Rede Hanspeter Kern

Medienkonferenz anlässlich des Milchgipfels vom 27.05.2016
Rede von Hanspeter Kern, Präsident der Schweizer Milchproduzenten SMP
(es gilt das gesprochene Wort)
Bern 27.05.2016
Der Schweizer Molkereimilchmarkt ist in Gefahr!
Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Medien,
werte Branchenvertreterinnen und Branchenvertreter
Weststrasse 10
Postfach
CH-3000 Bern 6
Telefon 031 359 51 11
Erlauben Sie zur Einführung ein paar Worte, die mir sehr am Herzen liegen:
Ich habe es bereits heute Morgen auf dem Gurten gesagt, dass wir diesen Gipfel
organisiert haben, weil die Lage bei den Produzentinnen und Produzenten von Molkereimilch jetzt ans Lebendige geht! Die Situation ist im Moment im Gras - und
Wasserland Schweiz, welches prädestiniert ist für die Milchproduktion, so dramatisch, dass viele Bäuerinnen und Bauern in einer verzweifelten Situation sind und
nicht mehr wissen wie es weiter gehen soll. Das darf nicht sein!
Es geht also nicht um eine Profilierung Einzelner, sondern darum, die Situation der
Milchbauern realistisch zu erfassen und nach Möglichkeit zu verbessern.
Telefax 031 359 58 51
[email protected]
www.swissmilk.ch
Ich bitte Sie, dies entsprechend in Ihrer Berichterstattung zu berücksichtigen.
Heute Morgen kamen Vertreter aller Akteure in der Wertschöpfungskette Milch zur
Sprache und wir wollen Ihnen Bericht erstatten. Ich möchte Ihnen als erstes die Sicht
der Molkereimilchproduzentinnen und –produzenten darlegen:
Der Schweizer Milchmarkt, wie er heute aufgestellt ist, ist sehr eng an die Entwicklung der internationalen und europäischen Marktentwicklung gekoppelt: Seit der
Abschaffung der Quoten explodiert die Produktion in der EU. Viele europäische Betriebe haben sich auf die Quotenaufhebung vorbereitet. Sie wollten profitieren und
die europäische Politik hat ihnen in Aussicht gestellt, dass der Markt gut vorbereitet
sei: Leider war dem nicht so. Der europäische Markt bekam, angesichts der Marktentwicklungen in China und anderen Schwellenländern, die hinter den Erwartungen
blieben, sowie von politischen Entwicklungen wie dem Russlandembargo, zunehmend ein Absatzproblem. Das führt dazu, dass in der heutigen Lage die Milchmenge
in der EU um rund 5% zu hoch ist.
Und der Schweizer Markt reagierte prompt: Beschleunigt durch den starken Franken
und den löchrigen Grenzschutz, nahm der Importdruck zu und der Export kam unter
Druck. Zusammen mit dem zunehmenden Einkaufstourismus haben wir heute in
unserer Branche, genau wie in der EU, ein Absatzproblem. Auch in der Schweiz gehen wir heute davon aus, dass unter den gegebenen Marktverhältnissen mindestens 3% zu viel Milch auf dem Markt ist.
Wie haben wir Produzenten darauf reagiert?
Die Schweizer Milchproduzenten SMP hat im 2015 gemeinsam mit der gesamten
Wertschöpfungskette Milch sehr unbürokratisch die Sammelpromotion Swissmilk
Inside lanciert. Mit dieser Sammelpromotion erreichten wir A) Absatzförderung und
B) einen grossen Beitrag zur Kommunikation der Vorzüge der Schweizer Milch.
Auch im laufenden Jahr planen wir eine solche Promotion.
Zusätzlich zu den Sondermassnahmen im Marketing haben wir Milchproduzenten
beschlossen, saisonale Marktstabilisierung zu betreiben. Im letzten Jahr wurden so
knapp 3‘000 Tonnen Milchfett vom Markt genommen und auch im 2016 sind es bereits 3‘500 Tonnen. Die Gespräche haben gezeigt, dass die Verarbeiter und der Detailhandel anerkennen, dass die Produzenten sich hier ins Zeug legen und für ihr
Produkt einstehen.
