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ipuseri
REGENSBURG
MITTELBAYERISCHE ZEITUNG
RE03_S
MITTWOCH, 1. JUNI 2016
SEITE 27
Der Jungfalke ist
aus dem Rathaus
ausgeflogen
NATUR Die Eltern bringen
sagt Aumer. Ursprünglich hatte er damit gerechnet, dass der Jungfalke frühestens in den ersten Juniwochen ausfliegt. „Da wird der Unterschied deutlich, ob die Eltern drei Kinder füttern
müssen oder nur eines.“ Der Wanderfalke ist ein sehr seltener Vogel. Bis zu
maximal vier Eier legt ein Weibchen.
Bisher gab es auch im Rathaus in der
Regel zwischen drei und vier Junge
pro Jahr. Und auch in diesem Jahr wurden drei Eier gelegt. Letztlich schlüpfte
am 18. April dann aber nur ein Küken.
dem Wanderfalken jetzt am
Dom die Taubenjagd bei. Unterdessen haben die Leser
unserer Zeitung einen Namen für das Tier gewählt.
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VON MICHA MATTHES, MZ
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REGENSBURG. Der Nachwuchs aus dem
Horst im Rathausturm wird flügge:
Am Donnerstagnachmittag wagte der
Jungfalke seinen ersten Ausflug. Zahlreiche Vogelfreunde folgten dem kleinen Spektakel per Webcam-Livestream auf der Internetseite www.rathausturm-wanderfalken.de, rund 3400 Nutzer schauten sich die Fotos dazu auf
der gleichnamigen Facebookseite an.
Die Netzgemeinde und die Leser unserer Zeitung haben sich außerdem für
einen Namen für den männlichen
Wanderfalken entschieden. In Facebook-Kommentaren, Mails, Zuschriften oder per Anruf: Unsere Zeitung erhielt eine Vielzahl an Vorschlägen.
Von „Danubia“, „Ikarus“, „Storm“ bis
hin zu „Wolli“ oder „Hans Solo“ reichten die Ideen. Auch der Name „Tweety“ oder als Variation „Tweety
Mctweetface“ wurde oft genannt. Am
Ende entschied sich die Mehrheit der
Leser aber für den sehr naheliegenden
Namen „Falko“.
Bei der Namensfindung entstand in
den Facebook-Kommentaren eine Diskussion dazu, ob man Wildtieren wie
den populären Wanderfalken im Rathausturm überhaupt einen Namen geben darf. „Wildtiere haben keine Namen und brauchen auch keinen – was
die brauchen ist Freiheit!“, schrieb dort
etwa Nutzer Wolfgang.
„Falko“ lernt die Taubenjagd
Das einzelne Jungtier sei dafür nun
hervorragend versorgt worden und habe sich perfekt entwickelt, sagt Aumer. „Man hat auch gemerkt, dass die
Eltern sehr entspannt waren.“ Der
Jagddruck war nicht so hoch. „Sie
mussten nicht ständig neues Futter heranschaffen und haben dadurch viel
Zeit am Horst verbracht – mehr als in
den Jahren zuvor.“
Die Flügel von „Falko“ laufen noch
nicht so spitz zu wie die seiner Eltern,
sie sind eher noch rundlich geformt.
Sein Federkleid ist braun. Erst nach
der Mauser wird es die für Wanderfalken typischen Grau-, Schwarz- und
Weißtöne annehmen. „Die Eltern
kommen immer wieder in den Horst
und schauen nach, wo der Kleine ist“,
sagt Aumer. „Aber der Jungfalke löst
sich schon langsam vom Horst.“ Momentan hält er sich vor allem in der
Nähe des Doms auf. Er lebt dort überwiegend auf hohen Gebäuden wie
dem goldenen Turm im Bewegungsareal zwischen Haidplatz und Dom.
„Das ist das klassische Revier, in dem
die Regensburger Jungfalken ihre
Flugübungen machen und das Jagen
erlernen“, sagt Aumer.
Das Tier müsse jetzt seine Geschicklichkeit trainieren. Der Unterricht sieht dabei oft so aus: Die Eltern
fangen eine Taube, töten sie und lassen sie aus großer Höhe fallen. Der
Jungvogel versucht dann, die Beute in
der Luft aufzufangen. Schafft er es
nicht, schnappen sich die Eltern die
Taube wieder im Sturzflug. „Von der
Dachterrasse von Galeria Kaufhof am
Neupfarrplatz aus lässt sich gut beobachten, wie die Eltern mit dem Jungfalken immer wieder um die Domspitzen kreisen“, sagt Aumer.
Bis zum Herbst wird „Falko“ noch
in Regensburg bleiben. Dann fliegt er –
wie es alle Wanderfalken einmal in ihrem Leben tun – in den Süden. Ob er
im nächsten Jahr dann in die Region
zurückkehrt oder sich vielleicht eine
Bleibe in Tschechien oder Österreich
sucht, kann niemand sagen. Das Elternpaar bleibt Regensburg aber treu.
Diskussion über Wildtier-Namen
So etwas sei immer schwierig, weil es
vor allem auf Facebook immer sehr
konträre Meinungen gebe, sagt Thomas Aumer, der die Falken im Rathaus
betreut. „Das Tier gehört natürlich niemandem. Wir wollen ihm den Namen
auch nicht auftätowieren.“ Im Herbst
wird der Falke nach Süden fliegen. Ob
er dann jemals wieder nach Regensburg kommt, bleibt offen. Der Name
sei daher ohnehin nur temporär, sagt
Aumer. „Ich bin da jedenfalls schmerzfrei und sehe es nicht als Problem an,
wenn ein kleiner Kreis von Menschen
den Falken während seiner Zeit in Regensburg Falko nennt.“
Aumer hat auch den Livestream
eingerichtet, über den Falkenfreunde
in den vergangenen Wochen beobachten konnten, wie der Vogel heranwuchs. „Es ging schon sehr schnell“,
Anfang Mai blickte noch ein kleiner Falken-Wattebausch unter den Flügelspitzen seiner Eltern hervor. Unterdessen hat der Falke ein braunes Federkleid.
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PIONIER UNTER DEN FALKEN-FILMERN
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➤ Thomas Aumer war mit seiner Falken-Webcam im Rathausturm einer der
Pioniere. Bis heute haben die Seite
www.rathausturm-wanderfalken.de und
die gleichnamige Facebook-Seite tausende treue Fans. Das Bild vom ersten Ei
sahen in diesem Jahr allein 18 000 Personen. Die Webcam verfolgen im Schnitt
50 Personen.
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➤ Die Webcam ist für Thomas Aumer
ein wichtiges Instrument für die Sicherheit der Wanderfalken im Rathaus, die er
betreut. Und natürlich hilft sie auch, das
Interesse und damit das Bewusstsein
für die Tiere zu erhalten. Der Wanderfalke ist der schnellste Vogel der Welt: Ein
Vogel der Superlative und ein seltener
Vogel.
Dieses Foto des Jungfalken „Falko“ wurde unmittelbar vor seinem ersten Ausflug aufgenommen. Fotos: Tom Aumer