SENDESPERRFRIST: Montag, 30. Mai 2016, 10.15 Uhr Rede Thilo Brodtmann VDMA-Hauptgeschäftsführer anlässlich der VDMA-Pressekonferenz zur IFAT 2016 in München ES GILT DAS GESPROCHENE WORT! Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft – der Maschinenbau macht es möglich Guten Morgen, meine Damen und Herren, vor genau 50 Jahren feierte die „Internationale Fachmesse für Abwassertechnik“ hier in München ihre Premiere. Schon damals, im Jahr 1966, zeigten deutsche Maschinen- und Anlagenbauer einem internationalen Publikum, wie sich Umweltprobleme mit 1 moderner Technik lösen lassen. An diesem Leitbild hat sich bis heute nichts geändert – wohl aber an den Dimensionen. Waren es damals nur knapp 150 Unternehmen, die ihre Innovationen präsentierten, sind heute mehr als 3000 Aussteller nach München gekommen – darunter auch 165 Mitgliedsfirmen des VDMA. Ging es seinerzeit allein um die Abwassertechnik, zeigt die IFAT 2016 Lösungen aus allen Bereichen der Umwelttechnik. Sie können diese Vielfalt auch daran ablesen, dass gleich sechs Fachverbände des VDMA hier präsent sind: Abfall- und Recyclingtechnik / Verfahrenstechnische Maschinen und Apparate / Lufttechnik / Industriearmaturen / Kompressoren, Druckluft und Vakuumtechnik sowie Pumpen + Systeme. Sie alle eint, dass mit ihren Maschinen und Komponenten die Welt ein gutes Stück sauberer gemacht werden kann, dass Ressourcenverschwendung minimiert wird und dass die Grundlagen unseres Lebens – gute Luft und klares Wasser – erhalten bleiben. Konjunkturaussichten für den Maschinenbau Lassen Sie mich einen kurzen Überblick zur aktuellen wirtschaftlichen Lage des Maschinenbaus geben. Wir sind eine stark vom Export abhängige Industrie – das 2 gilt auch für die auf der IFAT ausstellenden Fachzweige. Ihre Exportquoten liegen zwischen 50 und 80 Prozent. In vielen Ländern dieser Erde tun wir uns derzeit aber schwer damit, neue Geschäfte zu machen. Das hat politische Gründe, wie die Sanktionen gegen Russland oder die Bürgerkriege im Nahen Osten, aber auch konjunkturelle Ursachen wie die spürbare Wachstumsverlangsamung in China oder die Rezession in Brasilien. Auch in Europa warten wir weiter auf eine echte Investitionsdynamik. Von daher kann der gesamte deutsche Maschinenbau 2016 derzeit nur mit einem Nullwachstum der Produktion im Vergleich zum Vorjahr rechnen – diese Null wollen wir aber unbedingt schaffen! Das wird ein Kraftakt, auch für die auf der IFAT ausstellenden Fachzweige. Doch gerade Umwelttechnologien sind ein Feld, auf dem viele Länder der Erde noch großen Nachholbedarf haben. Das bietet unseren Unternehmen Chancen, denn die Maschinenbauer aus Deutschland können weit mehr, als nur eine Anlage verkaufen. Sie denken in ganzheitlichen Lösungen – das reicht beim Thema Wasser zum Beispiel von der Gewinnung über die Verteilung und Abfüllung bis hin zur Reinigung und Wiederverwertung. 3 Umwelttechnik und TTIP Meine Damen und Herren, Sie alle wissen, dass der VDMA sich für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP stark macht, weil wir fest davon überzeugt sind, dass fallende Zollmauern, gegenseitige Anerkennung oder Harmonisierung von Standards und freier Zugang zu staatlichen Ausschreibungen am Ende allen zu Gute kommen werden: Unternehmen und Bürgern! Auch wir wollen ein gut verhandeltes Abkommen und keinen Schnellschuss. Aber TTIP ist durch verbale Schnellschüsse immer mehr in Misskredit geraten. Lassen Sie mich deshalb hier mit einem dieser Fehlurteile aufräumen, welches den Umweltbereich betrifft. Von den Kritikern heißt es, TTIP werde das europäische Vorsorgeprinzip aushebeln. Sprich: Man suggeriert, dass Umweltsünden künftig so lange begangen werden dürfen, bis wissenschaftliche Erkenntnisse dies stoppen. Dem steht aber ganz eindeutig der Vertrag von Lissabon entgegen, welcher das Vorsorgeprinzip in der EU vorschreibt. Dies kann nach unserem Rechtsverständnis durch ein Freihandelsabkommen nicht ausgehebelt werden! Die EU-Staaten werden daher auch weiterhin vorsorglich 4 Maßnahmen zur Abwehr von Umweltrisiken ergreifen können, selbst wenn noch nicht alle Erkenntnisse für einen bestimmten Fall vorliegen. Ein Absenken der europäischen Standards wird durch TTIP hier nicht erfolgen, davon sind wir überzeugt! Bedeutung der Abfallwirtschaft Meine Damen und Herren, nicht nur die IFAT feiert in diesem Jahr ein Jubiläum. Genau 30 Jahre ist es hier, dass in Deutschland die Kreislaufwirtschaft entstand, indem zum ersten Mal neben der Beseitigung von Abfällen auch deren Verwertung geregelt wurde. Mancher unter Ihnen mag sich noch an die damaligen Grabenkämpfe erinnern, ob das Land diese Form von Umweltgesetzgebung wirklich brauche. Zum Glück setzte sich seinerzeit die Erkenntnis durch, dass Abfälle