Auch auf der politischen Ebene waren wir sehr aktiv: Zusammen mit dem Bauernverband konnten wir erreichen, dass die sektorielle Öffnung der weissen Linie heute
kein Thema mehr ist. Dazu konnten die Mittel für die Landwirtschaft gehalten werden. Und jetzt, sehr aktuell, sind wir an vorderster Front bei der Erarbeitung einer
WTO-konformen Nachfolgelösung für das Schoggigesetz dabei, um den Absatzkanal für rund 250 Mio. Tonnen Milch zu erhalten.
Die Produzenten haben also viel getan! Aber das genügt nicht!
Gespräche heute Morgen mit Produzenten haben klar gezeigt, dass es kein Leben
sein kann, am Morgen im Stall zu arbeiten ohne dabei etwas zu verdienen. Und
soweit sind viele Bauernfamilien!
Schaut man sich die Preisentwicklung in den letzten Jahren für die Molkereimilch
an, so wird klar, warum dies so ist. Der Druck auf die eigentlich sehr effizient und
professionell aufgestellten Produzenten steigt und steigt und auf der Kostenseite
passiert kaum etwas! Das führt dazu, dass die Betriebe effizienter und grösser werden müssen um zu überleben und das verdrängt zunehmend unsere Familienbetriebe!
Meine Damen und Herren: Die Molkereimilchproduktion in der Schweiz ist in Gefahr! Aber es stimmt mich zuversichtlich, dass wir heute Morgen gesehen haben,
dass sich alle Akteure einig sind:
Die Schweiz braucht Schweizer Milch!
Heute Morgen wurde auch klar, dass es, um erfolgreich sein zu können, ALLE Akteure braucht: Produzenten, Verarbeiter UND Detailhändler.
Übernehmen wir nicht zusammen die Verantwortung, droht die Molkereimilchproduktion massiv geschwächt zu werden. Ob dies im Sinne einer sektoriell ausgewogenen Landwirtschaft sei, wage ich zu bezweifeln.
Seite 2
Der Ernst der Lage hat dazu geführt, dass wir einen Milchgipfel organisiert haben.
Heute Morgen haben Spitzenvertreter der wichtigsten Vertreter der Wertschöpfungskette Milch entweder selber referiert oder waren präsent und haben mit diskutiert. Das grosse Echo bereits auf die Einladung und die hohe Präsenz heute Morgen werten wir Produzenten als starkes Zeichen für „Schweizer Milch aus der
Schweiz“!
Aus Sicht der Produzenten möchte ich als erstes folgendes festhalten:
-
-
-
Wir konnten der gesamten Branche und der Politik die katastrophale Situation der Molkereimilchproduzentinnen und -produzenten erneut vor Augen
führen. Das wurde klar und alle stehen hinter den aufgestellten Forderungen.
Alle Akteure waren sich einig, dass die Milchproduktion im Gras- und Wasserland Schweiz nachhaltig und vor allem standortgerecht ist und erhalten
werden muss.
Und zum Schluss waren sich auch alle einig, dass ALLE Marktakteure in der
Verantwortung sind, um eine Verbesserung der Lage zu erreichen und daher
Massnahmen gemeinsam erarbeitet werden müssen.
Aus Sicht der Bauernfamilien ist zentral, dass wir gespürt haben, dass „die gesamte
Wertschöpfungskette und auch die Mehrheit der Politik hinter der Schweizer Milch
steht.“
Das freut uns grundsätzlich, aber nun wollen wir auch konkrete Massnahmen sehen,
welche gemeinsam umgesetzt werden. Aufgrund der Diskussionen heute Morgen
haben wir deshalb konkrete Forderungen an die Marktakteure und an die Politik definiert. Im Namen der Schweizer Milchproduzenten SMP, des Schweizer Bauernverbandes und der Branchenorganisation Milch haben wir diese in einem Manifest festgehalten. Dieses Manifest, also gleichsam die Zusammenfassung des Milchgipfels
2016, möchten wir Ihnen heute vorstellen.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Seite 3