Geld, das vom Himmel fällt

Wirtschaft investigativ
Regierung segnet
Rüstungsdeal ab
Die Bundesregierung will
den Verkauf der Rüstungselektronik von Airbus an die
Investorengruppe KKR genehmigen. Die Staatssekretäre von Verteidigungs- und
Wirtschaftsministerium hatten noch vor dem Geschäfts-
Dieselaffäre
Zeugen entlasten
VW-Chef Müller
Im Skandal um Dieselmotoren wird VW-Konzernchef
Matthias Müller durch die
Aussagen mehrerer Manager
entlastet. Müller war vorgeworfen worden, er sei schon
zwei Wochen vor dem Eingeständnis des Konzerns über
die verbotene Software informiert worden. Er habe davon
auf einer Sitzung des Konzernvorstands am 8. September 2015 erfahren. Gegenüber der Kanzlei Jones Day,
die den Skandal untersucht,
sagten mehrere VW-Manager aus, dass der damalige
Konzernchef Martin Winterkorn auf dieser Sitzung lediglich gesagt habe, es gebe Probleme mit der Zulassung von
Dieselmodellen in den USA.
abschluss mit KKR einen Vertrag ausgehandelt, der genau
definierte Bedingungen für
den 1,1-Milliarden-Euro-Deal
enthält. So verpflichtet sich
das US-Unternehmen, bis
2019 keine Arbeitsplätze an
den deutschen Standorten
wie Ulm und Friedrichshafen
abzubauen. Zudem dürfen
die Betriebe mehrere Jahre
lang nicht weiterverkauft
werden, auch für einen möglichen Börsengang würden
Bestimmungen greifen, die
einen Verlust von rüstungstechnischem Know-how verhinderten. KKR sichert zu,
weiter in Forschung und Entwicklung zu investieren. Die
Regierung bleibt weiterhin in
den Gremien des Unternehmens vertreten, so steht es in
dem 60 Seiten langen „Ger-
man State and Security
Agreement“. Der Verkauf ist
einer der größten in der
deutschen Rüstungsbranche
seit vielen Jahren und
betrifft etwa hochsensible
Funktechnik. Jetzt steht eine
Überprüfung nach dem
Außenwirtschaftsgesetz an.
Dies sei eher Formsache,
hieß es aus der Bundesregierung. gt
Man sei im Gespräch mit der
US-Umweltbehörde und auf
gutem Weg, sich zu einigen.
Es habe keinen Hinweis auf
Gesetzesverstöße gegeben.
Zwei Mitglieder des Konzernvorstands wussten zwar
Bescheid: der Chef der Marke Volkswagen, Herbert
Diess, und Francisco Javier
Garcia Sanz. Doch sie hätten
beim Treffen des Konzernvorstands geschwiegen. haw
Gesundheit
ter Hersteller zugestehen.
Seit Anfang 2015 legen die
einzelnen Versicherungen
prozentuale Zusatzbeiträge
fest. Steigen diese, haben
Kunden ein besonderes Kündigungsrecht. Kassen wollen
Anhebungen daher vermeiden. In ihrer Antwort tritt die
Regierung Vorwürfen entgegen, der Preiswettbewerb
gehe zulasten der Patienten.
Er habe positive Wirkungen,
da sich die Kassen auch um
Restrukturierung bemühten
und eine „effizientere Verwaltungsstruktur“ anstrebten.
„Die Bundesregierung versucht, jede negative Auswirkung des Kassenwettbewerbs
zu leugnen“, kritisiert Harald
Weinberg, Gesundheitsexperte der Linksfraktion. Die
Partei beklagt, dass einzelne
Versicherungen gezielt junge
Gutverdiener umwürben. cos
Kassen sparen
wegen Preisdrucks
ULI DECK / DPA
Airbus
Müller
Der Wettbewerb um preisbewusste Kunden führt bei den
gesetzlichen Krankenkassen
zunehmend zu Sparmaßnahmen. So ist das Volumen der
Arzneimittelrabattverträge
2015 im Vorjahresvergleich
um rund 460 Millionen Euro
auf insgesamt 3,62 Milliarden
Euro gestiegen. Das räumt
die Bundesregierung in der
Antwort auf eine Anfrage
der Bundestagsfraktion der
Linken ein. Mit den Verträgen handeln die Kassen
günstige Konditionen für
bestimmte Medikamente aus.
Bei Verbraucherschützern
sind sie umstritten, weil
die Kassen ihren Versicherten ohne Kostenaufschlag
nur die Präparate bestimm-
Kommentar
Geld, das vom Himmel fällt
Können nur noch Geschenke der Notenbanker die Konjunktur anheizen?
Kaum ist die Debatte über die Abschaffung des Bargelds abgeebbt, wird schon die nächste absurde Diskussion geführt.
Mit demselben Ziel (den Konsum anzuheizen), aber mit umgekehrtem Vorzeichen: Dem Bürger wird nichts genommen,
es wird ihm gegeben – sogenanntes Helikopter-Geld, gedruckt und verschenkt von der Europäischen Zentralbank
(EZB), 1000 oder sogar 5000 Euro pro Person. Manche schlagen auch vor, das Geld der Regierung zu geben, die dann
die Bürger entlastet oder Konjunkturprogramme finanziert.
Der Begriff stammt immerhin von einem Nobelpreisträger
(Milton Friedman), zu großer Popularität verhalf ihm ein
Chef der US-Notenbank Federal Reserve (Ben Bernanke):
Um eine Deflation zu vermeiden, könnten die Notenbanken
Geld an die Bürger verteilen – oder, wie es Friedman bildhaft ausdrückte, vom Hubschrauber abwerfen. Ernsthaft diskutiert wird über das Geld, das vom Himmel fällt, allerdings
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DER SPIEGEL 13 / 2016
erst jetzt, da die Notenbanker ganz offensichtlich nicht mehr
weiterwissen. Die EZB hat alles getan, um die Wirtschaft
in Schwung zu bringen: die Zinsen auf null und sogar darunter gesenkt, die Märkte mit Geld geflutet. Und doch springen
die Preise nicht an. Die Bürger sparen trotz Niedrigzinsen,
die Unternehmen investieren nicht, und die Banken geben
keine Kredite. Dass EZB-Präsident Mario Draghi die Idee
vom Helikopter-Geld „sehr interessant“ findet, zeigt,
wie verzweifelt die Notenbanker inzwischen sind. Denn ein
solches Geschenk wäre nicht nur rechtlich umstritten (was
Draghi allerdings noch nie aufgehalten hat), es birgt auch die
Gefahr, dass das Vertrauen in die Währung schwindet, wenn
Geld nach Belieben gedruckt und verteilt wird. Die Notenbanker sollten klar und deutlich sagen, dass die Grenzen der
Geldpolitik erreicht – und sie zu solch gefährlichen Experimenten nicht bereit sind.
Armin Mahler