Prozessen und der
Vielfalt digitaler Lösungen unterzugehen.
Nun müssen Rahmenbedingungen geschaffen und konkrete Lösungsansätze definiert werden. Hierbei sind Unternehmen, Verbände und Politik gleichermaßen gefordert. Die Supply Chain Excellence Initiative und der gemeinsame
Wille zur stärkeren Kooperation können dazu einen wesentlichen Beitrag leisten – zur Förderung einer globalen
Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Luft- und Raumfahrt.
>>> Supply Chain Excellence erfordert ein exzellentes Informationsmanagement basierend auf einer standardisierten, sicheren, digitalen Infrastruktur
Supply Chain Excellence (SCE) –
Eine Initiative von regionalen Luftfahrtverbänden und Clustern mit Unterstützung von BDLI, Industrie und SPACE
Die SCE-Initiative verfolgt das Ziel, die Unternehmen in der Luftfahrtzulieferindustrie beim Strukturwandel zu unterstützen und insbesondere die globale Wettbewerbsfähigkeit am Luftfahrtstandort Deutschland weiter zu steigern. Sie ist in die folgenden sechs Workstreams gegliedert: Geschäftsmodelle, Internationalisierung, Industrial
Performance, Finanzierung & Verträge, Sales & Operations Planning und Kooperationen. Die Verbesserungsmaßnahmen im Stream Sales & Operations Planning konzentrieren sich auf den hier vorgestellten Bereich der digitalen
Infrastruktur sowie der Führungs- und Umsetzungsfähigkeit komplexer Herausforderungen im Informations- und
Materialfluss der in der globalen Lieferkette beteiligten Unternehmen.
Diese Studie wurde erstellt von der Stegkemper GmbH
In Kooperation mit SupplyOn AG und der SCE Initiative
www.stegkemper.com