umweltgerecht entsorgt werden müssen. Später reifte die Erkenntnis, dass die schlichte Lagerung von Abfällen auf Deponien keine dauerhafte Lösung sein könnte. Inzwischen ist die Kreislaufwirtschaft ein fester Bestandteil unseres täglichen Lebens geworden – und die Maschinenbauer haben daran einen 5 entscheidenden Anteil. Zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasserund Rohstoffwirtschaft (BDE) und der Interessengemeinschaft der Thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland (ITAD) präsentiert der VDMA in diesem Jahr auf der IFAT einen neuen Abfallwirtschaftsbericht, und die Zahlen sind beeindruckend. Zusammen erwirtschaften die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft inzwischen einen Jahresumsatz von rund 70 Milliarden Euro und beschäftigen – von der Forschung über die stoffliche und energetische Verwertung bis hin zur Deponierung – direkt und indirekt etwa 255 000 Menschen im Land. Davon sind rund 50 000 Menschen im Bereich „Technik für Abfallwirtschaft“ beschäftigt – also zum Großteil im Maschinenbau. Sie erwirtschafteten im Jahr 2014 einen Umsatz von knapp 10 Milliarden Euro; das war ein Zuwachs von 5,7 Prozent, der darauf schließen lässt, wie gefragt deutsche Umwelt- und Abfalltechnologien in der Welt sind. In Deutschland wiederum be- und verarbeiten die Unternehmen der Kreislaufwirtschaft jährlich umweltgerecht knapp 400 Millionen Tonnen unterschiedlicher Abfälle und Wertstoffe. Rund die Hälfte davon stammt aus dem Bausektor, rund 63 6 Millionen Tonnen kommen aus der Industrie und immerhin gut 37 Millionen Tonnen aus privaten Haushalten. Das heißt: jeder Bürger ist jährlich für ein Aufkommen von rund 460 Kilogramm Abfall verantwortlich. Zukunftsaufgaben der Kreislaufwirtschaft Was erwartet diese Betriebe in den kommenden Jahren? Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung haben in den vergangenen Monaten einen noch effizienteren Umgang mit natürlichen Ressourcen angemahnt und entsprechende Vorgaben gemacht – das EU-Kreislaufwirtschaftspaket und das deutsche Ressourceneffizienzprogramm ProgRess II. Ziel beider Dokumente ist es, die Kreislaufwirtschaft weiter zu stärken. Das ist weit mehr als ein zusätzliches Sammeln und Entsorgen von Abfällen. Zunehmend rückt die Unterstützung der Energiewende in den Mittelpunkt, Abfälle werden als Energieträger genutzt. Inzwischen werden rund 3 Prozent der gesamten deutschen Stromerzeugung aus der Abfallwirtschaft - in erster Linie Biomasse – erzeugt. Entscheidend dabei: Dieser Strom ist planbar und konstant verfügbar, weil er eben nicht von Wind oder Sonne abhängt. 7 Auch der Klimaschutz soll nach dem Willen der Politik ausgebaut werden, vor allem durch die Modernisierung von Deponien, aber auch durch eine Ausweitung des Recyclings vieler Materialien. Gerade für ein rohstoffarmes Industrieland wie Deutschland ist es eine zwingende Notwendigkeit, die noch vorhandenen Potenziale für Recycling konsequent zu nutzen. Sie alle kennen die vorbildliche Altglastonne; die Recyclingquote von Altglas liegt inzwischen bei fast 100 Prozent. Aber auch Eisen- und Nichteisen-Metalle werden hierzulande heute fast vollständig wiederverwertet. Anders dagegen Kunststoffe: Hier liegen die Recyclingquoten sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich noch unter 50 Prozent. Dennoch ist die Abfallwirtschaft ein fester Bestandteil des Klimaschutzes geworden – und der Maschinenbau spielt dabei die führende Rolle. Denn mit seinen Anlagen und Innovationen ist es nicht nur gelungen, die Freisetzung von Methan aus Abfalldeponien deutlich zu reduzieren, indem dieser Abfall wiederverwertet wird, statt ihn einfach nur im Freien zu lagern. Hinzu kommt, dass zum Beispiel durch Metallrecycling, insbesondere Aluminium, deutlich weniger CO2-Emissionen entstehen als in der Gewinnung von Primärrohstoffen. Die Kreislaufwirtschaft trägt daher im Saldo zu einer 8 Netto-Entlastung der deutschen Klimabilanz bei. Daher dürfte die vom Maschinenbau geprägte Kreislaufwirtschaft die einzige Wirtschaftsbranche in Deutschland sein, die durch ihre Geschäftstätigkeit mehr Treibhausgase einspart als sie verursacht! Meine Damen und Herren, die Technologien, die hinter diesem Erfolg stehen, können Sie auf der IFAT 2016 sehen und ich wünsche Ihnen dabei viele spannende und aufschlussreiche Momente. Jetzt aber möchte ich das Wort an Herrn Michael Ludden geben, den Vorsitzenden unseres Fachverbands Abfall- und Recyclingtechnik und Geschäftsführer der Sutco Recycling Technik GmbH & Co. KG. Herr Ludden wird Ihnen die Herausforderungen, Trends und Innovationen der ausstellenden Branchen erläutern. Anschließend stehen wir Ihnen gerne für Fragen zur Verfügung. 9
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